Wsmorje (Kaliningrad)
Wsmorje (russisch Взморье, deutsch Groß Heydekrug, 1939–1947 Großheidekrug, litauisch Grosheidekrugas) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad und gehört zum Stadtkreis Swetly. Zu Wsmorje gehört auch die Ortsstelle Adlig Kaporn, die zunächst die russische Bezeichnung Spasskoje trug.
Siedlung
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Geographische Lage
BearbeitenDie Ortschaft liegt in der historischen Region Ostpreußen, im Südwesten des Samlandes am Frischen Haff, auf halber Strecke zwischen Königsberg (Kaliningrad, 17 km) und Fischhausen (Primorsk, 18 km). Durch das einst größte Dorf am Haff verläuft die Regionalstraße 27A-016 (ex A193). Die nächste Bahnstation ist Ljublino (Seerappen) an der Bahnstrecke Kaliningrad–Baltijsk (Königsberg–Pillau).
Geschichte
BearbeitenDas einstige Groß Heydekrug[2] entstand zur Ordenszeit im prußischen Stammesgebiet Samland an einer verkehrsgünstigen Stelle mit der Anlage eines Kruges, der in Erbpacht vergeben wurde.[3] Einen Heydekrug gab es zu deutscher Zeit noch bis zuletzt, daneben gab es weitere Gaststätten. Der Ort, dessen Bewohner eigentlich vom Fischfang lebten, entwickelte sich zu einem begehrten Ausflugsziel für die Königsberger.[4]
Im Jahre 1874 wurde Groß Heydekrug in den neu errichteten Amtsbezirk Kaporn[5] (russisch: Spasskoje, dann: Wsmorje[6], heute nicht mehr existent) eingegliedert. Er gehörte zum Landkreis Fischhausen im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen.
Am 18. November 1889 wurde die Ortschaft Klein Heydekrug in die Landgemeinde Groß Heydekrug eingemeindet, die am 1. Dezember 1910 insgesamt 1.171 Einwohner zählte.[7] Am 30. September 1928 schlossen sich die Landgemeinde Kaporn, der Gutsbezirk Adlig Kaporn und Groß Heydekrug zur neuen Landgemeinde Groß Heydekrug zusammen.
Am 18. Mai 1930 wurde Groß Heydekrug namensgebender Ort und Sitz eines Amtsbezirks, der durch Umbenennung des bisherigen Amtsbezirks Kaporn entstand. Damals waren die beiden Landgemeinden Groß Heydekrug und Nautzwinkel (russisch: Schukowskoje, nicht mehr existent) eingegliedert. Der Amtsbezirk, dessen Name am 26. Januar 1939 ebenso wie der der Gemeinde in „Großheidekrug“ verändert wurde, gehörte bis 1939 zum Landkreis Fischhausen, ab 1939 zum Landkreis Samland und bestand bis 1945.
Die Einwohnerzahl stieg bis 1933 auf 2.064 und betrug 1939 bereits 2.412.[8]
Am 30. Januar 1945 konnte die Rote Armee von Norden her über Metgethen nach Großheidekrug zum Frischen Haff vorstoßen und damit die Eisenbahn- und Straßen-Verbindung zwischen Königsberg und dem Seehafen Pillau unterbrechen. Am 19. Februar gelang es der deutschen Wehrmacht, in heftigen Kämpfen die Region zurückzuerobern und damit für Wochen einen Korridor zwischen den beiden Städten zu schaffen. Am 14. April wurde Großheidekrug dann definitiv von der Roten Armee besetzt.
Der Ort kam 1945 mit dem nördlichen Ostpreußen zur Sowjetunion und erhielt 1947 die russische Bezeichnung „Wsmorje“.[9] Die deutsche Bevölkerung war geflohen oder umgekommen. Gleichzeitig wurde der mit Zuwanderern aus der Sowjetunion besiedelte Ort Sitz eines Dorfsowjets im Rajon Primorsk. Nach Auflösung dieses Dorfsowjets im Jahr 1954 wurde Wsmorje vermutlich der sog. Kaliningrader Vorortzone zugeordnet, die von der Stadt Kaliningrad aus verwaltet wurde. Später wurde Wsmorje von der Stadt Swetly aus verwaltet und gehört seit 1994 zum Stadtkreis Swetly.
Wsmorjewski selski Sowet 1947–1954
BearbeitenDer Dorfsowjet Wsmorjewski selski Sowet (ru. Взморьевский сельский Совет) wurde im Juli 1947 im Rajon Primorsk eingerichtet.[9] Im Jahr 1954 wurde er wieder aufgelöst und an den Logwinski selski Sowet angeschlossen.[10] Die Orte Spasskoje und Wsmorje gelangten zu diesem Zeitpunkt möglicherweise allerdings in die sog. Kaliningrader Vorortzone.
