Kreis Lüben

preußischer Landkreis in Schlesien

Der Kreis Lüben war ein preußischer Landkreis in Schlesien, der von 1742 bis 1945 bestand. Das Landratsamt war in Lüben. Das ehemalige Kreisgebiet gehört heute zur polnischen Woiwodschaft Niederschlesien.

Kreis Lüben, 1905
Rittergut Kaltwasser um 1875/77, Sammlung Alexander Duncker
Rittergut Dittersbach um 1866/67, Sammlung Alexander Duncker

Verwaltungsgeschichte

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Königreich Preußen

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Nach der Eroberung des größten Teils von Schlesien durch Preußen im Jahre 1741 wurden durch die königliche Kabinettsorder vom 25. November 1741 in Niederschlesien die preußischen Verwaltungsstrukturen eingeführt.[1] Dazu gehörte die Einrichtung zweier Kriegs- und Domänenkammern in Breslau und Glogau sowie deren Gliederung in Kreise und die Einsetzung von Landräten zum 1. Januar 1742.[2]

Im Fürstentum Liegnitz wurden aus den drei bestehenden alten schlesischen Weichbildern Goldberg-Haynau, Liegnitz und Lüben preußische Kreise gebildet. Als erster Landrat des Kreises Lüben wurde Ludwig Conrad von Schweinitz eingesetzt.[3][4] Der Kreis unterstand der Kriegs- und Domänenkammer Glogau, aus der im Zuge der Stein-Hardenbergischen Reformen 1815 der Regierungsbezirk Liegnitz der Provinz Schlesien hervorging.[5]

Bei der Kreisreform im benachbarten Regierungsbezirk Breslau vom 1. Januar 1818 wurden die Dörfer Herrndorf, Merschwitz und Polack aus dem Kreis Steinau in den Kreis Lüben umgegliedert.[6] Am 1. Mai 1818 wurde das Landratsamt nach Schwarzau bei Lüben verlegt.

Bei der Kreisreform vom 1. Januar 1820 im Regierungsbezirk Liegnitz erhielt der Kreis Lüben

  • vom Kreis Bunzlau das Dorf Jakobsdorf
  • vom Kreis Glogau die Dörfer Böcken, Eisemost, Friedrichswalde, Gühlichen, Heinzendorf, Herbersdorf, Neudorf, Neuguth, Nieder Gläsersdorf, Ober Gläsersdorf, Parchau und Petersdorf
  • vom Kreis Goldberg-Haynau die Dörfer Buchwald und Fuchsmühl sowie
  • vom Kreis Sprottau das Dorf Wengeln.

Der Kreis Lüben gab seinerseits die Dörfer Bienowitz, Briese, Grünthal, Herrndorf, Hummel, Kuchelberg, Merschwitz, Mittel Langenwaldau, Nieder Langenwaldau, Ober Langenwaldau, Panthen, Pfaffendorf, Pohlschildern, Rüstern, Schönborn, Sechshufen-Langenwaldau, Schwarzvorwerk, Thiergarten und Töpferberg an den Kreis Liegnitz ab.[7][8] Der Landrat erhielt seinen Sitz wieder in Lüben.

Norddeutscher Bund/Deutsches Reich

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Zum 8. November 1919 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Lüben entsprechend der Entwicklung im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der fast alle Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Zum 1. Oktober 1932 traten die Stadt Raudten sowie die Landgemeinden Alt Raudten, Brodelwitz, Gaffron, Queissen, Mlitsch, Ober Dammer, Töschwitz und Zedlitz aus dem aufgelösten Kreis Steinau zum Kreis Lüben.

Am 1. April 1938 wurden die preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien zur Provinz Schlesien zusammengeschlossen. Zum 18. Januar 1941 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet von der Roten Armee besetzt. Im Sommer 1945 wurde das Kreisgebiet von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Im Kreisgebiet begann daraufhin der Zuzug polnischer Zivilisten, die zum Teil aus den an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen. In der Folgezeit wurde die deutsche Bevölkerung größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben.

Einwohnerentwicklung

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Jahr Einwohner Quelle
1795 22.395 [9]
1819 21.734 [10]
1846 31.821 [11]
1871 33.277 [12]
1885 33.630 [13]
1900 31.584 [14]
1910 33.067 [14]
1925 33.991 [15]
1939 38.742 [15]

Landräte

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1742–175400Ludwig Conrad von Schweinitz[4]
1754–175900von Tschammer[4]
1759–176300Hans von Kreckwitz[4]
1764–179500Heinrich von Nikisch-Roseneck[4]
1795–180000Carl George Friedrich von Seidl[4]
1800–182100Ernst von Nikisch-Roseneck[4]
1821–182800Sigismund von Nickisch
1828–184000Sigismund von Schweinitz, auf Klein-Krichen, Landesältester
1840–184200von Schmettau (kommissarisch)
1842–186600Julius Bieß
1866–187600Julius von Rother (1834–1899)
1876–188600Ernst Louis von Uechtritz und Steinkirch (1820–1891)
1886–189900Johann von Dallwitz (1855–1919)
1899–190600Georg von Tschammer und Quaritz
1906–191500Wilhelm von Lieres und Wilkau (1874–1948)
19150000000Walter vom Hove (1881–1932) (vertretungsweise)
1915–191900von Lucke
1919–193300Hermann von Stosch
1933–194200August Pfeiffer
19420000000Möllenhoff (vertretungsweise)
19430000000Pawlowski (auftragsweise)
1943–194500Friedrich Bourwieg[16]

