Die Ferrovie Calabro Lucane (FCL) waren eine Eisenbahngesellschaft in den vier süditalienischen Regionen Kampanien, Basilikata, Apulien und Kalabrien. Sie bestanden von 1964 bis 1990 und betrieben Schmalspurbahnen mit 950 mm Spurweite und Buslinien.

Logo der FCL

Geschichte

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Im Jahr 1910 erhielt die Mediterranea-Calabro-Lucane (MCL) eine Konzession für den Bau eines Nebenbahnnetzes in Süditalien mit 950 mm Spurweite. Die MCL, damals noch mit ihren ursprünglichen Namen Rete Mediterranea, hatte nach der Verstaatlichung 1905 ihr Normalspurnetz verloren, dafür aber große Geldsummen erhalten. Das ursprüngliche ehrgeizige Projekt wollte die Provinzen Salerno, Potenza, Matera, Bari, Cosenza, Catanzaro und Reggio Calabria verbinden. Am 9. August 1915 konnte als erstes Teilstück die Strecke BariMatera den Verkehr übergeben werden. Der Erste Weltkrieg verzögerte die Bauarbeiten. 1926 wurde das Netz auf die bereits begonnenen Strecken reduziert und 1934 die Bauarbeiten gänzlich eingestellt. Vom zerstückelten Netz waren 765 Kilometer in Betrieb. Die MCL vernachlässigte Modernisierungen und Unterhalt, was auch der Grund für den schweren Unfall auf dem Fiumarella-Viadukt am 23. Dezember 1961 war, bei dem 71 Menschen ihr Leben verloren.

Nach dem Unfall wurde die Konzession der MCL widerrufen und per 1. Januar 1964 an die Ferrovie Calabro Lucane (FCL) vergeben. Die FCL standen unter der Leitung eines Regierungskommissärs. Die Hauptverwaltung befand sich in Rom, die Finanzabteilung in Bari und Catanzaro. Die rasante Entwicklung des Straßenverkehrs führte in den 1960er-Jahren zu einem starken Verkehrseinbruch der veralteten Schmalspurbahnen. Im Jahr 1969 wurde entschieden, die Infrastruktur der FCL den Verkehrsbedürfnissen der Bevölkerung anzupassen. Bahnstrecken mit geringer Nachfrage wurden eingestellt und durch Buslinien ersetzt. Dazu beschafften die FCL mehrere hundert Busse.

 
Klassisches Scheibensignal der FCL in San Nicola-Silvana Mansio auf der Strecke Pedace–San Giovanni in Fiore

Mit einem Dekret wurden am 2. Oktober 1990 die FCL in zwei Unternehmen aufgeteilt. Die Ferrovie della Calabria (FC) nahmen 1991 den Bahn- und Busverkehr in der Region Kalabrien auf und die Ferrovie Appulo Lucane (FAL) übernahmen den öffentlichen Verkehr in den Regionen Basilikata und Apulien.

Die durch Gebirgsgegenden führenden Schmalspurstrecken der FCL erlaubten mit ihren engen Kurven und Steigungen bis zu 60 Promille nur geringe Geschwindigkeiten, die im Durchschnitt etwa 30 km/h betrugen. Streckenabschnitte mit 100 Promille Steigung wurden mit Zahnstange überwunden. Die Sicherung der Zugfahrten erfolgte zunächst telegraphisch oder telefonisch. Die für die FCL typischen Scheibensignale wurden von den Station aus über Stellwerke der Bauarten Jüdel und AEG des italienischen Lizenznehmers Officine Meccaniche Servettaz bedient. Erst in den späten 1980er-Jahren kamen auf den Hauptstrecken die ersten Drucktastenstellwerke zum Einsatz.

