Gammafunktion

spezielle mathematische Funktion der Analysis

Die Eulersche Gammafunktion, auch kurz Gammafunktion oder Eulersches Integral zweiter Gattung, ist eine der wichtigsten speziellen Funktionen und wird in den mathematischen Teilgebieten der Analysis und der Funktionentheorie untersucht. Sie wird heute durch ein , den griechischen Großbuchstaben Gamma, bezeichnet und ist eine transzendente meromorphe Funktion mit der Eigenschaft

Graph der Gammafunktion im Reellen
Komplexe Gammafunktion: Die Helligkeit entspricht dem Betrag, die Farbe dem Argument des Funktionswerts. Zusätzlich sind Höhenlinien konstanten Betrags eingezeichnet.
Betrag der komplexen Gammafunktion

für jede natürliche Zahl , wobei mit die Fakultät bezeichnet wird. Diese Definition sollte die Fakultätsfunktion auf reelle und komplexe Argumente erweitern. Der Schweizer Mathematiker Leonhard Euler löste im Jahr 1729 diese Fragestellung und definierte die Gammafunktion durch ein unendliches Produkt. Heute wird die Gammafunktion oft mit einer Integraldarstellung definiert, die ebenfalls auf Euler zurückgeht.

Die Gammafunktion liegt der Gamma-Wahrscheinlichkeitsverteilung zugrunde.

Einordnung ohne mathematisches Vorwissen

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Eine mathematische Funktion funktioniert im Grunde wie eine Rechenmaschine. Man gibt einen Wert in die Funktion ein, und diese liefert dann ein Ergebnis in Abhängigkeit vom Eingabewert, zumindest theoretisch. Damit ist gemeint, dass die Funktion an sich nicht rechnet, sondern meist nur eine Rechenvorschrift formelhaft festhält. Einfaches Beispiel für eine Funktion ist die quadratische Funktion, welche die Eingabe mit sich selbst multipliziert. Formelhaft schreibt man dies als  . Somit ordnet die quadratische Funktion beispielsweise der Zahl   den Wert   zu. Rechnet man dies aus, ergibt sich  , also  .

Die Gammafunktion fußt auf einer Vorschrift, die auch als Fakultät bekannt ist. Diese ordnet einer natürlichen Zahl das Produkt aller natürlichen Zahlen bis zu dieser Zahl zu. Bezeichnet wird die Fakultät mit dem Symbol des Ausrufezeichens. Also gilt zum Beispiel

 

gesprochen "4 Fakultät". Es galt innerhalb der Mathematik als Problem, ob sich diese Vorschrift auch auf Zahlen anderer Art erweitern ließe. Konkret bedeutet das:

  • Lassen sich Fakultäten auch für beliebige rationale, reelle, komplexe Zahlen berechnen? Wie etwa könnte man sich   vorstellen?
  • Falls solche „universellen“ Vorschriften gefunden werden, welche mathematischen Eigenschaften können ihnen gegeben werden? Zeichnet sich eine dieser Vorschriften strukturell als ganz besonders natürlich aus? Ist diese besondere Vorschrift eindeutig bestimmt, liefert also „die eine“ verallgemeinerte Fakultät?

Die Antwort auf diese Fragen ist die Gammafunktion. Für beliebige Werte   liefert  , also gilt zum Beispiel   Die Verschiebung um 1 von der oben erwähnten Fakultät ist auf eine Konvention aus dem 19. Jahrhundert zurückzuführen. Die Strategie der Verallgemeinerung basiert auf der Beobachtung, dass aus einer vorherigen Fakultät durch Hinzunahme eines weiteren Faktors eine weitere Fakultät gewonnen wird. So gilt etwa   und ganz allgemein  . Demnach sollte die Gammafunktion die Funktionalgleichung   erfüllen. Stellt man weitere wichtige Forderungen, wie Differenzierbarkeit, an  , so kann diese schließlich eindeutig charakterisiert werden, womit „die“ verallgemeinerte Fakultät gefunden ist. Zwar gibt es zahlreiche andere komplexwertige Funktionen  , die   für alle natürlichen   erfüllen, durch das Fordern zusätzlicher (als natürlich angesehener) Eigenschaften an   bleibt jedoch nur noch   übrig.

Es gilt dann   mit der Kreiszahl  . Dieser Zusammenhang lässt sich über das Gaußsche Fehlerintegral erklären, das u. a. mit der Normalverteilung aus der Wahrscheinlichkeitstheorie zusammenhängt.

Geschichte

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Als früheste Definition der Gammafunktion gilt die in einem Brief von Daniel Bernoulli an Christian Goldbach vom 6. Oktober 1729 gegebene:[1][2]

 

für unendlich große  , entsprechend heutiger Notation   oder  . Wenige Tage später, am 13. Oktoberjul. / 24. Oktober 1729greg., beschrieb Euler ebenfalls in einem Brief an Goldbach die ähnliche, etwas einfachere Formel[3]

 

Diese von Leonhard Euler entdeckte Formel für die Gammafunktion kann direkt als unendliche Produktreihe in ihrer standardisierten Form so dargestellt werden:

 
 

Sie ist für alle komplexen Zahlen   gültig und wurde 1812 von Gauß (für den Fall komplexer Zahlen) wiederentdeckt[4] (die genannten Briefe wurden erst 1843 herausgegeben). Am 8. Januar 1730 beschrieb Euler in einem Brief an Goldbach folgendes Integral zur Interpolation der Fakultätsfunktion,[5] das er am 28. November 1729 der St. Petersburger Akademie vorgestellt hatte:[6]

      in heutiger Notation:      

Diese Definition wurde von Euler später bevorzugt verwendet[7] und geht durch die Substitution   in die Form

 

über. Euler entdeckte dieses Integral bei der Untersuchung eines Problems aus der Mechanik, bei dem die Beschleunigung eines Teilchens betrachtet wird.

Adrien-Marie Legendre führte 1809 die griechische Majuskel   (Gamma) als Funktionssymbol ein.[8][9] Gauß verwendete 1812 das Funktionssymbol   (Pi) so, dass   und somit auch   für nichtnegative ganzzahlige   gilt. Es setzte sich jedoch nicht durch; heute wird   als Symbol für ein Produkt benutzt (analog zu   für eine Summe).

Definition und elementare Darstellungsformen

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Es gibt in der Literatur keine einheitliche Definition für die Gammafunktion.

Häufig wird das Eulersche Integral zweiter Gattung gegeben. Ein Nachteil ist, dass dieses Integral nicht überall konvergiert. Somit ist eine globale Berechnung mittels dieser Definition nur indirekt möglich. Für komplexe Zahlen   mit positivem Realteil ist die Gammafunktion damit das uneigentliche Integral

 

Die dadurch definierte Funktion ist holomorph, da das Integral (wegen des schnellen Abfallens der Exponentialfunktion) auf kompakten Mengen gleichmäßig konvergiert. Dies ermöglicht den Einsatz des Weierstraßschen Konvergenzsatzes. Mittels meromorpher Fortsetzung lässt sich   schließlich für alle Werte   berechnen.

Eine andere Darstellung mittels eines Produktes motiviert die Verallgemeinerung der Fakultät auf direkte Weise. Sie ist gegeben durch:

 

In seinem Buch Number Theory. Analytic and modern tools gibt Henri Cohen eine Definition mittels der Hurwitzschen Zeta-Funktion  . Als Begründung hierfür wird eine „einfache Möglichkeit der Verallgemeinerung“ und die „Betonung wichtiger Formeln“ angegeben. Es gilt demnach für komplexe Zahlen   mit positivem Realteil

 

wobei die Ableitung bezüglich der ersten Variablen gebildet ist.

Globale Eigenschaften

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Funktionalgleichung und Meromorphie

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Die Gammafunktion erfüllt in ihrem Definitionsbereich für alle   die Funktionalgleichung

 

Mittels dieser Relation ist eine induktive Fortsetzung (beispielsweise des Eulerschen Integrals) möglich. Es gilt für alle  

 

Nullstellen und Polstellen

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Aus der vorherigen Darstellung kann gefolgert werden, dass   zu einer auf   meromorphen Funktion fortgesetzt werden kann, die Pole an den Stellen   besitzt. Alle Pole sind einfach und besitzen das Residuum

 ,

hierbei ist  . Nullstellen besitzt   keine. Das macht   zu einer ganzen Funktion mit ausschließlich einfachen Nullstellen.

