Baiyinosaurus („Echse aus Baiyin“) ist eine ausgestorbene Gattung der Stegosaurier aus dem mittleren Jura, die in der Wangjiashan-Formation in China gefunden wurde. Dabei handelt es sich um eine monotypische Gattung, die nur die Art B. baojiensis enthält. Diese Art ist durch einen Teilschädel, einen Halswirbel, sieben Rückenwirbel und einem Schwanzwirbel belegt. Die Anatomie des Baiyinosaurus stellt ein Übergangsstadium zwischen den frühen Thyreophora und früh divergierenden Stegosauriern dar. Trotz der großen Anzahl an Stegosauriern in China gilt Baiyinosaurus aktuell als die einzige Art aus der Provinz Gansu.

Baiyinosaurus
Zeitliches Auftreten
Mittlerer Jura (Bathonium)
168,3 bis 166,1 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Vogelbeckensaurier (Ornithischia)
Thyreophora
Eurypoda
Stegosauria
incertae sedis
Baiyinosaurus
Wissenschaftlicher Name
Baiyinosaurus
Li et al., 2024
Art
  • B. baojiensis Li et al., 2024

Entdeckung und Benennung

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Fundort des Baiyinosaurus Provinz Gansu, China

Der Holotyp des Baiyinosaurus, IVPG-D021, wurde 2016 von Li Daqing und seinem Team bei Ausgrabungen in den Sedimenten (Gelber Sandstein) der Wangjiashan-Formation gefunden. Diese befinden sich in China im Distrikt Pingchuan der Stadt Baiyin in der Provinz Gansu. Nach ihrer Entdeckung wurden die Knochen von der Gansu Zhendan Dinosaur Culture Communication Co. Ltd. gesammelt und präpariert, anschließend wurden sie an der Gansu Agricultural University konserviert.

Die Erstausgrabung umfasst ein unvollständiges Skelett, bestehend aus Knochen des Schädels, dem Kranium (linkes Prämaxillare und linke Maxilla, Frontale, vermutlich rechtes Jugale und Squamosum, und linkes Dentale), sowie einige Wirbel, Vertebrae (Atlas, sieben Rückenwirbel (Brust- oder Lendenwirbel) und einen Schwanzwirbel).[1]

Die 2024 als Baiyinosaurus baojiensis beschriebene neue Gattung der Stegosaurier basiert auf diesen Überresten. Der Name der Gattung, Baiyinosaurus, kombiniert eine Referenz zu der Stadt Baiyin – dort wurde der Holotyp gefunden – mit dem griechischenσαῦρος“ („sauros“), übersetzt „Echse“. Der Name der Spezies, baojiensis, bezieht sich auf das Boajishan-Becken im Hochgebirge Qilian Shan.[1]

Baiyinosaurus ist zurzeit das einzige Taxon der Stegosaurier der Provinz Gansu. Die Überreste eines kreidezeitlichen Stegosauriers, vorläufig einer Art der Gattung Stegosaurus zugeordnet, wurden 2024 aus der Hekou Group beschrieben. Jedoch gilt sie noch nicht als neue Art.[2]

Beschreibung

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Lebendrekonstruktion

Als Stegosaurier war Baiyinosaurus vermutlich quadruped herbivor mit einer Reihe großer, paarweiser Knochenplatten und Stacheln vom Nacken bis zur Schwanzspitze.[1] Die Funktion dieser Platten ist noch umstritten, dabei werden Wiedererkennungsmerkmale, Thermoregulation und Verteidigung in Betracht gezogen.[3]

Das Fossil des Baiyinosaurus weist sowohl plesiomorphe, als auch Thyreophoren-Merkmale, wie die von Scelidosaurus oder Emausaurus, auf und stellt damit ein Übergangsstadium zwischen den frühen Thyreophora und früh divergierenden Stegosauriern dar.[1] Bashanosaurus, einer der frühesten Stegosaurier aus älteren Gesteinsschichten in China, zeigt ebenfalls eine Vermischung beider Merkmale und das Divergieren der Schwestertaxone der Stegosaurier und der Ankylosaurier.[4]

Der Holotyp des Baiyinosaurus stammt vermutlich von einem ausgewachsenen Individuum. Dies kann anhand der Skeletochronologie der Rückenwirbel festgemacht werden, da diese verschmolzen und nicht sichtbar sind, während sie im jugendlichen Alter nicht zusammengewachsen wären.[1]

