W. G. Sebald

deutscher Schriftsteller und Hochschullehrer der Germanistik (1944-2001)

Winfried Georg „Max“ Sebald (* 18. Mai 1944 in Wertach, Allgäu; † 14. Dezember 2001 in Norfolk, England), bekannt als W. G. Sebald, war ein deutscher Schriftsteller und Literaturwissenschaftler. Er erlangte durch Werke wie Die Ringe des Saturn und Austerlitz ab den 1990er Jahren größere Bekanntheit und wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Heinrich-Böll-Preis, dem Joseph-Breitbach-Preis und dem Heinrich-Heine-Preis. Aufsehen erregte auch die Kontroverse um seine Auslassungen zur Rolle von Alfred Andersch während der Zeit des Nationalsozialismus.

Dass Winfried Georg Sebald als W. G. Sebald bekannt ist, beruht darauf, dass er seine Vornamen Winfried und Georg ablehnte. Winfried war für ihn ein „richtiger Nazi-Name“. Von Familie und Freunden ließ er sich „Max“ nennen.[1]

W. G. Sebalds Eltern waren Rosa, geb. Egelhofer, und Georg Sebald. Er wuchs in Wertach als mittleres von drei Kindern auf. Seine ältere Schwester Gertrud wurde 1941 geboren, seine jüngere Schwester Beate 1951.[2] Der Vater, Sohn eines Eisenbahners, stammte aus dem Bayerischen Wald, lernte Schlosser, trat 1929 in die Reichswehr ein und stieg in der Wehrmacht bis zum Hauptmann auf. Bis 1947 war er in französischer Kriegsgefangenschaft. Von Mitte der fünfziger Jahre bis 1971 diente er in der Bundeswehr (zuletzt als Oberstleutnant). Die wichtigste männliche Bezugsperson für Sebald war der Großvater mütterlicherseits, ein Dorfpolizist in Wertach. Zusammen mit der älteren Schwester wuchs W. G. Sebald im Haus seines Großvaters Egelhofer auf. Seine seit 1936 verheiratete Mutter war 1943 aus Bamberg nach Wertach gekommen und hatte in ihrem Elternhaus Zuflucht gesucht.[3]

Von 1948 bis 1963 lebte W. G. Sebald in Sonthofen. Ab 1954 besuchte Sebald zunächst das Realgymnasium Maria Stern in Immenstadt, dann ab 1955 die Oberrealschule in Oberstdorf, wo er 1963 das Abitur ablegte. Aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst befreit, begann er 1963 mit dem Studium der Germanistik und Anglistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er wechselte 1965 in die Schweiz, zu seiner Schwester Gertrud Sebald-Aebischer, wo er 1966 an der Universität Fribourg den Studienabschluss mit der Licence de lettres erreichte.[4] Im selben Jahr wanderte er nach England aus und heiratete dort 1967. Seine Magisterarbeit schrieb Sebald 1968 über Carl Sternheim.[3]

Danach war er zunächst Lektor an der Universität Manchester; ein Jahr unterrichtete er auch an der privaten Internatsschule Institut auf dem Rosenberg in St. Gallen. Ab 1970 lehrte er Germanistik an der University of East Anglia in Norwich und wurde 1973 über Alfred Döblin promoviert.[5][6] 1976 bezog er mit Ehefrau Ute und Tochter Anna ein viktorianisches Pfarrhaus (The Old Rectory) in Poringland in der Nähe von Norwich. Dort gewann er der überwucherten Wildnis eine weitläufige Gartenanlage ab, so entstand ein ostenglischer Blumengarten.[7] 1986 habilitierte sich Sebald an der Universität Hamburg mit der Schrift Die Beschreibung des Unglücks – Zur österreichischen Literatur von Stifter bis Handke.[8] 1987 wurde er Professor für Neuere Deutsche Literatur an der University of East Anglia.[9] Dort gründete er das British Centre for Literary Translation (BCLT), ein Forschungszentrum für literarisches Übersetzen. Jedes Jahr lädt das BCLT in Zusammenarbeit mit dem britischen National Centre for Writing und der British Library einen bedeutenden Autor oder Übersetzer als Redner zu einer Vorlesung, der W. G. Sebald Lecture, ein.[10]

