Julia (Fluss)

Nebenfluss der Albula

Der Fluss Julia anhören/?, rätoromanisch Gelgia anhören/? oder Güglia anhören/?, im Schweizer Kanton Graubünden entspringt im Gebiet des Julierpasses (2284 m ü. M.) und durchfliesst die Talschaft Oberhalbstein (rätoromanisch Surses), die mit der Schlucht Crap Ses endet. Die Julia ist mit einer Wasserführung von rund 10,5 m³/s[3] und einer Länge von rund 37 km der grösste Nebenfluss der Albula, in die sie bei Tiefencastel mündet.

Julia
Die Julia am Julierpass

Die Julia am Julierpass

Daten
Gewässerkennzahl CH: 289
Lage Rätische Alpen

Schweiz Schweiz

Flusssystem Rhein
Abfluss über Albula → Hinterrhein → Rhein → Nordsee
Quelle kleiner Bergsee unterhalb des Piz Surgonda
46° 30′ 22″ N, 9° 42′ 55″ O
Quellhöhe 2836 m ü. M.[1]
Mündung bei Tiefencastel in die AlbulaKoordinaten: 46° 39′ 45″ N, 9° 34′ 23″ O; CH1903: 763338 / 170154
46° 39′ 45″ N, 9° 34′ 23″ O
Mündungshöhe 833 m ü. M.[1]
Höhenunterschied 2003 m
Sohlgefälle 54 ‰
Länge 37 km[2]
Einzugsgebiet 324,74 km²[3]
Abfluss am Pegel Julia – Tiefencastel[4]
AEo: 325 km²
NNQ (2006)
MNQ 1952–2020
MQ 1952–2020
Mq 1952–2020
MHQ 1952–2020
HHQ (2014)
110 l/s
260 l/s
1,02 m³/s
3,1 l/(s km²)
3,2 m³/s
119 m³/s
Abfluss an der Mündung[3]
AEo: 324,74 km²
MQ
Mq
10,44 m³/s
32,1 l/(s km²)
Gemeinden Surses, Albula/Alvra
Karte
Karte
Die Julia in Savognin

Die Julia in Savognin

Etymologie

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Der Flussname leitet sich sowohl in seiner deutschen wie in seiner bündnerromanischen Variante vom Passnamen Julierpass bzw. Pass digl Gelgia ab, der seinerseits vielleicht auf keltisch *julo ‘Joch, Pass’ zurückgeht.[5] Hierzu gehört auch die 1524 bezeugte deutsche Variante daz Gilgenwasser.

Wie bei vielen anderen Gewässern gibt und gab es auch für die Julia noch weitere Namen. Im örtlichen Dialekt der Talschaft (belegt für die Gemeinden Riom, Savognin und Tinizong-Rona) wird er Ragn genannt,[6] also Rhein – wie so viele andere Zuflüsse dieses Gewässers auch. Die Bezeichnung Oberhalbsteiner Rhein war auch im Deutschen noch Ende des 19. Jahrhunderts bekannt.[7] Nicolin Sererhard verwendete in seiner 1742 gedruckten Beschreibung Graubündens daneben auch den Namen Oberhalbsteiner Landwasser. Zu beachten ist freilich, dass im Bünderromanischen ragn oder rein und im Höchstalemannischen Landwasser (vgl. Landwasser (Albula), unter Sprachliches) nicht nur als Namen, sondern auch als Appellativ für ‘Talfluss’ vorkommen.

Geographie

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Verlauf und Tallandschaft

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Die Gelgia sammelt sich aus den Abflüssen mehrerer kleiner Moränenstauseen im weitläufigen, nach Süden offenen Val d’Agnel unterhalb des Piz d’Agnel (3205 m ü. M.). Mit Erreichen der Talung, die die eiszeitliche Transfluenz aus dem Oberengadin über den Julierpass hinterlassen hat, schwenkt der Bach für etwa fünf Kilometer nach Westen ein.

Das danach gestreckt nach Nordnordwest verlaufende Tal der Julia beginnt und endet mit je einem Kreuz von Verkehrswegen. Am Beginn der geräumigen Tallandschaft des Oberhalbstein trifft die von Osten, vom Julierpass herabkommende Strasse sowohl auf den früher noch bedeutenderen Passweg vom im Süden gelegenen Septimer (Pass da Sett) als auch auf den Pfad, der über den Stallerberg vom westlichen Nachbartal des Averser Rheins herabkommt. Wo sich die Wege verzweigen, liegt der Ort Bivio, im 9. Jahrhundert erwähnt als stabulum bivio (‘Stall an der Wegscheide’).

