Mary Bauermeister

deutsche Künstlerin

Mary Bauermeister (* 7. September 1934 in Frankfurt am Main; † 2. März 2023[1] in Bergisch Gladbach[2]) war eine deutsche Künstlerin und Gartengestalterin.

Mary Bauermeister hält einen Topf in ihrer Küche und lächelt in die Kamera.
Mary Bauermeister, Foto von Oliver Mark, Rösrath, 2014
 
Mary Bauermeister vor Kristall-Objekt, 2012

Mary Bauermeister kam als Tochter des Professors für Anthropologie und Genetik, Wolf Bauermeister, und der Sängerin Laura Bauermeister zur Welt. Den Schulbesuch am Gymnasium in Köln-Kalk brach sie ein halbes Jahr vor dem Abitur ab und bewarb sich 1954 an der Hochschule für Gestaltung in Ulm, wo sie Grundkurse bei Max Bill und Helene Nonné-Schmidt, einer ehemaligen Schülerin Paul Klees, besuchte. 1955 schrieb Bauermeister sich an der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken bei Otto Steinert (Fotografik) ein. 1956 ließ sie sich in Köln als freie Künstlerin nieder, wo sie vom Verkauf ihrer bisher entstandenen Pastelle lebte.[3] Zwischen 1954 und 1960 bereiste sie jährlich Paris und lernte die dortige Kunstszene kennen.[4]

Atelier Bauermeister

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1960 mietete Bauermeister in der Lintgasse 28 in Köln eine Wohnung im Dachgeschoss, wo zwischen März 1960 und Oktober 1961 mehrere Konzerte, Ausstellungen und intermediale Veranstaltungen stattfanden. Die kulturellen Veranstaltungen im Atelier Bauermeister gehörten zu den ersten „Prä-Fluxus-Veranstaltungen“ und hatten auf die Künstler der späteren Fluxus-Bewegung einen großen Einfluss.[3] Avantgardistische Dichter, Komponisten und bildende Künstler wie George Maciunas, Wolf Vostell, Hans G Helms, David Tudor, John Cage, Christo, George Brecht und Nam June Paik veranstalteten damals auf ihre Einladung hin unkonventionelle Konzerte „neuester Musik“, Lesungen, Ausstellungen und Aktionen. Mary Bauermeisters „Prä-Fluxus“-Aktivitäten trugen erheblich zur Entwicklung der Kölner Kunstszene bei.

Karlheinz Stockhausen

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1961 nahm Mary Bauermeister am Kompositionskurs von Karlheinz Stockhausen an den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt teil,[3] bald darauf lebte sie einige Jahre in einer Ménage à trois mit ihm und seiner Ehefrau Doris Stockhausen zusammen.[5] Als sich Stockhausen und seine Frau trennten, heiratete sie ihn 1967 und gebar zwei Kinder: eine Tochter (* 1966) und Simon (* 1967). In dieser Zeit lautete ihr Familienname Mary Bauermeister-Stockhausen, 1973 ließ sich das Paar scheiden.[6] 1972 wurde ihre nächste Tochter geboren (Kind mit dem Komponisten David Johnson), 1974 ihre letzte Tochter (Kind mit dem israelischen bildenden Künstler Josef Halevi, 1923–2009).

Erste museale Erfolge

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1962 hatte Bauermeister ihre erste Einzelausstellung im Amsterdamer Stedelijk Museum mit Arbeiten der Jahre 1958 bis 1962 und gleichzeitiger, ganztägiger Aufführung elektronischer Musikstücke unter der Leitung des Komponisten Karlheinz Stockhausen und anderer Komponisten, zu denen gleichzeitig Stockhausens Partituren in Vitrinen in unmittelbarer Nähe zu den Werken Bauermeisters gezeigt wurden.[7] Im Oktober 1962 reiste sie, angezogen durch die vitale Pop Art, nach New York. Im Künstlerkreis von Pop Art, Nouveau Réalisme und Fluxus pflegte sie Freundschaften mit Robert Rauschenberg, Jasper Johns, Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely. In New York feierte Bauermeister beachtliche künstlerische Erfolge. In den 1960er Jahren stellte sie regelmäßig in der Galeria Bonino in der 57. Straße aus.

