Malonazidurie oder Malonyl-CoA-Decarboxylase-Mangel ist eine autosomal-rezessive[1] Stoffwechselstörung, die durch eine genetische Mutation verursacht wird, die die Aktivität der Malonyl-CoA-Decarboxylase stört. Dieses Enzym spaltet Malonyl-CoA (eine Fettsäurevorstufe und ein Fettsäureoxidationinhibitor) in Acetyl-CoA und Kohlendioxid auf.

Anzeichen und Symptome

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Die Anzeichen und Symptome dieser Störung treten typischerweise in der frühen Kindheit auf. Fast alle betroffenen Kinder weisen eine verzögerte Entwicklung auf.

Weitere Anzeichen und Symptome können sein:

 
Malonazidurie wird autosomal rezessiv vererbt.

Die Malonazidurie wird durch Mutationen im MLYCD-Gen verursacht, das sich auf dem Chromosom 16q23.3 befindet.[2] Das Gen kodiert für das Enzym Malonyl-CoA-Decarboxylase. Innerhalb der Zellen hilft dieses Enzym die Bildung und den Abbau von Fettsäuren zu regulieren.

Viele Gewebe, darunter auch der Herzmuskel, nutzen Fettsäuren als Hauptenergiequelle. Mutationen im MLYCD-Gen reduzieren oder eliminieren die Funktionalität der Malonyl-CoA-Decarboxylase. Ein Mangel an diesem Enzym stört das normale Gleichgewicht von Fettsäurebildung und -abbau. Infolgedessen können die Fettsäuren nicht in Energie umgewandelt werden, was zu den charakteristischen Merkmalen dieser Erkrankung wie niedrigem Blutzucker und Kardiomyopathie führen kann. Nebenprodukte der Fettsäureverarbeitung reichern sich in den Geweben an, was ebenfalls zu den Anzeichen und Symptomen der Malonazidurie beiträgt.

Die Malonazidurie wird autosomal rezessiv vererbt.[1] Das bedeutet, dass sich das defekte Gen auf einem Autosom befindet (Chromosom 16 ist ein Autosom) und dass zwei Kopien des defekten Gens – eine von jedem Elternteil – erforderlich sind, um mit der Störung geboren zu werden. Die Eltern eines Kindes mit einer autosomal rezessiven Störung tragen beide eine Kopie des defekten Gens, sind aber normalerweise nicht von der Störung betroffen.

Malonazidurie ist extrem selten, und es gibt Hinweise darauf, dass sie durch eine Anomalie in der Regulation der Proteintranskription verursacht wird.[3] Betrachtet man die molekulare Basis, so stellt man fest, dass zwei verschiedene homozygote Mutationen beim Menschen Malonazidurie verursachen. Bei der ersten Mutation handelt es sich um eine Transversion des Gens von C nach G, die ein vorzeitiges Stoppsignal im Protein verursacht. Bei der zweiten Mutation handelt es sich um eine Basenpaar-Insertion in der reifen RNA, die schließlich zu einer Abschnürung des Proteins führt.[4]

Eine Untersuchung hat auch bestätigt, dass die homozygote Mutation, die schließlich zur Malonazidurie führt, durch die Isodisomie der mütterlichen uniparentalen Disomie verursacht wird. Dies deutet darauf hin, dass diese Krankheit wahrscheinlich über das Genprofil der Mutter und nicht über die väterliche Quelle vererbt wird.[5]

Prävalenz

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Nach Angaben von Orphanet (2006) liegt die Prävalenz bei weniger als 1 von 1.000.000.[6]

1984 wurde die Malonazidurie zum ersten Mal in einer wissenschaftlichen Studie beschrieben.[7]

Bis 1999 wurden in Australien nur sieben Fälle von Malonazidurie beim Menschen gemeldet; dieser Mangel tritt jedoch überwiegend im Kindesalter auf. Die Patienten der sieben gemeldeten Fälle von Malonazidurie liegen in einer Alterspanne von 4 Tagen bis 13 Jahren und weisen alle das gemeinsame Symptom einer verzögerten neurologischen Entwicklung auf.[4]

Bis 2006 wurden weltweit 17 Fälle von Malonazidurie im Alter von 8 Tagen bis 12 Jahren in der Literatur veröffentlicht.[3]

Bis 2017 waren weniger als 30 Fälle in der Literatur bekannt.[8]