 
Die Talstufe von Tinizong

Am engen Ausgang des Tales, über der Mündung der Julia in die Albula, bewachte die Burg von Tiefencastel die Stelle, wo die Strasse aus dem Tal der Julia das schwerer passierbare Tal der Albula quert und wieder zum Hochtal von Lenzerheide ansteigt. Dieses Tal setzt scheinbar das Tal der Julia nach Norden in Richtung des Alpenrheins fort.

Das Tal der Julia weist zwei markante, durch eiszeitliche Gletscher geschaffene Talstufen auf. Die obere Talstufe zwischen Rona und Tinizong fällt um 180 Meter ab. Der Talraum unterhalb heisst Sotgôt (‘unterhalb des Waldes’), jener darüber Surgôt (‘oberhalb des Waldes’). Die untere Talstufe beginnt mit der schroffen Felsenge des Crap Ses (‘Stein-Fels’[8]), die auch als Conterser Stein bezeichnet wird. Sie trennt das Surses (‘oberhalb des Steins’) vom Sutses (‘unterhalb des Steins’) im Albulatal. In dieser Stufe tost die Julia auf drei Kilometern Luftlinie dreihundert Höhenmeter hinab.

Einzugsgebiet

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Das 324,74 km² grosse Einzugsgebiet der Julia liegt in den Rätischen Alpen und wird durch sie über die Albula, den Hinterrhein und den Rhein zur Nordsee entwässert.

Es grenzt

  • im Nordosten an das Einzugsgebiet der Albula;
  • im Südosten an das des Ens, der in die Donau mündet;
  • im Südwesten und Westen an das des Hinterrheins.

Das Einzugsgebiet besteht zu 19,2 % aus bestockter Fläche, zu 41,1 % aus Landwirtschaftsfläche, zu 1,1 % aus Siedlungsfläche und zu 38,6 % aus unproduktiven Flächen.

Die Flächenverteilung

Die mittlere Höhe des Einzugsgebietes beträgt 2196,2 m ü. M., die minimale Höhe liegt bei 840 m ü. M. und die maximale Höhe bei 3350 m ü. M.[9]

Zuflüsse

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Die wichtigsten Zuflüsse sind der Ava da Faller, der Ragn d'Err, der Ava da Nandro und der Adont.

Direkte Zuflüsse der Julia[Z 1]
Name GKZ Lage Länge
in km
EZG
in km²
MQ
in m³/s
Mündung
Koordinaten
Mündungs­höhe
in m
Bemerkungen
Eva da Grevasalvas CH003402 links0 003,0000 0004,3600 0000,1900   bei Brüscheda, Bivio 2072,500000 Gewässername von Flurbezeichnung abgeleitet
Bach vom Leg Grevasalvas
Eva dal Sett CH003399 links0 006,4000 0016,5200 0000,6800   bei Plan Buel, Bivio 1810,200000
Beiva CH003396 links0 006,0000 0012,7000 0000,5300   bei Beiva, Bivio 1764,700000 Gewässername von Flurbezeichnung abgeleitet
Alternativname: Eva dalla Valletta
Eva da Sur Ragn CH000384 links0 003,9000 0004,1400 0000,1700   bei Stalvedro, Bivio 1705,300000
Leg Neir CH004514 links0 003,8000 0004,2900 0000,1600   bei Tges' Alva, Bivio 1704,600000 Alternativname: Eva Cheda
Ava da Natons CH003383 rechts 004,4000 0006,9400 0000,2600   bei Marmorera 1676,300000 Gewässername von Flurbezeichnung abgeleitet
Mündet in den Lai da Marmorera
Ava da Savriez CH005616 rechts 005,8000 0011,0400 0000,3900   bei Furnatsch, Sur 1520,500000
Ava dallas Cuorts CH003389 rechts 004,3000 0007,7700 0000,2800   bei Sur 1474,000000
Ava da Faller CH011072 links0 008,8000 0031,4700 0001,2200   bei Mulegns 1458,500000 Alternativname: Ragn da Faller
Val da Livizung CH003385 links0 004,5000 0006,3700 0000,2100   bei Rona 1406,300000 Gewässername von Flurbezeichnung abgeleitet
Ragn digl Plaz CH003386 rechts 004,3000 0004,1100 0000,1200   bei Rona 1405,900000
Ragn d'Err CH000301 rechts 010,2000 0038,1500 0001,1600   bei Tinizong 1220,000000
Savogninbach CH003379 rechts 003,9000 0005,5800 0000,1500   bei Savognin 1169,900000 Gewässername von Flurbezeichnung abgeleitet
Schletg CH000290 links0 013,9000 0047,2500 0001,5600   bei Savognin 1160,600000 Oberlaufname: Ava da Curtegns
Mittellaufname: Ava da Nandro
Adont CH003376 links0 010,6000 0023,0700 0000,7100   bei Burvagn 1117,100000 Mündet in den Lai da Burvagn
Julia[Z 2] 032,4000 0324,7400 0010,4400 bei Tiefencastel 83300000 Mündet in die Albula

Anmerkungen zur Tabelle

  1. Von der Quelle zur Mündung. Daten von Swisstopo (map.geo.admin.ch)
  2. Die Daten der Julia zum Vergleich

Hydrologie

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Bei der Mündung der Julia in die Albula beträgt ihre modellierte mittlere Abflussmenge (MQ) 10,44 m³/s. Ihr Abflussregimetyp ist nivo glaciaire[10], und ihre Abflussvariabilität[11] beträgt 17.

