Georg Gothein
Georg Gothein (* 15. August 1857 in Neumarkt in Schlesien; † 22. März 1940 in Berlin) war ein deutscher Politiker (FrVg, FVP, DDP).
Leben
BearbeitenGeorg Gothein, der jüdischer Herkunft und evangelischen Glaubens war, besuchte das Realgymnasium am Zwinger in Breslau. Von 1877 bis 1884 studierte er Geschichtswissenschaft an der Universität Breslau sowie Hüttenwesen an der Bergakademie Berlin. Nach Tätigkeiten als Bergreferent und Bergassessor war er von 1885 bis 1887 Generalsekretär des Oberschlesischen Berg- und hüttenmännischen Vereins. 1888 wurde er zum Dr.-Ing. promoviert. Anschließend war er bis 1892 Leiter des Bergrevierbezirks Waldenburg und Tarnowitz, wobei er 1891 zum königlichen Bergrat befördert wurde. Von 1893 bis 1901 war er 1. Syndikus der Handelskammer Breslau und Vorsitzender des Schlesischen Provinzialvereins für Binnenschiffahrt. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete Gothein als Autor für das Berliner Tageblatt und die Neue Freie Presse. 1921 wurde er Vorsitzender des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus. Mitte der 1920er Jahre war er Präsident der Deutschen Gruppe der Mitteleuropäischen Wirtschaftstagung. Als der Verein 1928 von Tilo von Wilmowsky in den Mitteleuropäischen Wirtschaftstag überführt werden sollte, verzichtete er auf das Ehrenpräsidium, weil er nicht einem Verein angehören wollte, der den Nazis ausgeliefert wurde.[1]
Gothein war seit 1886 verheiratet und hatte drei Töchter. Sein vier Jahre älterer Bruder Eberhard Gothein war Historiker und Nationalökonom; er war von 1919 bis 1921 Abgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei im Landtag der Republik Baden.
Georg Gotheins Grabstätte befindet sich auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf.
Partei
BearbeitenGothein gehörte zunächst der Freisinnigen Vereinigung an, die sich 1910 mit anderen linksliberalen Gruppierungen zur Fortschrittlichen Volkspartei zusammenschloss. 1918 gehörte er zu den Mitbegründern der DDP.
Gothein vertrat eine konsequent liberaldemokratische Politik und wendete sich engagiert gegen Militarismus und Antisemitismus.
Abgeordneter
BearbeitenVon 1889 bis 1892 war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Waldenburg. Nach seinem Umzug nach Breslau wurde er 1894 dort in die Stadtverordnetenversammlung gewählt (bis 1902).
Von 1893 bis 1903 war er Landtagsabgeordneter in Preußen. Dem Provinziallandtag von Oberschlesien gehörte er von 1902 bis 1909 an. Bei einer Nachwahl wurde er 1901 für den Wahlkreis Greifswald in den Reichstag des Kaiserreiches gewählt. Er konnte dieses Mandat bis 1918 stets erneut erringen. Im Reichstag kämpfte er gegen die Flottenpolitik des Kaisers, die er für friedensgefährdend hielt[2]. 1919/20 gehörte er der Weimarer Nationalversammlung an. Anschließend war er bis 1924 erneut Reichstagsabgeordneter.
Öffentliche Ämter
BearbeitenVom 13. Februar bis zum 20. Juni 1919 war Gothein Reichsschatzminister im Kabinett Scheidemann.
Veröffentlichungen
Bearbeiten- Die Oberschlesische Montanindustrie. Selbstverlag, Waldenburg 1887.
- Die Wirkung der Handelsverträge. Simion, Berlin 1895.
- Der deutsche Außenhandel. Materialien und Betrachtungen. Siemenroth, Berlin 1901.
- Die Wirkungen des Schutzzollsystems in Deutschland. Simion, Berlin 1909; urn:nbn:de:s2w-11553.
- Agrarpolitisches Handbuch. Liebheit & Thiesen, Berlin 1910.
- Die wirtschaftlichen Aussichten nach dem Kriege. Liebheit & Thiesen, Berlin 1915.
- Die Kriegslasten und ihre Deckung. Liebheit & Thiesen, Berlin 1916; urn:nbn:de:s2w-11546.
- Das selbständige Polen als Nationalitätenstaat. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1917.
- Warum verloren wir den Krieg? Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1919.
- Der große Irrtum der deutschen Lohnpolitik. Elsner, Berlin 1929; urn:nbn:de:s2w-11693.
- Die klaffende Preisschere als Ursache der Weltwirtschaftskrise. Rothschild, Berlin 1930.
- Japans Expansionsdrang. Die wirtschaftliche, soziale und politische Weltgefahr. Rascher, Zürich 1936.
Literatur
Bearbeiten- Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung, 1933–1945. Eine biographische Dokumentation. 3., erheblich erweiterte und überarbeitete Auflage. Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5183-1.
- Andrea Kramp: Georg Gothein (1857–1940). Aufstieg und Niedergang des Linksliberalismus (= Schriften des Bundesarchivs. 77). Droste, Düsseldorf 2018, ISBN 3-7700-1635-1.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Georg Gothein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Georg Gothein in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Zeitungsartikel über Georg Gothein in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- Eintrag zu Georg Gothein in Kalliope
- Eintrag zu Georg Gothein in der Zentralen Datenbank Nachlässe
- Georg Gothein in der Online-Version der Edition Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik
- Georg Gothein in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Biografie von Georg Gothein. In: Heinrich Best: Datenbank der Abgeordneten der Reichstage des Kaiserreichs 1867/71 bis 1918 (Biorab – Kaiserreich)
- Biografie von Georg Gothein. In: Heinrich Best, Wilhelm H. Schröder: Datenbank der Abgeordneten in der Nationalversammlung und den deutschen Reichstagen 1919–1933 (Biorab–Weimar) (der genaue Datensatz muss mit der Suchfunktion ermittelt werden)
- Alexander Mühle, Arnulf Scriba: Georg Gothein. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
- Liberaler Stichtag zu Georg Gothein auf den Seiten des Archivs des Liberalismus
- Nachlass Bundesarchiv N 1006
- Andrea Ditchen: Georg Gothein, in: NDB-online.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Tilo Frhr. von Wilmowsky: Rückblickend möchte ich sagen … An der Schwelle des 150jährigen Krupp-Jubiläums. Stalling, Oldenburg 1961, S. 190.
- ↑ Stiftung Deutsches Historisches Museum: Georg Gothein 1857-1940. Abgerufen am 31. Januar 2024.
Personendaten | |
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NAME | Gothein, Georg |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (Freisinnige Vereinigung, DDP), MdR |
GEBURTSDATUM | 15. August 1857 |
GEBURTSORT | Neumarkt in Schlesien |
STERBEDATUM | 22. März 1940 |
STERBEORT | Berlin |