Wolfgang Böhme (Handballspieler)

deutscher Handballspieler und -trainer

Wolfgang Böhme (* 17. Dezember 1949 in Wolfen) ist ein ehemaliger deutscher Handballspieler und derzeitiger -trainer.

Wolfgang Böhme
Spielerinformationen
Geburtstag 17. Dezember 1949
Geburtsort Wolfen, DDR
Staatsbürgerschaft Deutscher deutsch
Körpergröße 1,87 m
Spielposition Rückraum rechts
  Rechtsaußen
Wurfhand links
Vereine in der Jugend
von – bis Verein
0000–1968 Deutschland Demokratische Republik 1949 BSG Einheit Heringsdorf
Vereinslaufbahn
von – bis Verein
1968–1980 Deutschland Demokratische Republik 1949 SC Empor Rostock
0000–1986 Deutschland Demokratische Republik 1949 BSG Einheit Heringsdorf
1986–1988 Deutschland Demokratische Republik 1949 EAW Treptow Berlin
3/1990–4/1990 Deutschland Bundesrepublik TSV GWD Minden
Nationalmannschaft
Debüt am 1970
  Spiele (Tore)
Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 192 (538)
Stationen als Trainer
von – bis Station
10/1989–2/1991 Deutschland Bundesrepublik TSV GWD Minden
1991–1993 Deutschland TV Sachsenroß Hille
1993–1994 Deutschland TV Neuenkirchen
1994–3/1995 Deutschland TSV GWD Minden (2. Mannschaft)
00000000 Deutschland TSV Barsinghausen
1996–12/1996 Deutschland HSG Nordhemmern/Mindenerwald
00000000 Deutschland HF Springe
00000000 Schweiz RTV 1879 Basel
00000000 Schweiz TV Birsfelden
2011–9/2013 Schweiz TV Möhlin
2014–0000 Schweiz Handballverein Herzogenbuchsee
2017–2018 Deutschland TSV Rudow 1888
Stand: 26. März 2019

Werdegang

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Der in Heringsdorf aufgewachsene Böhme war zunächst Turner an der Kinder- und Jugendsportschule in Rostock; eine Verletzung zwang ihn zum Aufhören. Er begann daher mit dem Handballspielen, zuerst bei Einheit Heringsdorf,[1] von wo er zum SC Empor Rostock wechselte.

Der 1,87 Meter große Linkshänder, der auf den Positionen Halbrechts und Rechtsaußen spielte, belegte 1980 bei der Wahl zum Handballer des Jahres der DDR hinter Wieland Schmidt den zweiten Platz.

Böhme spielte zehn Jahre lang (192 Länderspiele) in der Nationalmannschaft der DDR und war vier Jahre davon deren Mannschaftskapitän. Er stand im Aufgebot bei Olympia 1972[2] und gewann mit der Auswahl bei der Handballweltmeisterschaft 1974 die Silbermedaille und bei der Weltmeisterschaft 1978 die Bronzemedaille.[3] Bei der Weltmeisterschaft 1978 schlich sich Böhme, damals Kapitän der DDR-Mannschaft, ins Hotelzimmer des bundesdeutschen Spielers und späteren Bundestrainers Heiner Brand und erläuterte ihm und Kurt Klühspies die Taktik des Finalgegners Sowjetunion. Die DHB-Auswahl gewann später das Endspiel.

Drei Monate vor den Olympischen Spielen 1980 in Moskau wurde er überraschend aus dem Aufgebot genommen. Die Hintergründe des plötzlichen Karriereendes blieben unklar. Böhme selbst gab an, im Januar 1980 beim Ostseepokal ein lukratives Angebot für ein Engagement beim THW Kiel bekommen zu haben, von dem er das Ministerium für Staatssicherheit der DDR nicht informiert habe; nachdem die Staatssicherheit dennoch davon erfahren hatte, wurde er besonders beobachtet und geächtet.[4] Er wurde wegen angeblich geplanter Republikflucht und weiterer Vergehen wie Schmuggel zur „Unperson“ erklärt und durfte nicht mehr in der ersten und zweiten Handball-Liga spielen.

In einem Tagebuch führte Böhme auch Protokoll über systematisches Doping; er habe schon im Alter von 19 Jahren das Anabolikum Oral-Turinabol verabreicht bekommen.

Nach dem abrupten Ende seiner Karriere wurde er Sportlehrer an einer Betriebsschule, später Türsteher in Berlin.[5] 1987 stellte er mit seiner dritten Ehefrau einen Ausreiseantrag aus der DDR, der im Sommer 1989 genehmigt wurde. Er arbeitete fortan als Trainer und Lehrer bei GWD Minden (im Abstiegskampf der Saison 1989/90 auch für zwei Spiele als Spielertrainer) und mehrere Regionalliga- und Oberliga-Vereine wie den HF Springe (2004)[6]. Er zog mit seiner Familie in die Schweiz und wurde Trainer am Regionalen Leistungszentrum Handball des HRV NWS[7] sowie beim Nachwuchs des RTV 1879 Basel. Er trainierte ab der Saison 2009/10 die Mannschaft des TV Birsfelden in der 1. Liga.

