Werner Gatzer
Werner Gatzer (* 4. November 1958 in Bergisch Gladbach) ist ein deutscher Verwaltungsjurist und politischer Beamter. Er war von 2005 bis 2023 mit einer kurzen Unterbrechung Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen. Er ist seit September 2022 auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG.[1]
Leben
BearbeitenAusbildung und Laufbahn
BearbeitenGatzer erreichte 1978 das Abitur und studierte von 1978 bis 1984 Rechtswissenschaften in Köln. Er absolvierte von 1984 bis 1987 das Referendariat und begann seine berufliche Laufbahn 1987 als Referent bei den Oberfinanzdirektionen Nürnberg und Köln.
1990 nahm Gatzer seinen Dienst im Bundesfinanzministerium in Bonn auf. Dort war er bis 1998 Referent in verschiedenen Referaten der Haushaltsabteilung, bevor er 1998 zum Referatsleiter für „Parlaments- und Kabinettsangelegenheiten“ in den Leitungsbereich des Bundesministeriums berufen wurde. Anschließend übernahm er 2000 die Leitung einer Unterabteilung in der Haushaltsabteilung und avancierte bereits 2002 unter Bundesminister Hans Eichel (SPD) zum Leiter des Leitungsstabes.
Im Anschluss verließ er das Bundesministerium der Finanzen und war vom 1. Mai 2005 bis zum 30. November 2005 kurzzeitig Geschäftsführer der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH.
Staatssekretär
BearbeitenGatzer wurde am 1. Dezember 2005, acht Tage nach dem Amtsantritt der schwarz-roten Regierung Merkel I, unter dem neuen Bundesminister Peer Steinbrück (SPD) zum Staatssekretär im Bundesfinanzministerium ernannt. Er folgte auf Staatssekretär Gerd Ehlers, der 2004 vom damaligen Finanzminister Hans Eichel (SPD) als Nachfolger von Manfred Overhaus zum Staatssekretär ernannt worden war, das Bundesfinanzministerium auf Wunsch von Steinbrück aber verließ. Ehlers übernahm stattdessen die Leitung der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, die zuvor Gatzer innegehabt hatte. Gatzer wirkte maßgeblich an der Schaffung der Schuldenbremse mit und galt damals als Anhänger der schwarzen Null.
Bei dem Regierungswechsel und der Bildung des Kabinetts Merkel II nach der Bundestagswahl 2009 wurde Wolfgang Schäuble (CDU) zum Bundesminister der Finanzen ernannt. Er behielt Gatzer als Haushaltsstaatssekretär. Als Schäuble im Oktober nach der Bundestagswahl 2017 zum Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt wurde und unklar war, wer das Bundesfinanzministerium in Zukunft führen würde,[2] verließ Gatzer das Bundesministerium und war vom 1. Januar bis zum 28. Februar 2018 kurzzeitig Vorstandsvorsitzender der DB Station&Service als Nachfolger von André Zeug.[3]
Im Zuge der Bildung des Kabinetts Merkel IV im März 2018 wurde Olaf Scholz (SPD) Bundesfinanzminister. Er holte Gatzer im April 2018 als Staatssekretär in das Ministerium zurück.[4] Gatzer blieb auch unter der im Dezember 2021 gebildeten Bundesregierung Scholz und dem Bundesminister der Finanzen, Christian Lindner (FDP), im Amt. Gatzer galt (so wie der ehemalige Haushaltsstaatssekretär Manfred Overhaus, der das Amt elf Jahre innehatte) als „ewiger Staatssekretär“.[2][4]
In dieser Funktion vertrat Gatzer seit dem 11. März 2011 die Bundesrepublik Deutschland im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH,[5] auf Seiten der Aktionärsvertreter ist er Mitglied im Aufsichtsrat der Deutsche Post AG.[6] Gatzer ist Mitglied des Senats der Max-Planck-Gesellschaft[7] sowie Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn.[8] Von Oktober 2014 bis November 2022 war er Aufsichtsratsvorsitzender der PD – Berater der öffentlichen Hand.[9][10] Im September 2022 wurde er zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG gewählt. Sein Vorgänger Michael Odenwald hatte das Mandat zum 31. Juli 2022 niedergelegt.[1]
Gatzer gilt als einer der Architekten der im Koalitionsvertrag der Ampelregierung als „Zukunftsinvestition“ vereinbarten Umwidmung von Corona-Hilfen in Mittel für den Klimaschutz.[11] Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023, das das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 vom 18. Februar 2022[12] für verfassungswidrig erklärte, versetzte Lindner Gatzer zum Jahresende 2023 in den einstweiligen Ruhestand.[13] Nach dem Kabinettsbeschluss über den Haushalt 2024 hatte Minister Lindner noch anerkennend gesagt: „Lieber Werner, das war nicht dein letzter Haushalt“.[14] Gatzers Nachfolger wurde Wolf Reuter, der bis dahin die Abteilung Finanzpolitische und volkswirtschaftliche Grundsatzfragen im Ministerium leitete.[15] Gatzer selbst teilte mit, dennoch Bahn-Aufsichtsratsvorsitzender zu bleiben.[16]
Gatzer ist nach Otto Schlecht, der noch einige Monate länger im Bundeswirtschaftsministerium tätig war, der am zweitlängsten amtierende Staatssekretär in der Geschichte der Bundesrepublik.[17]
Familie und Partei
BearbeitenWerner Gatzer ist evangelisch, verheiratet und hat vier Kinder.[18] Er trat während seines Studiums im Jahr 1982 in die SPD ein und war längere Zeit im Kölner Arbeiterviertel Kalk aktiv.[19] Er ist Fan und war Mitglied des Beirates des 1. FC Köln.[20]
Veröffentlichungen (Auswahl)
Bearbeiten- mit Tilmann Schweisfurth (Hrsg.): Öffentliche Finanzwirtschaft in der Staatspraxis. 1. Auflage, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-8305-3325-2.