Nach 1970

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In den 1970er Jahren kehrte Mary Bauermeister nach Deutschland zurück und begann sich mit Grenzwissenschaften wie Geomantie zu beschäftigen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse nutzte sie für die Planung von Gärten, die sie für öffentliche und private Auftraggeber weltweit ausführte. Die Künstlerin lebte zuletzt in Rösrath bei Köln. In einer Radiosendung sprach sie 2016 über ihre Erinnerungen an mehrere frühere Leben.[8]

Von der zweidimensionalen Zeichnung entwickelte sich das Werk Bauermeisters zunehmend in den Raum hinein – über Relief- und Materialbilder gelangte sie schließlich zu den „Linsenkästen“, der wohl geheimnisvollsten Werkgruppe der Künstlerin, mit der ihr 1964 der Durchbruch auf dem New Yorker Kunstmarkt gelang. In zum Betrachter hin offenen, weißen Holzkisten schuf Bauermeister kleine Welten aus glänzendem Glas, Lupen, Linsen und Prismen, hinterlegt von feinen Tuschezeichnungen und aufgetragenen Texten. Diese Kästen bieten mit ihren zwei oder drei gläsernen Bildebenen Raum für die Gedanken und Ideen der Künstlerin und sollen den Betrachter zur genauen Beobachtung anregen.

Anlässlich ihres 70. Geburtstags erwarb das Kölner Museum Ludwig ihre 1963 entstandene Wandinstallation Needless needles und richtete eine Werkschau aus (bis zum 23. Januar 2005). Im Jahr 2007 erwarb das Schweriner Museum Arbeiten der Künstlerin und installierte einen permanenten Kunstraum mit diesen Werken neben den Ausstellungsräumen ihres verehrten Vorbildes Marcel Duchamp. Diese Werke bestehen u. a. aus der Musicbox (1968), Rotes Magnetbild (1959), Studiofetisch (1970) und Fünf Totenhemden (1963) aus der Serie Ready Trouvées als Hommage an Marcel Duchamps Ready-mades.

2010 präsentierte das Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen am Rhein erstmals die für Bauermeister so charakteristischen „Linsenkästen“ im Kontext der Kunst der 1960er Jahre. Für diese umfangreiche Werkschau konnten erstmals Werke aus den großen New Yorker Museen (Whitney, MoMA, Guggenheim) in Europa gezeigt werden.

Mary Bauermeisters Werke don’t defend your freedom with poisoned mushrooms or hommage à John Cage (1964), No fighting on christmas (1967), 50 Jahre Fluxus 1962–2012; Edition Zopf ab (2012), Repro (1964) und Auflösung (2013/2014) sind in der Fluxus-Dokumentation im museum FLUXUS+ in Potsdam ausgestellt.

Auszeichnungen

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Mary Bauermeister (2019)

