Jederitz
Jederitz ist eine Ortschaft und ein Ortsteil der Hansestadt Havelberg im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt.[3]
Jederitz Hansestadt Havelberg
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Koordinaten: | 52° 48′ N, 12° 8′ O | |
Höhe: | 26 m ü. NHN | |
Fläche: | 12,01 km²[1] | |
Einwohner: | 123 (31. Dez. 2022)[2] | |
Bevölkerungsdichte: | 10 Einwohner/km² | |
Eingemeindung: | 1. Januar 2002 | |
Postleitzahl: | 39539 | |
Vorwahl: | 039387 | |
Lage von Jederitz in Sachsen-Anhalt
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Ortskern
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Geographie
BearbeitenJederitz, ein Runddorf mit Kirche auf dem Platz, liegt fünf Kilometer südöstlich von Havelberg im Elb-Havel-Winkel in der unteren Havelniederung am Trübengraben, der einen Kilometer nördlich in die Havel mündet. Südlich des Dorfes erstreckt sich das Naturschutzgebiet Jederitzer Holz.[1][4]
Nachbarorte sind Wöplitz und Theerofen im Norden, Klein Damerow und Damerow im Nordosten, Vehlgast im Osten, Fischerberg und Kuhlhausen im Südosten, Neukamern im Süden, Sandau (Elbe) im Südwesten sowie Havelberg im Nordwesten.[4]
Geschichte
BearbeitenMittelalter bis Neuzeit
BearbeitenJederitz wurde im Jahre 1508 erstmals erwähnt als Jederitze im Besitz des Havelberger Domkapitels.[5][6] Weitere Nennungen sind 1534 und 1558 Jederitz, 1652 Jeseritz, danach nur noch Jederitz,[6] so auch 1804 Jederitz, ein Dorf mit Lehnschulze und Förster.[7]
Im 17. Jahrhundert wurde Jederitz als Fischerdorf bezeichnet. 1623 musste jeder Jederitzer eine halbe Mandel Hechte (7 bis 8 Stück) und ein Essen Speisefisch für die Herrn des Domkapitels bereithalten, das übrige durften sie den Fischkäufern verkaufen.[8] 1655 kam es im Ort zu einem Großbrand.[1] Erst 1694 waren alle Höfe wieder aufgebaut. 1858 bekam Jederitz eine eigene Windmühle, vorher musste das Korn zum Mahlen nach Havelberg gebracht werden. Das bereitete Schwierigkeiten, da der Ort durch Hochwasser oft monatelang vom Umland abgeschlossen war. Eine auch bei Hochwasser befahrbare Straßenverbindung nach Havelberg entstand erst 1913.[9]
Bei der Bodenreform wurden im Jahr 1946 insgesamt 290,65 Hektar enteignet und in die Landesforstverwaltung übernommen. Im Jahre 1952 entstand die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft vom Typ III mit 27 Mitgliedern und 274,46 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche.[1]
Herkunft des Ortsnamens
BearbeitenDer Ortsname wird vom slawischen Wort für „See“ abgeleitet. Nahe der Mündung des Trübengrabens gab es früher verschiedene mit „See“ bezeichnete Gewässer; auch Havelerweiterungen wurden so genannt.[6]
Archäologie
BearbeitenEtwa 1,5 km nordwestlich von Jederitz wurde Anfang des 20. Jahrhunderts ein bronzezeitlicher Schatz gefunden, der Hort von Jederitz, den Richard Hartwich, der damalige Leiter des Prignitz-Museums, 1912 aus der Sammlung von Carl Hartwich erwarb. Die Fundstelle lässt sich nicht mehr nachvollziehen, da in der Literatur sowohl eine Stelle in Ufernähe als auch im Flussbett genannt wird.[10][11]
Im Jahre 1952 wurden im Dorf Scherben einer alt- und jungslawischen Siedlung geborgen und in die Zeit zwischen 9. und 11. Jahrhundert datiert. Die Funde werden im Prignitz-Museum in Havelberg aufbewahrt.[12]
