Diopsid

Mineral aus der Pyroxen-Gruppe
(Weitergeleitet von Chromdiopsid)

Diopsid ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der Endgliedzusammensetzung CaMg[Si2O6], ist also chemisch gesehen ein Calcium-Magnesium-Silikat und gehört strukturell zu den Kettensilikaten und dort zur Gruppe der Pyroxene.

Diopsid
Diopsid aus De Kalb Township, St Lawrence County, New York, USA
Größe: 4,3 × 3,3 × 1,9 cm
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1988 s.p.[1]

IMA-Symbol

Di[2]

Andere Namen
Chemische Formel CaMg[Si2O6]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ketten- und Bandsilicate (Klinopyroxene)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/D.01b
VIII/F.01-050[4]

9.DA.15
65.01.03a.01
Ähnliche Minerale Augit
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[5]
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15[6]
Gitterparameter a = 9,75 Å; b = 8,92 Å; c = 5,25 Å
β = 106,0°[6]
Formeleinheiten Z = 4[6]
Häufige Kristallflächen {100}, {010}, {111}, {111}, {110}, {310}, {331}, {001}, {101}[7]
Zwillingsbildung einfache und multiple Zwillinge nach {100} oder {010}[8]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5,5 bis 6,5[8]
(HV: 7,7±0,5 GPa bei 0,98 N; entspricht 785±51 HV 0,1[9])
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,22 bis 3,38; berechnet: 3,278[8]
Spaltbarkeit deutlich nach {110}[8]
Bruch; Tenazität uneben bis muschelig[8]
Farbe farblos, weiß, gelb, hell- bis dunkelgrün, schwarz[8]
Strichfarbe weiß, grau bis graugrün[8]
Transparenz durchsichtig bis undurchsichtig[8]
Glanz Glasglanz, matt[8]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,663 bis 1,699[10]
nβ = 1,671 bis 1,705[10]
nγ = 1,693 bis 1,728[10]
Doppelbrechung δ = 0,030[10]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 58° bis 63° (gemessen), 56° bis 64° (berechnet)[10]
Pleochroismus blaugrün-grünbraun-gelbgrün
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten Nahezu unempfindlich gegenüber Säuren (Ausnahme: Flusssäure)

Diopsid entwickelt kurze bis lange, prismatische Kristalle, findet sich aber auch in Form säuliger, lamellenförmiger oder körniger Mineral-Aggregate. In reiner Form ist er farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine gelbe, hell- bis dunkelgrüne oder schwarze Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend bis zur Undurchsichtigkeit abnimmt.

Diopsid bildet zusammen mit Hedenbergit CaFe[Si2O6] und Augit (Ca,Na)(Mg,Fe,Al)[(Si,Al)2O6] eine vollständige Mischreihe.

Etymologie und Geschichte

Bearbeiten

Der Name Diopsid stammt aus dem griechischen δίς dis für doppelt, ὄψις opsis für Anblick und εἶδος eidos für Gestalt und weist darauf hin, dass die Diopsidkristalle häufig als Zwillinge auftreten.

Erstmals beschrieben wurde das Mineral 1800 von José Bonifácio de Andrada e Silva, allerdings unter der Bezeichnung Coccolit. Als Fundorte gab er die Hellesta- und Åssebro-Eisengruben im schwedischen Södermanland an. Später konnte allerdings nachgewiesen werden, dass de Andradas Mineral mit dem von René-Just Haüy 1806 beschriebenen Diopsid identisch ist, und der Name Coccolit wurde diskreditiert.[11]

Das Typmaterial des Minerals wird im Muséum national d’histoire naturelle (MHN; auch Museum, Paris) in Paris unter der Katalog-Nummer H2714ff (CT) aufbewahrt.[12][13]