Kommunalverfassung

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Der Kreis Lüben gliederte sich seit dem 19. Jahrhundert in die Städte Kotzenau und Lüben, in Landgemeinden und Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 im Deutschen Reich eine einheitliche Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Gemeinden

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Der Kreis Lüben umfasste zuletzt drei Städte und 58 Landgemeinden:[15][7]

  • Alt Raudten
  • Barschau
  • Brauchitschdorf
  • Braunau
  • Brodelwitz
  • Buchwald
  • Buchwäldchen
  • Eisemost
  • Fauljoppe
  • Friedrichswalde
  • Fuchsmühl
  • Gaffron
  • Gläsersdorf
  • Groß Heinzendorf
  • Groß Kotzenau
  • Groß Krichen
  • Mallmitz
  • Michelsdorf
  • Mlitsch
  • Muckendorf
  • Mühlrädlitz
  • Neudorf
  • Neuhammer
  • Neurode
  • Ober Dammer
  • Ober Gläsersdorf
  • Oberau
  • Ossig
  • Parchau
  • Petersdorf
  • Petschkendorf
  • Pilgramsdorf
  • Polach
  • Queißen
  • Raudten, Stadt
  • Reichen
  • Sabitz
  • Schwarzau
  • Seebnitz
  • Spröttchen
  • Talbendorf
  • Töschwitz
  • Würtsch-Helle
  • Zedlitz
  • Ziebendorf

Zum Kreis gehörte außerdem der unbewohnte Forstgutsbezirk Klein Kotzenau. Bis 1938 verloren die folgenden Gemeinden ihre Eigenständigkeit:

  • Altstadt, am 21. September 1922 zu Lüben
  • Dittersbach, am 30. September 1928 zu Herzogswaldau
  • Guhlau, am 5. November 1923 zu Lüben
  • Gühlichen, am 1. August 1923 zu Lüben
  • Hummel, am 30. September 1928 zu Gläsersdorf
  • Klein Rinnersdorf, am 1. April 1938 zu Eisemost
  • Lübenwalde, am 1. April 1938 zu Ober Gläsersdorf
  • Neuguth, am 1. April 1938 zu Groß Heinzendorf
  • Nieder Gläsersdorf, am 30. September 1928 zu Gläsersdorf
  • Samitz, am 1. April 1923 zu Lüben
  • Wengeln, am 1. April 1928 zu Jakobsdorf

Literatur

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  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 222–223, Ziffer 11.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 204–209 (Faksimile in der Google-Buchsuche).
  • Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichniß sämmtlicher Rittergüter und selbständigen Guts- und Forstbezirke, sowie solcher größeren Güter, welche innerhalb des Gemeindeverbandes mit einem Reinertrag von etwa 1500 Mark und mehr zur Grundsteuer veranlagt sind. Fünfte Ausgabe, Wilhelm Gottlob Korn, Breslau 1894, S. 305–312 (Online).
  • Michael Rademacher: Provinz Schlesien – Landkreis Lüben. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
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Commons: Landkreis Lüben – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Roland Gehrke: Landtag und Öffentlichkeit: Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20413-6, S. 45 (Teildigitalisat).
  2. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Akten vom 31. Mai 1740 bis Ende 1745. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 6,2. Paul Parey, Berlin 1901, Königliche Ordre zur Bestellung von Landräthen in Niederschlesien, S. 259 (Digitalisat).
  3. W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate. Carl Heymann, Berlin 1839, Kreiseinteilung des preußischen Herzogtums Schlesien im 18. Jahrhundert, S. 290 (Digitalisat).
  4. a b c d e f g Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
  5. Verordnung zur Eintheilung des preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung. 1815 (Digitalisat).
  6. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau 1817, Nr. XLV. Neue Eintheilung und Abgränzung der Kreise im Breslauer Regierungs-Departement vom 31. Oktober 1817. Breslau, S. 476 ff. (Digitalisat).
  7. a b Territoriale Veränderungen in Deutschland, in: Rolf Jehke: Territoriale Veränderungen in Deutschland und deutsch verwalteten Gebieten 1874–1945, Herdecke. Zuletzt geändert am 17. Oktober 2011.
  8. Amtsblatt der Regierung Liegnitz 1819, Nr. 52. Verordnung die neue Kreis-Eintheilung betreffend vom 15. Dezember 1819. Liegnitz, S. 470 (Digitalisat).
  9. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 36 (Digitalisat).
  10. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 93 (Digitalisat).
  11. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  12. Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871, Berlin 1873.
  13. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 und anderer amtlicher Quellen, 1887.
  14. a b Gemeindeverzeichnis, Hrsg. Uli Schubert, Solingen 17.09.2022.
  15. a b c Michael Rademacher: Lueben. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  16. Dienstberichte des Landrats des Kreises Lüben vom 27.1.1945 und 27.2.1945, in: Lüben damals. Stand 1.1.2024.