Eingemeindungen
BearbeitenJederitz gehörte früher zum Havelbergischen Kreis der Mark Brandenburg in der Prignitz. 1817 kam es zum Kreis Westprignitz, dem späteren Landkreis Westprignitz.[1]
Am 25. Juli 1952 wurde die Gemeinde Jederitz in den neu gebildeten Kreis Havelberg umgegliedert, der zum 1. Juli 1994 im Landkreis Stendal aufging.[13]
Am 1. Januar 2002 wurde Jederitz nach Havelberg eingemeindet.[14]
Einwohnerentwicklung
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Quelle, wenn nicht angegeben, bis 1991:[1]
Religion
BearbeitenDie evangelische Kirchengemeinde Jederitz, die früher zur Pfarrei der Domkirche Havelberg gehörte,[17] wird heute betreut vom Pfarrsprengel Havelberg im Kirchenkreis Prignitz im Sprengel Potsdam der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.[18]
Die katholischen Christen gehören zur Pfarrei St. Heinrich in Wittenberge im Dekanat Wittenberge im Erzbistum Berlin.[19]
Politik
BearbeitenOrtsbürgermeister
BearbeitenRené Gebhard ist seit 2019 Ortsbürgermeister der Ortschaft Jederitz.[20]
Ortschaftsrat
BearbeitenBei der Ortschaftsratswahl am 26. Mai 2019 gewann die Wählergemeinschaft Jederitz alle 5 Sitze.[21]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
BearbeitenDorfkirche
BearbeitenDie evangelische Dorfkirche Jederitz ist ein neugotischer Bau aus dem Jahre 1874.[22] Die erste Dorfkirche von Jederitz brannte am 15. Mai 1655 ab. 1657 wurde die zweite Kirche aus Eichenholz mit ausgemauertem Fachwerk erbaut. Dieser Bau erhielt erst 60 Jahre später einen Turm, der allerdings nur 125 Jahre stand. 1842 wurde die Kirche wegen Baufälligkeit abgerissen. Am 2. Juli 1874 erfolgte die Grundsteinlegung für die heutige massive Backsteinkirche. Sie erhielt einen 30 m hohen spitzen Turm, der mit 3 Glocken ausgestattet wurde. 1945 wurde der Turm gesprengt, um das Dorf vor Artilleriebeschuss zu bewahren. Der Turm stürzte auf das Kirchenschiff und brachte das Dach zum Einsturz. Der Turm wurde bisher nicht wieder aufgebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kirchenschiff wieder hergerichtet und der Turmstumpf mit einem Notdach versehen.[23][9]
Schöpfwerk
BearbeitenDas Schöpfwerk am Trübengraben entstand 1973 als eines der größten Schöpfwerke der DDR. Es dient zur Hochwasserregulierung und zur Wasserregulierung für die Fläche hinter dem Deich.[9]
Verkehr
BearbeitenEs verkehren Linienbusse und Rufbusse von stendalbus.[24]
Brauchtum
Bearbeiten1843 berichtete Adalbert Kuhn über ein Wettreiten am zweiten Pfingsttag. Dazu versammelten sich die Knechte zu Pferde vor dem Dorf zu einem zweimaligen Wettreiten nach einem an einer Stange aufgehängten und reich mit Bändern geschmückten Kranz.[25]
Literatur
Bearbeiten- Historisches Ortslexikon für Brandenburg – Teil 1 – Prignitz – A–M. Bearbeitet von Lieselott Enders. In: Klaus Neitmann (Hrsg.): Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs (Staatsarchiv Potsdam) – Band 3. Begründet von Friedrich Beck. Verlag Klaus-D. Becker, Potsdam 2012, ISBN 978-3-88372-032-6, S. 376 f.
Weblinks
Bearbeiten- Ortschaft Jederitz. In: havelberg.de. Abgerufen am 8. Juli 2023.
