Jung-München

Münchner Künstlerverein der sich von 1853 bis 1864 im Café Tafelmayer, Ottostraße 2 traf

Jung-München war ein Münchner Künstlerverein, der sich von 1853 bis 1864 im Café Tafelmayer, Ottostraße 2 und in Zum Kappler in der Promenadenstrasse 13 traf[1] Zu den Mitgliedern gehörten[2]:

Außerordentliche Mitglieder waren:

Jung-München war weniger eine Künstlervereinigung programmatischen Charakters etwa in Art einer Secession – es gab zwar einen gewissen Abstand zum akademischen Kunstbetrieb, dieser Abstand wirkte aber nicht ausschließend, was sich an dem erheblichen Anteil von Historienmalern bei den Mitgliedern zeigt –, das Schwergewicht lag vielmehr auf geselligem Zusammensein und dem Ausrichten von Festen.

Wie andere Münchner Künstlervereinigung auch veranstalte der Verein aufwändig ausgestattete Maienspiele und Faschingsfeste.[5]

Vereinsmitglieder als Hase und Igel beim Maskenfest 1862 (Fotografie von Joseph Albert)

Einen Höhepunkt des Vereinslebens bildete das Maskenfest des Künstlervereins Jung-München von 1862, das unter dem Motto Die deutsche Märchenwelt stand und dessen Programm und Ausstattung von Wilhelm Busch gestaltet worden waren. Zu diesem Fest, an dem sich die ganze Künstlerwelt Münchens beteiligte und an dem auch der Wittelsbacher Hof erschien, schrieb Busch eine Oper Hänsel und Gretel, zu welcher Georg Kremplsetzer die Musik komponierte.[6][7]

Zu den Umzügen und Spielen gehörte auch eine Festzeitung. Außerdem gab es als Bierzeitung Jung-Münchens den Politischen Beiwagen, verlegt von Wilhelm Diez.[8] 1859 wurde im Verein der Orden der Nachtlichter begründet, dessen Diplom jedem neuen Mitglied feierlich um Mitternacht überreicht wurde. Das Diplom hatte Wilhelm Busch in altertümlichem Urkundenstil verfasst und gezeichnet und mit diversen Trinkersymbolen umrahmt, dazu den Spruch:

„Die Lichter der Nacht von Jung-München, so anitzo auf dem Stuhl sitzen, umb beime glockenschlag zwölfe zu hören, allwo die geister umbgehen, so umb dieselbige stund wach seint und offen augs, thun deme docht Busch zu kund und wissen, so selbiger in der betrachtung derer schweren pflichten, so ein nachtlicht fast tapfer zu thuen, sich also berufen glaubt zu brennen, dass selbiger von denen angezunden und für würdig erachtet worden sein in derer bund zu brennen, anno domini 1859 umb die zwölft stunde.“[9]

Das von Busch ebenfalls entworfene Bundeswappen zeigte einen Hahn mit Hausschlüssel und Kerze. Überhaupt war Busch ein wegen seines Humors und seiner Beiträge bei den diversen Aktivitäten des Vereins besonders geschätztes Mitglied. Am 8. Februar 1860 wurde die von Busch verfasste „romantische Oper“ in drei Akten Liebestreu und Grausamkeit uraufgeführt. Der von Busch gezeichnete Theaterzettel nennt einen gewissen „Motzhoven“ als Autor, eine humoristische Zusammenziehung von Moz-art und Beet-hoven. Die Musik stammte von Eduard Heinel.[10]

Ein Ableger von Jung-München mit Hans von Marées, später Franz von Lenbach, Lorenz Gedon und Wilhelm Leibl traf sich ab 1863 in der Wirtschaft Lettenbauer in der Landwehrstraße in München 5. Diese „Sezession“ gab auch eine eigene Stammtischzeitung heraus, den Knotenstock.[11]

Enge personelle Verbindungen zwischen Jung-München gab es zu der Künstlergesellschaft Kasandra und zu der Brannenburger Künstlerkolonie. Nur noch wenige Jung-Münchener waren Mitglied der 1873 gegründeten Künstlergesellschaft Allotria, darunter Wilhelm Busch.

Literatur

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  • Michael Dirrigl: Residenz der Musen: München – Magnet für Musiker, Dichter und Denker. Bruckmann, 1968, S. 572ff.

Einzelnachweise

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  1. Adreßbuch für München, 1864, S. 429http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DeGJBAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA429~doppelseitig%3D~LT%3DS.%20429~PUR%3D.
  2. Michael Dirrigl: Residenz der Musen. Bruckmann, 1968, S. 572f.
  3. Johann Philipp Hoff im Städel-Museum, abgerufen am 30. September 2024.
  4. Theodor Pixis: Wilhelm Busch zu seinem siebzigsten Geburtstag (15. April). In: Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur 1902, doi:10.11588/diglit.12080.65.
  5. Damals trat Adalbert Waagen in den Mittelpunkt der fröhlichen Künstlergesellschaft Jung-München, welche durch sinnreiche Maienspiele und Faschingsfeste dem früheren, altgewordenen Regiment den Vorrang ablief. Nächst dem unermüdlichen Otto Stöger, dem stets opferwilligen Theodor Pixis (Maler) und dem begabten Komponisten Georg Kremplsetzer stellte Adalbert Waagen mit August Spieß (Maler), Friedrich Lossow, Christian Jank und vielen Anderen seine geselligen Fähigkeiten als Sänger und Acteur zur Verfügung. vgl.: Hyacinth Holland: Waagen, Adalbert. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 778–780, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3Dbub_gb_bxINAAAAIAAJ~MDZ%3D%0A~SZ%3D189~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D.
  6. Michael Dirrigl: Residenz der Musen. Bruckmann, 1968, S. 578f.
  7. Maskenfest des Künstlervereins Jung-München. Wolf, München 1862, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10376386~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D.
  8. Die Kunst für Alle Bd. 8, Nr. 4 (15. November 1892), S. 49f.http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DbmMyAQAAMAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA47-IA4~doppelseitig%3D~LT%3DS.%2049f.~PUR%3D
  9. Aus dem Diplom Buschs. Michael Dirrigl: Residenz der Musen. Bruckmann, 1968, S. 577.
  10. Aus dem Diplom Buschs. Michael Dirrigl: Residenz der Musen. Bruckmann, 1968, S. 578.
  11. Gesellige Vereinigung bildender Künstler Münchens, e.V. [1]