Franz Willuhn

deutscher Verwaltungsjurist und Ministerialbeamter

Franz Friedrich Willuhn (* 24. Oktober 1885 in Triaken, Kr. Insterburg; † 17. Februar 1979 in Milspe) war ein deutscher Verwaltungsjurist und Ministerialbeamter.

Franz Willuhn als Masure

Herkunft

Bearbeiten

Willuhn stammte aus einer altpreußischen Familie (Welune) in Galinden. Am Nordrand des Mauersees war ein Vorfahre als Reik, d. h. Häuptling der dortigen Prūsai, ansässig. Dessen Sohn wurde 1239 in der Ordensburg Balga getauft. Die mütterlichen Vorfahren waren Bojaren in Litauen. Willuhns Urgroßvater flüchtete nach Ostpreußen und erwarb ein Gut bei Angerburg. Hier und im Kreis Insterburg lebten die folgenden Generationen.

Nach dem Besuch der Schulen in Triaken und Angerburg machte Willuhn zunächst eine kaufmännische Lehre, wechselte aber auf das Gymnasium in Insterburg. Nach dem Abitur studierte er Rechtswissenschaft an der Albertus-Universität Königsberg. Später ließ er sich an der Friedrichs-Universität Halle, an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und am Institut für Seeverkehr und Weltwirtschaft in Kiel auch auf Volkswirtschaft ein. Nach dem Referendarexamen am Oberlandesgericht Naumburg promovierte er 1913 an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald zum Dr. iur.[1] Willuhn war Mitglied des Corps Masovia (1908) und des Corps Palaiomarchia (1960).[2][3]

Erster Weltkrieg

Bearbeiten

Seine Dienstzeit als Einjährig-Freiwilliger bei dem in Königsberg garnisonierten preußischen Grenadier-Regiment Nr. 1 „Kronprinz“ beendete er 1913 als Leutnant der Reserve. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs nahm er im August 1914 mit seinem Regiment an der Schlacht von Tannenberg teil und wurde Anfang September 1914 schwer verwundet.[4] Danach tat er Etappendienst in Königsberg und Saarbrücken. 1917 kam er zum Großen Generalstab und 1918 zum Militärbevollmächtigten Balkan. Kurz vor Kriegsende wurde er von Sofia nach Metz versetzt. Schließlich hatte er ein Kommando beim Rücktransport der Heeresgruppe Herzog Albrecht aus Frankreich. Er erhielt hohe ausländische Auszeichnungen. „Besonders gern trug er den höchsten Orden des Königreichs Bulgarien“.[5]

Weimarer Republik

Bearbeiten

Nach dem Zweiten Examen in Berlin war er Assessor bei verschiedenen Staatsanwaltschaften. 1921 wurde er als Regierungsrat in die Industrie- und Handelspolitische Abteilung des Reichswirtschaftsministeriums eingestellt. Im selben Jahr heiratete er Charlotte Wirth († 1973), die Tochter eines Fabrikbesitzers im westfälischen Milspe. Seit 1931 Oberregierungsrat, war er mehrfach Ministerialadjutant und Delegationsmitglied bei Handelsverträgen mit Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien. Mit Sonderaufträgen nahm er oft an Sitzungen des Völkerbundes in Genf und Paris teil.

Nationalsozialismus

Bearbeiten

1933 kam Willuhn als Ministerialrat in die Reichskanzlei. An der Trauerfeier für Paul von Hindenburg im Tannenberg-Denkmal am 7. August 1934 nahm er als offizieller Gast teil. Als 1935 die Gleichschaltung der Studentenverbindungen abgeschlossen werden sollte, unterstützte Willuhn den Staatssekretär Hans Heinrich Lammers bei seinen gescheiterten Bemühungen, den Fortbestand der Verbindungen in Form einer nationalsozialistischen Gesamtorganisation zu sichern. 1937 trat er in die NSDAP ein[6] und wurde im selben Jahr zum Reichskabinettsrat ernannt, zuständig für die Bereiche Wirtschaft und Verkehr. Er und Johannes Popitz bewahrten seinen Corpsbruder Rolf Grabower vor der Deportation in ein Vernichtungslager.

Am 21. April 1945 erhielt Willuhn die Abordnung zu Großadmiral Karl Dönitz nach Plön. Da er die Flucht der Regierung Dönitz in den Sonderbereich Mürwik nicht mitmachte, entging er der dortigen Verhaftung. 1948 war er über längere Zeit als Zeuge bei den Nürnberger Prozessen geladen.[7]

Das Familienarchiv in Willuhns Haus in Schlachtensee wurde vom Kommandanten des Amerikanischen Sektors von Berlin vereinnahmt.

Neuanfang

Bearbeiten

Seit dem Spätsommer 1945 arbeitete Willuhn in der Milsper Gustav Wirth OHG, Hammerwerk, Walzwerk und Gesenkschmiede. Sie hatte zwei Tochtergesellschaften, die Ostdeutsche Maschinenfabrik Rud. Wermke AG in Heiligenbeil, bei der Willuhn im Aufsichtsrat saß, sie wurde 1945 zerstört. Die andere Tochtergesellschaft ist die heutige INDAG Maschinenbau GmbH in Borsfleth bei Glückstadt. Als die Milsper Fabrik 1956 wegen Absatzmangels einging, besorgte Willuhn die Abwicklung.

Willuhn starb im diabetischen Koma, ohne von seiner Erkrankung zu wissen. Er hinterließ zwei Söhne, die am Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatten. Der eine war Hüttendirektor bei Klöckner in Bremen. Der andere ist Jurist und Inhaber der INDAG Maschinenbau Borsfleth.

Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Dissertation: Die Haftung für die Kosten einer ohne den Willen des elterlichen Gewalthabers geschehenen ärztlichen Behandlung eines Minderjährigen nach dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuches.
  2. Kösener Corpslisten 1960, 87/974
  3. Verzeichnis sämtlicher Mitglieder des Corps Masovia 1823 bis 2005. Potsdam 2006
  4. Deutsche Verlustlisten des Ersten Weltkrieges: Ausgabe 102 vom 14. Oktober 1914 (Preußen 50), S. 1230 (10. Kompagnie, Leutnant der Reserve Franz Willuhn – schwer verwundet).
  5. Auskunft von Dietrich Willuhn, 2011.
  6. Dieter Rebentisch: Hitlers Reichskanzlei zwischen Politik und Verwaltung. In: Dieter Rebentisch und Karl Teppe (Hrsg.): Verwaltung contra Menschenführung im Staat Hitlers: Studien zum politisch-administrativen System. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1986, S. 78.
  7. H.-H. Müller-Dieckert: Nachruf auf Franz Willuhn. Corpszeitung der Altmärker-Masuren 64, S. 1659 f.