Der Satz von Hölder

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Der Satz von Hölder (Otto Hölder 1886)[10] ist ein Negativresultat und besagt, dass die Gammafunktion keine algebraische Differentialgleichung erfüllt, deren Koeffizienten rationale Funktionen sind. Das heißt, es gibt keine Differentialgleichung der Form   mit einer nichtnegativen ganzen Zahl   und einem Polynom   in  , dessen Koeffizienten rationale Funktionen von   sind, und der Lösung  .[11]

Axiomatische Charakterisierung

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Fortsetzung der Fakultät

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Die Bedingungen   und  , die die Fakultät für natürliche Zahlen eindeutig beschreiben, werden auch von anderen analytischen Funktionen als der Gammafunktion erfüllt. Für positive   erfüllt beispielsweise die Funktion

 

für   die charakteristischen Bedingungen der Gammafunktion. Weierstraß fügte 1854 daher die notwendige und hinreichende Bedingung

 

hinzu,[12][13] womit aber die Suche nach einer möglichst elementaren oder natürlichen charakterisierenden Eigenschaft nicht beendet war.[14] Emil Artin diskutierte 1931 die mögliche Kennzeichnung durch Funktionalgleichungen.[15]

Der Satz von Bohr-Mollerup

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Der Satz von Bohr-Mollerup (Harald Bohr und Johannes Mollerup 1922)[16][17] erlaubt eine einfache Charakterisierung der Gammafunktion:

Eine Funktion   ist in diesem Bereich genau dann gleich der Gammafunktion, wenn gilt:
  1.  
  2.  
  3.   ist logarithmisch konvex, das heißt,   ist eine konvexe Funktion.

Diese Axiome sind bei Nicolas Bourbaki der Ausgangspunkt für die Darstellung der Theorie der Gammafunktion.[18]

Der Satz von Wielandt

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Der Satz von Wielandt über die Gammafunktion (Helmut Wielandt 1939)[19][20] charakterisiert die Gammafunktion als holomorphe Funktion und besagt:

Eine holomorphe Funktion  , definiert auf einem Gebiet  , das den Streifen   enthält, ist genau dann gleich der Gammafunktion auf  , wenn gilt:
  1.  
  2.  
  3.   ist auf dem Streifen   beschränkt, das heißt, es existiert ein  , sodass   für alle   aus  .

Genauer gilt   für alle   mit  .

Weitere Darstellungsformen

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Gaußsche und Weierstraßsche Darstellung

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Neben der Darstellung der Gammafunktion aus der Definition gibt es noch andere äquivalente Darstellungen. Eine direkte Definition von   für alle   gibt die Produktdarstellung der Gammafunktion nach Gauß,[21][4]

 

die für positive reelle Zahlen bereits von Euler 1729 angegeben wurde.[3] Daraus abgeleitet ist die Darstellung von   als Weierstraß-Produkt:[22]

 

mit der Euler-Mascheroni-Konstanten  . Das zweite Produkt wird üblicherweise als Weierstraßsche Darstellung bezeichnet, Karl Weierstraß verwendete jedoch nur das erste.[23]

Eulersche Darstellung

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Die Integraldarstellung aus der Definition geht ebenfalls auf Euler 1729 zurück,[6] sie gilt allgemeiner für komplexe Zahlen mit positivem Realteil:

      wenn      

Durch die Zerlegung dieses Integrals folgerte E. F. Prym 1876[24] eine in ganz   gültige Darstellung:

 

Eine andere Variante der Eulerschen Integraldarstellung[25] gibt es für   mit  :

 

Aus dieser Darstellung lassen sich zum Beispiel auf elegante Weise die Fresnelschen Integralformeln ableiten.

Hankelsche Darstellung

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Der deutsche Mathematiker Hermann Hankel gab folgende Integraldarstellung der Gammafunktion über ein komplexes Kurvenintegral:

 

Dabei verläuft die Kurve   von   kommend knapp unterhalb der reellen Achse, umläuft den Ursprung in einem Halbkreis, um knapp oberhalb der reellen Achse wieder nach   zu laufen.[26]

Darstellung nach Whittaker und Watson

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Für den natürlichen Logarithmus aus der Gammafunktion existieren auch einige Integralrepresentationen für die Gammafunktion. Eine solche Integralrepresentation wurde durch die britischen Mathematiker Edmund Taylor Whittaker und George Neville Watson entdeckt:

 

Diese Formel kann auch mit Hilfe der Abel-Plana-Summenformel hergeleitet werden.

