Der Arbelos (griechisch Άρβυλος Arbylos für „Schustermesser“) oder die Sichel des Archimedes ist eine spezielle, von drei Halbkreisen begrenzte geometrische Figur. Der berühmte griechische Mathematiker Archimedes soll die Eigenschaften des Arbelos untersucht und in seinem Buch der Lemmata beschrieben haben.

Arbelos mit flächengleichem Kreis
Das namengebende Schustermesser
Arbelos-Skulptur in Kaatsheuvel, Niederlande

Beschreibung und Eigenschaften

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Auf dem Durchmesser   eines Halbkreises (siehe obiges Bild) wählt man einen Punkt   und errichtet dann Halbkreise über   und  . Die sichelförmige Restfigur, die entsteht, wenn man die Halbkreise über   und   aus dem Halbkreis über   entfernt, wird als Arbelos bezeichnet.

Errichtet man im Punkt   eine Senkrechte zum Durchmesser  , so schneidet diese den zugehörigen Halbkreis in  . Zu den bekanntesten Aussagen über den Arbelos gehört nun, dass die Fläche des Kreises mit Durchmesser   der Fläche des Arbelos entspricht. Dabei gilt:[1]

 

Anhand expliziter Flächenberechnungen

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Man zeichne das Hilfsdreieck  . Nach dem Satz des Thales ist das Dreieck rechtwinklig und die Seite   seine Hypotenuse, bestehend aus den Abschnitten   und  . Nach dem Höhensatz des Euklid ist das Quadrat über der Höhe des Dreiecks   gleich dem Produkt der beiden Hypotenusen-Abschnitte:

 

Der Kreis, dessen Durchmesser durch   und   geht, habe den Radius  . Die Höhe des Dreiecks ist also  . Die Strecke   ist der Durchmesser des großen Halbkreises. Nennt man den Radius des kleineren Halbkreises   und denjenigen des kleinsten Halbkreises  , so ist  . Der Radius des großen Halbkreises ist demnach die Hälfte von  , also  .

Nach dem Höhensatz des Euklid gilt:  , also  .

Mit algebraischen Methoden (also abstraktem Ausrechnen – diese standen den Griechen noch nicht zur Verfügung) sieht man schnell, dass die Behauptung stimmt (man gewinnt jedoch keinerlei Einsichten, warum das so ist). Der Flächeninhalt   des Arbelos ist gleich dem Flächeninhalt des großen Halbkreises minus dem Flächeninhalt der beiden kleinen Halbkreise:

 

Der Flächeninhalt des Kreises, der durch   und   geht, ist  . Wie oben gezeigt, gilt nach dem zweiten Satz des Euklid  . Es kann also in der Formel für den Flächeninhalt des Arbelos statt   nunmehr   eingesetzt werden, somit ergibt sich:

 .

Damit ist bewiesen, dass der Flächeninhalt des Arbelos gleich demjenigen des Kreises ist, der durch   und   geht.

Visueller Beweis der Flächengleichheit

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Der folgende besonders einfache Beweis der Flächengleichheit verwendet eine Verallgemeinerung des Satzes von Pythagoras auf ähnliche Figuren und benötigt keine Flächenformeln oder explizite Flächenberechnungen.[2]

 

Weitere Eigenschaften

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Arbelos
 
Verschachtelte Arbeloskonstruktionen, die beiden grauen Halbkreise sind gleich groß

Die Länge des großen Bogens entspricht der Summe der Längen der beiden kleineren Bögen, also:[1]

 

Dementsprechend gilt auch, dass der Umfang des großen Halbkreises der Summe der Umfänge der beiden kleineren Halbkreise entspricht.

