Verfassungsschutz Berlin

Abteilung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport

Der Verfassungsschutz Berlin ist ein Nachrichtendienst und die Landesbehörde für Verfassungsschutz von Berlin mit Sitz in der Klosterstraße in Mitte. Seine Aufgaben sind die Abwehr von Extremismus und Spionage, wozu er auch nachrichtendienstliche Mittel nutzt. 2019 hatte er etwa 257 Planstellen[1] und 16,58 Millionen Euro[2] zur Verfügung. Der 1951 gegründete Verfassungsschutz wird von Michael Fischer geleitet. Organisatorisch ist er keine eigenständige Behörde, sondern bildet die Abteilung II der Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit sieben Referaten.[3]

Verfassungsschutz Berlin
— Abteilung II SenInnSport —

Staatliche Ebene Land Berlin
Stellung Abteilung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport
Gründung 5. März 1951
Hauptsitz Klosterstraße 47
Berlin-Mitte
Abteilungsleiter Senatsdirigent
Michael Fischer
Bedienstete ca. 257 (Stand: 2020)[1]
Haushaltsvolumen ca. 16,58 Millionen EUR (Haushalt: 2019)[2]
Netzauftritt Offizielle Website

Geschichte

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Am 5. März 1951 wurde das Berliner Amt für Verfassungsschutz gegründet.[4] Im Jahr 2000 zog der Verfassungsschutz von Zehlendorf an den Kleistpark in Schöneberg.[5] Im Dezember 2000 wurde das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz von Innensenator Eckart Werthebach aufgrund von mehreren Skandalen aufgelöst und als Abteilung II der Senatsverwaltung für Inneres zugeordnet.[6][7][8] Damit ist der Verfassungsschutz Berlin keine eigenständige Behörde mehr, wie es die Landesbehörden für Verfassungsschutz in sieben anderen Bundesländern sind.[9] Der Dienstsitz befindet sich aktuell in der Klosterstraße 47 in Berlin-Mitte.[10]

Aufgaben und Organisation

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Aufgaben

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Der Berliner Verfassungsschutz hat die Aufgabe, Informationen über politischen Extremismus und Spionage zu sammeln, zu analysieren und diese an die politischen Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit weiterzugeben. Durch diesen Dreiklang von Informationsbeschaffung, Informationsbearbeitung und Informationsweitergabe wird die Arbeit des Verfassungsschutzes bestimmt.[11]

Organisation

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Die Abteilung II – Verfassungsschutz ist in folgende sieben Referate gegliedert (2023):[12]

Bekannte V-Leute

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Skandale und Kontroversen

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Dem Verfassungsschutz wird die Vertuschung des Mordes an Ulrich Schmücker im Jahr 1974 vorgeworfen.[14][15][16]

In den Jahren vor der Wiedervereinigung wurden teilweise „weit über eine Million Mark [...] ohne ‚nachvollziehbare Begründungen‘ zum ‚Schutze eines einzelnen geheimen Mitarbeiters und seines Kontaktmannes im Amt‘ ausgegeben“.[17]

Beim Berliner Verfassungsschutz waren mindestens drei ehemalige Stasi-Offiziere offiziell als V-Männer beschäftigt.[18]

Im Juni 2012 hat der Berliner Verfassungsschutz 25 Aktenordner vernichtet, die „möglicherweise für den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags von Interesse gewesen wären.“[19]

Veröffentlichung eines internen Dokuments

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Anfang Januar 2021 wurde ein 43-seitiges internes Papier zur Verfassungstreue der AfD Berlin mit einem Begleitschreiben aus den Reihen des Berliner Verfassungsschutzes an die AfD-Fraktion des Abgeordnetenhauses von Berlin gesandt.[20] Das Dokument, welches eine unabgestimmte Arbeitsfassung des für Rechtsextremismus zuständigen Referats ist, verneint die Einstufung der Berliner AfD als Verdachtsfall und soll offen rechtsextremistische Äußerungen verharmlosen. Unterschiedliche Experten sehen jedoch eklatante wissenschaftliche bzw. methodische sowie handwerkliche Fehler in den veröffentlichten Papieren.[21] Der Berliner Senat distanzierte sich von dem Papier und der zuständige Referatsleiter, welcher zuvor für das Referat „Islamismus und Islamistischen Terrorismus“ zuständig war und den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche von Anis Amri nicht verhindern konnte, wurde bis auf Weiteres „von seiner Dienstverpflichtung freigestellt“.[22] Es wurden „erste technische Sicherungsmaßnahmen innerhalb der Abteilung II (Verfassungsschutz) veranlasst“, um herauszufinden, welche Person das als „Verschlusssache – nur für den Dienstgerbrauch“ (VS-NfD) eingestufte Dokument an die unbefugte AfD weitergab.[23]