Strecken der FCL

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Streckennetz der FCL
Strecke Länge Betriebseröffnung Einstellung
Bari–Matera–Montalbano Jonico 141,165 km
   BariMatera 75,800 km 9. August 1915
   Matera–Miglionico 27,708 km 24. Mai 1928 1972
   Miglionico–Montalbano Jonico 37,656 km 29. Oktober 1932
Altamura–Avigliano Lucania 85,291 km
   AcerenzaAvigliano Lucania 19,188 km 26. Mai 1930
   Altamura–Acerenza 66,103 km 21. April 1934
Avigliano Città–Potenza–Laurenzana 64,778 km
   Potenza Inferiore Scalo–Pignola 12,130 km 23. Januar 1919 1980
   Avigliano Città–Avigliano Lucania 7,716 km 26. Mai 1930
   Pignola–Laurenzana 30,370 km 4. November 1931 1969
   Potenza Città–Potenza Inferiore Scalo 3,083 km 1. Juli 1933
   Potenza Città–Avigliano Lucania 11,477 km 28. Oktober 1933
AhtenaMarsico Nuovo 26,764 km 28. Oktober 1931 1966
Lagonegro–Spezzano Albanese abschnittweise mit Zahnstange 104.745 km
   Spezzano AlbaneseCastrovillari 25,254 km 15. September 1915 1978
   LagonegroLaino Borgo 39,857 km 30. Oktober 1929
   Castrovillari–Morano Calabro 3,377 km 23. Juni 1930
   Laino Borgo–Morano Calabro 32,255 km 1. Juli 1931
Cosenza–Pedace–Catanzaro 109,824 km
   CosenzaPedaceRogliano 23,240 km 9. Oktober 1916
   Rogliano–Soveria Mannelli 35,484 km 11. Oktober 1922
   Soveria Mannelli–Decollatura 6,338 km 30. März 1924
   Catanzaro Città–Catanzaro Lido
       ein Abschnitt mit Zahnstange
11,121 km 10. Juli 1933
   Decollatura–Catanzaro Città 33,639 km 18. Juni 1934
Pedace–San Giovanni in Fiore 67,084 km
   Pedace–Spezzano della Sila 10,460 km 11. Oktober 1922 2010
   Spezzano della Sila–San Pietro in Guarano 11,352 km 2008
   San Pietro in Guarano–Camigliatello Silano 17,582 km 10. August 1931
   Camigliatello Silano–San Giovanni in Fiore 27,690 km 6. Mai 1956 1997
Crotone–Petilia Policastro 41,841 km
   Crotone Centro–Bivio Porto–Petilia Policastro 40,666 km 16. Juni 1930 1972
   Bivio Porto–Crotone Porto 1,175 km 2. August 1930
Vibo Valentia–Mileto 27,881 km
   Vibo Valentia Marina–Vibo Valentia Città 14,887 km 2. Juli 1917 1966
   Vibo Valentia Città–Mileto 12,993 km 4. Oktober 1923
Soverato–Chiaravalle Centrale 22,950 km 15. Dezember 1923 1969
Gioia Tauro–Cinquefrondi 31,737 km
   Gioia TauroCittanova 21,219 km 1. Juni 1924 2011
   Cittanova–Cinquefrondi 10,518 km 28. März 1929
Gioia Tauro–Palmi–Sinopoli 26,280 km
   Gioia Tauro–Palmi 12,975 km 18. Januar 1917 2011
   Palmi–Seminara 1994
   Seminara–Sinopoli 13,307 km 21. April 1928
Marina di Giojosa–Mammola 14,514 km 1. August 1931 1968
Total 737,173 km

Triebfahrzeuge

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Die Ferrovie Calabro Lucane (FCL) übernahmen von ihrer Vorgängerin MCL die Schienenbusse M1c „Emmina“ mit Zahnradantrieb und die Dieseltriebwagen M2.120 für den Personenverkehr. Zudem standen u. a. die Dampflokomotiven der Reihe 400 für Adhäsionsbetrieb und die Reihe 500 mit Adhäsions- und Zahnradantrieb zur Verfügung.

Zur Modernisierung des Rollmaterials beschafften die FCL die folgenden Baureihen:

Literatur

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Commons: Ferrovie Calabro Lucane – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien