Hilger Hertel der Ältere

deutscher Architekt und Diözesanbaumeister von Münster

Hilger Hertel der Ältere (* 21. November 1831 in Köln; † 26. Januar 1890 in Breslau, Taufname: Johann Vincens Maria Hertel)[1] war ein deutscher Architekt und Diözesanbaumeister in Münster.

Hilger Hertel machte nach Bestehen des Abiturs eine Ausbildung zum Steinmetz und absolvierte die Meisterprüfung im Steinmetz- und Maurerhandwerk in der Dombauhütte Köln. Nachdem Hertel im Büro seines Vetters Vincenz Statz gearbeitet hatte, wurde er 1857 vom Bischof Johann Georg Müller nach Münster berufen, um dort als Diözesanbaumeister zu arbeiten. Seit 1864 hatte Hertel in der Südstraße 36 in Münster ein eigenes Baubüro und eine Steinmetzwerkstatt.

In seiner Funktion als Diözesanbaumeister war Hilger Hertel für die Errichtung und Wiederherstellung von Kirchenbauten und anderen kirchlichen Gebäuden im Bistum Münster verantwortlich. Sein Werkverzeichnis listet insgesamt 56 Neubauten und 102 Umbauten von Kirchen, vornehmlich im Münsterland und dem nördlichen Ruhrgebiet.[2] Im Auftrag des Erzbischofs von Ermland und späteren Erzbischofs von Köln, Philipp Krementz errichtete und restaurierte Hilger Hertel zudem zahlreiche Kirchen in Ostpreußen. Neben der Michaelskirche im dänischen Kolding werden außerdem zwei nichtidentifizierte Kirchen in Cincinnati und Stockholm aufgeführt. Abgesehen von zahlreichen Pfarrhäusern erbaute Hertel eine Anzahl von Krankenhausbauten in kirchlicher Trägerschaft, so in Heessen, Buer, Lobberich, Schöppingen und Dorsten sowie Bischofsburg und Braunsberg in Ostpreußen, ferner das St. Rochus-Hospital Telgte und das Marienhospital in Münster. Hinzu kommen Krankenhausbauten der Provinz Westfalen, so die psychiatrischen Krankenhäuser Marienthal in Münster, das Johannishospital in Marsberg, Bethesda in Lengerich, Benninghausen, Eickelborn und Glatz in Schlesien, das Pflegeheim Geseke, die Blindenanstalten der Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe zu Soest und Paderborn, die Taubstummenanstalten zu Soest, Langenhorst, Büren und Petershagen sowie die Augenklinik in Münster. Hinzu kommt als Schuleinrichtung das Collegium Augustinianum Gaesdonck. Beim Wettbewerb um das Wiener Rathaus 1869 erzielte Hertel mit seinem Entwurf Nach Art der Alten neu gestalten den 12. Preis.[3]

Hilger Hertel restaurierte ferner eine Anzahl von Schlössern und Herrenhäusern in Westfalen: Haus Vorhelm, Haus Egelborg, Surenburg, Haus Maser bzw. Herding in Hiltrup, Haus Assen, Schloss Lembeck, Haus Hameren, Haus Havixbeck, Schloss Hovestadt, Schloss Varlar, Schloss Heessen, Haus Lüttinghof, Burg Dinklage, Haus Assen, Schloss Neuenhof, Schloss Hackhausen, Haus Aspel in Haldern, Schloss Eringerfeld, Schloss Bladenhorst, Haus Wenne, Schloss Crollage, Schloss Arenshorst und Haus Horst. Bedeutender, aber weniger auffällig waren seine Arbeiten zur Kirchenausstattung und kirchlichen Kleinkunst. Die Zahl der von ihm entworfenen Altäre liegt bei 300 bis 400, ähnlich hoch die Zahl von Beichtstühlen und Kanzeln. Auch etwa 100 Kelche und 40 Monstranzen hat er entworfen.[4]

Er war Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindung VKDSt Saxonia Münster im CV.

Hilger Hertel war seit 1859 verheiratet mit Angela, geb. Schraeder, und hatte mit ihr drei Söhne: die Architekten Hilger der Jüngere (1861–1918) und Bernhard (1862–1927), sowie den Bildhauer Adalbert (1868–1952).

