Fabian Wolff
Fabian Wolff (geboren 1989 in Ost-Berlin) ist ein deutscher Journalist und Publizist. Er wurde 2023 als Hochstapler in der sogenannten „Kostümjuden“-Debatte bekannt, nachdem er öffentlich gemacht hatte, dass seine jahrelang behauptete Zugehörigkeit zum Judentum angeblich auf falschen Aussagen seiner Mutter basierte.
Leben
BearbeitenFabian Wolff wurde einen Monat vor dem Mauerfall in der DDR geboren und wuchs in Berlin-Pankow auf. Er studierte Anglistik und Germanistik auf Lehramt[1] an der Humboldt-Universität zu Berlin[2] und arbeitet als Lehrer in Berlin.[3] Bis zum Jahr 2023 verbreitete er in den Medien, mütterlicherseits von jüdischen Vorfahren abzustammen, und erzielte dadurch bei seiner journalistischen Arbeit besondere Aufmerksamkeit.
Wolff schrieb freiberuflich für zahlreiche Medien, darunter die Feuilletons von Die Welt, Der Spiegel, Der Tagesspiegel, Süddeutsche Zeitung und Die Zeit sowie die Berliner Gazette. Er produzierte Beiträge bei Deutschlandfunk Kultur zu aktuellen Themen des Literatur-, Musik- und Filmgeschehens. Wolff schrieb unter anderem zu jüdischer Identität in Deutschland[4] und zum Nahost-Konflikt. Von der Jüdischen Allgemeinen, für die er jahrelang als freier Autor tätig war, trennte er sich, nachdem die Redaktion einen Artikel von Ahmad Mansour über Judenhass in der deutschen muslimischen Gemeinde veröffentlicht hatte.[3]
„Kostümjuden“-Debatte
BearbeitenNachdem Wolff im Juli 2023 auf Zeit Online öffentlich gemacht hatte, nicht von Juden abzustammen, löste ein Artikel von Philipp Peyman Engel in der Jüdischen Allgemeinen die sogenannte „Kostümjuden“-Debatte aus.[3][5] Die linke israelkritische Haltung und Unterstützung der israelfeindlichen Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) sowie der Initiative GG 5.3 Weltoffenheit, die Wolff als vermeintlicher Jude vertreten hatte, lösten eine Debatte über linke Israelkritik aus.[6][7]
Im Mai 2021 hatte Wolff einen Zeit-Essay namens „Ich bin Jude in Deutschland“ veröffentlicht.[8] Seit September 2021 kursierte unter Berliner Journalisten ein Papier, in dem behauptet wurde, dass Wolffs Zugehörigkeit zum Judentum frei erfunden sei.[3] Wolffs ehemalige, mittlerweile verstorbene Lebensgefährtin hatte laut Mirna Funk darüber Informationen gesammelt.[9] Im Juli 2023 gab Wolff in einem langen Artikel bei Zeit Online bekannt, dass er seine Familiengeschichte mütterlicherseits erforscht habe und seine Urgroßmutter evangelisch getauft worden sei.[10] Mirna Funk bezeichnete Wolff in der FAZ als Hochstapler.[9] Die Süddeutsche Zeitung depublizierte daraufhin seine Beiträge.[11] Die Jüdische Allgemeine, für die Wolff von 2010 bis 2015 als freier Autor tätig gewesen war, beschloss, wie auch Zeit Online, die Texte online zu belassen.[11]
Am 1. August 2023 berichtete Zeit Online, Wolffs Essay einem Faktencheck unterzogen zu haben. Dabei seien Indizien entdeckt worden, welche die Darstellungen von Wolff stützen, seine mittlerweile verstorbene Mutter habe ihn im Glauben einer jüdischen Identität aufgezogen. Sowohl E-Mail-Konversationen als auch Personen aus dem engsten Umfeld der Mutter werden hierbei genannt. „Wir müssen weiterhin davon ausgehen, dass Fabian Wolffs Mutter ihm tatsächlich erklärt hat, er habe eine jüdische Ururgroßmutter, somit auch eine jüdische Urgroßmutter und Großmutter – und der Autor dies nicht erfunden hat“, so der Beitrag im „Transparenz-Blog“ von Zeit Online. Zweifel gebe es jedoch an dem behaupteten Zeitpunkt, an dem Wolff Zweifel an seiner jüdischen Herkunft entwickelt hätte.[12] Die Redaktion der Zeit wurde dafür kritisiert, den seit 2021 kursierenden Hinweisen nicht früher nachgegangen zu sein.[13][14][15] Der Antisemitismusbeauftragte des Bundes, Felix Klein, verurteilte, dass Wolff eine Betroffenenperspektive erfunden habe.[16] Michael Wolffsohn kommentierte in der NZZ: „Nichts ist unter Linken beliebter als ein Jude, an den sie den eigenen Antisemitismus delegieren können. Fabian Wolff tat ihnen den Gefallen, obwohl er, wie er jetzt weiss, nicht jüdisch ist.“[17]
Auszeichnungen
Bearbeiten- 2015: Der Goldene Maulwurf vom Online-Magazin Der Umblätterer
Schriften (Auswahl)
Bearbeiten- Tony Judt und die Folgen. In: Susan Neiman, Michael Wildt (Hrsg.): Historiker streiten. Gewalt und Holocaust – die Debatte. Der neue Streit über die Wurzeln des Holocaust und die Gewalt im 20. Jahrhundert. Propyläen, Berlin 2022, S. 269–280, ISBN 978-3-549-10050-9.