Kummersche Reihen

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Ernst Eduard Kummer gab 1847 die Fourierentwicklung der logarithmischen Gammafunktion an:[27]

      für      

Sie heißt auch Kummersche Reihe. Bereits 1846 fand Carl Johan Malmstén eine ähnliche Reihe:[28][29]

      für      

Harmonische Reihe

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Gegeben ist diese Identität für die harmonische Reihenfunktion:

 

Deswegen ist folgende Integralidentität für den Logarithmus naturalis der Fakultätsfunktion gültig:

 

Aus der gezeigten Formel kann das Element der Mascheroni-Konstante so entfernt werden:

 

Für nähere Herleitungen siehe den Artikel Euler-Mascheroni-Konstante!

Für die Debyeschen Funktionen gilt:

 

Die zuvor genannte Integralidentität für die harmonische Reihenfunktion kann so dargestellt werden:

 
 
 
 
 

Die folgende Formel kann darauf aufgestellt werden:

 

Jedoch ist diese Formel nur für Werte   gültig beziehungsweise konvergent.

Außerdem gilt folgende verallgemeinerte Identität für die Mascheronische Konstante:

 

Die soeben genannte Formel mit der Riemannschen Zetafunktion geht dann durch Darstellung der soeben gezeigten Formel mittels Stammfunktion der geometrischen Reihe und anschließenden Einsatz der Definition der Riemannschen Zetafunktion hervor:

 

Grundlegende Funktionalgleichungen

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Die Gammafunktion genügt der Funktionalgleichung

      mit      

Mit dem Ergänzungssatz der Gammafunktion (Euler 1749)[30][31]

      für      

erhält man   (Folge A002161 in OEIS) sowie

      und           für      

Mit allgemeiner gewähltem   wird aus der letzten Formel die Legendresche Verdopplungsformel (Legendre 1809)[32]

      für      

Diese ist ein Spezialfall der Gaußschen Multiplikationsformel (Gauß 1812)[33]

      für           und      

Gammafunktionswerte an rationalen Argumenten

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Informationen über elliptische Gammafunktionswerte von Brüchen

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Gregory Chudnovsky zeigte 1975, dass jede der Zahlen  ,  ,  ,  ,   und   transzendent und algebraisch unabhängig von   ist. Sie sind nicht elementar darstellbar, können aber über algebraische Kombinationen von vollständigen elliptischen Integralen erster und zweiter Art dargestellt werden. Hingegen ist beispielsweise von dem Funktionswert   (Folge A175380 in OEIS) nicht einmal bekannt, ob er irrational ist. Und bei diesem Wert ist eine Darstellung aus einer algebraischen Kombination von vollständigen elliptischen Integralen erster und zweiter Art und aus algebraischen Vorfaktoren als einzige Komponenten in der betroffenen Darstellung nicht möglich.[34][35] Wenn aber vollständige elliptische Integrale erster Art oder zweiter Art selbst durch eine algebraische Kombination von Gammafunktionswerten rationaler Zahlen dargestellt werden können, dann ist der elliptische Modul von den betroffenen vollständigen elliptischen Integralen komplett immer ein Lambda-Stern-Funktionswert von einer rationalen Zahl. Solche elliptischen Integrale[36] werden im deutschen Sprachraum als Singuläre Elliptische Integralwerte und im englischen Sprachraum als Elliptic Integral Singular Values bezeichnet.

Beweise für den elementaren Wert Gamma(1/2)

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Der erste nun folgende Beweis für Gamma(1/2) wird über das Wallissche Produkt absolviert:

Das Wallissche Produkt lässt sich auf folgende Weise darstellen:

 

Folgender Bruch hat folgenden Grenzwert:

 

Für alle n ∈ ℕ gelten folgende Ausdrücke:

 
 

Folglich gilt diese Formel:

 

Die Formel wird nach Γ(3/2) aufgelöst:

 
 
 

Daraus folgt:

 

Der zweite Beweis für Gamma(1/2) wird über den Satz von Fubini mit der zuvor gezeigten Formel bewerkstelligt:

Der Funktionswert Gamma(1/2) taucht als Integral der Gaußschen Glockenkurve auf:
 

Die oben genannte Formel lautet:

 

Eingesetzt entsteht dann folgendes Resultat:

 
 

Daraus folgt ebenso:  

Die lemniskatischen Werte Gamma(1/4) und Gamma(3/4)

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Mit der lemniskatischen Konstante   gilt diese Formel:

  (Folge A068466 in OEIS).