Weblinks
Bearbeiten- www.bundesfinanzministerium.de: Werner Gatzer ( vom 4. Dezember 2023 im Internet Archive)
- Werner Gatzer im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Werner Gatzer neuer AR-Vorsitzender. Deutsche Bahn, 28. September 2022, abgerufen am 28. September 2022.
- ↑ a b Zimmermann des Bundeshaushalts. In: Der Tagesspiegel. 9. Dezember 2021, abgerufen am 12. Dezember 2021.
- ↑ Finanz-Staatssekretär wechselt zur Bahn. In: Handelsblatt. 4. Dezember 2017, abgerufen am 19. Dezember 2017.
- ↑ a b Cerstin Gammelin: Werner Gatzer: Der ewige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Süddeutsche Zeitung, 2. Dezember 2021, abgerufen am 22. Dezember 2021.
- ↑ Daniel Delhaes, Silke Kersting: Der Rat der Ahnungslosen. In: Handelsblatt. 10. Januar 2013, S. 46.
- ↑ Aufsichtsrat. Deutsche Post DHL Group, 3. August 2015, abgerufen am 17. September 2015.
- ↑ Übersicht über die Zusammensetzung des Senats der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. (PDF) Max-Planck-Gesellschaft, 4. August 2015, abgerufen am 17. September 2015.
- ↑ Werner Gatzer as new Chairman of the Supervisory Board. Deutsche Bahn, 28. September 2022, abgerufen am 3. November 2022.
- ↑ Mitglieder des Aufsichtsrats. PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH, abgerufen am 2. Dezember 2018.
- ↑ Aufsichtsrat. PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH, abgerufen am 2. Dezember 2022.
- ↑ Lindner trennt sich von Haushaltsstaatssekretär Gatzer. In: Süddeutsche Zeitung. 24. November 2023, abgerufen am 25. Juli 2024.
- ↑ BVerfG, Urteil vom 15. November 2023 - 2 BvF 1/22
- ↑ Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer scheidet zum Jahreswechsel aus dem Bundesfinanzministerium aus (Pressemeldung vom 24. November 2023).
- ↑ Christian Reiermann, Der Spiegel 45/2023.
- ↑ Lindner trennt sich von Haushaltsstaatssekretär. In: t-Online. 24. November 2023, abgerufen am 24. November 2023.
- ↑ Nach Etat-Debakel: Lindner trennt sich von Haushaltsstaatssekretär Gatzer. In: Der Spiegel. 24. November 2023, abgerufen am 24. November 2023.
- ↑ Christian Reiermann: Werner Gatzer wird Lindners Sündenbock. In: Der Spiegel. 24. November 2023, abgerufen am 24. November 2023.
- ↑ Werner Gatzer. Bundesministerium der Finanzen, archiviert vom am 27. September 2015; abgerufen am 17. September 2015.
- ↑ Werner Gatzer im Munzinger-Archiv, abgerufen am 22. Dezember 2021 (Artikelanfang frei abrufbar)
- ↑ Weitere Gremien. 1. FC Köln, abgerufen am 18. November 2018.
Personendaten | |
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NAME | Gatzer, Werner |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Jurist und politischer Beamter |
GEBURTSDATUM | 4. November 1958 |
GEBURTSORT | Bergisch Gladbach |