- Jederitz im Geschichtlichen Ortsverzeichnis des Vereins für Computergenealogie
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f Lieselott Enders (Bearbeitung): Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Prignitz. Karte der Prignitz am Ende des Bandes (= Friedrich Beck, Klaus Neitmann [Hrsg.]: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil I; Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Band 3). 2., überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1997, ISBN 978-3-7400-1016-4, S. 376f. doi:10.35998/9783830542995
- ↑ a b c Yulian Ide: Hurra! Wir wachsen wieder! In: Stendaler Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 21. Januar 2023, DNB 1047269554, S. 19–20.
- ↑ Hauptsatzung der Hansestadt Havelberg. 25. März 2021, § 1 Name, Bezeichnung und § 14 Ortschaftsverfassung, S. 1 und 5 (havelberg.de [PDF; 103 kB; abgerufen am 11. Juni 2023]).
- ↑ a b Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
- ↑ Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 3. Berlin 1843, S. 115 (Digitalisat).
- ↑ a b c Sophie Wauer: Die Ortsnamen der Prignitz (= Brandenburgisches Namenbuch. Teil 6.). Böhlau, Weimar 1989, S. 130.
- ↑ Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Für Statistiker, Geschäftsmänner, besonders für Kameralisten. Band 1. Berlin 1804, S. 486 (Digitalisat ).
- ↑ Lieselott Enders: Die Prignitz. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahrhundert. Im Gedenken an Johannes Schultze (= Klaus Neitmann [Hrsg.]: Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Band 38). 1. Auflage, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2000, ISBN 978-3-935035-00-2, S. 429, 1188doi:10.35998/9783830542520. (Open Access)
- ↑ a b c Jederitz auf blaues-band.de, abgerufen am 3. Dezember 2021
- ↑ Fundplatz Jederitz, bronzezeitlicher Hortfund. In: archaeologische-baubegleitung.de. Hansestadt Havelberg, abgerufen am 8. Juli 2023.
- ↑ Alfred Götze: Die vor- und frühgeschichtlichen Denkmäler des Kreises Westprignitz (= Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. Band 1, Heft 1). Berlin 1912, S. 16 (digi-hub.de).
- ↑ Joachim Herrmann und Peter Donat (Hrsg.): Bezirke Rostock (Westteil), Schwerin und Magdeburg. Textteil. (= Corpus archäologischer Quellen zur Frühgeschichte auf dem Gebiet der DDR. Lieferung 1). Berlin 1973, DNB 740209957, S. 348, 34/27 Jederitz.
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 343 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder).
- ↑ Namens- und Gebietsänderungen der Gemeinden (siehe 2002). Statistisches Bundesamt, abgerufen am 8. Juli 2023.
- ↑ Andrea Schröder: Jederitz ist wieder die kleinste Ortschaft, in Vehlgast bleibt Einwohnerzahl stabil. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 2. Februar 2012 (volksstimme.de [abgerufen am 27. Dezember 2022]).
- ↑ Andrea Schröder: Mehr Zuzüge und Geburten. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 2. Februar 2019 (volksstimme.de [abgerufen am 27. Dezember 2022]).
- ↑ Evangelischer Preßverband für Deutschland (Hrsg.): Deutsches Kirchliches Adressbuch. 3. Ausgabe Auflage. 1937, ZDB-ID 210493-3, S. Spalte 81.
- ↑ Jedritz. Evangelischer Kirchenkreis Prignitz, abgerufen am 8. Juli 2023.
- ↑ Kirchenatlas. In: bistumsatlas.de. Bischöfliches Ordinariat Mainz, abgerufen am 21. Mai 2023.
- ↑ Ratsinformationssystem Havelberg, Ortschaftrat Jederitz. In: havelberg.de. Stadt Havelberg, abgerufen am 8. Juli 2023.
- ↑ Stimmenverteilung Ortschaftsräte der Wahl vom 25. August 2019. In: havelberg.de. Stadt Havelberg, abgerufen am 11. Juni 2023.
- ↑ Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S. 205.
- ↑ Jederitzer Kirche auf der Website des Havelberger Doms, abgerufen am 3. Dezember 2021
- ↑ Strecken und Fahrpläne. In: stendalbus.de. Abgerufen am 8. Juli 2023.
- ↑ Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen: nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Gebräuche und Aberglauben. Pfingsten. Berlin 1843, S. 324–325 (Digitalisat ).