DNe (Inschrift)

Inschrift von Dareios I.

DNe ist die Bezeichnung einer Inschrift von Dareios I. (D). Sie wurde in Naqsch-e Rostam (N) entdeckt und von der Wissenschaft mit einem Index (e) versehen. Die Inschrift liegt in altpersischer, elamischer und babylonischer Sprache vor. Bei der Inschrift handelt es sich um 30 Beischriften zu den Thronträgerfiguren. Die Zuordnung zum Thronträger erfolgt über einen zusätzlichen Zahlenindex.

Thronträger am Grab von Dareios I.

„1 Dies (ist) der Perser. 2 Dies (ist) der Meder. 3 Dies (ist) der Elamer. 4 Dies (ist) der Parther. 5 Dies (ist) der Areier. 6. Dies (ist) der Baktrier. 7 … 8 Dies (ist) der Chorasmier. 9 Dies (ist) der Drangianer. 10 Dies (ist) der Arachosier. 11 … 12 …13 Dies (ist) der Inder. 14 … 15 Dies (ist) der spitzmützige Sake. 16. Dies (ist) der Babylonier. 17 Dies (ist) der Assyrier. 18 … 19 … 20 Dies (ist) der Armenier. 21 … 22 Dies (ist) der Lyder. 23 Dies (ist) der Ioner. 24 … 25 … 26 … 27 … 28 … 29 Dies (ist) der Mekraner. 30 Dies (ist) der Karer.“

Schmitt 2009

Rüdiger Schmitt weist in seiner Übersetzung darauf hin, dass die Beischriften mit der überwiegend Ländernamen enthaltenden Liste der Inschrift DNa und den besser erhaltenen Beischriften der Inschrift A3Pb von Persepolis zu ergänzen sei. Die Reihenfolge der Länder, beziehungsweise der Völker, wird bei allen drei Inschriften eingehalten, aber sie unterscheiden sich in sprachlichen und schriftlichen Formen. Obwohl die Beischriften von DNe in Abhängigkeit zur Inschrift DNa stehen, wird manchmal statt des Landesnamens wie in der Vorgabe der Volksname verwendet (zum Beispiel bei Elamer, Babylonier und Armenier) oder die Volksbezeichnung steht im Gegensatz zu A3Pb in der Mehrzahl (Sake, Mekraner und Karer).[1]

Mithilfe der Inschriften A3Pb und DNa können die Beischriften von DNe folgendermaßen wiederhergestellt werden:

„1 Dieses (ist) ein/der Perser 2 Dieses (ist) ein/der Meder 3 Dieses (ist) ein/der Elamer 4 Dieses (ist) ein/der Parther 5 Dieses (ist) ein/der Bewohner von Haraiva 6 Dieses (ist) ein/der Baktrier 7 Dieses (ist) ein/der Sogdier 8 Dieses (ist) ein/der Chwärezmier 9 Dieses (ist) ein/der ein/der Drangianer 10 Dieses (ist) ein/der Arachosier 11 Dieses (ist) ein/der Sattagydier 12 Dieses (ist) ein/der Gandhärer 13 Dieses (ist) ein/der (S)inder 14 Dieses (ist) ein/der haumatrinkender Skythe 15 Dieses (ist) ein/der Spitzmützen tragende Skythe 16 Dieses (ist) ein/der Babylonier 17 Dieses (ist) ein/der Assyrer 18 Dieses (ist) ein/der Araber 19 Dieses (ist) ein/der Ägypter 20 Dieses (ist) ein/der Armenier 21 Dieses (ist) ein/der Kappadokier 22 Dieses (ist) ein/der Lyder/Sarder 23 Dieses (ist) ein/der Jonier 24 Dieses (ist) ein/der transmeerischer Skythe 25 Dieses (ist) ein/der Skudrer 26 Dieses (ist) ein/der Schild (auf dem Kopfe) tragende Jonier 27 Dieses (ist) ein/der Libyer 28 Dieses (ist) ein/der Äthiopier 29 Dieses (ist) ein/der Bewohner von Maka 30 Dieses (ist) ein/der Karer“