Schädel

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Rekonstruierter Schädel des Baiyinosaurus

Baiyinosaurus ist durch einige Schädelknochen belegt. Die postkarniale Ausprägung der linken Premaxilla (Oberkiefer an der Vorderschnauze) wurde konserviert und hat an der hypothetischen Schnittstelle zum Nasale eine vergrößerte Oberfläche. Der vordere und mittlere Teil der linken Maxilla (Hauptgelenk für die Zahnreihe) bekannt und lässt eine medial (zur Mitte des Schädels) eingesetzte Zahnreihe vermuten, ein bei den meisten Dinosauriern der Ornithischia zu erwartendes Merkmal.

Ein Knochenfragment, vermutlich das rechte Jugale, ist konvex mit drei möglichen Fortsätzen, wobei es dorsal weit ausgebildet ist. Ein vorläufig als der dorsale Teil des rechten Squamosum definiertes Teil zeigt Strukturen, an denen es vom Parietale und Postorbitale überlappt werden würde.

Schädelknochen und Rekonstruktion des Baiyinosaurus (links), Dental des Baiyinosaurus (rechts)

Das Stirnbein (Frontale) ist breit und der Länge nach kürzer als das anderer Stegosaurier, wie Tuojiangosaurus. Diese Form gleicht eher den frühen Thyrephora Scelidosaurus und Emausaurus. Die beteiligten Wissenschaftler erkannten diese Struktur des Stirnbeins – Ausprägung breiter als lang, sowie Temporalfenster medial und anterior – als eine Autapomorphie (einzigartiges abgeleitetes Merkmal) von Baiyinosaurus.[1]

Das linke Dentale ist fast vollständig. Es ist nach unten gebogen und nach vorne verjüngt es sich nach innen. Während das Predental nicht vorliegt, sind dennoch am Ende des Dentale auf beiden Seiten Ansätze dafür zu erkennen. Ähnlich wie bei anderen früh divergierenden Stegosauriern, wie Huayangosaurus, Gigantspinosaurus und Kentrosaurus, befindet sich der erste Zahn des Dental direkt hinter dem Praedentale, ohne breites Diastema (Zahnlücke), welches in späteren Gattungen wie Stegosaurus und Jiangjunosaurus vorkam. Das Dentale weist achtzehn Alveolen (Zahnfächer) auf, in manchen sind teilweise herausgebrochene Zähne zu sehen. Beide vollständigen Zähne zeigen an beiden Enden der Krone zwei größere Dentikel (Einkerbungen) und je sieben auf beiden Seiten der Krone (vierzehn entlang der gesamten Krone). Dies könnte auch bei allen Zähnen der Fall gewesen sein, jedoch variierte die Anzahl der Einkerbungen bei manchen Stegosauriern je nach Seite. Andere Stegosaurier hatten an der Wurzel zwei bis vier Einkerbungen und an der Krone fünf bis neun.[1]

Atlas
Caudal Vertebrata
Dorsal Vertebrae
Dorsal Vertebrae

Postkraniales Skelett

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Das postkraniale Skelet von Baiyinosaurus umfasst nur Teile das axialen Skeletts. Es sind bisher keine Osteoderme bekannt. Der Atlas (erster Vertebra Cervicales) ist der einzige konservierte Halswirbel und ihm fehlen die zwei Kämme, die an der Unterseite beim Stegosaurus zu beobachten sind.[1]

Die sieben Rückenwirbel (zwei anterior und fünf dorsal) zeigen eine typische Vermischung von verschiedenen Merkmalen: Bei den meisten Stegosauriern sind die Dornfortsätze stark dorsal verlängert, jedoch sind die Fortsätze hier, wie auch bei Huayangosaurus oder Gigantspinosaurus, nicht signifikant ausgebildet. Die Parapophysen befinden sich erhöht an kurzen Fortsätzen, ähnlich der Anatomie von Bashanosaurus und Scelidosaurus. Die Dornfortsätze sind, verglichen mit anderen Stegosauriern, von vorne nach hinten aus lateraler Sicht verhältnismäßig breit, aber ähnlich dem Gigantspinosaurus und den Nicht-Stegosauriern Scelidosaurus, Laquintasaura und Lesothosaurus. Der Neuralkanal ist im Querschnitt oval.[1]