- Fabian Wolff, Autorenprofil und Verzeichnis der Beiträge bei Zeit Online.
Literatur
Bearbeiten- Lea Wohl von Haselberg: Es ist wie ein Wechselfieber: Ein Gespräch mit Micha Brumlik und Fabian Wolff über den Roman „Stella“ und andere erinnerungskulturelle Debatten. In: Jalta: Positionen zur jüdischen Gegenwart. Berlin, 6 (2019), Heft 2: Ver|un|einigung, S. 131–140.
- Lea Wohl von Haselberg: Hybride jüdische Identitäten. Gemischte Familien und patrilineare Juden (Konferenzschrift). Neofelis Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-943414-52-3, S. 10.
- Philipp Peyman Engel: Der Kostümjude. In: Jüdische Allgemeine, 18. Juli 2023.
- Erica Zingher: Falscher Jude: Ein identitätspolitischer Täuscher. taz, 20. Juli 2023.
Weblinks
Bearbeiten- Presseschau-Absätze: Fabian Wolff bei Perlentaucher
- Fabian Wolff: Refusing the Extended Hand, newfascismsyllabus.com, 11. Juni 2021
- Anne Françoise Weber: Debatte um Fabian Wolff. Nicht mehr jüdisch , bei Deutschlandfunk Kultur, 21. Juli 2023
- Ralf Balke: »Fake Jews bedienen eine Marktlücke«. Die Judaistin und Historikerin Barbara Steiner über »Kostümjuden«, ihre Motive und den Fall Fabian Wolff, bei Jüdische Allgemeine, 28. Juli 2023 (abgerufen am 29. Juli 2023)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Andrea Hanna Hünniger: "Als Jude vom Dienst kam ich aus der Nummer nicht mehr raus". In: krautreporter.de. 2. April 2015, abgerufen am 6. August 2023.
- ↑ Fabian Wolff, Autor bei BG · berlinergazette.de · 1999-2023. In: berlinergazette.de. 1. August 2010, abgerufen am 6. August 2023 (amerikanisches Englisch).
- ↑ a b c d Philipp Peyman Engel: Der Kostümjude. In: Jüdische Allgemeine, 18. Juli 2023.
- ↑ Fabian Wolff: Warum der Begriff »Halbjude« auf den Index gehört. In: Jüdische Allgemeine, 14. Juni 2011.
- ↑ Judentum: Worum geht es in der Debatte über den »Kostümjuden«? In: Der Spiegel. 22. Juli 2023, abgerufen am 29. Juli 2023.
- ↑ Andreas Scheiner: Kommentar: Der Israel-Knacks der Linken. In: nzz.ch. 25. August 2023, abgerufen am 29. November 2023.
- ↑ Andrej Reisin: Deborah Feldman fühlt sich gecancelt, dabei ist sie genau die jüdische Stimme, die deutsche Medien lieben. In: uebermedien.de. 17. November 2023, abgerufen am 18. November 2023 (deutsch).
- ↑ Fabian Wolff: Nur in Deutschland. Die Zeit, 2. Mai 2021.
- ↑ a b Mirna Funk: Fabian Wolff: Der Publizist, der sich als Jude ausgab. In: FAZ.NET. 31. Juli 2023, abgerufen am 31. Juli 2023.
- ↑ Fabian Wolff: Mein Leben als Sohn. Zeit online, Juli 2023, Abschnitt 6.
- ↑ a b Süddeutsche Zeitung löscht Beiträge von Fabian Wolff. In: juedische-allgemeine.de. 28. Juli 2023, abgerufen am 29. Juli 2023.
- ↑ Chefredaktion ZEIT ONLINE: Faktencheck: Beitrag des freien Autors Fabian Wolff. In: blog.zeit.de. 1. August 2023, abgerufen am 1. August 2023 (deutsch).
- ↑ Elisa von Hof, Anton Rainer, Felix Dachsel, Arno Frank, Xaver von Cranach: (S+) Fabian Wolff und die »Zeit«: Hätte man es ahnen können? In: Der Spiegel, 32/2023. 4. August 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 7. August 2023]).
- ↑ Carolina Schwarz: Medien-Affäre Fabian Wolff: Fundiert spekuliert. In: taz.de. 5. August 2023, abgerufen am 7. August 2023.
- ↑ Claudius Seidl: Fabian Wolff, der sich fälschlich als Jude ausgab, verwirrt die „Zeit“. In: FAZ.NET. 2. August 2023, abgerufen am 8. August 2023.
- ↑ Fall Fabian Wolff: Antisemitismusbeauftragter kritisiert Autor. In: spiegel.de. 5. August 2023, abgerufen am 15. August 2023.
- ↑ Michael Wolffsohn: Der Journalist Fabian Wolff glaubte lange, ein Jude zu sein, und machte sich als jüdischer Israel-Kritiker im linken Milieu beliebt. Nun bekennt er sich zu seinem Irrtum. In: nzz.ch. 18. Juli 2023, abgerufen am 29. November 2023.
Personendaten | |
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NAME | Wolff, Fabian |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Feuilletonist |
GEBURTSDATUM | 1989 |
GEBURTSORT | Ost-Berlin |