Schweiger 1998, Band 1, S. 81–83, Band 2, S. 242–254

Beschreibung

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Die Beischriften sind in einem schlechten Zustand, wobei der linke Teil vom Betrachter aus gesehen besser erhalten ist als der rechte Teil. Die Beischriften befinden sich in situ (am Ursprungsort) und werden folgendermaßen referenziert:[2]

Lageplan der Beischriften DNe 1–30
29
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
 
15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
30

Völlig zerstört sind die Beischriften DNe 11, DNe 14, DNe 19, DNe 21, DNe 24, DNe 25, DNe 26 und DNe 28.[3] Die Sprachversionen sind in jeweils einer Zeile dargestellt mit der altpersischen Sprachversion zuoberst, der elamischen in der Mitte und der babylonischen am Schluss.[4] Die babylonische Sprachversion ist am schlechtesten erhalten, da sie unmittelbar an der Unterkante der Quersprossen des Throngestells angesiedelt und die Beischriften dort besonders exponiert sind.[5]

Früher wurde die Inschrift mit NR I–XXX oder auch NRe bezeichnet,[6] danach mit DN I–XXX,[7] bis sich dann die Bezeichnung DNe 1–30 durchsetzte.[8]

Forschungsgeschichte

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Als der englische Reisende Tasker 1848 die Inschriften von Naqsch-e Rostam abzeichnete, überlieferte er von den Beischriften nur DNe 29 (Dies (ist) der Mekraner). Jules Oppert äußerte 1859 die Vermutung, dass alle Thronträger mit einer Inschrift versehen seien. Marcel Dieulafoy teilte 1885 mit, dass 7 weitere Beischriften entdeckt worden seien. In der Folge kam es für die Beischriften zu einer reichhaltigen Forschungstätigkeit, aber erst 1999 konnte Rüdiger Schmitt eine umfassende Gesamtsicht auf die 30 Beischriften veröffentlichen.

Rezeption

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Alle sechs Gräber von Naqsch-e Rostam und Persepolis sind mit den 30 Thronträgern in der gleichen Anordnung ausgestattet. Von den sechs Gräbern enthalten das Grab I mit der Inschrift DNe und das Grab V mit der Inschrift A3Pb die dreisprachigen Beischriften der Völker. Neben den beiden Gräbern liefern auf der Liste der achämenidischen Königsinschriften die Inschriften DB, DNa, DPh, DPe, DSe, XPh und eine Stele aus Tell el-Maschuta[9] Namen von Ländern oder Völkern. Die Inschriften unterscheiden sich in der Anzahl der Länder, beziehungsweise der Völker, und der Reihenfolge. Die Inschrift DPh zum Beispiel listet nur die äußersten Regionen, um die Größe des achämenidischen Reichs auszudrücken, und die älteste Inschrift von Dareios I., DB in Behistun, listet 23 Länder im Gegensatz zu DNa, DNe, DSe und A3Pb mit 30 Ländern, beziehungsweise Völkern.[10]

In der älteren Forschung wurden von den Angaben der achämenidischen Königsinschriften reale politische Begebenheiten abgeleitet. Die heutige Forschung warnt davon, da die ideologischen Vorgaben der Inschriften von Dareios I. von seinen Nachfolgern „als Norm“ kopiert wurden, um diese Vision der monarchischen Macht durch verbale und visuelle Wiederholungen zu unterstreichen. Es gebe zwar Hinweise auf subtile Änderungen, aber es sei unmöglich, deren Bedeutung festzulegen. Dies gelte auch für die Länder-, beziehungsweise Völkerlisten.[11]