Pathophysiologie

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Malonyl-CoA-Decarboxylase wirkt als Katalysator bei der Umwandlung von Malonyl-CoA in Acetyl-CoA und CO2.[3] Ohne die enzymatische Aktivität der Malonyl-CoA-Decarboxylase steigt das zelluläre Malonyl-CoA so stark an, dass es stattdessen von einer unspezifischen, kurzkettigen Acyl-CoA-Hydrolase abgebaut wird, wodurch Malonsäure und CoA entstehen. Malonsäure hemmt den Citratzyklus, was die Zellen daran hindert, ATP durch Oxidation herzustellen. In diesem Zustand sind die Zellen zur ATP-Herstellung gezwungen, die Glykolyse zu steigern, bei der Milchsäure als Nebenprodukt entsteht. Der Anstieg von Milchsäure und Malonsäure senkt den pH-Wert des Blutes drastisch und verursacht sowohl eine Laktat- als auch eine Malonazidurie (saurer Urin). Es wird auch vermutet, dass der Überschuss an mitochondrialem Malonyl-CoA den Methylmalonsäurespiegel erhöht, was auf eine hemmende Wirkung auf die Methylmalonyl-CoA-Mutase zurückzuführen ist.[9][10]

Im Cytoplasma wirkt Malonyl-CoA als Hemmstoff des äußeren Mitochondrienmembranenzyms Carnitin-Palmitoyltransferase I (CPT1), infolgedessen die Fettsäureoxidation gehemmt wird.[3] Die hemmende Wirkung von cytoplastischem Malonyl-CoA auf CPT1 ist unterschiedlich, so hemmt es in der Herz- und Skelettmuskulatur etwa 100-mal stärker als in der Leber.[11]

Einige häufige Symptome der Malonazidurie, wie Kardiomyopathie und metabolische Azidose, werden durch die hohen Konzentrationen von Malonyl-CoA im Cytoplasma ausgelöst.

Obwohl die pathogenen Mechanismen dieses Mangels noch nicht genau bekannt sind, vermuten einige Forscher eine hirnspezifische Interaktion zwischen Malonyl-CoA und dem CTP1-Enzym, die zu den unerklärlichen Symptomen der Malonazidurie führen könnte.[5]

Forschungen haben ergeben, dass große Mengen an Malonyl-CoA-Carboxylase im Hypothalamus und im Kortex des Gehirns abgelöst werden, wo auch große Mengen an lipogenen Enzymen zu finden sind, was darauf hindeutet, dass Malonyl-CoA-Decarboxylase eine Rolle bei der Lipidsynthese im Gehirn spielt.[3] Eine gestörte Interaktion zwischen Malonyl-CoA und CPT1 könnte ebenfalls zu einer abnormalen Gehirnentwicklung beitragen.[3]

Die Malonyl-CoA-Decarboxylase spielt eine wichtige Rolle bei den β-Oxidationsprozessen sowohl in den Mitochondrien als auch im Peroxisom.[4] Einige andere Autoren haben auch die Hypothese aufgestellt, dass die durch den Malonyl-CoA-Carboxylase-Mangel verursachte Hemmung der peroxisomalen β-Oxidation zur Entwicklungsverzögerung beiträgt.[4]

Diagnose

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Screening auf erhöhte organische Säuren, insbesondere Malonsäure und Methylmalonsäure, und auf hohes Malonylcarnitin.[6] Die Diagnose kann dann durch Bestimmung der Enzymaktivität der Malonyl-CoA-Decarboxylase in kultivierten Hautfibroblasten bestätigt werden.[6] Ein molekulargenetischer Test des MLYCD-Gens kann ebenfalls nützlich sein.[6]

Differentialdiagnose

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Durch die Berechnung des Verhältnisses von Malonsäure zu Methylmalonsäure im Blutplasma lässt sich die Malonazidurie eindeutig von der kombinierten Malon- und Methylmalonazidurie (CMAMMA) und der klassischen Methylmalonazidämie unterscheiden.[12] Letzteres gilt sowohl für Vitamin B12 ansprechende als auch für die Vitamin B12 nicht ansprechende Methylmalonazidämien.[12] Bei Malonazidurie sind die Ergebnisse des Verhältnisses größer als 1, da der Malonsäurewert höher ist als der Methylmalonsäurewert.[3] Bei CMAMMA hingegen ist das Ergebnis kleiner als 1, weil die Methylmalonsäure höher ist als die Malonsäure.[9]

Behandlung

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Eine in den Niederlanden durchgeführte Untersuchung hat ergeben, dass Carnitingaben und eine fettarme Ernährung dazu beitragen können, den Malonsäurespiegel in unserem Körper zu senken.[5]

Anmerkung

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Da bei der Malonazidurie sowohl die Malonsäure- als auch die Methylmalonsäurewerte erhöht sind, wurde sie früher auch als kombinierte Malon- und Methylmalonazidurie (CMAMMA) bezeichnet. Obwohl der ACSF3-Mangel erst später entdeckt wurde, hat sich mittlerweile der Begriff der kombinierten Malon- und Methylmalonazidurie in den medizinischen Datenbanken für den ACSF3-Mangel durchgesetzt.[13][14]

