Bad Hindelang

Marktgemeinde im Landkreis Oberallgäu in Bayern

Bad Hindelang (bis 2002 Hindelang) ist ein Markt im schwäbischen Landkreis Oberallgäu (Bayern).

Wappen Deutschlandkarte
Bad Hindelang
Deutschlandkarte, Position des Marktes Bad Hindelang hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 47° 30′ N, 10° 22′ OKoordinaten: 47° 30′ N, 10° 22′ O
Bundesland: Bayern
Regierungsbezirk: Schwaben
Landkreis: Oberallgäu
Höhe: 825 m ü. NHN
Fläche: 137,12 km2
Einwohner: 5427 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 40 Einwohner je km2
Postleitzahl: 87541
Vorwahl: 08324
Kfz-Kennzeichen: OA
Gemeindeschlüssel: 09 7 80 123
Marktgliederung: 12 Gemeindeteile
Adresse der
Marktverwaltung:
Marktstraße 9
87541 Bad Hindelang
Website: marktgemeinde.badhindelang.de
Erste Bürgermeisterin: Sabine Rödel
Lage des Marktes Bad Hindelang im Landkreis Oberallgäu
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Karte

Geografie

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Bad Hindelang mit Kath. Kirche St. Johannes d. Täufer

Der Ort ist heilklimatischer Kurort und Kneippheilbad seit 2001. Er liegt im Ostrachtal am nördlichen Rand der Kalkalpen an der historischen Salzstraße, welche heute als Bundesstraße 308 über Oberjoch nach Österreich führt. Der Oberjochpass gilt mit 107 Kurven als die kurvenreichste Straße Deutschlands.

Mehr als 80 % des Gemeindegebiets sind Landschafts- oder Naturschutzgebiet.

Gemeindegliederung

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Die Gemeinde hat 12 Gemeindeteile:[2][3]

Das Gemeindegebiet erstreckt sich in einer Höhenlage von 780 m (Ostrachbrücke bei Reckenberg) bis auf 2592 m (Hochvogel).

Geschichte

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Bis zum 19. Jahrhundert

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Sicher ist, dass 1540 die Grafen Montfort den Saumpfad über das Joch als Straße ausbauen ließen. Jahrhundertelang wurde auf dieser Route Salz aus Tirol in Richtung Bodensee transportiert. 1150 wird ein Oggoz von Hundilanc genannt. Das Rittergeschlecht von Hundilanc wird in den folgenden Jahren bis 1402 in verschiedenen Urkunden erwähnt. 1377 wurde Hindelang der Pfarrei Sonthofen zugewiesen, 1435 zur eigenen Pfarrei erhoben. 1429 verlieh der Augsburger Bischof dem Ort das Marktrecht. 1529 gründeten die Fugger einen Stutenhof im Tal. Nach den Rittern von Heimenhofen und den Grafen von Montfort waren die Fürstbischöfe von Augsburg Besitzer des Gebietes.

 
Hindelang um 1900

Im hinteren Ostrachtal wurde im 16. Jahrhundert Eisenerz gefördert und es entstanden Hammerschmieden, in denen tausende von Hellebarden und Spießen unter anderem für die Heere Kaiser Maximilians hergestellt wurden. Während des Dreißigjährigen Krieges fielen fast 1000 Personen, das war die Hälfte der damaligen Bewohner, der Pest zum Opfer. 1796 verwehrten kaiserliche Truppen am Jochpass erfolgreich den napoleonischen Truppen den Übergang nach Tirol.

 
Offizielles Logo

Bei der Säkularisation im Jahre 1803 fiel Hindelang an das Königreich Bayern. 1823 kam der Salztransport über das Joch zum Erliegen. In den Jahren 1895–1898 wurde die neue Jochpass-Straße gebaut. 1900 verlieh Prinzregent Luitpold dem Ortsteil Oberdorf den Titel „Bad“.