Und wegen des Ergänzungssatzes und der Legendreschen Identität gilt:

 

Hierbei ist K das vollständige elliptische Integral erster Ordnung:

 

Und E ist das vollständige elliptische Integral zweiter Ordnung:

 

Die äquianharmonischen Werte Gamma(1/3) und Gamma(2/3)

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Die Gammafunktionswerte der Drittel können ebenso mit Hilfe elliptischer Integrale erster und zweiter Ordnung dargestellt werden:

 
 

Kurvendiskussion

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Ableitung und Digammafunktion

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Die Ableitung der Gammafunktion stimmt mit dem Produkt aus Gammafunktion und Digammafunktion überein:

 

Die Digammafunktion erhält man, wenn man die harmonische Reihenfunktion im Koordinatensystem um Eins nach rechts und um die Euler-Mascheroni-Konstante nach unten verschiebt:

 

MacLaurinsche Reihe für den Gamma-Kehrwert

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Die MacLaurinsche Reihe beziehungsweise Taylorsche Reihe für die Gammafunktion und ihren Kehrwert wurde insbesondere durch Leonhard Euler und Lorenzo Mascheroni[37] erforscht. Der Kehrwert der Gammafunktion hat folgenden ersten Ableitungswert und folgenden zweiten Ableitungswert am Koordinatenursprung:

 
 
 

Anders als der Ableitungswert der reziproken Gammafunktion an der Stelle   nimmt der Ableitungswert an der Stelle   einen nicht elementaren Wert an:

 

Auch in den drei zuletzt genannten Formeln wird mit dem Kürzel   die Mascheronische Konstante repräsentiert. Der Graph vom Kehrwert der Gammafunktion nimmt im Intervall von   bis   einen sigmoiden Verlauf an. Die MacLaurinsche Reihe für den Gamma-Kehrwert wurde insbesondere durch Wrench in seinem Werk[38] Concerning Two Series for the Gamma Function aus dem Jahr 1968 akkurat beschrieben. Ebenso erforschten die Mathematiker Bourguet (1883), Davis (1933), Isaacson und Salzer (beide 1943) diese Reihenentwicklung.

Integration

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Stammfunktion der Gammafunktion

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Das Integral der Gammafunktion selbst ist nicht als elementare Kombination von der Gammafunktion und anderen elementaren Funktionen darstellbar. Diese Tatsache wurde vom Mathematiker Otto Hölder gezeigt. Aber folgende Integraldarstellung existiert für die Stammfunktion der Gammafunktion:

 

Als Stammfunktion der von Euler verwendeten Integralformel für die Gammafunktion geht diese Formel hervor. Denn das durch den Punkt P(0|1) verlaufende Integral einer verallgemeinerten Exponentialfunktion bezüglich des Ausdrucks im Exponenten ergibt immer das Produkt dieser Exponentialfunktion dividiert durch den Logarithmus naturalis von der betroffenen konstanten Basis. Beispielsweise gilt:

 

Fransén-Robinson-Konstante

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Das uneigentliche Integral von Null bis Unendlich beim Kehrwert der Gammafunktion nimmt den Wert der Fransén-Robinson-Konstante an:

 

Diese Konstante hat folgende Integralidentität bezüglich der elementaren Funktionen und Werte:

 
 

Mit dem Buchstaben e wird an dieser Stelle die Eulersche Zahl ausgedrückt.

Hyperfakultät und Superfakultät

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Der Logarithmus naturalis aus der Eulerschen Gammafunktion beziehungsweise Gaußschen Pifunktion wird mit der Hyperfakultät integriert:

 
 

Das Kürzel   stellt die Hyperfakultät und das Kürzel   stellt die Superfakultät dar.