Ausstellungen

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Gruppenausstellungen

Einzelausstellungen

  • 1962: Stedelijk Museum, Amsterdam
  • 1963: Haags Gemeentemuseum, Den Haag
  • 1963: Stedelijk van Abbe Museum, Eindhoven
  • 1964–1970: Galeria Bonino, New York City (diverse Einzelausstellungen)
  • 1972: Mittelrhein-Museum, Koblenz
  • 1991/1992: Galeria Bonino, New York City
  • 1998: Mary’s and Ben’s Lustspiel Galerie Schüppenhauer, Köln (mit Benjamin Patterson)
  • 2004: Needless Needles Museum Ludwig, Köln
  • 2004: all things involved in all other things, Mary Bauermeister zum 70. Geburtstag, Galerie Schüppenhauer, Köln
  • 2009: Aus meinem Skizzenbuch – Ein Tag in NY, Galerie Schüppenhauer, Köln
  • 2010/2011: Welten in der Schachtel, Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen
  • 2011: Renaissance of Optics, Volkshochschule Aachen
  • 2012: Kulturgewächs – Spektrum über 60 Jahre, Retrospektive, Frauenmuseum Bonn
  • 2012: Zopf ab, museum FLUXUS+, Potsdam
  • 2014: KUNST(T)RÄUME, museum FLUXUS+, Potsdam
  • 2017/18: in der Reihe Ortstermin Mary Bauermeister. Zeichen, Worte, Universen, Villa Zanders, Bergisch Gladbach
  • 2019: Live In Peace Or Leave The Galaxy[13], Michael Rosenfeld Gallery LLC, New York City, N.Y.
  • 2022: 1 + 1 = 3 – Die Kunstwelten der Mary Bauermeister, Kunsthalle zu Kiel
  • 2023: Mary Bauermeister: Fuck the System[14], Michael Rosenfeld Gallery LLC, New York City, N.Y.
  • 2024: Mary Bauermeister: Musik in der Malerei[15], museum FLUXUS+, Potsdam