Ein Exemplar der Schwanzwirbel ist gefunden worden. Es fehlen die Gelenkfortsätze (Zygapophysen) und das neurale Rückgrat. Es gibt Anzeichen für einen Chevronknochen. Der Neuralkanal ist im Querschnitt rund.[1]

Klassifikation

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Vergleich verschiedener Stegosaurier-Schädel dorsal (Baiyinosaurus ist A)

In der phylogenetischen Analyse beschreiben Ning et al. (2004) Baiyinosaurus als einen frühen Vertreter der Stegosaurier zusammen mit dem etwas älteren argentinischen Isaberrysaura und dem jüngeren chinesischen Gigantspinosaurus. Die Ergebnisse sind in dem folgenden Stammbaum aufgelistet:[1]

 Stegosauria 

Bashanosaurus

   

Chungkingosaurus

   

Huayangosaurus

   

Tuojiangosaurus  


   


Baiyinosaurus

    Isaberrysaura

    Gigantspinosaurus

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Alcovasaurus

   

Jiangjunosaurus

   

Kentrosaurus

   


Adratiklit

    Dacentrurus


   


Hesperosaurus

    Miragaia


   

Loricatosaurus

   

Stegosaurus stenops

    Stegosaurus homheni (Wuerhosaurus)



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Paleoökologie

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Montage der Grallator pingchuanensis Theropoden Fußabdrücke in der Wangjiashan Formation

Baiyinosaurus wurde in dem Gelbsandstein der Wangjiashan-Formation gefunden, welche auf das späte Bathonium im Mittleren Jura datiert wird. Die Überreste noch nicht beschriebener Sauropoden (möglicherweise Mamenchisauridae) und großer Theropoden (inklusive Zähnen) wurden in der Nähe der Expedition gefunden, die Baiyinosaurus entdeckte. Auch wurden Fußspuren von Theropoden gefunden, die dem Ichnogenus Grallator pingchuanensis zugeordnet werden.[5] Auch einige Überreste von Pflanzen wurden bei diesen Ausgrabungen gefunden.[1]

Siehe auch

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Commons: Baiyinosaurus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l Li Ning, Susannah C. R. Maidment, Li Daqing, You Hailu, Peng Guangzhao: A new stegosaur (Dinosauria: Ornithischia) from the Middle Jurassic of Gansu Province, China. In: Scientific Reports. 14. Jahrgang, Nr. 1, 2. Juli 2024, ISSN 2045-2322, S. 15241, doi:10.1038/s41598-024-66280-x, PMC 11219857 (freier Volltext), bibcode:2024NatSR..1415241N (englisch).
  2. Ning Li, Daqing Li, Guangzhao Peng, Hailu You: The first stegosaurian dinosaur from Gansu Province, China. In: Cretaceous Research. 158. Jahrgang, in press, 2024, 105852, doi:10.1016/j.cretres.2024.105852, bibcode:2024CrRes.15805852L (englisch, elsevier.com).
  3. Shoji Hayashi, Kenneth Carpenter, Mahito Watabe, Lorrie A. McWhinney: Ontogenetic histology of Stegosaurus plates and spikes. In: Palaeontology. 55. Jahrgang, Nr. 1, 12. Dezember 2011, ISSN 0031-0239, S. 145–161, doi:10.1111/j.1475-4983.2011.01122.x (englisch, wiley.com).
  4. Hui Dai, Ning Li, Susannah C. R. Maidment, Guangbiao Wei, Yuxuan Zhou, Xufeng Hu, Qingyu Ma, Xunqian Wang, Haiqian Hu, Guangzhao Peng: New Stegosaurs from the Middle Jurassic Lower Member of the Shaximiao Formation of Chongqing, China. In: Journal of Vertebrate Paleontology. 41. Jahrgang, Nr. 5, 2022, S. e1995737, doi:10.1080/02724634.2021.1995737 (englisch).
  5. Da-Qing Li, Li-Da Xing, Martin G. Lockley, Anthony Romilio, Jing-Tao Yang, Long-Feng Li: The first theropod tracks from the Middle Jurassic of Gansu, Northwest China: new and rare evidence of quadrupedal progression in theropod dinosaurs. In: Journal of Palaeogeography. 8. Jahrgang, Nr. 1, 2019, S. Article 10, doi:10.1186/s42501-019-0028-4 (englisch).