Auf folgende Weise ist die Superfakultät für alle reellen Werte   definiert:

 

Und auf diese Weise kann die Hyperfakultät definiert werden:

 

Sukzessiv hierzu kann die Hyperfakultät auch so definiert werden:

 

Für Hyperfakultät und Superfakultät gelten diese Induktionsformeln, die zur sukzessiven Ermittlung der Werte dieser Funktionen für natürlichzahlige Abszissenwerte dienen:

 
 
 
 

Für alle natürlichen Zahlen   gelten somit diese Formeln:

 
 

Für Hyperfakultät und Superfakultät werden im nun Folgenden die ersten Zahlen aufgezählt:

           
           

Zusammenhang mit der Riemannschen ζ-Funktion

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Bernhard Riemann brachte 1859 die Gammafunktion mit der Riemannschen ζ-Funktion über die Formel

 

und die folgende Feststellung in Beziehung:[39] Der Ausdruck   „bleibt ungeändert, wenn   in   verwandelt wird“, also

 

Näherungsweise Berechnung

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Stirlingsche Formel

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Näherungswerte der Gammafunktion für   liefert unter anderem die Stirlingsche Formel, es gilt

      mit      

Rekursive Näherung

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Aus der Funktionalgleichung

 

können aus bekannten Funktionswerten in einem Streifen der Breite 1 in   die Werte in jedem anderen entsprechenden Streifen rekursiv berechnet werden. Mit

 

kann man von einem Streifen auf den benachbarten mit kleinerem Realteil gelangen, und das  -fach.[40] Da es für großes   sehr gute Näherungen für   gibt, kann deren Genauigkeit in Bereiche übertragen werden, in denen direkte Anwendung der betreffenden Näherung nicht anzuraten wäre. Nach Rocktäschel[41] empfiehlt sich, wie schon von Carl Friedrich Gauß bemerkt, die aus der Stirling-Formel abgeleitete asymptotische Entwicklung in  

 .

Diese hat zwar im Nahbereich bei   eine Irregularität, ist aber schon für   brauchbar. Mit dem Korrekturterm   wird ihr Fehler auf die Größenordnung   für unbeschränkt wachsendes   verringert.

Die  -fache Anwendung dieser Näherung führt auf

 

Den komplexen Logarithmus berechnet man über die Polardarstellung von  . Für die meisten Anwendungen, etwa in der Wellenausbreitung,[42] sollte   ausreichen.

Unvollständige Gammafunktion

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In der Literatur wird dieser Begriff, im Hinblick auf Integrationsgrenzen und Normierung (Regularisierung), nicht einheitlich verwendet.

Häufige Notationen sind:

      unvollständige Gammafunktion der oberen Grenze
      unvollständige Gammafunktion der unteren Grenze
      regularisierte (unvollständige) Gammafunktion der oberen Grenze
      regularisierte (unvollständige) Gammafunktion der unteren Grenze

Spricht man von einer regularisierten Gammafunktion, so impliziert dies schon, dass sie unvollständig ist.

      oder      

steht für die verallgemeinerte unvollständige Gammafunktion.

Verallgemeinerung

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Eine Verallgemeinerung ist die multivariate Gammafunktion, die in der Wishart-Verteilung anzutreffen ist.