Der zum Arbelos flächengleiche Kreis mit Durchmesser   schneidet den Halbkreis über   in   und den Halbkreis über   in  . Diese beiden Schnittpunkte haben eine Reihe besonderer Eigenschaften, so ist ihre Verbindungsstrecke   ein weiterer Durchmesser des Kreises und das Sehnenviereck   ist ein Rechteck, dessen Diagonalen die Strecken   und   sind. Außerdem liegt die Verbindungsstrecke   auf der gemeinsamen (äußeren) Tangente der Halbkreise über   und   und der Punkt   liegt auf der Strecke   sowie der Punkt   auf der Strecke  .[3][1]

Teilt man den Arbelos entlang der Senkrechten  , so lässt sich für beide Teile je ein einbeschriebener Kreis konstruieren, der jeweils die Senkrechte, den äußeren Halbkreis und den jeweiligen inneren Halbkreis berührt (Spezialfall des Apollonischen Problems). Diese beiden Kreise besitzen den gleichen Radius   mit

 

und werden als Zwillingskreise des Archimedes bezeichnet.[3]

Das von dem Berührungspunkt   der beiden inneren Halbkreise und den Mitten  ,  ,   der drei Halbkreisbögen gebildete Viereck ist ein Rechteck und seine Fläche beträgt:[4]

 

Führt man mit den beiden inneren Halbkreisen eines Arbelos erneut eine Arbeloskonstruktion durch, die ähnlich zum Ausgangsarbelos ist, dann sind die beiden neuen inneren Halbkreise mit dem gemeinsamen Punkt   flächengleich.[4]

Varianten und Verallgemeinerungen

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Andere Kurven anstatt Halbkreise

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Beispiel für einen f-belos

Das Konstruktionsprinzip des Arbelos kann man auch mit anderen Kurven anstatt mit Halbkreisen durchführen. Ersetzt man die Halbkreise durch Parabelsegmente, so wird die entstehende Figur als Parbelos bezeichnet.[4]

Eine Verallgemeinerung, die sowohl den Arbelos als auch den Parbelos umfasst, ist der f-belos, der zur Konstruktion (ähnliche) Segmente differenzierbarer Funktionen verwendet.[5]

Verallgemeinerung des Arbelos und des Salinons

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Verallgemeinerung des Arbelos und des Salinons des Archimedes mithilfe des flächengleichen Kreises

Wolfgang Zeuge fand Mitte der 1980er Jahre den im Folgenden beschriebenen Satz. Wie er in seinem Buch anmerkt, konnte er diesen weder in der Literatur noch im Internet finden.

„Der verallgemeinerte Arbelos (oder Salinon) ist die von vier Halbkreisen, deren Mittelpunkte auf der Geraden AB liegen, begrenzte [grüne] Fläche [s. Abbildung]. Er ist flächengleich zu dem Kreis, dessen Durchmesser   die maximale senkrechte Verbindung von den kleinen Halbkreisen zu dem großen Halbkreis ist.“

Wolfgang Zeuge: 9.4 Die Verallgemeinerung des Arbelos und des Salinons des Archimedes[6]

Konstruktion

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Es beginnt mit den Ziehen der Halbkreise mit den Radien   und   auf einer Halbgeraden aneinandergereiht ab dem Punkt   um deren Mittelpunkte   und  . Für   wählt man einfachheitshalber  , dies ist aber keine Bedingung. Dabei ergibt sich der Durchmesser   des großen Halbkreises. Es folgt die Halbierung von   in   mit dem Einzeichnen des Halbkreises mit Radius  . Für den damit erzeugten Flächeninhalt   des verallgemeinerten Arbelos (oder Salinon) gilt:[7]

 
Konstruktionsskizze: Arbelos (oder Salinon), Verallgemeinerung

 

Es geht weiter mit dem Bestimmen des Schnittpunktes   auf dem Durchmesser   für den darauf senkrecht stehenden Durchmesser  . Wegen des gewählten Radius   liegt   zwischen den Mittelpunkten   und  . Wolfgang Zeuge beschreibt nicht explizit dessen Konstruktion mit Zirkel und Lineal. Der Punkt   wird deshalb nach der elementaren Konstruktion eines Riemenantriebs (siehe Konstruktionsskizze) mithilfe des Satz des Thales erläutert.

