Unabhängigkeitssatz von Dedekind

mathematischer Lehrsatz, welcher innerhalb der Algebra angesiedelt ist und auf den Mathematiker Richard Dedekind zurückgeht

Der Unabhängigkeitssatz von Dedekind ist ein mathematischer Lehrsatz, welcher innerhalb der Algebra angesiedelt ist und auf den Mathematiker Richard Dedekind zurückgeht. Der Satz behandelt die Frage der linearen Unabhängigkeit von Homomorphismen aus Halbgruppen in die Einheitengruppen von kommutativen Körpern und führt als solcher zu elementaren Struktursätzen der Galoistheorie.

Formulierung des Satzes

Bearbeiten

Der Darstellung Kurt Meybergs[1] folgend lässt sich der Satz angeben wie folgt:

Gegeben seien eine (multiplikativ geschriebene) Halbgruppe   und ein kommutativer Körper   und dazu Homomorphismen   von   in die abelsche Gruppe   der Einheiten von  .
Dann sind äquivalent:
(A1) Die   sind paarweise verschieden.
(A2) Die   bilden eine über   linear unabhängige Familie des Funktionenraums  .

Beweis des Satzes

Bearbeiten

In Anlehnung an Emil Artin[2] bzw. Kurt Meyberg[1] lässt sich folgender Beweis führen:

A1 → A2

Bearbeiten

Hier wird vollständige Induktion durchgeführt.

Induktionsanfang

Es sei   und dazu   mit  .

Dann ist

  .

Wegen   gibt es also ein   mit

  .

Wegen   und der Nullteilerfreiheit von   ergibt sich dann

  .
Induktionsschritt

Sei   und sei die Aussage schon bewiesen für jeweils   Homomorphismen der beschriebenen Art.

Seien nun   beliebige Körperelemente   gegeben und es gelte in   die Gleichung

(a)    .

Zu zeigen ist, dass

(b) 

gilt.

Zunächst gibt es wegen   ein   mit     .

Dieses   sei fortan fixiert.

Weiter bedeutet (a), dass stets

(c)  

besteht.

Da wegen der Halbgruppeneigenschaft für beliebiges   auch stets   ist, führt (c) einerseits zu

(d)  

und andererseits zu

(e)    .[3]

Die Subtraktion der Gleichung (e) von der Gleichung (d) ergibt

(f)     .

Die Gleichung (f) gilt für jedes   und somit hat man in  

(g)     .

Da nach Induktionsvoraussetzung die   in   über   linear unabhängig sind, folgt aus (g)

(h)  

und insbesondere

(i)     .

Wegen   hat man mit (i) jedoch auch

(j)     .

Durch Einsetzen von (j) in (a) hat man in   dann die Gleichung

(k)     ,

womit bei nochmaliger Anwendung der Induktionsvoraussetzung auf die in   über   linear unabhängigen   dann unmittelbar die Gleichung

(l)  

folgt.

Durch die Verbindung von (j) und (l) ist dann schließlich (b) gezeigt.

A2 → A1

Bearbeiten

Zu dieser Implikation ist nichts weiter zu zeigen, da die Vektoren einer linear unabhängigen Familie eines jeden Vektorraums stets paarweise verschieden sind.

Folgerungen

Bearbeiten
  1. Jede Familie   von paarweise verschiedenen Monomorphismen von einem Körper   in einen weiteren Körper   ist in   über   linear unabhängig.
  2. Für jede endliche Körpererweiterung   ist die Ordnung der Galoisgruppe durch den Grad der Körpererweiterung nach oben beschränkt:
    .

Anmerkungen zur Namensgebung

Bearbeiten

Den Unabhängigkeitssatz von Dedekind (bzw. ihm eng verwandte Versionen) trifft man in der Fachliteratur zur Algebra unter verschiedenen Bezeichnungen an. So nennt B. L. van der Waerden ihn allein Unabhängigkeitssatz.[4] Bei Karpfinger-Meyberg etwa wird die obige Folgerung 1 (in der Formulierung für endlichen Familien) als dedekindsches Lemma genannt.[5] In der englischsprachigen Literatur findet sich eine ähnliche Bezeichnung, etwa bei Paul M. Cohn, der einen eng verwandten Satz als Dedekind's lemma (deutsch dedekindsches Lemma) aufführt.[6] Von R B J T Allenby wiederum wird er als Dedekind's independence theorem (deutsch dedekindscher Unabhängigkeitssatz) genannt.[7]

Verwandte Resultate

Bearbeiten

Ein verwandtes Resultat, welches ebenfalls auf Dedekind zurückgeht, ist das folgende:

Es seien   und   zwei kommutative Körper und weiter sei   eine endliche Untergruppe der  -Automorphismengruppe   mit   als Fixkörper.
Dann ist     .

Karpfinger und Meyberg nennen das Resultat den Satz von Dedekind. In der englischsprachigen Algebraliteratur, etwa bei P. M. Cohn, kennt man es auch (unter Hinweis auf den Mathematiker Emil Artin) als Artin's theorem (deutsch artinscher Satz), wobei Cohn klarstellt, dass als der eigentliche Urheber nicht Artin, sondern Dedekind zu nennen ist.[6][8]

Kurt Meyberg führt in seiner Algebra. Teil 2 diesen artinschen Satz ebenfalls auf,[9] allerdings gibt er darüber hinaus noch einen weiteren, mit dem zuvor genannten Resultat eng verwandten Satz von Emil Artin an, nämlich den folgenden:[10]

Es seien   und   zwei kommutative Körper und   eine endliche Körpererweiterung.
Dann sind äquivalent:
(A)   ist eine Galoiserweiterung.
(B)     .
(C)   ist eine zugleich normale und separable Körpererweiterung.
(D)   ist Zerfällungskörper eines über   separablen Polynoms.

Fußnoten und Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Meyberg: Algebra. Teil 2. 1975, S. 63–65
  2. Artin: Galoissche Theorie. 1968, S. 28–30
  3. Hier kommt zum Tragen, dass   ein kommutativer Körper ist.
  4. van der Waerden: Algebra I. 1993 , S. 159–163
  5. Karpfinger-Meyberg: Algebra. Gruppen - Ringe - Körper. 2009, S. 288
  6. a b Cohn: Algebra vol. 2. 1989, S. 81,84
  7. Allenby: Rings, Fields and Groups. 1991, S. 295
  8. Cohn verweist hierzu auf S. 50 des 1964 bei Vieweg, Braunschweig, erschienen Nachdrucks von Dedekinds Werk Über die Theorie der ganzen algebraischen Zahlen. Dort erscheint das Resultat als I. in § 166 und es heißt wörtlich: Besteht eine Gruppe   aus   verschiedenen Permutationen   des Körpers  , und ist   der Körper von  , so ist   und der Rest von   ist die identische Permutation von  .
  9. Kurt Meyberg: Algebra, Teil 2. Carl Hanser Verlag, Wien 1976, S. 73.
  10. Kurt Meyberg: Algebra, Teil 2. Carl Hanser Verlag, Wien 1976, S. 75.