Hertel starb infolge einer Lungenentzündung auf einer Dienstreise in Breslau, in dessen Nähe er für den Politiker Hans Praschma von Bilkau und seine Ehefrau Marie Freiin von Landsberg-Velen die Wiederherstellungsarbeiten an Schloss Falkenberg übernommen hatte. Er wurde auf dem Zentralfriedhof in Münster bestattet, dessen Anlage er selbst gestaltet hatte. Sein Grab ist als Denkmal bis heute erhalten.

Bauwerke (Auswahl)

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Verzeichnis der wichtigsten von Hilger Hertel dem Älteren errichteten Bauwerke. Die bei seinem Tod 1890 begonnenen bzw. in Planung begriffenen Bauprojekte wurden von seinem gleichnamigen Sohn ausgeführt.

Bild Bauzeit Bauwerk Ort Beschreibung
  1854–1859 Haus Assen Lippborg Restaurierung des Schlosses und Bau der Schlosskapelle[5]
  1858–1864 Marienbasilika Kevelaer Neubau als Baumeister unter dem Architekten und Vetter Vincenz Statz
  1858–1860 St. Aegidii Münster Restaurierung und Adaption als Pfarrkirche, Anbau der Sakristei
  1858 St. Peter und Paul Holdorf Neubau als dreischiffige Backsteinhalle
  1863 St. Mariä Himmelfahrt Ahaus Neugestaltung des oberen Teils des Turmes und Pfarrhaus
1864–1866 Marienhospital Münster Neubau
  1865–1867 Surenburg Riesenbeck Restaurierung des Schlosses und Anbau der rückwärtigen Schlosskapelle St. Aloysius
  1866–1869 St. Lambertus Ochtrup Kirchenneubau und Pfarrhaus
  1867 Stiftskirche Langenhorst Wiederaufbau nach Einsturz des Nordturms
  1868 Clemenskirche Telgte Restaurierung und Erweiterung der spätgotischen Kirche, Turmneubau
  1870 Schloss Löwenstein Kleinheubach Umgestaltung und Neuausstattung der Schlosskapelle
  1870–1873 St. Laurentius Senden Neubau
  1871–1874 St. Stephanus Heessen Neubau
  1872–1876 St. Vitus Visbek Neubau der Hallenkirche zusammen mit Franz Xaver Lütz
  1873 Wasserschloss Darfeld Rosendahl-Darfeld Restaurierung des Schlosses und Neubau von Kapelle, Torhaus und Ökonomiegebäude
  1875–1879 St. Silvester Erle 1875–1879 Neubau der neugotischen Kirche.

1945 Zerstörung des Turms und des Hauptschiffs durch Bombentreffer. 1945 Wiederaufbau in vereinfachter Form. 1998–2000 Umfangreiche Teilwiederherstellung des ursprünglichen Aussehens der Kirche von 1879.