Seit 1996 war Sebald Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Bis zuletzt setzte er sich stark für die Auslandsgermanistik in Großbritannien und für die Vermittlung deutschsprachiger Literatur im angelsächsischen Raum ein. Gegen Ende seines Lebens war er ein gefragter Redner und Gesprächspartner in zahlreichen Institutionen des Kulturlebens.[11] Er sei zur Unrast verdammt, schrieb er im Juni 2001 in einem Brief, während er von einem Termin zurückkehrte und zum nächsten aufbrach.[12]

Sebald starb am 14. Dezember 2001 im Alter von 57 Jahren bei einem Autounfall in der Nähe seines Wohnorts. In einer langgezogenen Kurve fuhr er in einen entgegenkommenden Tankwagen. Seine Tochter erlitt als Beifahrerin leichte Verletzungen.[9] Die Untersuchung der Todesursache ergab, dass Sebald einen Herzinfarkt erlitten und den Wagen nicht mehr gelenkt hatte.[13] Seine Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof von St. Andrew’s in Framingham Earl südlich von Norwich.[14]

Schriftstellerische Eigenart

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Viele Texte Sebalds prägt ein melancholischer Ton und eine wohl bewusst etwas altertümliche Ausdrucksweise.[15] Wichtig ist die Frage nach Bedeutung und Funktion von Erinnerung und Gedächtnis in seinen Texten. Sebald widmet sich traumatisierten Menschen: Ausgewanderten, die – wie der Sebald ähnelnde Erzähler – ihr Heimatland verlassen haben und in der Fremde versuchen, sich neu zu orientieren. Besonderes Gewicht hat für Sebald die Problematik des deutsch-jüdischen Verhältnisses. Schon als Jugendlicher empörte er sich über das Schweigen der Vätergeneration über die Kriegsereignisse und den Holocaust. Später richtete er seine Kritik auch gegen das Schweigen, mit dem Literatur und Gesellschaft die Zerstörung der deutschen Städte durch die alliierten Bombardements übergangen hatten.

Nicht unumstritten ist das Argumentationsverfahren des Essayisten und Kritikers Sebald. Unerbittlich verhielt Sebald sich in einer Kontroverse, die er 1993 mit einem Essay über die moralische Integrität Alfred Anderschs während der Zeit des Nationalsozialismus auslöste.[16]

Kurzbeschreibungen der Werke

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Sebalds literarisches Werk entstand im Wesentlichen seit Ende der 1980er Jahre.

Nach der Natur. Ein Elementargedicht (1988) ist Sebalds erste literarische Arbeit im engeren Sinne. Die ersten Teile handeln vom Maler Matthias Grünewald und vom Arzt und Naturwissenschaftler Georg Wilhelm Steller aus Windsheim (Teilnehmer der Zweiten Kamtschatkaexpedition); das letzte Drittel spielt in Wertach. Im Hintergrund stehen existenzielle Fragen der Menschheit und der Biografie des Autors.

In Schwindel. Gefühle. (1990) stellt Sebald in vier eng miteinander verwobenen Reiseerzählungen eigene Erfahrungen und Erinnerungen der melancholischen Haltung von Stendhal und Kafka gegenüber.

Die Ausgewanderten. Vier lange Erzählungen (1992) enthält teilweise auf authentischen Dokumenten beruhende Lebensberichte von vier Personen. Mit Paul Bereyter schildert Sebald seinen Grundschullehrer in Sonthofen. Dem historischen Vorbild Armin Müller war als Juden während der NS-Zeit das Unterrichten deutscher Kinder untersagt. Aus dem fiktiven Großonkel Ambros Adelwarth macht Sebald den Butler eines reichen jüdischen Amerikaners, der in geistiger Umnachtung stirbt, heimgesucht von Schreckensvisionen des Ersten Weltkrieges. Johannes Naegeli, der Freund des Protagonisten der ersten Erzählung, trägt Züge von Sebalds Großvater. Die Luisa-Lanzberg-Geschichte im letzten Teil gestaltet Erinnerungen der 1891 geborenen Thea Frank-G. in literarischer Form.