Siehe auch

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Literatur

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  • Niels Nielsen: Handbuch der Theorie der Gammafunktion. B. G. Teubner, Leipzig 1906 (im Internetarchiv, dito, dito).
  • E. T. Whittaker, G. N. Watson: The Gamma function. Kapitel 12 in A course of modern analysis. Cambridge University Press, 4. Ausgabe 1927; Neuauflage 1996, ISBN 0-521-58807-3, S. 235–264 (englisch; im Internetarchiv).
  • Emil Artin: Einführung in die Theorie der Gammafunktion. B. G. Teubner, Leipzig 1931; The Gamma function. Holt, Rinehart and Winston, New York 1964 (englische Übersetzung von Michael Butler).
  • Friedrich Lösch, Fritz Schoblik: Die Fakultät (Gammafunktion) und verwandte Funktionen. Mit besonderer Berücksichtigung ihrer Anwendungen. B. G. Teubner, Leipzig 1951.
  • Philip J. Davis: Leonhard Euler’s integral: A historical profile of the gamma function. The American Mathematical Monthly 66, 1959, S. 849–869 (englisch; 1963 mit dem Chauvenet-Preis ausgezeichnet; bei MathDL).
  • Konrad Königsberger: Die Gammafunktion. Kapitel 17 in Analysis 1. Springer, Berlin 1990; 6. Auflage 2003, ISBN 3-540-40371-X, S. 351–360.
  • Reinhold Remmert: Die Gammafunktion. Kapitel 2 in Funktionentheorie 2. Springer, Berlin 1991.
    Mit Georg Schumacher: 3. Auflage 2007, ISBN 978-3-540-40432-3, S. 31–73.
  • Eberhard Freitag, Rolf Busam: Die Gammafunktion. Kapitel 4.1 in Funktionentheorie 1. Springer, Berlin 1993; 4. Auflage 2006, ISBN 3-540-31764-3, S. 194–212.
  • Jörg Arndt: Matters Computational, Ideas, Algorithms, Source Code. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-14763-0, S. 610.
  • Hermann Hankel: Die Eulerschen Integrale bei unbeschränkter Variabilität des Arguments. Z. Math. Phys., 9 (1864), S. 1–21.
  • Edmund T. Whittaker, George Neville Watson: A Course in Modern Analysis, 4th ed. Cambridge University Press, Cambridge (England) 1990.
  • Matthias Hirschmanner, Doktor Stefan Krause: Die Gammafunktion. Institut für Analysis und Scientific Computing der Technischen Universität Wien, 2014.
  • L. Bourguet: Sur les intégrales Eulériennes et quelques autres fonctions uniformes. Acta Math. 2, S. 261–295, 1883.
  • H. T. Davis: Tables of the Higher Mathematical Functions. In: Principia Press, Bloomington 1933.
  • E. Isaacson, H. E. Salzer: Mathematical Tables – Errata: 19. J. P. L. Bourget, ‘Sur les intégrales Eulériennes et quelques autres fonctions uniformes’. Acta Mathematica, v. 2, 1883, S. 261–295. Math. Tab. Aids Comput. 1, 124, 1943.
  • J. W. Jr. Wrench: Concerning Two Series for the Gamma Function. Math. Comput. 22, 617–626, 1968.
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Einzelnachweise

