Messelit

Mineral aus der Faifielditgruppe, wasserhaltiges Calcium-Eisen-Phosphat

Messelit (IMA-Symbol Msl[1]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ca2Fe2+(PO4)2·2H2O[2] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Calcium-Eisen-Phosphat. Da bei natürlichen Messeliten allerdings stets ein geringer Teil des Eisens durch Mangan (Mn) ersetzt (substituiert) ist, wird in verschiedenen Quellen meist die Mischformel Ca2(Fe2+,Mn2+)[PO4]2·2H2O[4][5] angegeben.

Messelit
Messelit aus der Typlokalität Grube Messel bei Darmstadt, Hessen (Sichtfeld 2,5 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Msl[1]

Chemische Formel
  • Ca2Fe2+(PO4)2·2H2O[2]
  • Ca2Fe2+(PO4)2(H2O)2[3]
  • Ca2(Fe2+,Mn2+)[PO4]2·2H2O[4][5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/C.12a
VII/C.17-020[6]

8.CG.05
40.02.02.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1
Raumgruppe P1 (Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2[7]
Gitterparameter a = 5,480 Å; b = 5,759 Å; c = 6,569 Å
α = 90,18°; β = 102,62°; γ = 108,45°[7]
Formeleinheiten Z = 1[7]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,16[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[4]
Farbe weiß, blassgrünlichweiß, grünlichgrau, rosa[4]
Strichfarbe weiß[6]
Transparenz durchscheinend[4]
Glanz Glasglanz[4]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,644 bis 1,654[8]
nβ = 1,649 bis 1,659[8]
nγ = 1,660 bis 1,680[8]
Doppelbrechung δ = 0,016 bis 0,026[8]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 20° bis 35° (gemessen), 62° (berechnet)[8]

Messelit kristallisiert im triklinen Kristallsystem und entwickelt tafelige bis lamellenförmige Kristalle mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen. Meist sind diese zu radialstrahligen, halbkugel- bis kugeligen oder garbenförmigen Mineral-Aggregaten bis etwa 1,5 cm Größe angeordnet. Das Mineral kann aber auch in körnigen Massen auftreten.

In reiner Form kann Messelit farblos und durchsichtig sein. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterfehlern oder polykristalliner Ausbildung ist er jedoch überwiegend durchscheinend weiß oder nimmt durch Fremdbeimengungen eine blassgrünlichweiße, grünlichgraue oder rosa Farbe an.

Etymologie und Geschichte

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Entdeckt wurde Messelit zuerst im ehemaligen Ölschiefer-Tagebau und der heute als Fossilienfundort bekannten Grube Messel im hessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte 1889 durch Wilhelm Muthmann, der das Mineral nach dessen Typlokalität benannte.

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht dokumentiert.[9]

Da der Messelit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Messelit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[3] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Messelit lautet „Msl“.[1]

Klassifikation

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Bereits in der zuletzt 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Messelit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, Arsenate und Vanadate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Anorthoroselith (ehemals Roselith-β), Cassidyit, Collinsit, Fairfieldit und Talmessit die „Fairfieldit-Reihe“ mit der Systemnummer VII/C.12a innerhalb der „Fairfieldit-Roselith-Gruppe“ bildete.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VII/C.17-020. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, ohne fremde Anionen“, wo Messelit zusammen mit Anorthoroselith, Brandtit, Cassidyit, Collinsit, Fairfieldit, Gaitit, Hillit, Nickeltalmessit, Parabrandtit, Roselith, Rruffit, Talmessit, Wendwilsonit und Zinkroselith die „Fairfieldit-Roselith-Reihe“ mit der Systemnummer VII/C.17 bildet.[6]

Auch die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Messelit in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplexe zum Wassergehalt, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen und mittelgroßen Kationen; RO4 : H2O = 1 : 1“ zu finden ist, wo es zusammen mit Anorthoroselith, Cassidyit, Collinsit, Fairfieldit, Gaitit, Hillit, Nickeltalmessit, Parabrandtit und Talmessit die „Fairfielditgruppe“ mit der Systemnummer 8.CG.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Messelit die System- und Mineralnummer 40.02.02.02. Dies entspricht ebenfalls der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate etc.“, wo das Mineral zusammen mit Anorthoroselith, Cassidyit, Collinsit, Fairfieldit, Gaitit, Hillit, Nickeltalmessit, Parabrandtit und Talmessit die „Fairfieldit-Untergruppe (Triklin: P1)“ bildet.

Chemismus

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In chemisch reiner Form von Messelit mit der Endgliedzusammensetzung Ca2Fe2+(PO4)2·2H2O besteht das Mineral im Verhältnis aus je 10 Teilen Sauerstoff (O), zwei Teilen Calcium (Ca) und Phosphor (P), einem Teil Eisen (Fe) und 4 Teilen Wasserstoff pro Formeleinheit. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichtsprozent) von 44,199 Gew.-% P, 22,144 Gew.-% Ca, 17,114 Gew.-% P, 15,428 Gew.-% Fe und 1,114 Gew.-% H.