Landesamt für Verfassungsschutz (1951–2000)

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Zeitraum Name Bemerkung
1951–1952 Werner Otto ab März 1951 erster Leiter des Amts für Verfassungsschutz; ehemaliger Landgerichtsrat[24]
1952–1953 Gotthard Friedrich
1953–1965[25] Heinz Wiechmann Am 8. Februar 1965 von Berlins Bürgermeister Heinrich Albertz entlassen, nachdem er trotz Nachfrage dreimal hintereinander verleugnete, dass es Hinweise auf Besuche von Prominenten in der Pension Clausewitz gab.[25]
1965–1966 Heinz Fahs
1966–1974 Eberhard Zachmann[26]
1975–1986 Franz Natusch Verstrickung in der Vertuschung des Mordes an Ulrich Schmücker
1986–1989 Dieter Wagner 1973–1986 Präsident vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg
1990–1995 Heinz Annussek
1995–2000[27] Eduard Vermander[28] 1977–1987 Polizeipräsident im Landeskriminalamt Baden-Württemberg, 1988–1995 Präsident vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg

Verfassungsschutz Berlin (seit 1. Juli 2000)

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Zeitraum Name Bemerkung
01.07.2000–31.12.2000 Bernhard Dybowski[29] Kommissarische Leitung während Staatssekretärin Mathilde Koller die Mitarbeiterzahl um rund 30 reduzierte und ein neues Geheimdienstgesetz erarbeiten ließ.
01.01.2001–14.11.2012 Claudia Schmid Rücktritt nach Skandal um die Vernichtung von Akten zum Rechtsextremismus mit möglichem Bezug zur NSU.[30]
19.11.2012–15.09.2018[31][32] Bernd Palenda bis zum 19. August 2013 kommissarisch;[33] Senatsdirigent Palenda war zuvor für die Aufsicht über den Berliner Polizeivollzugsdienst zuständig
seit 21.11.2018[34] Michael Fischer zuvor kommissarisch geleitet durch Katharina Fest[35]