  1875 Burg Hülshoff Havixbeck Schlosskapelle
  1875 St. Felizitas Lüdinghausen Umbau des Kirchendachs und Pfarrhaus
  1875 St. Cornelius und Cyprian Lippborg Turmbau und Restaurierung der Kirche
  1876 St. Ludgeri Münster Turmaufbauten und Außenrestaurierung
  1877–1880 Akademiegebäude Münster Neubau, 1944 zerstört
  1878–1884 Überwasserkirche Münster Außeninstandsetzung
  1880–1882 Maria Meeresstern Borkum Kapellenbau; 1987/1988 westliche Erweiterung und Turmbau
  1881 Johannishospital in Marsberg Marsberg Neubau
  1881–1884 St. Katharina Plaßwich Verlängerung des Chores
  1882 Provinzial-Pflege-Anstalt Benninghausen und Eickelborn Lippstadt Neubau
  1882–1884 St. Johannes Baptist Altenberge Neubau des Turmes und Restaurierung der Kirche
  1882–1885 St. Michael Kolding Neubau
  1882–1883 St. Bruno Bartenstein Neubau
  1883–1844 Marienbasilika Kevelaer Turm und Beichtkapelle
  1885 St. Johannes Nepomuk Burgsteinfurt Süderweiterung
  1885 St. Dionysius Havixbeck Umbau
  um 1885 St. Martin Sendenhorst Turmbau
  1885–1898 St. Norbert Magdeburg Neubau
1885 Dom Münster Sakristei
  1885–1894 St. Nikomedes Borghorst Neubau
  1886–1898 St. Lamberti Münster Neubau des Turmes und der Taufkapelle, Neugestaltung des Dachs und Innenausstattung
  1886–1890 St. Georg Hohenholte Umbau der Stiftskirche, Entfernung der Emporen und Anbau der Sakristei
  1886 St. Peter und Paul Werth Neubau
  1887 Zentralfriedhof Münster Gestaltung
  1887–1890 St. Johannes Baptist Mesum Neubau
  1887 St. Jakobus Wuttrienen Wiederaufbau
  1888 St. Joseph Münster Erstbau, 1902–1905 ersetzt durch Neubau von Bernhard Hertel
  1888 St. Vitus Olfen Neubau
1889 Fabrikantenvilla Huesker Gescher Neubau in neugotischem Stil an der Hauptstraße 18
  1889–1892 St. Otger Stadtlohn neugotische Hallenkirche; nach 1945 Wiederaufbau mit niedrigerem Kirchturm
  um 1890 Haus Hall Gescher Kapelle der Bischöflichen Stiftung
  1890 St. Peter und Paul Aldekerk Turm und Chorerweiterung
  1890–1892 St. Gertrud Lohne (Oldenburg) Anbau der Chorapsis
  1890–1892 St. Otger Stadtlohn Neubau
  1890–1892 St. Martinus Greven Chorbau
  1890–1893 St. Pankratius Ahlen-Vorhelm
  1891–1894 St. Petrus Waltrop Erweiterung des zentralen Baus und des Querhauses
1892–1896 St. Barbara Gelsenkirchen-Erle 1927 bauliche Erweiterung nach Plänen des Architekten Herbert Kötting, nach Kriegszerstörung modernistischer Wiederaufbau, Turmbau erhalten.[6]
  1894–1897 St. Peter und Paul Mehlsack Erweiterung des zentralen Baus und des Querhauses
  1897–1899 Kapelle Maria Hilf Stift Tilbeck nach Plänen Hilger Hertels von seinen Söhnen Hilger und Bernhard ausgeführt

Kunstwerke

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  • Relieftafeln des neugotischen Hochaltars im Stift Wissel / St.-Clemens-Kirche

Einzelnachweise

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  1. Hertel bei Westfälische Geschichte
  2. Johann Josef Böker: Ein aufgefundenes Werkverzeichnis des Münsteraner Diözesanbaumeisters Hilger Hertel. In: Westfalen. Band 61/2, 1983, S. 91–94.
  3. Rathaus-Wettbewerb im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  4. Karl Emil Otto Fritsch: Hilger Hertel †. In: Deutsche Bauzeitung, 24. Jahrgang 1890, Nr. 19 (vom 5. März 1890), S. 113f. (zum Downloadauf dem Publikationsserver der BTU Cottbus: Heft 18–26 als PDF-Dokument mit ca. 11 MB)
  5. Haus Assen auf der Website denkmalschutz
  6. St. Barbara (Erle) in Gelsenkirchener Geschichten

Literatur

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  • Manfred Dondrup: Materialien zum Kirchenbau des 19. Jahrhunderts im Münsterland. Studien zu Bauten Hilger Hertels d.Ä. Coppenrath Verlag, Münster 1981, ISBN 3-88547-140-X.
  • Peter Vormweg: Die Sakralbauten der Brüder Hilger und Bernhard Hertel in Münster. Studien zur Neugotik am Beispiel der Heilig-Kreuz-Kirche und der St. Josephskirche. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-8839-6.
  • Hans Josef Böker: Ein aufgefundenes Werkverzeichnis des Münsteraner Diözesanbaumeisters Hilger Hertel (1830–1890). In: Westfalen, Hefte für Geschichte, Kunst und Volkskunde, 61. Band (1983), 2. Teil.