20. und 21. Jahrhundert

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Im Jahr 1905 wurde die Kraftpost-Linie eröffnet, die Hindelang mit dem Bahnhof Sonthofen verband. 1924 verwüstete ein Hochwasser des Wildbachs den Gemeindeteil Bad Oberdorf. In den 1930er Jahren wurde die neue Jochpassstraße saniert (zu erkennen an dem an einer Steinwand neben der Straße eingemeißelten Ritterkreuz im oberen Drittel der Strecke, Richtung Oberjoch). Sie diente im Zweiten Weltkrieg Wehrmachtsverbänden als Marschroute zur Front in Italien und Österreich.

1965 wurde Hindelang das Prädikat „Heilklimatischer und Kneippkurort“ verliehen. 2002 wurde Hindelang zu „Bad Hindelang“. 2011 erhielt Bad Hindelang das Qualitätssiegel für Allergikerfreundlichkeit von der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF).[4]

Eingemeindungen

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Im Zuge der Gebietsreform in Bayern wurde am 1. April 1972 die Gemeinde Unterjoch, die am 4. Januar 1867 aus Teilen der Gemeinde Hindelang gebildet worden war, wieder eingegliedert.[5]

Einwohnerentwicklung

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Zwischen 1988 und 2008 wuchs Bad Hindelang um 197 Einwohner bzw. um ca. 4 %. Zwischen 1988 und 2018 wuchs die Gemeinde von 4718 auf 5168 um 450 Einwohner bzw. um 9,5 %.

Die nachfolgenden Zahlen beziehen sich auf den Gebietsstand vom 25. Mai 1987.

Bevölkerungsentwicklung
Jahr 1840 1900 1939 1950 1961 1970 1987 1995 2000 2005 2010 2015
Einwohner 2329 2641 4153 5606 4956 4806 4648 4979 4840 4892 4815 5033

Gemeinderat

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Rathaus in Bad Hindelang

Die Wahl am 15. März 2020 hatte folgendes Ergebnis:

Partei / Liste Stimmenanteil Sitze
Freie Wählerschaft Hindelang 19,50 % 4
Freie Wählergemeinschaft Bad Oberdorf 21,61 % 4
Freier Wahlblock Vorderhindelang 15,66 % 3
Christlich-Soziale Union (CSU) 13,36 % 3
Parteilose Wählerschaft Hinterstein/Bruck 12,71 % 2
Bürgerliche Parteilose Wählerschaft Unterjoch 8,15 % 2
Wählergemeinschaft Oberjoch 9,00 % 2

Zusätzliches Mitglied des Gemeinderates ist die 1. Bürgermeisterin.

Der Gemeinderat der Amtszeit 2014 bis 2020 setzte sich wie folgt zusammen:[6]

Partei / Liste Stimmenanteil Sitze
Freie Wählerschaft Hindelang 19,7 % 3
Freie Wählergemeinschaft Bad Oberdorf 17,0 % 3
Freier Wahlblock Vorderhindelang 15,2 % 3
Christlich-Soziale Union (CSU) 15,1 % 2
Parteilose Wählerschaft Hinterstein / Bruck 11,5 % 2
Bürgerliche Parteilose Wählerschaft Unterjoch 7,7 % 1
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)/Grüne 7,0 % 1
Wählergemeinschaft Oberjoch 6,8 % 1

Bürgermeister

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  • 1900–1919: Josef Anton Blanz
  • 1920–1933: Michael Haas
  • 1933–1939: Anton Schmid
  • 1939–1945: Karl Blanz
  • 1945–1947: Max Zillibiller, CSU
  • 1947–1948: Xaver Blenk
 
Wappen von Bad Hindelang
Blasonierung:Geteilt von Schwarz und Blau, aufgelegt eine bewurzelte silberne Tanne.“[9]

