Liste der Gerichtsbezirke in der Bukowina
Diese Liste der Gerichtsbezirke in der Bukowina listet alle Gerichtsbezirke im ehemaligen österreichischen Kronland Bukowina auf.
Geschichte
BearbeitenDie Gerichtsbezirke in der Bukowina wurden durch eine kaiserliche Verordnung vom 6. November 1850 geschaffen, wobei für die Bukowina die Errichtung von insgesamt 17 Gerichtsbezirken festgelegt wurde. Dies waren die Gerichtsbezirke Czernowitz, I. Section, Czernowitz II. Section, Zastawna, Kotzmann, Sadogura, Storoszenetz, Wischnitza, Waskoutz, Puttila, Radautz, Sereth, Seletin, Suczawa, Solka, Gura humora, Moldauisch Kimpolung und Watra dorna. Die 17 Gerichtsbezirke waren in vier Kreise eingeteilt, in denen das Landesgericht Czernowitz, und die drei Bezirksgerichte Wischnitza, Radautz und Sucawa die erste Instanz in Zivil- und Strafsachen für die ihnen unterstellten Gerichtsbezirke bildeten. Alle zusammen waren dem Landesgericht Czernowitz bzw. dem Oberlandesgericht Lemberg unterstellt.[1]
Bereits 1854 wurde die Kaiserliche Verordnung durch eine Ministerial-Verordnung abgeändert. Durch die Zusammenlegung der Gerichtsbezirke Czernowitz der I. und II. Section sowie die Einsparung des Gerichtsbezirks Seletin war die Bukowina nun in 15 Gerichtsbezirke eingeteilt. Als Untersuchungsgerichte für Verbrechen und Vergehen wurden wiederum das Landesgericht Czernowitz (für Czernowitz und Umgebung, Sadagura, Kotzmann, Waskoutz und Zastawna), das Bezirksgericht Suczawa (für die Gerichtsbezirke Suzawa, Dorna, Kimpolung und Gurahumora), das Bezirksgericht Storoschinetz (für die Bezirke Storoschinetz, Puttilla und Wysnitz) und das Bezirksgericht Radautz (für die Gerichtsbezirke Radautz, Solka und Sereth) bestimmt.[2] Im Jahr 1908 gab es für die zweite Instanz nur mehr das Landesgericht Czernowitz und das Kreisgericht Suczawa.[3]
Die Bezirksgerichte nahmen in den ihnen unterstehenden Gerichtsbezirken zunächst auch politische Aufgaben und Verwaltungsaufgaben wahr. Erst durch die Schaffung der modernen, politischen Bezirke erfolgte um das Jahr 1868 in der Habsburgermonarchie die Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung.[4] Für die Bukowina wurden in der Folge 1868 die bestehenden 15 Bezirke bzw. Gerichtsbezirke zu den acht Bezirken Czernowitz, Kimpolung, Kotzmann, Radautz, Sereth, Storozynetz, Suczawa und Wisznitz zusammengefasst.[5] Hierfür war auch der inzwischen aufgelöste Gerichtsbezirk Puttila wiedererrichtet worden,[6] wobei gleichzeitig per 28. März 1870 mehrere Gebietsänderungen zwischen den Gerichtsbezirken umgesetzt wurden.[7]
Auch in der Folge wurden immer wieder neue Gerichtsbezirke geschaffen bzw. reaktiviert. So erfolgte per 1. Juni 1888 die Wiedererrichtung des Gerichtsbezirkes Seletin im Bezirk Suczawa.[8] Ebenso entstand per 1. November 1898 der Gerichtsbezirk Waschkoutz am Czeremosch,[9] per 1. Februar 1904 der Gerichtsbezirk Bojan,[10] per 1. September 1910 der Gerichtsbezirk Stulpikany[11] und per 1. Oktober 1913 der Gerichtsbezirk Czudyn.[12] 1914 wurde zudem die Errichtung des Gerichtsbezirks Ober-Wików verordnet.[13] Das Kronland Bukowina fiel nach dem Ende des Ersten Weltkriegs durch den Vertrag von Saint-Germain an Rumänien.
Gerichtsbezirke
BearbeitenDie Tabelle enthält im Einzelnen folgende Informationen (Stand 1900):
Gerichtsbezirk: | Name des Gerichtsbezirkes in deutscher Sprache |
Rumänische/Ruthenische Bezeichnung: | Rumänische bzw. Ruthenische Bezeichnung |
Politischer Bezirk: | Politischer Bezirk, in dem der Gerichtsbezirk damals lag |
Einwohner: | Einwohner |
Fläche in km²: | Fläche in km² |
Bev.-Dichte: | Bevölkerungsdichte in Einwohner pro km² |
Deutschsprachige: | Einwohner mit deutscher Umgangssprache |
Ruthenisch-/Rumänischsprachige: | Einwohner mit ruthenischer bzw. rumänischer Umgangssprache |
Sonstige: | Einwohner mit anderen Umgangssprachen |
- Landesgericht: alle Bezirksgerichte waren dem Landesgericht Czernowitz unterstellt.
