Landkreis Witzenhausen

ehemaliger Landkreis in Hessen
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Der Landkreis Witzenhausen war als Kreis Witzenhausen bis 1866 ein kurhessischer, danach bis 1945 ein preußischer Kreis und dann als hessischer Landkreis bis 1973 eine untere territoriale Einheit der inneren Verwaltung und ab 1885 auch eine kommunale Selbstverwaltungskörperschaft. Ab 1974 bildet sein ehemaliges Gebiet heute den nördlichen Teil des Werra-Meißner-Kreises im Nordosten von Hessen und umfasst die Städte Witzenhausen, Bad Sooden-Allendorf, Großalmerode, Hessisch Lichtenau, die Gemeinde Neu-Eichenberg sowie den Gutsbezirk Kaufunger Wald. Sitz des Landkreises war die Stadt Witzenhausen.

Wappen Deutschlandkarte
Landkreis Witzenhausen
Deutschlandkarte, Position des Landkreises Witzenhausen hervorgehoben
Basisdaten (Stand 1973)
Koordinaten: 51° 20′ N, 9° 51′ OKoordinaten: 51° 20′ N, 9° 51′ O
Bestandszeitraum: 1821–1973
Bundesland: Hessen
Regierungsbezirk: Kassel
Verwaltungssitz: Witzenhausen
Fläche: 425,82 km2
Einwohner: 50.800 (31. Dez. 1972)
Bevölkerungsdichte: 119 Einwohner je km2
Kfz-Kennzeichen: WIZ
Kreisschlüssel: 06 2 43
Kreisgliederung: 29 Gemeinden
Lage des Landkreises Witzenhausen in Hessen
Karte
Karte
Kreishaus Witzenhausen

Geographie

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Der Landkreis grenzte Ende 1973, im Nordwesten beginnend im Uhrzeigersinn, an den Landkreis Göttingen in Niedersachsen, an den Kreis Heiligenstadt im Bezirk Erfurt der DDR sowie an die hessischen Landkreise Eschwege, Melsungen und Kassel.

Geschichte

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Kurhessen

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Der Kreis Witzenhausen wurde 1821 durch eine kurfürstliche Verordnung[1] (§ 137) nach der Trennung von Justiz (§§ 36 ff. der Verordnung) und Verwaltung (§§ 58 ff. der Verordnung) als territoriale Einheit des Kurfürstentums Hessen für die innere Verwaltung aus den damaligen Ämtern Allendorf, Lichtenau, Ludwigstein, Großalmerode und Witzenhausen gebildet. Die Verordnung über die neue Organisation der Staatsverwaltung teilte das Staatsgebiet in vier Provinzen ein, jede Provinz wurde wieder in Kreise (§ 1) eingeteilt (Niederhessen in zehn, Oberhessen, Fulda und Hanau in jeweils vier).

Am 1. Januar 1837 wechselten die Gemeinden Dudenrode, Kammerbach und Orferode aus dem Kreis Eschwege in den Kreis Witzenhausen.[2][3]

Preußen – Der Kreis im neuen Regierungsbezirk Kassel 1867

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Das Kurfürstentum unterliegt im Krieg Preußens gegen den Deutschen Bund (Deutscher Krieg, früher auch preußisch-österreichischer Krieg genannt). Mit Gesetz vom 20. September 1866 wurde das Kurfürstentum mit der preußischen Monarchie vereinigt (Annexion[4]); die In-Besitz-Nahme erfolgt am 3. Oktober 1866[5]. Da erst „künftig“ eine neue preußische Provinz mit entsprechenden Regierungsbezirken entstehen sollte, bestanden die vier kurhessischen Provinzen zunächst weiter. Aber bereits wenige Monate später, am 22. Februar 1867, verordnete der König von Preußen: Aus dem ehemaligen Kurfürstenthum Hessen, den bisher Bayerischen Gebietstheilen, Bezirksamt Gersfeld und Landgerichtsbezirk Orb ohne Aura, aus dem bisherigen Großherzoglich Hessischen Kreise Vöhl, einschließlich der Enklaven Eimelrod und Höringhausen, wird ein Verwaltungsbezirk unter dem Namen „Regierungsbezirk Kassel“ gebildet.[6]

Der neue (preußische) Regierungsbezirk Kassel wurde in 23 Kreise eingeteilt, die bisherigen preußischen Zivilkommissare für Kurhessen und Nassau wurden damit Regierungspräsidenten in Kassel und Wiesbaden. Die Zusammenfassung beider Regierungsbezirke in der Provinz Hessen-Nassau wurde am 22. Dezember 1868 vollzogen; Oberpräsident mit dem Sitz in Kassel wurde Eduard von Möller.

Nach 1945: Das neue Land Hessen

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Ein Gebietsaustausch erfolgte im Rahmen des Wanfrieder Abkommens am 17. September 1945:

Zu Beginn der 1970er Jahre änderten sich mehrfach die Außengrenzen des Landkreises:

  • Am 1. Dezember 1970 schied die Gemeinde Wickenrode aus dem Landkreis aus und wurde in die Gemeinde Helsa-Wickenrode im Landkreis Kassel eingegliedert.
  • Am 31. Dezember 1971 schieden die Gemeinden Harmuthsachsen und Hasselbach aus dem Landkreis aus und wurden in die Gemeinde Waldkappel im Landkreis Eschwege eingegliedert.
  • Am 1. August 1972 schied die Gemeinde St. Ottilien aus dem Landkreis aus und wurde in die Gemeinde Helsa im Landkreis Kassel eingegliedert.

Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen wurden die Landkreise Eschwege und Witzenhausen am 1. Januar 1974 zum Werra-Meißner-Kreis zusammengeschlossen[7].

Einwohnerentwicklung

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Jahr Einwohner Quelle
1871 31.122 [8]
1890 29.256 [9]
1900 31.055 [9]
1910 32.585 [9]
1925 35.228 [9]
1939 37.262 [9]
1950 56.658 [9]
1960 51.900 [9]
1970 53.000 [10]
1972 50.800 [11]

Landräte

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Im Wappen war die Burg Ludwigstein abgebildet, die auch in das Wappen des Werra-Meißner-Kreises integriert wurde.

Gemeinden

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Stand 1969

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Bis zu den ersten Gemeindefusionen im Jahre 1970 bestand der Landkreis Witzenhausen aus 57 Gemeinden, von denen vier das Stadtrecht besaßen:[13]

Ahrenberg
Albshausen
Bad Sooden-Allendorf, Stadt
Berge
Berlepsch-Ellerode
Blickershausen
Dohrenbach
Dudenrode
Eichenberg
Ellershausen
Ellingerode
Epterode
Ermschwerd
Friedrichsbrück
Fürstenhagen
Gertenbach
Großalmerode, Stadt
Harmuthsachsen
Hasselbach
Hausen
Hebenshausen
Hermannrode
Hessisch Lichtenau, Stadt
Hilgershausen
Hollstein
Hopfelde
Hubenrode
Hundelshausen
Kammerbach
Kleinalmerode
Kleinvach
Küchen
Laudenbach
Marzhausen
Neuseesen
Oberrieden
Orferode
Quentel
Reichenbach
Retterode
Rommerode
Roßbach
St. Ottilien
Trubenhausen
Uengsterode
Unterrieden
Velmeden
Walburg
Weiden
Weißenbach
Wendershausen
Werleshausen
Wickenrode
Wickersrode
Witzenhausen, Stadt
Wollstein
Ziegenhagen

Stand 31. Dezember 1973

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Am 1. Februar 1971 entstand durch den Zusammenschluss mehrerer Gemeinden die neue Gemeinde Neu-Eichenberg. Nach einer Reihe von weiteren Gemeindefusionen bestanden im Landkreis Witzenhausen zum Zeitpunkt seiner Auflösung am 31. Dezember 1973 noch 29 Gemeinden:[13]

Albshausen
Bad Sooden-Allendorf, Stadt
Berlepsch-Ellerode
Blickershausen
Ellingerode
Ermschwerd
Friedrichsbrück
Fürstenhagen
Gertenbach
Großalmerode, Stadt
Hausen
Hessisch Lichtenau, Stadt
Hollstein
Hopfelde
Hubenrode
Kammerbach
Kleinalmerode
Küchen
Laudenbach
Neu-Eichenberg
Quentel
Rommerode
Roßbach
Trubenhausen
Uengsterode
Velmeden
Walburg
Witzenhausen, Stadt
Ziegenhagen

Gleichzeitig mit der Auflösung des Landkreises fanden zum 1. Januar 1974 noch zahlreiche weitere Eingemeindungen statt. Aus dem Altkreis Witzenhausen traten damit letztendlich mit Bad Sooden-Allendorf, Großalmerode, Hessisch Lichtenau, Neu-Eichenberg und Witzenhausen fünf Gemeinden in den neuen Werra-Meißner-Kreis ein.

