August Callmann

Bankier und Unternehmer

Jacob August Callmann (* 23. Februar 1806[1] in Rudolstadt; † 15. Juli 1869[2] in Weimar) war ein jüdischer Bankier in Weimar.

Leben und Wirken

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Gebäude am Markt 21, früher Bankhaus A. Callmann und Wohnhaus der Familie

August Callmann war ein Sohn von Henriette (Jette) Callmann (geb. Elkan, * 1774 in Weimar; † 14. September 1858 in Rudolstadt)[3], einer Schwester des späteren Hofbankiers Julius Elkan (1777–1839) in Weimar. Sein Vater war Salomon Callmann (* 1775 in Dessau; † 1850 in Rudolstadt), der jüngere Sohn des Schnittwarenhändlers Salomon Isaac Callmann aus Dessau († etwa 1818 in Rudolstadt).[3] Nach dem Besuch des Gymnasiums in Rudolstadt kam August Callmann in den 1820er Jahren nach Weimar in das Bankhaus seines Onkels Julius Elkan.[4] Nach dessen Tod im Juli 1839 führte er das zu dieser Zeit einzige Bankhaus Weimars zunächst allein.

Er verehelichte sich 1848 mit Cäcilie Hirschberg (* 1824), der Tochter eines Buchhändlers in Bromberg.[5] Es war vorgesehen, dass er die Bank Julius Elkan nach dem Tod von Elkans Witwe Jeannette Elkan (geb. Borchardt) übernehmen sollte. Dieser Gesichtspunkt half ihm, nach langem Bemühen 1849 das Weimarer Bürgerrecht zu erlangen.[6] In die Bank trat jedoch als zweiter Prokurist Hermann Moritz (* 1820; † 4. Oktober 1885) aus Wehlau ein, der am 21. Mai 1850 Jeannette Elkans jüngste Tochter Louise (* 26. April 1816; † 26. Februar 1882[7]) heiratete.[8] Als Jeannette Elkan im folgenden Jahr starb[9], ging das Erbe der Bank nicht wie vorgesehen an August Callmann, sondern an ihren Schwiegersohn Hermann Moritz, der 1854 Hofbankier wurde.[10]

Zum Jahresende 1853 trat August Callmann aus der Bank Julius Elkan aus und gründete sein eigenes Unternehmen A. Callmann am Markt 21.[11] Zugleich diente er bei der kurz zuvor gegründeten Weimarischen Bank[12] als „erster unständiger Direktor“,[13] trat jedoch infolge einer Satzungsänderung von dieser Position im Juli 1855 vorzeitig zurück.[14]

August Callmann starb am 15. Juli 1869 im Alter von 63 Jahren. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Weimar beigesetzt; sein Grabstein ist erhalten.[15]

Der Ehe von August und Cäcilie Callmann entstammten sieben Kinder: Laura (* 4. Mai 1849[16]; † 19. Mai 1924[3]), Arnold Isidor (* 6. April 1850[17]), Georg Salomo, Otto Gustav, Helene Mathilde und weitere zwei Töchter. Helene verehelichte sich mit Gottfried Schapitz,[3] der etwa von 1874 bis 1882 Prokurist bei A. Callmann war und dann Direktor der Privatbank zu Gotha in Gotha wurde.[18] Arnold Callmann war zunächst Prokurist in der väterlichen Bank. Nach dessen Tod 1869 führte er die Bank zusammen mit seiner Mutter und spätestens ab 1875 auch gemeinsam mit seinem Bruder Georg. In die Leitung der elterlichen Bank traten in den nächsten Jahren auch Otto Callmann als Prokurist und Laura Callmann als Miteigentümerin ein.[19]

1877 eröffnete Arnold Callmann mit einem Partner ein eigenes Bankgeschäft A. Callmann & Co.[20] Ab 1881 war er Alleininhaber.[21] Im Sommer 1888 verwickelte er sich in unlösbare Probleme;[22] seine Bank erlosch, und er wurde im Januar 1889 zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt.[23] Die Familie Arnold Callmann verließ die Stadt Weimar.[24] Er soll später als Gärtner in Brasilien tätig gewesen sein.[3]

August Callmanns Ehefrau Cäcilie war in den Kriegsjahren 1866 und 1870/71 patriotisch sehr aktiv mit der Herstellung von Verbandartikeln u. ä.; sie wurde mehrfach dafür ausgezeichnet. Sie starb am 15. Februar 1898.[25]

Ende der 1890er Jahre beteiligte sich A. Callmann unter der Führung von Georg und Otto Callmann an Industriefirmen.[26] Im Januar 1898 wurde unter ihrer Beteiligung die Aktiengesellschaft Waggonfabrik Weimar gegründet.[27] Im März 1899 wurde unter ihrer Beteiligung die Actien-Gesellschaft für Metallindustrie in Apolda gegründet.[28] Die Firma geriet nach wenigen Monaten in Probleme, die Anfang Mai 1900 kumulierten.[29] Mitte Mai 1900 brach das Bankhaus zusammen, und die Brüder Georg und Otto ertränkten sich im Kochelsee.[30][31] Laura verließ die Stadt, so dass es 1902 in Weimar keinen Träger des Namens Callmann mehr gab.[32]