Die Ringe des Saturn. Eine englische Wallfahrt ist ein Prosawerk aus dem Jahr 1995. Thema ist eine sechstägige Fußwanderung im August 1992 durch einen Landstrich an der Ostküste Englands, der auf verschiedene Weise mit historischen Ereignissen und biografischen Entwicklungen des Ich-Erzählers verbunden ist.

In Luftkrieg und Literatur (1999) macht Sebald der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur, vor allem der Gruppe 47, den Vorwurf, sie habe vor der Darstellung des Luftkriegs moralisch wie ästhetisch versagt. Enthalten sind Auszüge von heftigen Gegenreaktionen sowie ein Essay voll kompromissloser Kritik Sebalds an Alfred Andersch und dessen Werk. Im Nachgang zu dieser Diskussion wurden unter anderem die Werke des Nachkriegsautors Gert Ledig wiederentdeckt und verlegt. Dessen Antikriegsroman Vergeltung aus dem Jahre 1956 schildert apokalyptisch den Luftangriff der Amerikaner auf eine deutsche Großstadt.[17] Eine ausführliche Auseinandersetzung mit Sebalds Thesen findet sich auch in Zeugen der Zerstörung (2003, aktualisiert 2008) von Volker Hage, der zu dem Schluss kommt: „Die Lücke, die nicht nur von Sebald empfunden worden war, ist weniger eine der Produktion als der Rezeption – es sind viele Romane und Erzählungen über den Luftkrieg publiziert worden, doch sie fielen schnell und gründlich dem Vergessen anheim, wenn sie überhaupt zur Kenntnis genommen wurden.“[18]

Austerlitz (2001) gilt als Sebalds „Meisterwerk“. Geschildert wird die Suche des sechzigjährigen Jacques Austerlitz nach seiner Herkunft. Darin wird H. G. Adler und dessen wissenschaftliches Werk Theresienstadt 1941–1945. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft erwähnt.[19] Das Buch hat eine Diskussion über die Art und Weise ausgelöst, in der Sebald sich realen biographischen Materials bemächtigte.[20] 2015 wurde dieser Roman von der BBC-Auswahl der besten 20 Romane von 2000 bis 2014 zu einem der bislang bedeutendsten Werke dieses Jahrhunderts gewählt. Uwe Schütte, einer von Sebalds Doktoranden und Autor mehrerer Bücher über Sebald, schätzt die Qualität des Romans Austerlitz nicht so hoch ein.[21]

For Years Now (2001, postum erschienen) ist eine Sammlung von 23 kurzen Gedichten in englischer Sprache.

Campo Santo (2003) enthält Prosafragmente, Essays und Reden aus dem Nachlass. Es handelt sich teilweise um zuvor publizierte Teile eines älteren, 1996 allerdings aufgegebenen Projekts eines Buches über Korsika.

Sebald war ein Freund und Bewunderer des Malers und Radierers Jan Peter Tripp, über dessen Arbeiten er mehrere Essays geschrieben hat. Das gemeinsam geplante Buch Unerzählt (2003) mit seinen 33 Augenpaaren und 33 kurzen Prosa-Miniaturen ist das Vermächtnis einer langen Künstlerfreundschaft. Sebalds Texte enthalten viele Bezüge zur eigenen Biographie.

Die Gedichtsammlung Über das Land und das Wasser (2008) enthält Lyrik aus den Jahren 1964 bis 2001. Neben bereits veröffentlichten Texten finden sich fünfzehn zuvor ungedruckte Gedichte.[22]

Literarische Werke

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Essayistische und literaturwissenschaftliche Werke

