In der Mathematik ist der horozyklische Fluss ein Beispiel eines algebraisch beschreibbaren chaotischen dynamischen Systems.

Definition

Bearbeiten

Es sei   eine hyperbolische Fläche, also eine Riemannsche Mannigfaltigkeit der Form

 ,

wobei   die hyperbolische Ebene und   eine diskrete Gruppe von Isometrien ist.

 
Das Poincaré-Modell der hyperbolischen Ebene, verschiedene im selben Punkt endende Geodäten (in rot) und ein zugehöriger Horozykel (in blau).

Betrachte die hyperbolische Ebene   und ihr Einheitstangentialbündel  . Die Wirkung der Gruppe der orientierungserhaltenden Isometrien

 

auf   induziert eine Bijektion zwischen   und  . Wir betrachten die Wirkung von   auf   als Linkswirkung. Dann entspricht der horozyklische Fluss   der Rechtswirkung von   auf  .

Diese Rechtswirkung   kommutiert mit der Linkswirkung von  , induziert also eine wohldefinierte Wirkung   auf dem Einheitstangentialbündel

 ,

die als horozyklischer Fluss bezeichnet wird.

Die Orbits des horozyklischen Flusses sind die Projektionen auf die Fläche   der Einschränkungen des Einheitstangentialbündels   auf den Horozykeln in der hyperbolischen Ebene.

Eigenschaften

Bearbeiten

Wechselwirkung mit anderen Flüssen

Bearbeiten

Eine häufig verwendete Eigenschaft des horozyklischen Flusses ist seine Wechselwirkung mit dem geodätischen Fluss  . Es gilt

 

für alle  . Insbesondere sind die Orbits des horozyklischen Flusses die stabilen Mannigfaltigkeiten des geodätischen Flusses.

Häufig wird auch der sogenannte negative horozyklische Fluss   betrachtet, dessen Wirkung auf   durch die Rechts-Wirkung von   auf   gegeben ist. Für diesen gilt

 ,

seine Orbits sind die unstabilen Mannigfaltigkeiten des geodätischen Flusses.

Kompakte Flächen

Bearbeiten

Wenn   kompakt ist, dann ist der horozyklische Fluss minimal[1], ergodisch bzgl. des Liouville-Maßes (welches im Fall hyperbolischer Flächen mit dem Bild des Haar-Maßes unter der Projektion   übereinstimmt) und sogar eindeutig ergodisch, d. h. jedes Fluss-invariante Maß ist ein skalares Vielfaches des Liouville-Maßes.[2] Insbesondere sind alle Orbits gleichverteilt bzgl. des Liouville-Maßes.

Nichtkompakte Flächen endlichen Volumens

Bearbeiten

Wenn   endliches Volumen (bzgl. des Haar-Maßes) hat, aber nicht kompakt ist, dann hat man periodische Orbits (entsprechend den geschlossenen Horozykeln um die Spitzen von  ), aber mit Ausnahme der Linearkombinationen von Dirac-Maßen auf diesen periodischen Orbits sind die skalaren Vielfachen des Liouville-Maßes wieder die einzigen Fluss-invarianten Maße und alle nichtperiodischen Orbits sind gleichverteilt bzgl. des Liouville-Maßes.[3][4]

Literatur

Bearbeiten
  • Ghys, Étienne: Dynamique des flots unipotents sur les espaces homogènes. Séminaire Bourbaki, Vol. 1991/92. Astérisque No. 206 (1992), Exp. No. 747, 3, 93–136.
  • Morris, Dave Witte: Ratner's theorems on unipotent flows. Chicago Lectures in Mathematics. University of Chicago Press, Chicago, IL, 2005. ISBN 0-226-53983-0; 0-226-53984-9

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Hedlund, Gustav A.: Fuchsian groups and transitive horocycles. Duke Math. J. 2 (1936), no. 3, 530–542.
  2. Furstenberg, Harry: The unique ergodicity of the horocycle flow. Recent advances in topological dynamics (Proc. Conf., Yale Univ., New Haven, Conn., 1972; in honor of Gustav Arnold Hedlund), pp. 95–115. Lecture Notes in Math., Vol. 318, Springer, Berlin, 1973.
  3. Dani, S. G.: Invariant measures of horospherical flows on noncompact homogeneous spaces. Invent. Math. 47 (1978), no. 2, 101–138.
  4. Dani, S. G.; Smillie, John: Uniform distribution of horocycle orbits for Fuchsian groups. Duke Math. J. 51 (1984), no. 1, 185–194.