Literatur und Kataloge

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  • Karlheinz Stockhausen, electronische muziek & Mary Bauermeister, schilderijen. Stedelijk Museum, Amsterdam 1962. (Wanderausstellungskatalog: 2. bis 25. Juni 1962 Stedelijk Museum; Stedelijk Van Abbemuseum, Eindhoven; Groninger Museum). 24 ungezählte S.
  • Bauermeister: paintings and constructions. Galeria Bonino, New York [1967]. (Ausstellungskatalog: 17. März bis 18. April 1964, Galeria Bonino). 28 ungezählte S.
  • Historisches Archiv der Stadt Köln (Hrsg.): Das Atelier Mary Bauermeister in Köln 1960–62 : intermedial, kontrovers, experimentell, Emons, Köln 1993, ISBN 3-924491-43-7, 215 S.
  • Lara Mallien: Musik sehen, Bilder hören. Ein Portrait über Mary Bauermeister. In Oya 09/2011. (Onlineversion).
  • Christel Schüppenhauer (Hrsg.): Mary Bauermeister: „all things involved in all other things“. Galerie Schüppenhauer, Köln 2004, ISBN 3-926226-57-9, 96 S. und 1 Interview-CD von Gregor Zootzky
  • Kerstin Skrobanek: Die Jacke Kunst weiter dehnen. Mary Bauermeisters Aufbruch in den Raum. Dissertation Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main 2009 publikationen.ub.uni-frankfurt.de
  • Kerstin Skrobanek, Reinhard Spieler (Hrsg.): Welten in der Schachtel. Mary Bauermeister und die experimentelle Kunst der 1960er Jahre. Kerber Art, Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, 2. Oktober 2010 bis 16. Januar 2011, Bielefeld/Leipzig/Berlin 2010
  • Marianne Pitzen, Gamma Thesa Terheyden (Hrsg.): Mary Bauermeister. Kulturgewächs – Spektrum über 60 Jahre. Das Buch zur gleichnamigen Ausstellung im Frauenmuseum Bonn. Bonn 2012, ISBN 978-3-940482-53-2
  • Kerstin Skrobanek: Stone Towers and Magnifying Glasses – Mary Bauermeister’s Years in New York, in: Muehlig Linda (Hrsg.): Mary Bauermeister. The New York Decade, Smith College Museum of Art, Northampton, MA, 2015.
  • Johann Camut: Lichtgeflutet (Bildband 302 Seiten mit Beiträgen von 16 Autoren).Eine Monographie über das Werk, Haus und Garten von Mary Bauermeister 2022, ISBN 978-3-00-072710-8
  • Hauke Ohls: Yes, No, Perhaps. Mehrwertige Ästhetik im Œuvre von Mary Bauermeister, edition metzel, 2022, ISBN 978-3-88960-229-9 editionmetzel.de
  • Mary Bauermeister: Ich hänge im Triolengitter: Mein Leben mit Karlheinz Stockhausen. Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann, 2011, ISBN 978-3-570-58024-0.
  • Der Wundergarten der Mary Bauermeister, Dokumentarfilm, Deutschland 1979, Regie: Bodo Kessler, WDR Köln[16]
  • Die Künstlerin Mary Bauermeister, Doku 2012, 24 min., Regie und Produktion: Christoph Felder
  • Potpourri. Dokumentarfilm, Experimenarfilm, Deutschland 2022, 26 Min., Regie und Produktion: Gregor Zootzky
  • Mary Bauermeister – Eins und eins ist drei. Dokumentarfilm, Deutschland 2020, 102 Min., Regie: Carmen Belaschk, verleih: déjà-vu-film[17]
  • Mary Bauermeister - Musikalität - sichtbar durch Kunst und Aktion. Deutschland 2024, 63.Min. Produktion, Regie und Kamera: Johann Camut
  • Mary Bauermeister – Die 70er und 80er Jahre. Deutschland 2015, 75 Min. Produktion, Regie und Kamera: Johann Camut
  • Mary Bauermeister – Die 50er und 60er Jahre. Deutschland 2014, 79 Min. Produktion, Regie und Kamera: Johann Camut
  • Psst pp Piano – Hommage á Mary Bauermeister. Zeichentrickfilm, Deutschland 2009, 10 Min., Regie, Produktion, Idee: Gregor Zootzky
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Commons: Mary Bauermeister – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Mary Bauermeister mit 88 Jahren gestorben, welt.de, 2. März 2023
  2. Wirtrauern.de vom 4. März 2023: Traueranzeige, abgerufen am 4. März 2023
  3. a b c Reinhard Spieler: Welten in der Schachtel. Mary Bauermeister und die experimentelle Kunst der 1960er Jahre. Kerber Art, Bielefeld/Leipzig/Berlin 2010, S. 151
  4. Vita auf Frauen an der hfg ulm; abgerufen am 28. Dezember 2010.
  5. Andreas Fasel: Der Komponist und die Frauen. In: DIE WELT. 18. September 2011 (welt.de [abgerufen am 1. September 2021]).
  6. Zeit: Er war mein Muserich
  7. Reinhard Spieler: Welten in der Schachtel. Mary Bauermeister und die experimentelle Kunst der 1960er Jahre, S. 152
  8. Zwischentöne mit Mary Bauermeister (Memento vom 28. August 2016 im Internet Archive) – Deutschlandfunk vom 28. August 2016 (Audio abrufbar)
  9. Verdienstkreuz für Mary Bauermeister – Auszeichnung würdigt das Lebenswerk der bildenden Künstlerin. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 16. Juni 2020, S. 19 (ksta.de [abgerufen am 21. Juni 2020]).
  10. Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen | Das Landesportal Wir in NRW. 12. November 2021, abgerufen am 22. November 2021.
  11. Die Visionärin in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 27. Oktober 2013, S. 39
  12. Einladung zur Pli Score Pli (Memento vom 12. September 2021 im Internet Archive) (PDF, 1,1 MB)
  13. Live In Peace Or Leave The Galaxy
  14. Mary Bauermeister: Fuck the System
  15. museum FLUXUS+: Mary Bauermeister: Musik in der Malerei. 1. August 2024, abgerufen am 7. September 2024.
  16. Der Wundergarten der Mary Bauermeister. zadik.uni-koeln.de, abgerufen am 18. November 2023.
  17. Mary Bauermeister – Eins und eins ist drei. In: Dok.fest München. Abgerufen am 10. November 2021.