Ortsname | Name bis 1947 |
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Ischewskoje (Ижевское) | Widitten |
Ljublino (Люблино) | Seerappen |
Schukowskoje (Жуковское) | Margen |
Slawjanskoje (Славянское) | Kondehnen |
Spasskoje (Спасское) | Adlig Kaporn |
Wessjolowka (Весёловка) | Bärwalde |
Wolotschajewskoje (Волочаевское) | Marschenen |
Wsmorje (Взморье) | Groß Heydekrug (Großheidekrug) |
Einwohnerentwicklung
BearbeitenJahr | Einwohner[11] |
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1910 | 1.107 |
1933 | 2.064 |
1939 | 2.412 |
2002 | 2.205 |
2010 | 1.883 |
Kirche
BearbeitenSiehe dazu den Hauptartikel (mit Kirchspielorts- und Pfarrerliste): Kirche Groß Heydekrug
Kirchengebäude
BearbeitenEin eigenes Gotteshaus[12] erhielt Groß Heydekrug mit der feierlichen Einweihung am 15. November 1931. Bis dahin fanden seit 1744 die Gottesdienste in der Schule statt. Es handelte sich bei der Kirche um einen unverputzten Ziegelbau, dessen Innenraum durch die Verbindung mit dem Gemeindehaus vergrößert werden konnte. Die Kirche hatte anstelle eines Turmes einen kleinen Dachreiter mit einer Glocke, die die Mutterkirche Medenau (heute russisch: Logwino) gestiftet hatte.
Die Kirche stand am östlichen Ortsrand südlich der Hauptstraße unweit des heute noch vorhandenen Pfarrhauses. Sie wurde in den letzten Monaten des Krieges stark beschädigt und die Ruine 1948 abgerissen.
Kirchengemeinde
BearbeitenSchon vor der Reformation war Groß Heydekrug in das Kirchspiel der Kirche Medenau (Logwino) eingegliedert[13]. Sie gehörte vor 1945 zum Kirchenkreis Fischhausen (Primorsk) in der Kirchenprovinz Ostpreußen der evangelischen Kirche der Altpreußischen Union. Die wachsende Einwohnerzahl machte bereits ab 1896 den Einsatz eines Hilfspredigers erforderlich und 1909 wurde Groß Heydekrug ein spezieller Seelsorgebezirk. Schließlich wurde 1929 eine selbständige Kirchengemeinde gegründet, die im Verbund mit der Mutterkirche blieb. Zum Kirchspiel Groß Heydekrug gehörten bei der Volkszählung im Jahre 1925 2.000 Gemeindeglieder.
Aufgrund von Flucht und Vertreibung und durch restriktive staatliche Gesetze kam nach 1945 das kirchliche Leben in Wsmorje zum Erliegen. In den 1990er Jahren entstanden in der Oblast Kaliningrad neue evangelisch-lutherische Gemeinden, von denen die in Swetly (Zimmerbude) am nächsten liegt. Sie ist eine Filialgemeinde der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) innerhalb der Propstei Kaliningrad[14] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.
Schule
BearbeitenEine Schule bestand in Groß Heydekrug seit 1744.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
- ↑ D. Lange, Geographisches Ortsregister Ostpreußen (2005): Großheidekrug
- ↑ Groß Heydekrug bei genealogy.net
- ↑ Wsmorje – Großheidekrug, Kaporn bei ostpreussen.net.
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Kaporn/Großheidekrug
- ↑ D. Lange, Geographisches Ortsregister Ostpreußen (2005): Kaporn
- ↑ Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Fischhausen.
- ↑ Michael Rademacher: Landkreis Samland. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ a b Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 25 июля 1947 г. «Об административно-территориальном устройстве Калининградской области» (Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 25. Juli 1947: Über den administrativ-territorialen Aufbau der Oblast Kaliningrad)
- ↑ Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 16 июня 1954 г. № 744/54 «Об объединении сельских советов Калининградской области» (Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 16. Juni 1954, Nr. 744/54: Über die Vereinigung von Dorfsowjets der Oblast Kaliningrad)
- ↑ Volkszählungsdaten
- ↑ Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band II Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen, 1968, Seite 33, Abbildung 36
- ↑ Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band III: Dokumente, Göttingen, 1968, Seite 454
- ↑ Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad ( vom 29. August 2011 im Internet Archive)