Diopsid war bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt. Damit hätte Diopsid theoretisch den Status eines grandfathered Mineral. In der 1988 erfolgten Publikation der IMA/CNMNC: Nomenclature of pyroxenes wurde Diopsid als Teil der Gruppe der Calcium-Pyroxene und als Endglied der Mischkristallreihe Diopsid–Hedenbergit anerkannt. Daneben wurden die Mineralnamen Alalit und Canaanit sowie Baikalit (eisenhaltiger Diopsid), Lawrowit (englisch Lavroffite; vanadiumhaltiger Diopsid) und Schefferit (manganhaltiger Diopsid) diskreditiert und als Synonym beziehungsweise Varietät dem Diopsid zugeordnet.[3] Aufgrund der nachträglichen Ankerkennung von Diopsid wird das Mineral seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 1988 s.p.“ (special procedure) geführt.[1]

Klassifikation

Bearbeiten

In der strukturellen Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) gehört Diopsid zusammen mit Augit, Burnettit, Davisit, Esseneit, Grossmanit, Hedenbergit, Johannsenit, Kushiroit, Petedunnit und Tissintit zu den Kalziumpyroxenen (Ca-Pyroxene) in der Pyroxengruppe.[3]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Diopsid zur Mineralklasse der „Silikate“ und dort zur Abteilung „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Hedenbergit und Johannsenit die „Diopsid-Reihe“ mit der Systemnummer VIII/D.01b innerhalb der Gruppe der „Klinopyroxene (monoklin-prismatisch)“ bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich im Aufbau noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/F.01-050. In der Lapis-Systematik entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Ketten- und Bandsilikate“, wo Diopsid zusammen mit Aegirin, Aegirin-Augit, Augit, Davisit, Esseneit, Grossmanit, Hedenbergit, Jadeit, Jervisit, Johannsenit, Kanoit, Klinoenstatit, Klinoferrosilit, Kosmochlor, Kushiroit, Namansilit, Natalyit, Omphacit, Petedunnit, Pigeonit, Spodumen und Tissintit die Gruppe der „Klinopyroxene“ mit der Systemnummer VIII/F.01 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Diopsid in die erweiterte Klasse der „Silikate und Germanate“, dort aber ebenfalls in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatketten beziehungsweise -bänder, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Einfachketten Si2O6; Pyroxen-Familie“ zu finden ist, wo es zusammen mit Augit, Davisit, Esseneit, Hedenbergit, Johannsenit, Kushiroit und Petedunnit die Gruppe der „Ca-Klinopyroxene, Diopsidgruppe“ mit der Systemnummer 9.DA.15 bildet.[14]

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Diopsid die System- und Mineralnummer 65.01.03a.01. Dies entspricht ebenfalls der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Kettensilikatminerale“, wo das Mineral zusammen mit Augit, Davisit, Esseneit, Hedenbergit, Johannsenit, Petedunnit in einer unbenannte Gruppe/C2/c Klinopyroxene (Ca-Klinopyroxene)“ mit der Systemnummer 65.01.03a innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Einfache unverzweigte Ketten, W=1 mit Ketten P=2“ zu finden ist.

Kristallstruktur

Bearbeiten

Diopsid kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 9,75 Å; b = 8,92 Å; c = 5,25 Å und β = 106,0° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Modifikationen und Variationen

Bearbeiten
  • Chromdiopsid – chromhaltig, smaragdgrün
  • Baikalit – eisenhaltig, lauchgrün bis olivgrün
  • Diallag – aluminium- und eisenhaltig, grünbraun bis braunschwarz, perlmuttglänzend, gesteinsbildend
  • Fassait – eisen- und aluminiumhaltig
  • Fedorovit – natrium-, aluminium- und eisenhaltig, hellgrün aus der Provinz Rom
  • Jeffersonit – mangan- und zinkhaltig
  • Salit – grünlichgrau, gesteinsbildend

Bildung und Fundorte

Bearbeiten
 
Pyrit, Grossular und Diopsid aus dem Belvidere Mountain Steinbruch, Vermont, USA

Diopsid ist ein Gestein bildendes Mineral, das in basischen und ultrabasischen Gesteinen wie beispielsweise Gabbro und Peridotit vorkommt. Als Begleitminerale treten unter anderem Calcit, Chondrodit, Forsterit, Grossular, Klinohumit, Monticellit, Quarz, Skapolith, Tremolit, Vesuvianit und Wollastonit auf.[8]