Literatur

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  • Henry Creswicke Rawlinson: On the Inscriptions of Assyria and Babylonia. In: Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Irland. Band 12, 1850, S. XX–XXI (JSTOR:25228628).
  • Edwin Norris: Memoir on the Scythic [today called Elamite] Version of the Behistun Inscription. In: The Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland. Band 15, 1855, S. 1–213 JSTOR:25228656.
  • Jules Oppert: Expédition scientifique en Mésopotamie. 2 Bände, Paris 1859, Band 2, S. 192 (digitale-sammlungen.de).
  • Marcel Dieulafoy: Note relative à la découverte sur le tombeau de Darius de sept inscriptions nouvelles. In: Revue archéologique. 3e Série, Band 6, 1885, S. 224–227, hier S. 227 (gallica.bnf.fr).
  • Franz Heinrich Weißbach: Die Keilinschriften der Achämeniden. Leipzig 1911, S. xix und 96–99. (idb.ub.uni-tuebingen.de)
  • Franz Heinrich Weißbach: Die Keilinschriften am Grabe des Darius Hystaspis. Leipzig 1911, S. 20–21, 31–32 (digital.slub-dresden.de).
  • Roland Grubb Kent: Old Persian: Grammar, Texts, Lexicon. 2. revidierte Auflage (= American Oriental Series. Band 33). New Haven 1953, S. 109 und 140–141 (babel.hathitrust.org).
  • Erich Friedrich Schmidt: Persepolis III: The Royal Tombs and other Monuments (= Oriental Institute Publications. Band 70). University of Chicago Press, Chicago 1970, S. 108–118, Tafeln 24 bis 30. (oi.chigaco.edu) (Beitrag von George G. Cameron)
  • François Vallat: Corpus des inscriptions royales en élamite achéménide. Dissertation Université la Sorbonne, Paris 1977, S. 158. (Textarchiv – Internet Archive).
  • Manfred Mayrhofer: Supplement zur Sammlung der altpersischen Inschriften (= Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch‐historische Klasse 338). Wien 1978, S. 13–14.
  • Pierre Lecoq: Les inscriptions de la Perse achéménide traduit du vieux-perse, de l’élamite, du babylonien et de l’araméen. Paris 1997, S. 123, 134 und 225–226 (elamit.net).
  • Günter Schweiger: Kritische Neuedition der achaemenidischen Keilinschriften. 2 Bände. Schweiger VWT-Verlag, Taimering 1998, Band 1 S. 80–83, Band 2, S. 239–245.
  • Rüdiger Schmitt: Beiträge zu altpersischen Inschriften. Reichert, Wiesbaden 1999, ISBN 3-89500-114-7, S. 1–25.
  • Amélie Kuhrt: The Persian Empire. A Corpus of Sources from the Achaemenid Empire. London/New York 2007.
  • Rüdiger Schmitt: Die altpersischen Inschriften der Achaimeniden. Editio minor mit deutscher Übersetzung. Reichert, Wiesbaden 2009, S. 12 und 112–114 (Textarchiv – Internet Archive).
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Einzelnachweise

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  1. Schmitt 2009, S. 112; Schmitt 1999, S. 13–14.
  2. Nach der Vorlage von Schweiger 1998, Band 2, S. 240.
  3. Schweiger 1998, Band 2, S. 239; Schweiger 1998, Band 2, S. 242–245.
  4. Schmidt 1970, S. 110.
  5. Schmitt 1999, S. 20.
  6. Franz Heinrich Weißbach: Die Keilinschriften der Achämeniden. Leipzig 1911, S. xix.
  7. Kent 1953, S. 109.
  8. Als Vorschlag formuliert in Schmitt 1999, S. 2, und Durchsetzung in Schmitt 2009.
  9. Georges Posener: La première domination perse en Égypte. Recueil d’Inscriptions Hiéroglyphiques (= Institut Français d’Archéologie Orientale. Bibliothèque d’Étude. 11, ISSN 0259-3823). Institut Français d’Archéologie Orientale, Kairo 1936, S. 48–87 und 181–189 (gallica.bnf.fr).
  10. Schmidt 1970, S. 108–109.
  11. Kuhrt 2007, S. 469 und 484.