Hierzu wird der Radius   auf den Durchmesser   ab   übertragen und anschließend der Halbkreis um die Mittelpunkte   mit Radius   gezogen, bis er   in   schneidet. Es folgt die Halbierung der Strecke   in   und das Ziehen des Thaleskreises über   mit Schnittpunkt  . Eine Halbgerade ab   durch   bringt den Schnittpunkt  , eine zweite Halbgerade ab   erzeugt den Schnittpunkt  . Nach dem Verbinden des Punktes   mit   wird die Strecke   in   halbiert. Das Errichten einer Senkrechten auf den Durchmesser   durch   liefert den Schnittpunkt   sowie den Durchmesser   des gesuchten Kreises. Der Flächeninhalt des Kreises   (gelb, siehe Beweisskizze) ist gleich dem des Arbelos (oder Salinons) (grün).

 
Beweisskizze: Arbelos (oder Salinon), Verallgemeinerung

Da der Punkt   bereits konstruktiv ermittelt wurde und somit auch die Länge   bekannt ist, sei hier nur hingewiesen auf die hergeleitete Formel der Länge  :[8]

 

In der nebenstehenden Beweisskizze ist zu erkennen, dass die Radien   und   zueinander parallel verlaufen und damit die ähnlichen rechtwinkligen Dreiecke   und   bilden. Aus diesen beiden ähnlichen Dreiecken gewinnt man die zwei folgenden Gleichungen:[8]

 

und

 

Nach dem Einsetzen und Vereinfachen gilt für den Flächeninhalt   des Kreises:[8]

 

womit der Satz bewiesen ist.

Siehe auch

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Literatur

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  • Günter Aumann: Kreisgeometrie: Eine elementare Einführung. Springer, 2015, ISBN 978-3-662-45306-3, S. 193–200
  • Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie – Eine etwas andere Einführung in die Euklidische Geometrie. Zweite korrigierte und ergänzte Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63830-9, Kapitel 9 (8 Seiten)
  • R. A. Johnson: Modern Geometry: An Elementary Treatise on the Geometry of the Triangle and the Circle. Houghton Mifflin, Boston 1929, S. 116–117.
  • L. Raphael: The Shoemaker's Knife. In: The Mathematics Teacher, Band 66, Nr. 4 (APRIL 1973), S. 319–323 (JSTOR)
  • Harold P. Boas: Reflections on the Arbelos. In: The American Mathematical Monthly, Band 113, Nr. 3 (März, 2006), S. 236–249 (JSTOR)
  • Hiroshi Okumura: The arbelos in Wasan geometry, problems of Izumiya and Naitō. In: Journal of Classical Geometry, Band 4 (Digitalisate: Journal of Classical Geometry, Researchgate)
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Commons: Arbelos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c R. A. Johnson: Modern Geometry: An Elementary Treatise on the Geometry of the Triangle and the Circle. Houghton Mifflin, Boston 1929, S. 116–117.
  2. Roger B. Nelsen: Proof without Words: The Area of an Arbelos. In: Mathematics Magazine, Band 75, Nr. 2 (Apr., 2002), S. 144
  3. a b Günter Aumann: Kreisgeometrie: Eine elementare Einführung. Springer, 2015, ISBN 978-3-662-45306-3, S. 193–200
  4. a b c Jonathan Sondow: The Parbelos, a Parabolic Analog of the Arbelos. In: The American Mathematical Monthly, Band 120, Nr. 10 (Dezember 2013), S. 929–935 (JSTOR)
  5. Antonio M. Oller-Marcen: The f-belos. In: Forum Geometricorum, Band 13 (2013), S. 103–111.
  6. Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie - Eine etwas andere Einführung in die Euklidische Geometrie. Zweite korrigierte und ergänzte Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63830-9, S. 157–159
  7. Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie - Eine etwas andere Einführung in die Euklidische Geometrie. Zweite korrigierte und ergänzte Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63830-9, S. 158
  8. a b c Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie - Eine etwas andere Einführung in die Euklidische Geometrie. Zweite korrigierte und ergänzte Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63830-9, S. 159