Ununterscheidbare stochastische Prozesse

stochastische Prozesse mit zu geringen Unterschieden

Ununterscheidbare stochastische Prozesse, auch nicht-unterscheidbare stochastische Prozesse genannt, sind in der Wahrscheinlichkeitstheorie gewisse stochastische Prozesse, die nur auf sehr „kleinen“ und damit vernachlässigbaren Mengen nicht miteinander übereinstimmen. Ununterscheidbare Prozesse können somit mittels des vorgegebenen Wahrscheinlichkeitsmaßes nicht voneinander unterschieden werden, da die „kleinen“ Mengen die Wahrscheinlichkeit null besitzen. Motivation zur Einführung von ununterscheidbaren stochastischen Prozessen ist die Untersuchung der Pfade von stochastischen Prozessen, beispielsweise auf Stetigkeit. Diese Eigenschaften spielen eine wichtige Rolle in der Konstruktion von komplexeren stochastischen Prozessen wie beispielsweise der Brownschen Bewegung.

Eng verwandt und unter Umständen identisch mit der Ununterscheidbarkeit sind die Modifikationen eines stochastischen Prozesses.

Definition

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Gegeben seien zwei stochastische Prozesse   und   auf dem Wahrscheinlichkeitsraum   mit Zeitmenge   und Zustandsraum  .

Die Prozesse   und   heißen ununterscheidbar, wenn es eine P-Nullmenge   gibt, so dass die Menge   für jedes   in   enthalten ist.

Bemerkung: In der englischsprachigen Literatur findet sich neben „indistinguishable processes“ auch der Ausdruck „equivalent up to evanescence“.[1] Eine Menge   heißt evaneszent (lat. evanescere ‚verschwinden', ‚sich verflüchtigen'), wenn die Menge   eine  -Nullmenge ist.[2] Zwei Prozesse, die ununterscheidbar sind, stimmen also bis auf Evaneszenz überein.

Eigenschaften

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Ununterscheidbarkeit stochastischer Prozesse ist ein stärkerer Begriff als der der Modifikationen eines stochastischen Prozesses. Das bedeutet, dass ununterscheidbare Prozesse   stets Modifikationen voneinander sind. Denn nach der Definition ist bei Modifikationen   für jedes   eine Nullmenge. Bei ununterscheidbaren Prozessen gibt es aber eine Nullmenge  , so dass  . Existiert nun solch eine Nullmenge  , so müssen die   als Teilmengen einer Nullmenge alle Nullmengen sein. Sind aber umgekehrt   Modifikationen voneinander, so folgt im Allgemeinen nicht, dass die Prozesse auch ununterscheidbar sind. Dies liegt daran, dass beliebige Vereinigungen der Nullmengen   im Allgemeinen keine Nullmenge mehr sind.

Ein Beispiel[3] hierfür sind die Prozesse

 

sowie

 .

Hierbei sei   eine normalverteilte Zufallsvariable. Dann ist   für alle  . Also sind   und   Modifikationen voneinander. Aber es lässt sich zeigen, dass die Prozesse nicht ununterscheidbar sind.

Sind   Modifikationen eines Prozesses mit Indexmenge (Zeitmenge)  , so gilt unter folgenden Voraussetzungen auch der Umkehrschluss, also dass auch Modifikationen eines Prozesses ununterscheidbar sind. Die beiden Begriffe sind also unter den folgenden Umständen äquivalent:

  • Die Indexmenge   ist abzählbar, denn abzählbare Vereinigungen von Nullmengen sind wieder Nullmengen

oder

Einzelnachweise

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  1. David Pollard: A User's Guide to Measure Theoretic Probability. Cambridge University Press, 2002, ISBN 978-0-521-00289-9, S. 330.
  2. Christoph Kühn: Vorlesungsskript “Finanzmathematik in stetiger Zeit”. 2007, S. 78, Fußnote. (uni-frankfurt.de [PDF] Version vom 28. Mai 2024).
  3. Meintrup, Schäffler: Stochastik. 2005, S. 270.
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Literatur

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