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  1. Brief (JPG-Datei, 136 kB) von Daniel Bernoulli an Christian Goldbach vom 6. Oktober 1729, abgedruckt in Paul Heinrich Fuss (Hrsg.): Correspondance mathématique et physique de quelques célèbres géomètres du XVIIIème siècle. (Band 2), St.-Pétersbourg 1843, S. 324–325 (französisch).
  2. Peter Luschny: Interpolating the natural factorial n! or The birth of the real factorial function (1729–1826). (englisch).
  3. a b Brief (PDF-Datei, 118 kB) von Leonhard Euler an Christian Goldbach vom 13. Oktober 1729, abgedruckt in Paul Heinrich Fuss (Hrsg.): Correspondance mathématique et physique de quelques célèbres géomètres du XVIIIème siècle. (Band 1), St.-Pétersbourg 1843, S. 3–7 (lateinisch).
  4. a b Carl Friedrich Gauß: Disquisitiones generales circa seriem infinitam 1+… Pars I. (30. Januar 1812), Commentationes Societatis Regiae Scientiarum Gottingensis recentiores 2 (classis mathematicae), 1813, S. 26 (lateinisch; auch in Gauß: Werke. Band 3. S. 145).
  5. Brief (PDF-Datei, 211 kB) von Leonhard Euler an Christian Goldbach vom 8. Januar 1730, abgedruckt in Paul Heinrich Fuss (Hrsg.): Correspondance mathématique et physique de quelques célèbres géomètres du XVIIIème siècle. Band 1, St.-Pétersbourg 1843, S. 11–18 (lateinisch).
  6. a b Leonhard Euler: De progressionibus transcendentibus, seu quarum termini generales algebraice dari nequeunt. (28. November 1729), Commentarii academiae scientiarum imperialis Petropolitanae 5, 1738, S. 36–57 (lateinisch).
  7. Leonhard Euler: De evolutione integralium per producta infinita. (PDF-Datei, 1,2 MB), Kapitel 9 in Teil 1 des ersten Bandes von Euler: Institutionum calculi integralis. 1768, S. 225–250 (lateinisch).
  8. Adrien-Marie Legendre: Recherches sur diverses sortes d’intégrales définies. (13. November 1809), Mémoires de la classe des sciences mathématiques et physiques de l’Institut de France 10, 1809, S. 477 (französisch).
  9. Adrien-Marie Legendre: Traité des fonctions elliptiques et des intégrales Eulériennes. (Band 2), Huzard-Courcier, Paris 1826, S. 365 (französisch).
  10. O. Hölder: Ueber die Eigenschaft der Gammafunction keiner algebraischen Differentialgleichung zu genügen. 26. Juni 1886, Mathematische Annalen 28, 1887, S. 1–13.
  11. Steven B. Bank, Robert P. Kaufman: A note on Hölder’s theorem concerning the Gamma function. Mathematische Annalen 232, 1978, S. 115–120 (englisch).
  12. Karl Weierstraß: Über die Theorie der analytischen Facultäten. (20. Mai 1854), Journal für die reine und angewandte Mathematik 51, 1856, S. 36.
  13. Nielsen: Handbuch der Theorie der Gammafunktion. 1906, S. 3.
  14. Davis: Leonhard Euler’s integral: A historical profile of the gamma function. 1959, S. 867.
  15. Artin: Einführung in die Theorie der Gammafunktion. 1931, S. 31–35.
  16. Harald Bohr, Johannes Mollerup: Lærebog i matematisk Analyse III. (Lehrbuch der mathematischen Analysis III), Jul. Gjellerups Forlag, København (Kopenhagen) 1922 (dänisch).
  17. Artin: Einführung in die Theorie der Gammafunktion. 1931, S. 12–13.
  18. N. Bourbaki: Éléments de mathématique IV. Fonctions d’une variable réelle. Hermann, Paris 1951 (französisch).
  19. Konrad Knopp: Funktionentheorie II. (5. Auflage), de Gruyter, Berlin 1941, S. 47–49.
  20. Reinhold Remmert: Wielandt’s theorem about the Γ-function. The American Mathematical Monthly 103, 1996, S. 214–220 (englisch).
  21. Brief von Carl Friedrich Gauß an Friedrich Wilhelm Bessel vom 21. November 1811, abgedruckt in Arthur Auwers (Hrsg.): Briefwechsel zwischen Gauss und Bessel, Wilhelm Engelmann, Leipzig 1880, S. 151–155 (Auszug in Gauß: Werke. Band 10.1. S. 362–365).
  22. O. Schlömilch: Einiges über die Eulerischen Integrale der zweiten Art. Archiv der Mathematik und Physik 4, 1844, S. 171.
  23. Remmert: Die Gammafunktion. Kapitel 2 in Funktionentheorie 2. 2007, S. 39.
  24. E. Freitag, R. Busam: Funktionentheorie 1. Springer-Verlag, ISBN 3-540-31764-3, Seite 225.
  25. Siehe Remmert: Funktionentheorie 2. Kapitel 2, S. 51.
  26. Gerald Tenenbaum: Introduction to Analytic and Probabilistic Number Theory, Graduate Studies in Mathematics, American Mathematical Society, Third Edition, S. 179.
  27. E. E. Kummer: Beitrag zur Theorie der Function  . Journal für die reine und angewandte Mathematik 35, 1847, S. 4.
  28. C. J. Malmstén: De integralibus quibusdam definitis, seriebusque infinitis. (1. Mai 1846), Journal für die reine und angewandte Mathematik 38, 1849, S. 25 (lateinisch).
  29. Ia. V. Blagouchine: Rediscovery of Malmsten’s integrals, their evaluation by contour integration methods and some related results. 2014, Ramanujan J., 35(1), 21–110, doi:10.1007/s11139-013-9528-5. Erratum-Addendum doi:10.1007/s11139-015-9763-z
  30. L. Euler: Remarques sur un beau rapport entre les séries des puissances tant directes que réciproques. (1749), Histoire de l’Académie Royale des Sciences et Belles-Lettres 17 (1761), 1768, S. 96/97 (französisch).
  31. L. Euler: Evolutio formulae integralis   integratione a valore x=0 ad x=1 extensa. 4. Juli 1771, Novi commentarii academiae scientiarum imperialis Petropolitanae 16, 1772, S. 121 (lateinisch).
  32. Adrien-Marie Legendre: Recherches sur diverses sortes d’intégrales définies. (13. November 1809), Mémoires de la classe des sciences mathématiques et physiques de l’Institut de France 10, 1809, S. 485 (französisch).
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