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  • Carl Sternheim: Kritiker und Opfer der Wilhelminischen Ära. Magisterarbeit. Kohlhammer, Stuttgart 1969.
  • Der Mythus der Zerstörung im Werk Döblins. Dissertation. Ernst Klett, Stuttgart 1980.
  • Die Beschreibung des Unglücks. Zur österreichischen Literatur von Stifter bis Handke. Residenz-Verlag, Salzburg/Wien 1985.
  • A radical stage: theatre in Germany in the 1970s and 1980s. (Radikale Bühne – Theater in Deutschland in den 1970er und 1980er Jahren.) Herausgegeben von W.G. Sebald. Berg, Oxford 1988.
  • Unheimliche Heimat. Essays zur österreichischen Literatur. Residenz-Verlag, Salzburg/Wien 1991.
  • Logis in einem Landhaus. (Autorenporträts über Gottfried Keller, Johann Peter Hebel, Robert Walser u. a.) Hanser, München 1998.
  • Luftkrieg und Literatur. Mit einem Essay zu Alfred Andersch. Hanser, München 1999.
  • Ich möchte zu ihnen hinabsteigen und finde den Weg nicht. Zu den Romanen Jurek Beckers. In: Sinn und Form 2/2010, S. 226–234 (Erstveröffentlichung, ursprünglich verfasst für eine 1992 erschienene Materialiensammlung zum Werk Jurek Beckers, die Aufnahme von Sebalds Essay wurde damals jedoch abgelehnt.)

Gespräche

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  • Torsten Hoffmann (Hg.): »Auf ungeheuer dünnem Eis«. Gespräche 1971 bis 2001. Fischer-Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-596-19415-5.

Hörspielbearbeitungen

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  • Ferbers Mutter. Hörspiel nach dem Roman Die Ausgewanderten. Mit Corinna Kirchhoff (Mutter), Michael König (Sohn). Bearbeitung und Regie: Ulrich Gerhardt. Produktion: Bayerischer Rundfunk 1995 (unter dem Titel Aurachs Mutter)
  • Il Ritorno in Patria. Hörspiel nach der gleichnamigen Erzählung aus dem Band Schwindel.Gefühle. Mit August Zirner (Erzähler), Crescentia Dünsser (Anna Ambroser), Paul Bartdorff (Max), Catalina Bartdorff (Anna, jung), Monica Anna Cammerlander (Bedienerin), Christian Heller (Holzknecht), Jürg Kienberger (Dr. Piazolo), Händl Klaus (Tiroler Polizist), Karl Knaup (Bauer Erd), Martin Ostermeier (Zollbeamter), Mona Petri (Fräulein Rauch), Seraphina Schweiger (Romana), Gabi Striegl (Rezeptionistin) sowie W. G. Sebald (Wanderer). Musik: Cico Beck, Hörspielbearbeitung und Regie: Ralf Bücheler und Johannes Mayr. Produktion: SRF/ORF 2021 (online auf SRF Play)[23]
  • Jetzund kömpt die Nacht herbey. Ansichten aus dem Leben und Sterben des Immanuel Kant. Hörspiel nach dem Drehbuch von W. G. Sebald. Mit Michael Schenk, Martin Reinke, Matthias Bundschuh, Udo Schenk, Tom Zahner, Rainer Homann, Peter Harting, German Gorst, Wolf Anoil, Martin Bross, Yvon Jansen, Ulrich Marx. Realisation: Claudia Johanna Leist. Produktion: WDR 2015
  • Max Aurach. Hörspiel mit Bruno Ganz, Michael König. Bearbeitung und Regie: Ulrich Gerhardt. Produktion: BR 1994

Rezeption

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In Deutschland wurde man erst Mitte der 1990er Jahre auf W. G. Sebald aufmerksam. Noch später wurde er in Großbritannien, den USA – wo besonders Susan Sontag sich für ihn einsetzte – und in Frankreich populär. Heute ist Sebald einer der meistdiskutierten deutschsprachigen Autoren. Seine Werke wurden in viele Sprachen übersetzt. Der Schriftsteller Michael Hamburger, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband, übertrug mehrere von Sebalds Werken ins Englische. 2012 erschien der Dokumentarfilm Patience (After Sebald) des Regisseurs Grant Gee, der auf Basis von Die Ringe des Saturn eine Reise durch Suffolk unternimmt.[24][25]

Auszeichnungen

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Gedenkorte

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Sebald-Weg

Zur Erinnerung hat die Gemeinde Wertach den elf Kilometer langen Weg von Oberjoch bis zum Geburtshaus W. G. Sebalds als „Sebald-Weg“ bezeichnet und gestaltet. In Il ritorno in Patria (Kapitel in Schwindel. Gefühle) schildert er das Wegstück: Auf sechs Stelen finden sich Textstücke, bezogen auf den jeweiligen topographischen Ort.[26]