Diopsid konnte bereits an vielen Fundorten weltweit nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand: 2012) rund 2900 als bekannt gelten.[10]

In Deutschland trat das Mineral unter anderem an mehreren Orten des Schwarzwalds, des Odenwalds und am Kaiserstuhl in Baden-Württemberg; im Fichtelgebirge, im Bayerischen und Oberpfälzer Wald in Bayern; bei Giesel (Neuhof), Hochstädten (Bensheim) und Nieder-Ramstadt in Hessen; bei Güntersen und Bad Harzburg in Niedersachsen; am Finkenberg und am Dächelsberg bei Niederbachem in Nordrhein-Westfalen; an vielen Orten in der Eifel in Rheinland-Pfalz; im Erzgebirge in Sachsen; bei Damsdorf in Schleswig-Holstein sowie bei Ronneburg, Schnellbach (Floh-Seligenthal) und am Dolmar in Thüringen auf.[15]

In Österreich konnte Diopsid bisher vor allem in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg, der Steiermark und Tirol gefunden werden.

In der Schweiz tritt das Mineral vor allem in den Kantonen Graubünden und Wallis auf.

Auch in Gesteinsproben vom Mittelatlantischen Rücken und vom Ostpazifischen Rücken konnte Diopsid nachgewiesen werden.[15]

Diopside in Schmucksteinqualität werden in Brasilien, Burma, auf Madagaskar und Sri Lanka gefunden.

Außerhalb der Erde konnte ebenfalls bereits Diopsid gefunden werden, nämlich in Gesteinsproben vom Mond, vom Noctis Labyrinthus auf dem Mars und im Kometenstaub von Wild 2.[15]

Verwendung als Schmuckstein

Bearbeiten
 
Diopsid in Form einer Navette verschliffen

Diopside in Edelsteinqualität werden zu Schmucksteinen verarbeitet. Dazu zählt vor allem der russische Chromdiopsid.

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • J. B. d’Andrada: Kurze Angabe der Eigenschaften und Kennzeichen einiger neuen Fossilien aus Schweden und Norwegen nebst einigen chemischen Bemerkungen über dieselben. In: D. Alexander Nicolaus Scherer (Hrsg.): Allgemeines Journal der Chemie. Band 4, 1800, S. 28–39 (rruff.info [PDF; 2,4 MB; abgerufen am 16. Mai 2024] als Coccolit).
  • Haüy: Sur L’Analogie du Diopside avec le Pyroxène. In: Annales du Muséum d’histoire naturelle. Band 11, 1808, S. 77 (französisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 16. Mai 2024]).
  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer, Berlin [u. a.] 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 94.
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 717–718 (Erstausgabe: 1891).
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 232.
Bearbeiten
Commons: Diopside – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g Subcommite on Pyroxenes, IMA/CNMMN; Nobuo Morimoto: Nomenclature of Pyroxenes. In: Mineralogical Magazine. Band 52, 1988, S. 535–550 (rruff.info [PDF; 899 kB; abgerufen am 18. Mai 2024]).
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. David Barthelmy: Diopside Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 16. Mai 2024 (englisch).
  6. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 620 (englisch).
  7. Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 758.
  8. a b c d e f g h i j Diopside. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 82 kB; abgerufen am 16. Mai 2024]).
  9. Morten M. Smedskjaer, Martin Jensen, Yuan-Zheng Yue: Theoretical calculation and measurement of the hardness of diopside. In: Journal of the American Ceramic Society. Band 91, 2008, S. 514–518, doi:10.1111/j.1551-2916.2007.02166.x (englisch, eps.mcgill.ca [PDF; 192 kB; abgerufen am 16. Mai 2024]).
  10. a b c d e f Diopside. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 16. Mai 2024 (englisch).
  11. Coccolite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 16. Mai 2024 (englisch).
  12. Catalogue of Type Mineral Specimens – D. (PDF 151 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 17. Mai 2024.
  13. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 17. Mai 2024 (englisch).
  14. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  15. a b c Fundortliste für Diopsid beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 16. Mai 2024.