Literatur

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  • Eva Schmidt: Jüdische Familien im Weimar der Klassik und Nachklassik. in memoriam Dr. Else Behrend-Rosenfeld. (Weimarer Schriften, Heft 48, 1993.) Weimar 1993. ISBN 3-910053-24-6. (S. 138: „Hinweis. Dieses Heft 48 der Weimarer Schriften ist eine im Text unveränderte, jedoch völlig neu gestaltete und reicher bebilderte zweite Auflage der 1984 erschienenen 8. Folge der Reihe Tradition und Gegenwart/Weimarer Schriften.“) (Inhaltsverzeichnis)
  • Juden in Rudolstadt. Projektleiter: Karl-Heinz Swirszczuk. Selbstverlag Staatliches Gymnasium »Fridericianum«, Rudolstadt 1997. (2. Aufl. 1999) (S. 40‒44: Genealogie Callmann.)
  • Erika Müller, Harry Stein: Jüdische Familien in Weimar vom 19. Jahrhundert bis 1945. Ihre Verfolgung und Vernichtung. Weimar 1998. ISBN 3-910053-31-9. (Inhaltsverzeichnis)
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Einzelnachweise

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  1. laut seinem Grabstein und der Genealogie. (Schmidt 1993, S. 63, gibt ohne Beleg den 23. Januar 1804 an.)
  2. laut Schmidt 1993, S. 68.
  3. a b c d e laut Juden in Rudolstadt 1997.
  4. Schon vor ihm waren seine Cousins Samson (1796‒1860) und Sieg(is)mund Callmann (1804 bis nach 1873) bei Elkan als Buchhalter bzw. Lehrling tätig; vgl. dessen Matrikeleintrag von 1823 (Matrikel Blatt 3v-4r).
    Samson wurde später Konsul in London, Sigismund sein Nachfolger. (Dort schrieben sie sich „Cahlmann“; vgl. Staats-Handbuch für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach 1859, S. 61, und […] 1864, S. 66.)
  5. Verlobungs- und Heiratsanzeigen in Beilage zur Weimarischen Zeitung vom 1. März und 22. Juli 1848, S. 88 und 355.
  6. Schmidt 1993, S. 63–67.
  7. Schmidt 1993, S. 69.
  8. Heiratsanzeige in der Weimarischen Zeitung vom 25. Mai 1850, S. 410.
  9. Todesanzeige in der Weimarischen Zeitung vom 15. Januar 1851, S. 37.
  10. Weimarische Zeitung vom 25. Juni 1854, S. 593.
  11. Vgl. Anzeigen in Weimarische Zeitung vom 1. Januar 1854, S. 4. Bei Schmidt 1993, S. 68, falsch angegeben als „August Callmann & Co“ – eine Bank dieses Namens hat es nie gegeben.
  12. Gründungsinformationen in der Weimarischen Zeitung vom 24. und 27. August 1853, S. 611f. und 627.
  13. Weimarische Zeitung vom 28. September 1853, S. 723f.
  14. Weimarische Zeitung vom 15. Juli 1855, S. 652.
  15. Photo des Grabsteins.
  16. Geburtsanzeige in Beilage zur Weimarischen Zeitung vom 4. Mai 1849, S. 223.
  17. Geburtsanzeige in der Weimarische Zeitung vom 10. April 1850, S. 226.
  18. Adreßbuch der Residenzstadt Gotha. 1883/84. Gotha 1883, S. 146; Geschäftsbericht der Privatbank zu Gotha für das Jahr 1892, S. 2.
  19. Vgl. Adressbuch 1888, S. 14.
  20. Vgl. Adreß-Buch für die Großherzogliche Haupt- und Residenz-Stadt Weimar. 1879, S. 12.
  21. Adressbuch 1882, S. 13.
  22. Vgl. Leipziger Tageblatt vom 16. August 1888, Vierte Beilage, S. 3469, 2. Spalte (Weimar).
  23. Ausführliche Darstellung in der Jenaischen Zeitung vom 16. Januar 1889, Landgerichtsverhandlungen. Callmann legte gegen das Urteil Revision ein (Jenaische Zeitung vom 23. Januar, 2. Seite, Thür. u. Nachbarstaaten); über den Erfolg ist nichts bekannt.
  24. nicht mehr verzeichnet im Adressbuch 1889, S. 14f.
  25. Notiz in der Jenaischen Zeitung vom 19. Februar 1898, Thür. u. Nachbarstaaten, Weimar; Nachruf in Mittheilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus vom 5. März 1898, S. 77.
  26. Laura verließ 1899 die Geschäftsführung (Adressbuch 1900, S. 14).
  27. Jenaische Zeitung vom 26. Januar 1898, 2. Seite, Thür. u. Nachbarstaaten.
  28. Leipziger Tageblatt vom 12. März 1899, S. 2033, 1. Spalte Apolda; eine 1000-Mark-Aktie.
  29. Leipziger Tageblatt vom 14. Dezember 1899, S. 9777, 3. Spalte, und vom 3. Mai 1900, S. 3665, 3. Spalte; der Betrieb wurde Ende Mai eingestellt.
  30. Vgl. die Berichte in der Jenaischen Zeitung vom 17. Mai 1900, 2. Seite, Weimar, vom 18. Mai, 2. Seite, Weimar, vom 19. Mai, Titelseite, Weimar und vom 24. Mai, Titelseite, Thür. u. Nachbarstaaten.
  31. Die Waggonfabrik Weimar ging Ende Januar 1901 in Konkurs; sie wurde 1902 in eine Actien-Gesellschaft für Eisenbahn- und Militärbedarf überführt (Leipziger Tageblatt vom 30. Januar 1901, S. 767, 2. Spalte, vom 13. November 1901, S. 8072, 1. Spalte, Weimar, und vom 11. April 1902, S. 2621, 1. Spalte); die spätere Entwicklung führte zu dem Weimar-Werk.
  32. Adressbuch 1902, S. 14.