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. a b G. B. MacPhee, R. W. Logan, J. S. Mitchell, D. W. Howells, E. Tsotsis, D. R. Thorburn: Malonyl coenzyme A decarboxylase deficiency. In: Archives of Disease in Childhood. Band 69, Nr. 4, 1. Oktober 1993, ISSN 0003-9888, S. 433–436, doi:10.1136/adc.69.4.433, PMID 8259873, PMC 1029550 (freier Volltext) – (englisch).
  2. Malonazidurie. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  3. a b c d e f g M. C. Y. de Wit, I. F. M. de Coo, E. Verbeek, R. Schot, G. C. Schoonderwoerd, M. Duran, J. B. C. de Klerk, J. G. M. Huijmans, M. H. Lequin, F. W. Verheijen, G. M. S. Mancini: Brain abnormalities in a case of malonyl-CoA decarboxylase deficiency. In: Molecular Genetics and Metabolism. Band 87, Nr. 2, Februar 2006, S. 102–106, doi:10.1016/j.ymgme.2005.09.009, PMID 16275149 (englisch).
  4. a b c d David R. FitzPatrick, Alison Hill, John L. Tolmie, David R. Thorburn, John Christodoulou: The molecular basis of malonyl-CoA decarboxylase deficiency. In: American Journal of Human Genetics. Band 65, Nr. 2, August 1999, S. 318–326, doi:10.1086/302492, PMID 10417274, PMC 1377930 (freier Volltext) – (englisch).
  5. a b c S. Malvagia, L. Papi, A. Morrone, M. A. Donati, F. Ciani, E. Pasquini, G. La Marca, H. R. Scholte, M. Genuardi, E. Zammarchi: Fatal malonyl CoA decarboxylase deficiency due to maternal uniparental isodisomy of the telomeric end of chromosome 16. In: Annals of Human Genetics. Band 71, Nr. 6, November 2007, S. 705–712, doi:10.1111/j.1469-1809.2007.00373.x, PMID 17535268 (englisch).
  6. a b c d Eintrag zu Malonazidurie. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten), abgerufen am 20. April 2024.
  7. G. K. Brown, R. D. Scholem, A. Bankier, D. M. Danks: Malonyl coenzyme a decarboxylase deficiency. In: Journal of Inherited Metabolic Disease. Band 7, Nr. 1, März 1984, ISSN 0141-8955, S. 21–26, doi:10.1007/BF01805615, PMID 6145813 (englisch).
  8. Mamatha Ramaswamy, Victor Anthony Skrinska, Ghassan Abdoh, Laila Mahmoud Ahmed, Rola Fayez Mitri, Ravi Joshi: A Rare Case of Malonic Aciduria Diagnosed by Newborn Screening in Qatar. In: International Journal of Neonatal Screening. Band 3, Nr. !, März 2017, ISSN 2409-515X, S. 5, doi:10.3390/ijns3010005 (englisch).
  9. a b Ahmed Alfares, Laura Dempsey Nunez, Khalid Al-Thihli1, John Mitchell, Serge Melançon, Natascia Anastasio, Kevin C H Ha, Jacek Majewski, David S Rosenblatt, Nancy Braverman: Combined malonic and methylmalonic aciduria: exome sequencing reveals mutations in the ACSF3 gene in patients with a non-classic phenotype. In: Journal of Medical Genetics. Band 48, Nr. 9, 1. September 2011, ISSN 0022-2593, S. 602–605, doi:10.1136/jmedgenet-2011-100230, PMID 21785126 (englisch).
  10. A. R. Gregg, A. W. Warman, D. R. Thorburn, W. E. O'Brien: Combined malonic and methylmalonic aciduria with normal malonyl-coenzyme A decarboxylase activity: A case supporting multiple aetiologies. In: Journal of Inherited Metabolic Disease. Band 21, Nr. 4, Juni 1998, ISSN 0141-8955, S. 382–390, doi:10.1023/A:1005302607897, PMID 9700595 (englisch).
  11. J. Denis McGarry, Nicholas F. Brown: The Mitochondrial Carnitine Palmitoyltransferase System — From Concept to Molecular Analysis. In: European Journal of Biochemistry. Band 244, Nr. 1, Februar 1997, ISSN 0014-2956, S. 1–14, doi:10.1111/j.1432-1033.1997.00001.x, PMID 9063439 (englisch).
  12. a b Monique G. M. de Sain-van der Velden, Maria van der Ham, Judith J. Jans, Gepke Visser, Hubertus C. M. T. Prinsen, Nanda M. Verhoeven-Duif, Koen L. I. van Gassen, Peter M. van Hasselt: A New Approach for Fast Metabolic Diagnostics in CMAMMA. In: JIMD Reports. Band 30. Springer Berlin Heidelberg, Berlin/Heidelberg 2016, ISBN 978-3-662-53680-3, S. 15–22, doi:10.1007/8904_2016_531, PMID 26915364, PMC 5110436 (freier Volltext) – (englisch).
  13. Combined Malonic and Methylamonic Aciduria. In: OMIM. Abgerufen am 20. April 2024 (englisch).
  14. Combined malonic and methylmalonic acidemia. In: National Library of Medicine. Abgerufen am 20. April 2024 (englisch).