Im Juni 2008 wurde Böhme von seinem ehemaligen Verein Empor Rostock rehabilitiert und zum Ehrenmitglied ernannt.[8]

Ab der Saison 2011/12 trainierte Böhme den Schweizer Nationalligisten TV Möhlin. Dieses Traineramt gab er im September 2013 ab.[9] Ab 2014 trainierte er den Handballverein Herzogenbuchsee.[10] Nach einem Umzug nach Berlin im Jahr 2017 nahm er ein Traineramt beim TSV Rudow 1888 auf, das er bis 2018 innehatte.[11]

Privates

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Böhme legte 1980 an der Deutschen Hochschule für Körperkultur eine Diplomarbeit mit dem Titel Untersuchungen zur Gestaltung des Trainings vorwiegend anhand der Umfangsbelastung in ausgewählten Perioden des Trainings- und Wettkampfjahres 1977/78 vor.[12]

Er war mit der Rodlerin Ute Rührold verheiratet, die Ehe wurde geschieden. Er war drei Mal verheiratet.

Sein Zwillingsbruder Matthias Böhme trainiert in St. Gallen und arbeitete als Sportlehrer an der Kantonsschule am Brühl.[13][14]

Literatur

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  • Erik Eggers: Böhme – eine deutsch-deutsche Handballgeschichte, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2008, ISBN 978-3-89533-604-1.

Filmdokumentation

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  • Liebe, Handball, Kalter Krieg von Heinz Brinkmann, Erzähler: Wolfgang Winkler, 45 Minuten, Artia-Nova 2012, Ursendung: rbb Fernsehen, Dienstag, 11. Dezember 2012, 23:30 – 00:15 Uhr
  • Fallwurf Böhme – Die wundersamen Wege eines Linkshänders von Heinz Brinkmann, Erzähler: Wolfgang Winkler, 90 Minuten, Kinofassung, Artia-Nova 2012, Festivals: Schwerin, Kiel, Lübeck, Basis-Film Verleih Berlin, Kinostart: 2. Juli 2015; Ursendung, rb Fernsehen, 23. Februar 2016, 23:30 – 01:00 Uhr, unter diesem Titel auch auf DVD, Basis-Film Verleih GmbH, Berlin, Bestell-Nr. 057, Vertrieb: KNM Home Entertainment GmbH 2016, EAN: 4260051150581
  • Das vergessene Finale von Karsten Klein NDR, 2024[15]
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Einzelnachweise

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  1. HSV Insel Usedom e. V.@1@2Vorlage:Toter Link/www.usedom-handball.de.dd21810.kasserver.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. „Der verhinderte Olympiasieger“ auf www.handballworld.com (PDF)
  3. www.sport-komplett.de
  4. Erik Eggers: DDR-Handballer Böhme: Der ausradierte Star. In: Spiegel Online. 23. März 2008, abgerufen am 16. Dezember 2014.
  5. Vom Popstar zur Unperson. In: FAZ.net. 15. Mai 2008, abgerufen am 16. Dezember 2014.
  6. www.mtv-rohrsen.de (Memento des Originals vom 19. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mtv-rohrsen.de
  7. www.tvreinach.ch@1@2Vorlage:Toter Link/www.tvreinach.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. www.mz-web.de
  9. tv-moehlin.ch: Trainer Wolfgang Böhme tritt zurück, abgerufen am 22. Januar 2015
  10. hvh.ch: Wolfgang Böhme neuer Trainer der 1. Mannschaft (Memento vom 23. Januar 2015 im Internet Archive), abgerufen am 22. Januar 2015
  11. „Handball-Legende wird Trainer in Rudow“, http://www.tagesspiegel.de/, 6. September 2017, abgerufen am 5. Februar 2018
  12. Wolfgang Böhme: Untersuchungen zur Gestaltung des Trainings vorwiegend anhand der Umfangsbelastung in ausgewählten Perioden des Trainings- und Wettkampfjahres 1977/78 - ein Beitrag zur Kennzeichnung der Belastungsdynamik im Handballtraining. (Dargestellt auf der Grundlage einer Trainingsanalyse des Spielers Wolfgang Böhme, SC Empor Rostock). DHfK Leipzig, 1980 (uni-leipzig.de [abgerufen am 28. April 2024]).
  13. Der ausradierte Star
  14. www.ksb-sg.ch@1@2Vorlage:Toter Link/www.ksb-sg.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  15. Sportclub Story - Das vergessene Finale. In: Norddeutscher Rundfunk. 21. April 2024, abgerufen am 28. April 2024.