Das Wappen wurde am 31. August 1872 durch Ludwig II. verliehen.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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  • Kirche Unserer lieben Frau im Ostrachtal und St. Jodokus
  • Evangelische Kirche
  • Heimatmuseum in der Oberen Mühle im Ortsteil Bad Oberdorf
  • Friedenshistorisches Museum im Ortsteil Bad Oberdorf
  • Kutschenmuseum Hinterstein
  • Schloss Hindelang (jetzt Rathaus): Der Augsburger Fürstbischof und Österreichische Erzherzog Sigismund Franz von Habsburg ließ das Gebäude 1660 als Jagdschloss erbauen. Fortan bis ins Jahr 1805 diente es als Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Augsburg. Nach der Säkularisation ging das Schloss in Staatsbesitz über, diente dann einige Jahre in privatem Besitz als Gasthaus („zum Hasen“) und als Schulhaus, bis es schließlich zum Rathaus des Marktes ausgebaut wurde. Sehenswert ist die ehemalige Hauskapelle der Fürstbischöfe mit frühbarocken Gewölbestukkaturen und einem grünglasierten Rokoko-Kachelofen.
  • Der ehemalige Stutenhof der Fugger ging später in den Besitz des Salzfaktors über.
  • Dreikugelhaus, ehemaliger Amts- und Wohnsitz des Salzfaktors.
  • Hammerschmieden im Ostrachtal - Nachdem die Grafen von Montfort Anfang des 16. Jahrhunderts die Bergwerksregalien verliehen bekommen hatten, eröffneten sie mehrere Erzgruben im Hintersteiner Tal im heutigen Gemeindegebiet von Bad Hindelang. In der Schmelzhütte zwischen Hinterstein und Oberdorf wurde das gewonnene Erz verhüttet. Es entstand eine beachtliche „Rüstungsindustrie“: Aus Aufzeichnungen in Innsbruck geht hervor, dass z. B. in den Jahren 1520–1524 nahezu 20.000 Landsknecht-Spieße aus den Hindelanger Waffenschmieden für die Heere Kaiser Maximilians geliefert wurden. Drei dieser alten Hammerschmieden existieren heute noch. Heute werden hier u. a. schmiedeeiserne Bratpfannen hergestellt.
  • Das seit 1999 jährlich veranstaltete Internationale Jochpassrennen-Memorial ist ein historisches Bergrennen für Oldtimer- und Youngtimerfahrzeuge.
  • Der Hindelanger Erlebnis-Weihnachtsmarkt lockt jährlich etwa 60.000 Besucher an.
Blick in das Ostrachtal nach Norden

Bergwanderwege

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Der Schleierfall oberhalb des Vaterlandsweges