Sebald Copse

Auf dem Gelände der University of East Anglia in Norwich umgibt eine kreisförmige Sitzbank eine Blutbuche, gepflanzt im Jahr 2003 von der Familie W. G. Sebalds zur Erinnerung an den Schriftsteller. Zusammen mit weiteren Bäumen, die von ehemaligen Studenten des Schriftstellers gespendet wurden, wird der Platz Sebald Copse („Sebald-Wäldchen“) genannt. Die Bank, deren Form an die Ringe des Saturn erinnert, trägt ein Zitat aus Unerzählt (auf Deutsch): „Unerzählt bleibt die Geschichte der abgewandten Gesichter“.

Deutsche Sebald Gesellschaft

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2019 wurde in Kempten (Allgäu) die Deutsche Sebald Gesellschaft e. V. gegründet. Ihr Vorsitzender ist der Mediziner Ricardo Felberbaum.[27] Der Verein hat sich das Ziel gesetzt, das Werk von W. G. Sebald einem größeren Leserkreis zu erschließen und die Rezeption seines Werks zu fördern. Zu diesem Zweck wird regelmäßig ein Preis vergeben, der die beste deutschsprachige literarische Arbeit zum Thema „Gedächtnis und Erinnerung“ auszeichnet.[28]

Der Verein vergibt den mit 10.000 Euro dotierten W.-G.-Sebald-Literaturpreis alle zwei Jahre (in Verbindung mit den Städten Kempten und Sonthofen sowie der Gemeinde Wertach). In den Wettbewerbsbeiträgen soll eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Region Allgäu oder mit der Person und dem Werk Sebalds stattfinden.

Auf die erste Ausschreibung im November 2019 wurden 900 Texte eingereicht, die in einem anonymisierten Verfahren von einer fünfköpfigen Jury begutachtet wurden. Ihr gehörten an: der Literaturwissenschaftler und Lektor des S. Fischer Verlags Hans Jürgen Balmes, die Literaturwissenschaftlerin Claudia Öhlschläger, der Literaturwissenschaftler Jürgen Ritte, die Kulturjournalistin und Trägerin des Alfred-Kerr-Preises Marie Schmidt und der Literaturwissenschaftler Kay Wolfinger. Die erste Preisträgerin des Wettbewerbs 2020, der den Themenkomplex „Erinnerung und Gedächtnis“ als Leitmotiv hatte, war die Autorin und Übersetzerin Esther Kinsky. Sie erhielt den Preis für ihren Text Kalkstein.[29]

Preisträgerin des Wettbewerbs 2022 wurde Kirsten Fuchs mit ihrem dystopischen Beitrag Sneaker, „der das in Sebalds Werk zentrale Motiv der Zerstörung konsequent in die Zukunft überführt.“[30]