Der modellierte monatliche mittlere Abfluss (MQ) der Julia in m³/s[12]

Nutzung der Wasserkraft

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Die Julia wird bei Marmorera im Lai da Marmorera gefasst, einem Stausee, der zur Stromerzeugung angelegt wurde. Der Erdschüttdamm Castiletto wie auch alle folgenden Anlagen im Juliertal sind Teil der Kraftwerke Mittelbünden, die zum Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) gehören. Das Wasser aus dem Stausee wird über Druckstollen zuerst dem Kraftwerk Tinizong zugeführt und dann dem Kraftwerk Tiefencastel Ost, welches mit Tinizong im Tandembetrieb arbeitet. Parallel dazu wird das Restwasser der Julia und weitere Zuflüsse im Staubecken Burvagn gefasst und ins Kraftwerk Tiefencastel West geleitet.

Bei Tiefencastel wird das abgearbeitete Wasser der Albula zurückgegeben, jedoch kurz darauf bei Solas erneut aufgestaut und zur Energiegewinnung abgeleitet.

Brücken

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Julierstrasse Brücke über die Julia, Sur GR

Auf ihrem Weg wird die Julia von 44 Übergängen überspannt: 32 Strassenbrücken, 9 Fussgängerstegen, 2 Rohrträgerbrücken und dem Marmorera Staumauer-Übergang.

Drei Steinbogenbrücken sind im Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz (IVS) aufgeführt: die Crappa Bassa-Brücke (gebaut 1858) in Bivio, die Punt da Furnatsch-Brücke (gebaut 1940) in Sur und die Juliabrücke (gebaut 1682) in Savognin.

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Commons: Julia/Gelgia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung (Hinweise)
  2. Auswertungen zum Gewässernetz. (XLSX) BAFU, Dezember 2013, abgerufen am 9. August 2017 (Auflistung Fliessgewässer der Schweiz >30km).
  3. a b c Modellierter mittlerer jährlicher Abfluss. In: Topographische Einzugsgebiete der Schweizer Gewässer: Teileinzugsgebiete 2 km². Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. August 2017; abgerufen am 24. August 2017.
  4. Abflussdaten: Messstelle: Julia - Tiefencastel (2418). (PDF) 1952–2020. In: BAFU Hydrodaten. BAFU, abgerufen am 13. Oktober 2024 (Stationsseite).
  5. Andrea Schorta: Rätisches Namenbuch, Bd. 2.1, Bern 1964, S. 179.
  6. Laut Andrea Schorta: Rätisches Namenbuch, Band 2.1, Bern 1964, S. 281, sowie Auskunft des Institut dal Dicziunari Rumantsch Grischun, Chur.
  7. Meyers Konversations-Lexikon von 1888 unter Albula; Schweizerisches Idiotikon unter Rīn
  8. Crap ‘Stein, Fels’ ist eines der wenigen überkommenen vorromanischen, also keltisch-rätischen Worte; Ses von lat. saxum ‘Stein, Fels’ bedeutet also nahezu das gleiche (Ricarda Liver: Rätoromanisch: eine Einführung in das Bündnerromanische. Narr, Tübingen 1999, ISBN 3-8233-4973-2), S. 43.
  9. Topographische Einzugsgebiete Schweizer Gewässer: Julia
  10. Martin Pfaundler, Rolf Weingartner, Robert Diezig: „Versteckt hinter den Mittelwerten“ – die Variabilität des Abflussregimes. In: Hydrologie und Wasserbewirtschaftung (HyWa). Jg. 50, Heft 3, 2006, S. 116–123, hier Tabelle auf S. 119 (Download [PDF; 3,2 MB; abgerufen am 31. August 2020]). Abrufbar unter Gesamtes HyWa Heft 3, 2006..
  11. Die Abflussvariabilität beschreibt das Ausmass der Schwankungen des mittleren Abflusses einzelner Jahre um den langjährigen mittleren Abflusswert.
  12. Mittlere Abflüsse und Abflussregimetyp für das Gewässernetz der Schweiz: Julia. Bundesamt für Umwelt (BAFU), abgerufen am 10. November 2024.