Gerichts- bezirk |
Rumänische Bezeichnung | Ruthenische Bezeichnung | Politischer Bezirk | Ein- wohner |
Fläche in km² | Bev.- Dichte |
Deutsch- spr. |
Ruth.- spr. |
Rum.- spr. |
Sons- tige |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Czernowitz | Cernăuţ | Czerniwci | Czernowitz | 110.484 | 473,09 | 234 | 38.253 | 38.506 | 22.653 | 9.199 |
Dorna Watra | Vatra Dornei | Dornawatra | Kimpolung | 14.406 | 652,84 | 22 | 5.220 | 446 | 7.480 | 319 |
Gurahumora | Gurahumora | Gura Humorului | Gurahumora | 30.549 | 440,10 | 69 | 8.344 | 78 | 20.170 | 1.771 |
Kimpolung | Câmpulung | Kimpolung | Kimpolung | 41.282 | 1696,64 | 24 | 11.623 | 6.896 | 20.725 | 1.144 |
Kotzman | Coţman | Kicmań | Kotzman | 43.131 | 344,84 | 125 | 4.285 | 37.997 | 74 | 740 |
Putilla | Putila | Putyłiw | Wiznitz | 13.614 | 529,80 | 26 | 1.854 | 11.682 | 4 | 65 |
Radautz | Rădăuț | Radiwci | Radautz | 70.015 | 878,68 | 80 | 19.169 | 2.974 | 44.525 | 3.040 |
Sadagora | Sadagura | Sadhora | Czernowitz | 56.576 | 460,63 | 123 | 9.583 | 32.902 | 9.931 | 3.022 |
Seletin | Seletin | Seletyn | Radautz | 12.137 | 962,29 | 13 | 2.324 | 5.890 | 3.394 | 286 |
Sereth | Siret | Seret | Sereth | 60.743 | 518,80 | 117 | 10.012 | 26.155 | 16.171 | 8.161 |
Solka | Solca | Solka | Gurahumora | 25.192 | 299,79 | 84 | 3.850 | 1.394 | 18.257 | 1.628 |
Stanestie | Stănești | Staniwci | Storozynetz | 22.249 | 216,69 | 103 | 2.838 | 19.125 | 105 | 169 |
Storozynetz | Storojineţ | Storożynec | Storozynetz | 57.851 | 935,62 | 62 | 12.381 | 15.183 | 27.925 | 2.266 |
Suczawa | Suceava | Suczawa | Suczawa | 62.447 | 569,32 | 110 | 11.549 | 11.269 | 37.252 | 1.870 |
Waschkoutz am Czeremosch | Văşcăuţ lângă Ceremuş | Waszkiwci nad Czeremoszem | Wiznitz | 21.346 | 211,18 | 101 | 3.478 | 16.656 | 55 | 1.151 |
Wiznitz | Vijniţa | Wyżnycia | Wiznitz | 36.112 | 758,91 | 48 | 9.841 | 25.223 | 242 | 1.302 |
Zastawna | Zastavna | Zastawna | Kotzman | 51.502 | 492,82 | 105 | 4.882 | 45.422 | 55 | 1.069 |
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Allgemeines Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Österreich 1850, CLXV. Stück, Nr. 497: „Kaiserliche Verordnung, wodurch die Gerichts-Organisation in den Kronländern Galizien und Lodomerien mit Krakau, Auschwitz und Zator und in der Bukowina festgesetzt wird“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich 1854, XXXIX. Stück, Nr. 110 „Verordnung der Minister des Innern, der Justiz und der Finanzen, betreffend die politische und gerichtliche Organisirung des Herzogthumes Bukowina“
- ↑ Niederösterreichischer Amtskalender für das Jahr 1908, Wien, k.u.k. Hof- und Staatsdruckerei, S. 294
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XVII. Stück, Nr. 44. „Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden in den Königreichen ...“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XLI. Stück, Nr. 101: Verordnung vom 10. Juli 1868, die Durchführung des Gesetzes vom 19. Mai 1868 (Reichs-Gesetz-Blatt Nr. 44) in Böhmen, Dalmatien, Oesterreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnthen, Bukowina, Mähren, Schlesien, Tirol und Vorarlberg, Istrien, Görz und Gradiska betreffend.
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Wiedererrichtung des Bezirksgerichtes Putilla und Aenderungen in dem Gebietsumfange mehrerer Bezirksgerichte der Bukowina“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich 1870, Nr. 28: „Verordnung des Justizministeriums, betreffend den Beginn der Wirksamkeit des Bezirksgerichtes Putilla (Storonetz) und der Aenderungen in dem Gebietsumfange mehrerer Bezirksgerichte im Herzogthume Bukowina“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder, 1886, Nr. 75: „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Errichtung des Bezirksgerichtes Seletin in der Bukowina“ bzw. 1888, Nr. 15 „Verordnung des Justizministeriums, betreffend den Beginn der Amtswirksamkeit des Bezirksgerichtes Seletin in der Bukowina“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder, 1893, Nr. 111: „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Errichtung des Bezirksgerichtes Waszkoutz am Czeremosz in der Bukowina“ bzw. 1898, Nr. 144: „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Activirung des Bezirksgerichtes in Waszkoutz am Czeremosz in der Bukowina“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder, 1899, Nr. 187: Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Errichtung des Bezirksgerichtes in Bojan in der Bukowina bzw. 1903, Nr. 211: Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Aktivierung des Bezirksgerichtes in Bojan in der Bukowina
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder, 1903, Nr. 242 „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Errichtung des Bezirksgerichtes Stulpikany in der Bukowina“ bzw. 1910, Nr. 123 „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Aktivierung des Bezirksgerichtes Stulpikany in der Bukowina“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder, 1907, Nr. 226 „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Errichtung des Bezirksgerichtes Czudyn in der Bukowina“ bzw. „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Aktivierung des Bezirksgerichtes Czudyn in der Bukowina“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder 1914, Nr. 77. „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Errichtung eines Bezirksgerichtes in Ober-Wików in der Bukowina“
Literatur
Bearbeiten- k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Gemeindelexikon der Bukowina. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1900. Wien 1907