Literatur

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  • Elena Agazzi: La grammatica del silenzio di W. G. Sebald. Artemide, Rom 2007, ISBN 978-88-7575-046-6.
  • Carole Angier: Speak, Silence. In Search of W. G. Sebald. Bloomsbury, New York / London u. a. 2021, ISBN 978-1-5266-3479-5.[31]
  • Marcel Atze, Franz Loquai (Hgg.): Sebald. Lektüren. Ed. Isele, Eggingen 2005, ISBN 3-86142-363-4.
  • Marcel Atze: Sebald in Freiburg. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach am Neckar 2014 (Reihe Spuren, Heft 102), ISBN 978-3-937384-89-4.
  • Heinz L. Arnold (Hg.): W. G. Sebald. Text + Kritik, Heft 158, München 2003, ISBN 3-88377-728-5.
  • Luisa Banki: Post-Katastrophische Poetik. Zu W. G. Sebald und Walter Benjamin. Wilhelm Fink, Paderborn 2016, ISBN 978-3-7705-6072-1.
  • Klaus Bonn: Homoerotik, Hasard, Hysterie unter anderem. Zur Figuration der Männlichkeit bei W. G. Sebald. In: Forum Homosexualität und Literatur, Nr. 49, Siegen 2007, ISSN 0931-4091, S. 5–40.
  • Theo Breuer: Einer der Besten: W. G. Sebald. In: Ders.: Kiesel & Kastanie. Von neuen Gedichten und Geschichten. Monographie zur zeitgenössischen Lyrik und Prosa nach 2000. Edition YE, Sistig 2008, ISBN 978-3-87512-347-0.
  • Ulrich von Bülow et al. (Hgg.): Wandernde Schatten. W. G. Sebalds Unterwelt. Marbacher Katalog, Nr. 62, Deutsche Schillergesellschaft, Marbach 2008, ISBN 978-3-937384-45-0.
  • Jo Catling, Richard Hibbit (Hgg.): Saturn's Moons, W. G. Sebald – A Handbook. LEGENDA Modern Humanities Research Association and Maney Publishing, 2011, ISBN 978-1-906540-02-9.
  • Scott Denham, Mark McCulloh: W. G. Sebald: History – Memory – Trauma. De Gruyter, Berlin/New York 2006, ISBN 3-11-018274-2.
  • Thomas Diecks: Sebald, W. G.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 106 f. (Digitalisat).
  • Anton Distler: Kein Verstehen ohne fundamentale Ontologie. Eine philosophische Analyse des Werks von W. G. Sebald aufgrund der „existentiellen Psychoanalyse“ Jean-Paul Sartres. Königshausen & Neumann, Würzburg 2008, ISBN 978-3-8260-3812-9.
  • Helen Finch: Sebald's Bachelors: Queer Resistance and the Unconforming Life, Germanic Literatures. Legenda, London 2013, ISBN 978-0-367-60158-4.
  • Anne Fuchs: „Die Schmerzensspuren der Geschichte.“ Zur Poetik der Erinnerung in W. G. Sebalds Prosa. Böhlau, Köln 2004, ISBN 3-412-08104-3.
  • Jon Gestermann: Vergegenwärtigungen der Vergangenheit. Geschichtsbilder in W.G. Sebalds Prosa. Aisthesis, Bielefeld 2020, ISBN 978-3-8498-1563-9.
  • Rüdiger Görner (Hg.): The Anatomist of Melancholy: Essays in Memory of W. G. Sebald. Iudicium, München 2003, ISBN 3-89129-774-2.
  • Rüdiger Görner: W. G. Sebald – Gespräch mit Lebenden und Toten. Bogen 48, Hanser, München/Wien 2001, ISBN 3-446-20032-0.
  • Mario Gotterbarm: Die Gewalt des Moralisten. Zum Verhältnis von Ethik und Ästhetik bei W. G. Sebald. Wilhelm Fink, Paderborn 2016, ISBN 978-3-7705-6068-4.
  • Christina Hünsche: Textereignisse und Schlachtenbilder. Eine sebaldsche Poetik des Ereignisses. Aisthesis, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-89528-903-3.
  • Kai U. Jürgens: Schulterschluss mit einem Hobbybastler. Über Parallelen im Werk von W.G. Sebald und Arno Schmidt. In: Bargfelder Bote. Lieferung 415–416, Oktober 2017, ISBN 978-3-921402-50-4, S. 3–17.
  • Gerhard Köpf (Hrsg.): Mitteilungen über Max. Marginalien zu W. G. Sebald. Laufen, Oberhausen 1998, ISBN 3-87468-142-4.
  • Michael Krüger (Hrsg.): W. G. Sebald zum Gedächtnis. In: Akzente. Zeitschrift für Literatur, Heft 1, 2003.