Bei natürlichen Messeliten, in deren Zusammensetzung ein Teil des Eisens durch Mangan (Mn) ersetzt ist, weicht der Massenanteil der Komponenten entsprechend ab. Bei einem Verhältnis von Fe : Mn = 3 : 1 betragen die Massenanteile beispielsweise 52,63 Gew.-% O, je 10,53 Gew.-% Ca und P, 3,95 Gew.-% Fe, 1,32 Gew.-% Mn und 21,05 Gew.-% H.[11]

Daneben können bei natürlichen Messelitfunden auch Fremdbeimengungen wie unter anderem Magnesium (Mg) enthalten sein.[4]

Kristallstruktur

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Messelit kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit den Gitterparametern a = 5,480 Å; b = 5,759 Å; c = 6,569 Å; α = 90,18°; β = 102,62° und γ = 108,45° sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[7]

Modifikationen und Varietäten

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Die Verbindung Ca2Fe2+(PO4)2·2H2O[2] (andere Schreibweise auch Ca2Fe(PO4)2(H2O)2) ist dimorph und kommt in der Natur neben dem triklin kristallisierenden Messelit noch als ebenfalls triklin, aber mit anderen Gitterparametern kristallisierender Dondoellit (IMA 2021-048[3]) vor.

Daneben existiert mit Anapait (Ca2Fe2+(PO4)2·4H2O[3]) noch ein höher wasserhaltiges Mineral, genauer ein Tetrahydrat des Calcium-Eisen-Phosphats.

Bildung und Fundorte

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Radialstrahliges Kristall-Aggregat aus der Grube Messel
 
Weißer Messelit mit grünem Arrojadit-(KFe) aus der Palermo-Mine Nr. 1 bei Groton (New Hampshire), USA

Messelit bildet sich als spätes hydrothermales Alterationsprodukt in zonierten komplexen Granit-Pegmatiten. Als Begleitminerale können unter anderem Amblygonit, Anapait, Brasilianit, Eosphorit, Fairfieldit, Goyazit, Graftonit, Herderit, Hureaulith, Ludlamit, Phosphoferrit, Siderit, Triphylin, Vivianit und Whitlockit auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Messelit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher rund 50 Vorkommen dokumentiert sind.[12] In Deutschland trat das Mineral außer an seiner Typlokalität in der Grube Messel noch in der nahe gelegenen Grube Prinz von Hessen sowie im Corneliaschacht Hagendorf-Süd (auch Grube Cornelia) in der Oberpfalz und am Hennenkobel (auch Hühnerkobel) nahe Zwiesel (Bayerische Wald) in Niederbayern auf.[13]

Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist ein Spodumen-Versuchsabbau bei Brandrücken im Kärntener Bezirk Wolfsberg. Auch in der Schweiz ist mit dem Pontetal (Valle di Ponte) in der Gemeinde Brissago im Kanton Tessin bisher nur ein Fundort dokumentiert.[13]

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Brasilien, Finnland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Marokko, Norwegen, Russland, Schweden, Spanien, Tschechien, der Ukraine und in den Vereinigten Staaten von Amerika (Connecticut, Maine, New Hampshire, North Carolina, South Dakota, Utah).[13]

Siehe auch

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Literatur

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  • W. Muthmann: Messelit, ein neues Mineral. In: Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie. Band 17, 1890, S. 93–94 (rruff.info [PDF; 197 kB; abgerufen am 7. November 2024]).
  • Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 44, 1959, S. 464–470, New Data. Messelite, Neomesselite (englisch, rruff.info [PDF; 444 kB; abgerufen am 7. November 2024]).
  • F. Čech, K. Padera: Messelit aus den Phosphatnestern im Granit bei Přibyslavice (Böhmen) und das Messelitproblem. In: Chemie der Erde. Band 19, Nr. 4, 1958, S. 436–449.
  • Franz K. Taborszky: Der Messelit und das Messelitproblem. In: Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg. Band 67, 1977, S. 335–345 (zobodat.at [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 7. November 2024]).
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Commons: Messelite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 7. November 2024]).
  2. a b c IMA Database of Mineral Properties – Messelite. In: rruff.info. RRUFF Project, abgerufen am 7. November 2024 (englisch).
  3. a b c d Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2024. (PDF; 2,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2024, abgerufen am 7. November 2024 (englisch).
  4. a b c d e f g h i Messelite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; abgerufen am 7. November 2024]).
  5. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 483 (englisch).
  6. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. a b c Michel Fleck, Uwe Kolitsch: Natural and synthetic compounds with kröhnkite-type chains. An update. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 218, 2003, S. 553–567, doi:10.1524/zkri.218.8.553.20689 (englisch).
  8. a b c d e Messelite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 7. November 2024 (englisch).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – M. (PDF 326 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 7. November 2024 (Gesamtkatalog der IMA).
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  11. Messelit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 7. November 2024.
  12. Messelite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 7. November 2024 (englisch).
  13. a b c Fundortliste für Messelit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 7. November 2024.