Persönlichkeiten

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  • Die Künstlerbrüder Franz Xaver Eberhard (1767–1836) und Konrad Eberhard (1768–1859) aus Hindelang haben hier und im weiteren Umkreis zahlreiche bildhauerische Arbeiten hinterlassen.
  • Richard Mahn (1866–1951), Kunstmaler, Graphiker, Radierer und Illustrator. Er kaufte 1901 ein Haus in Bad Oberdorf. Nach dem Ersten Weltkrieg verlegte er seinen Wohnsitz von München nach Bad Oberdorf und lebte dort bis zu seinem Tod 1951.
  • Fritz von Kamptz (1866–1938), Kunstmaler, lebte von 1932 bis zu seinem Tod in Hindelang. Sein Christusbild machte ihn berühmt.
  • Carl Horn (1874–1945), Maler, verstarb in Hindelang
  • Charley Peklo (* 23. August 1880 Taus; † 6. November 1959 Immenstadt), Kunstmaler, lebte nach dem Zweiten Weltkrieg in Hindelang.
  • Walter Jacob (* 21. Oktober 1893 Altenburg/Thüringen; † 13. Juli 1964 Hindelang), lebte als Kunstmaler nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu seinem Tod in Hindelang; er zählte zur zweiten Generation des Expressionismus in Deutschland.
  • Sepp Rist (1900–1980), geb. in Hindelang, Filmschauspieler, der in zahlreichen Bergfilmen und Heimatfilmen mitwirkte.
  • Maria Antonie (Toni) Gaßner-Wechs (1900–1956) und ihr Mann Josef Gaßner (1898–1954) verfassten zahlreiche Gedichte und Texte sowie mehrere Bühnenstücke, großenteils in der alemannischen Mundart des Ostrachtales.
  • Maria Blanz (1912–1995), Kunstmalerin in Hindelang. Studium 1939 an einer privaten Kunstschule in München, daran anschließend Studium an der Kunstakademie von 1943 bis 1946. Nach der Rückkehr in die Heimat malte sie Landschaften in Öl und Aquarell. Ebenso Porträts, Blumen-, Tierbilder und Stillleben. (aus Ulrich Scholl, Aus der Geschichte des Ostrachtales, 1986, Hindelang)
  • Christian Modersohn (1916–2009), Sohn von Otto Modersohn, Kunstmaler, wuchs in Hindelang auf und lebte bis 1957 in Gailenberg.
  • Willi Tannheimer (* 1940), Bildhauer, ist als freischaffender Künstler in Hinterstein / Bruck tätig.
  • Helmut M. Schmitt-Siegel (* 1943), Gestalter, Hochschullehrer für Design, in Hindelang geboren
  • Heinrich Modersohn (* 1948), Maler, Sohn von Christian Modersohn, in Hindelang geboren
  • Kilian Lipp (* 1953), Maler, ist als freischaffender Künstler in Gailenberg tätig.
  • Hubert Blanz (* 21. Februar 1969), freischaffender Künstler, lebt in Wien[10]
  • Christoph Finkel (* 1971), freischaffender Holzbildhauer und Trainer des Nationalkaders im Bouldern
  • Aurélie Blanz (* 1973), freischaffende Künstlerin, lebt in Frankreich[11]
  • Karl Hafner (1894–1971) vertonte mehr als 300 Mundartgedichte des Ehepaares Gaßner sowie von Eugenie Scholl-Rohrmoser. Sie sind zu Volksliedern geworden und werden heute in vielen Allgäuer Orten gesungen. 1960 ernannte ihn die Gemeinde zum Ehrenbürger.
  • Michael Bredl (1915–1999) war ab 1957 Lehrer an der Volksschule Hindelang. Die Volksmusik erfuhr von ihm wichtige Impulse; das Alphornblasen wurde von ihm im Allgäu wiederbelebt.
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Commons: Bad Hindelang – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Bad Hindelang – Reiseführer

Einzelnachweise

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  1. Genesis-Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-003r Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtag (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
  2. Gemeinde Bad Hindelang in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 15. August 2019.
  3. Gemeinde Bad Hindelang, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 21. Dezember 2021.
  4. Bad Hindelang erhält das Qualitätssiegel für Allergikerfreundlichkeit (Memento vom 21. Mai 2011 im Internet Archive)
  5. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 571.
  6. Bayerisches Landesamt für Statistik (Memento des Originals vom 28. März 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wahlen.bayern.de
  7. Hindelanger Bürgermeister Adalbert Martin ist tot
  8. Dr. Sabine Rödel gewinnt Bürgermeisterwahl in Bad Hindelang
  9. Eintrag zum Wappen von Bad Hindelang in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
  10. Hubert Blanz bei kultur-oa.de (Memento des Originals vom 19. Oktober 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kultur-oa.de
  11. Kurzportrait über Aurélie Blanz bei www.kultur-oa.de (Memento des Originals vom 19. Oktober 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kultur-oa.de von Gunther le Maire
  12. Oberallgäuer Nico Abrell veröffentlicht neue Single auf allgaeuer-zeitung.de, vom 7. Mai 2021, abgerufen am 10. Juni 2024