Kfz-Kennzeichen

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Am 1. Juli 1956 wurde dem Landkreis bei der Einführung der bis heute gültigen Kfz-Kennzeichen das Unterscheidungszeichen WIZ zugewiesen. Es wurde bis zum 31. Dezember 1973 ausgegeben. Seit dem 16. September 2013 ist es aufgrund der Kennzeichenliberalisierung im Werra-Meißner-Kreis erhältlich.

Literatur

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  • Kreis Witzenhausen. In: Hessischer Heimatbund (Hrsg.): Handbuch des Hessischen Heimatbundes. Band IV. J. A. Koch Buchdruckerei, Marburg a. d. Lahn 1971, S. 229.
  • Albrecht Eckhardt: Kleine Territorialgeschichte des Kreises Witzenhausen. Teil II. In: Werratalverein Eschwege e. V. (Hrsg.): Das Werraland. Heft 3. Eschwege 1971, S. 38–43.
  • Ernst Baier, Cord Peppler-Lisbach, Volker Sahlfrank: Die Pflanzenwelt des Altkreises Witzenhausen mit Meißner und Kaufunger Wald. 2., ergänzte und verbesserte Auflage. Schriften des Werratalvereins Witzenhausen, Heft 39. Werratalverein (WTV) Witzenhausen, Witzenhausen 2005, ISBN 3-9807194-2-1.
  • W. Küther: Historisches Ortslexikon des Kreises Witzenhausen (= Historisches Ortslexikon des Landes Hessen, 1). Marburg 1973.
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Commons: Landkreis Witzenhausen – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Verordnung vom 29. Juni 1821 über die Umbildung der bisherigen Staatsverwaltung betreffend, in (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen vom Jahre 1821, Hof- und Waisenhaus-Druckerei, Cassel) kurhessGS 1821, S. 29–62; auch in: Wilhelm Möller, Karl Fuchs (Hrsg.): Sammlung der im Kurfürstenthum Hessen noch geltenden gesetzlichen Bestimmungen von 1813 bis 1860. Elwert’sche Universitäts-Buchhandlung, Marburg/Leipzig 1866, S. 311–351
  2. Verordnung vom 5. November 1836, die Veränderung einiger Untergerichts- und Kreisamths-Bezirke betreffend. In (Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen vom Jahre 1821, Hof- und Waisenhaus-Druckerei, Cassel) kurhessGS 1836, S. 132.
  3. Ulrich Reuling: Verwaltungs-Einteilung 1821-1955. (PDF) In: Geschichtlicher Atlas von Hessen. Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS), S. 176, abgerufen am 19. März 2016.
  4. Gesetz betreffend die Vereinigung des Königreichs Hannover, des Kurfürstentum Hessen, des Herzogtums Nassau und der freien Stadt Frankfurt mit der Preußischen Monarchie vom 20. September 1866, Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten (preußGS) 1866, S. 555 f.
  5. Patent wegen Besitznahme des vormaligen Kurfürstentums Hessen vom 3. Oktober 1866, Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten (preuß GS) 1866, S. 594 ff.
  6. § 1 Satz 1 der Verordnung, betreffend die Organisation der Verwaltungsbehörden in dem vormaligen Kurfürstenthume Hessen, in dem vormaligen Herzogthume Nassau, in der vormals freien Stadt Frankfurt und in den bisher Bayerischen und in den Großherzoglichen Hessischen Gebietsteilen. Vom 22. Februar 1867 (Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten (preuß GS) 1867, S. 273)
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 410 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  8. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Hessen-Nassau und ihre Bevölkerung 1871
  9. a b c d e f g Michael Rademacher: Witzenhausen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1972
  11. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1974
  12. Eckhart G. Franz, Georg Rösch: Die Landräte in 150 Jahren im Kreis Gelnhausen: Thomas Boch. In: 150 Jahre Kreis Gelnhausen – Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen – Zwischen Vogelsberg und Spessart 1971. Gelnhausen 1970, S. 38.
  13. a b Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).