Rechtsgrundlagen

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Einzelnachweise

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  1. a b Mitarbeiteranzahl. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, 30. Juli 2020, abgerufen am 15. August 2020.
  2. a b PDF – Haushaltsplan Verfassungsschutz Seite 86. Senat von Berlin, abgerufen am 15. August 2020.
  3. Verfassungsschutzbericht 2019. In: berlin.de. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Februar 2020, abgerufen am 27. Januar 2021.
  4. Berlin im Jahr 1951. Luisenstädtischer Bildungsverein, Kalender; abgerufen am 2. Januar 2013.
  5. Holger Stark: Der Berliner Verfassungsschutz zieht aus finanziellen Gründen an den Kleistpark. Der Tagesspiegel, 16. November 1999, abgerufen am 15. August 2020.
  6. Matthias Bieder: Berliner Verfassungsschutz: Die Liste der Pannen ist lang. DIE WELT, 31. März 2000, abgerufen am 15. August 2020.
  7. Pannen beim Verfassungsschutz – Wieder rollt ein Kopf.@1@2Vorlage:Toter Link/www.greenpeace-magazin.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im August 2018. Suche in Webarchiven) Greenpeace, 14. November 2012
  8. Holger Stark: Berliner Geheimdienst: Neue Führung für den Verfassungsschutz. Der Tagesspiegel, 17. Dezember 2000, abgerufen am 15. August 2020.
  9. Landesbehörden für Verfassungsschutz. BfV, 28. November 2018, abgerufen am 15. August 2020.
  10. Dienstsitz. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, 30. Juli 2020, abgerufen am 15. August 2020.
  11. Arbeitsweise des Verfassungsschutzes Berlin. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, 19. Januar 2015, abgerufen am 15. August 2020.
  12. Organigramm des Senatsverwaltung für Inneres und Sport. (PDF) Senatsverwaltung Inneres und Sport, 1. April 2023, abgerufen am 30. April 2023.
  13. Ulrich Chaussy: Die drei Leben des Rudi Dutschke. Eine Biographie. ISBN 3-472-86576-8, S. 253.
  14. Verfassungsschutz: Deckname Flach. In: Der Spiegel. Nr. 17, 1988, S. 102–104 (online).
  15. Ein Student wird getötet. Der Verfassungsschutz versteckt die Waffe. Und die Täter werden nie verurteilt. In: Berliner Zeitung, 1. Dezember 2004
  16. Verfassungsschutz: Tod im Grunewald. In: Die Zeit, Nr. 18/2012
  17. Ungeheurer Wildwuchs. In: Der Spiegel. Nr. 30, 1989, S. 30–31 (online).
  18. Stasis beim Verfassungsschutz. In: Der Spiegel. Nr. 37, 1998, S. 110–111 (online).
  19. Berlin ließ Rechtsextremismus-Akten schreddern. Spiegel Online, 6. November 2012; abgerufen am 2. Januar 2013.
  20. Ulrich Kraetzer: Verfassungsschutz-Leck: Berliner AfD stellt sich als Opfer dar. Berliner Morgenpost, 25. Januar 2021, abgerufen am 25. Januar 2021.
  21. Alexander Fröhlich: Berlins Innensenator stellt Verfassungsschutz-Beamten frei. Der Tagesspiegel, 23. Januar 2021, abgerufen am 25. Januar 2021.
  22. AfD-Affäre stürzt Berliner Verfassungsschutz ins Chaos. rbb, 25. Januar 2021, abgerufen am 25. Januar 2021.
  23. Gareth Joswig: Referatsleiter abgesetzt. taz, 22. Januar 2021, abgerufen am 25. Januar 2021.
  24. Ich bin bespitzelt worden. In: Der Spiegel. Nr. 50, 1953, S. 5–8 (online).
  25. a b Verfassungsschutz: Gerüchte im Safe. In: Der Spiegel. Nr. 9, 1965, S. 52 (online).
  26. Rechtsradikale: Kleiner Herr mit Hut. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1988, S. 37–40 (online).
  27. Eduard Vermander scheidet Ende Juni aus dem Amt, weil ihm diverse Skandale vorgeworfen werden. In: Der Tagesspiegel, 4. Januar 2000
  28. Eduard Vermander leitet den Berliner Verfassungsschutz. In: Berliner Zeitung, 5. Juli 1995
  29. Berliner Geheimdienst: Neue Führung für den Verfassungsschutz. In: Der Tagesspiegel, 17. Dezember 2000
  30. Schredder-Affäre um NSU: Berlins oberste Verfassungsschützerin wirft hin. Spiegel Online, 14. November 2012
  31. Bernd Palenda übernimmt kommissarische Leitung der Abteilung für Verfassungsschutz. Berlin.de, 16. November 2012, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 2. Januar 2013 (Pressemitteilung Nr. 63).@1@2Vorlage:Toter Link/www.berlin.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  32. Chef des Berliner Verfassungsschutzes wechselt in Senatskanzlei. Der Tagesspiegel, 20. August 2018, abgerufen am 22. November 2018.
  33. Bernd Palenda neuer Leiter des Berliner Verfassungsschutzes. (Memento vom 1. November 2013 im Internet Archive) Pressemitteilung des Berliner Senats vom 20. August 2013, abgerufen am 20. August 2013.
  34. Berliner Verfassungsschutz hat einen neuen Chef. Der Tagesspiegel, 21. November 2018, abgerufen am 22. November 2018.
  35. Neue Chefin für den Verfassungsschutz. Berliner Morgenpost, 28. Juni 2018, abgerufen am 22. November 2018.
  36. Rechtsgrundlagen Verfassungsschutz. Senatsverwaltung für Inneres und Sport, 30. Juli 2020, abgerufen am 15. August 2020.