  • Florian Lehmann: Realität und Imagination. Photographie in W. G. Sebalds „Austerlitz“ und Michelangelo Antonionis „Blow Up“. University of Bamberg Press, Bamberg 2013, ISBN 978-3-86309-140-8.
  • Franz Loquai: W. G. Sebald. Edition Isele, Eggingen 1997, ISBN 3-86142-103-8.
  • Sigurd Martin, Ingo Wintermeyer (Hrsg.): Verschiebebahnhöfe der Erinnerung. Zum Werk W. G. Sebalds. Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, ISBN 978-3-8260-3384-1.
  • James P. Martin: The crisis of cultural knowledge in Michael Koehlmeier's „Telemach“, Christoph Ransmayr's „Morbus Kitahara“ and W. G. Sebald's „Die Ringe des Saturn“. Washington 2004, OCLC 177275147 (Dissertation Georgetown University Washington D.C. 2004, 227 Seiten, englisch).
  • Mark McCulloh: Understanding W.G. Sebald. University of South Carolina Press, Columbia, SC 2003, ISBN 1-57003-506-7.
  • Tanja Michalsky: Zwischen den Bildern. W.G. Sebalds Gewebe der Erinnerung. In: Peter Geimer, Michael Hagner (Hrsg.): Nachleben und Rekonstruktion. Vergangenheit im Bild. Wilhelm Fink, München 2012, ISBN 978-3-7705-5339-6, S. 251–275.
  • Bettina Mosbach: Figurationen der Katastrophe. Ästhetische Verfahren in W. G. Sebalds „Die Ringe des Saturn“ und „Austerlitz“. Aisthesis, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89528-645-2.
  • Michael Niehaus, Claudia Öhlschläger (Hgg.): W. G. Sebald. Politische Archäologie und melancholische Bastelei. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-503-07966-1.
  • Nikolai Jan Preuschoff: Mit Walter Benjamin. Melancholie, Geschichte und Erzählen bei W.G. Sebald. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-8253-6404-5.
  • Susanne Schedel: „Wer weiß, wie es vor Zeiten wirklich gewesen ist?“ Textbeziehungen als Mittel der Geschichtsdarstellung bei W. G. Sebald. Königshausen & Neumann, Würzburg 2004, ISBN 3-8260-2728-0.
  • Fridolin Schley: Kataloge der Wahrheit: Zur Inszenierung von Autorschaft bei W. G. Sebald. Wallstein, Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-0960-9.[32]
  • Peter Schmucker: Grenzübertretungen: Intertextualität im Werk von W. G. Sebald. De Gruyter (Spectrum Literaturwissenschaft / Spectrum Literature), Berlin/New York 2012, ISBN 978-3-11-027835-4.
  • Uwe Schütte: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Anmerkungen zu W. G. Sebalds Essay über Jurek Beckers Romane. In: Sinn und Form, 2/2010, S. 235–242.
  • Uwe Schütte: W. G. Sebald. Einführung in Leben und Werk. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-8252-3538-3.
  • Uwe Schütte: Annäherungen. Sieben Essays über W. G. Sebald. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2019, ISBN 978-3-412-51382-5.
  • Uwe Schütte: W. G. Sebald. Leben und literarisches Werk. De Gruyter, Berlin 2020, ISBN 978-3-11-064811-9.
  • Frank Schwamborn: W.G. Sebald. Moralismus und Prosodie. Iudicium, München 2017, ISBN 978-3-86205-505-0.
  • Susan Sontag: A Mind in Mourning. In: The Times Literary Supplement, 25. Februar 2000 (online)
  • Elvira Steppacher: Schreiben als Arbeit im Heiligen Feld. W.G. Sebalds autofiktionale Erzählung Campo Santo. In: D. Hauser, R. Felberbaum, K. Wolfinger (Hrsg.): Nebelflecken und das Unbeobachtete. Neue Forschungsansätze zum Werk W. G. Sebalds (= Schriftenreihe der Deutschen Sebald Gesellschaft. Bd. 2). Würzburg 2023, S. 197–215. , ISBN 978-3-8260-7167-6.
  • Paul Whitehead: Im Abseits. W.G. Sebalds Ästhetik des Marginalen. Aisthesis, Bielefeld 2019, ISBN 978-3-8498-1274-4.
  • Karine Winkelvoss: W. G. Sebald: Formen des Pathos. Brill | Fink, Paderborn 2022, ISBN 978-3-7705-6618-1.
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Zur Rezeption:

Einzelnachweise

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  1. Uwe Schütte: W. G. Sebald, S. 17.
  2. Jo Catling, Richard Hibbitt: Saturn's Moons: A W.G Sebald Handbook. Routledge, London, 2011, abgerufen am 20. November 2021 (englisch).
  3. a b Winfried Georg Sebald. Dieter Wunderlich, abgerufen am 17. August 2023.
  4. W.G. Sebald: Erinnerung an einen berühmten Schriftsteller und sein Leben in Freiburg. In: Freiburger Nachrichten. 9. Dezember 2021, abgerufen am 16. März 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  5. W.G. Sebald: Der Mythus der Zerstörung im Werk Döblins. Klett, Stuttgart 1980.
  6. A view between thresholds. University of East Anglia, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  7. Poringland. Abgerufen am 20. November 2021.
  8. Uwe Schütte: W. G. Sebald – Leben und literarisches Werk. S. 45.
  9. a b Author dies in road crash. 15. Dezember 2001 (bbc.co.uk [abgerufen am 15. März 2023]).
  10. Simon Jones: British Centre for Literary Translation. In: National Centre for Writing. Abgerufen am 14. März 2023.
  11. Unter anderem hielt er am 17. November 2001 die Rede zur Eröffnung des Literaturhauses Stuttgart; wieder abgedruckt in W.G. Sebald: Zerstreute Reminizenzen. Hg. v. Florian Höllerer. Keicher, Leonberg 2008 (Reihe Literaturhaus Stuttgart 2).
  12. Datei:W.G. Sebald to Andreas Dorschel (2001).jpg – Wikipedia. Abgerufen am 15. März 2023.
  13. Heart attack may have killed novelist in crash. The Guardian, 16. Mai 2002.
  14. Framingham Earl. Abgerufen am 20. November 2021.
  15. Vgl. Josephine Carter: The Ethics of the Melancholic Witness: Janet Frame and W.G. Sebald. In: Mosaic 46 (2013), H. 1, S. 1–18.
  16. W.G. Sebald: Between the Devil and the Deep Blue Sea – Alfred Andersch. Das Verschwinden in der Vorsehung. In: Lettre International, H. 20, I. Vj./1993.
  17. Volker Hage: „Die Angst muß im Genick sitzen“. In: Der Spiegel. Band 1, 4. Januar 1999 (spiegel.de [abgerufen am 11. Januar 2019]).
  18. Volker Hage: Zeugen der Zerstörung. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-596-16035-8, S. 119 f.
  19. W. G. Sebald: Austerlitz. Hanser, München 2001, ISBN 3-7632-5201-0, S. 331 eff.
  20. Helen Finch u. a.: H. G. Adler/W. G. Sebald Conference: Witnessing, Memory, Poetics (10-11 October 2012). Oktober 2012, abgerufen am 4. Januar 2018 (englisch).
  21. Uwe Schütte: Das falsche Buch. In: der Freitag vom 16. Mai 2019, S. 17.
  22. Michael Opitz: Prosa, die klingt wie Musik. Rezension beim Deutschlandradio Kultur vom 30. Januar 2009, abgerufen am 1. März 2011.
  23. Informationen zum Hörspiel auf srf.ch.
  24. Jonathan Pryce, Tacita Dean, William Firebrace: Patience (After Sebald). Illuminations Films, 27. Januar 2012, abgerufen am 26. Oktober 2023.
  25. Patience (After Sebald): watch the trailer - video. In: the Guardian. 31. Januar 2012, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 26. Oktober 2023]).
  26. Themen- und Erlebniswege in Wertach wertach.de
  27. W. G. Sebald – Weltliteratur, die aus dem Allgäu kommt Interview mit Ricardo Felberbaum zur Deutschen Sebald Gesellschaft, Dezember 2019, theaterinkempten.de.
  28. Satzung der Deutschen Sebald Gesellschaft, § 2.
  29. W.-G.-Sebald-Literaturpreis 2020 sebald-gesellschaft.de
  30. Verleihung des W.-G.-Sebald-Literaturpreises 2022: Am 16. Juni 2023 erhält die Autorin Kirsten Fuchs in Sonthofen den W.-G.-Sebald-Literaturpreis. sebald-gesellschaft.de, 12. Juni 2023, abgerufen am 6. September 2023
  31. Caroline Moorehead: Speak, Silence by Carole Angier review – a remarkable biography. In: The Guardian, 14. August 2021.
  32. Feldzüge eines Eroberers. In: FAZ vom 4. Dezember 2012, S. 30.