Das Newtonverfahren, auch Newton-Raphson-Verfahren (benannt nach Sir Isaac Newton 1669 und Joseph Raphson 1690), ist in der Mathematik ein häufig verwendeter Approximationsalgorithmus zur numerischen Lösung von nichtlinearen Gleichungen und Gleichungssystemen. Im Falle einer Gleichung mit einer Variablen lassen sich zu einer gegebenen stetigdifferenzierbarenFunktion Näherungswerte zu Lösungen der Gleichung , d. h. Näherungen der Nullstellen dieser Funktion finden. Die grundlegende Idee dieses Verfahrens ist, die Funktion in einem Ausgangspunkt zu linearisieren, d. h. ihre Tangente zu bestimmen, und die Nullstelle der Tangente als verbesserte Näherung der Nullstelle der Funktion zu verwenden. Die erhaltene Näherung dient als Ausgangspunkt für einen weiteren Verbesserungsschritt. Diese Iteration erfolgt, bis die Änderung in der Näherungslösung eine festgesetzte Schranke unterschritten hat. Das Iterationsverfahren konvergiert im günstigsten Fall asymptotisch mit quadratischer Konvergenzordnung, die Zahl der korrekten Dezimalstellen verdoppelt sich dann in jedem Schritt.
Formal ausgedrückt, wird ausgehend von einem Startwert die Iteration
wiederholt, bis eine hinreichende Genauigkeit erzielt wird.
Isaac Newton verfasste im Zeitraum 1664 bis 1671 die Arbeit „Methodus fluxionum et serierum infinitarum“ (latein. für: Von der Methode der Fluxionen und unendlichen Folgen). Darin erklärt er einen neuen Algorithmus zum Lösen einer polynomialen Gleichung am Beispiel . Dazu kann man leicht den Punkt als erste Näherung raten. Newton machte den Ansatz mit einem als „klein“ angenommenen und setzte diesen in die Gleichung ein:
Da „klein“ sein soll, können die Terme höherer Ordnung gegenüber den linearen und konstanten vernachlässigt werden, womit bzw. übrig bleibt. Wir können nun dieses Vorgehen wiederholen und ansetzen, in die zweite Gleichung einsetzen, höhere Terme weglassen und erhalten.
Joseph Raphson beschrieb 1690 in der Arbeit „Analysis Aequationum universalis“ diesen Rechenprozess formal und illustrierte den Formalismus an der allgemeinen Gleichung dritten Grades, wobei er die nachfolgende Iterationsvorschrift fand.[1]
Die abstrakte Form des Verfahrens mit Benutzung der Ableitung stammt von Thomas Simpson.
Anschaulich gelangt man wie folgt zu diesem Verfahren: Sei eine stetig differenzierbare reelle Funktion, von der wir eine Stelle im Definitionsbereich mit „kleinem“ Funktionswert kennen. Wir wollen einen Punkt nahe finden, der eine verbesserte Näherung der Nullstelle darstellt. Dazu linearisieren wir die Funktion an der Stelle , d. h. wir ersetzen sie durch ihre Tangente im Punkt mit Anstieg .
Die Tangente ist durch die Funktion gegeben. Setzen wir ein, so erhalten wir
.
Wir wählen als die einzige Nullstelle dieser linearen Funktion,
.
Wenden wir diese Konstruktion mehrfach an, so erhalten wir aus einer ersten Stelle eine unendliche Folge von Stellen , die durch die Rekursionsvorschrift
definiert ist. Diese Vorschrift wird auch als Newtoniteration bezeichnet, die Funktion als Newtonoperator. Die Newtoniteration ist ein spezieller Fall einer Fixpunktiteration, falls die Folge gegen konvergiert, so gilt und daher .
Die Kunst der Anwendung des Newtonverfahrens besteht darin, geeignete Startwerte zu finden. Je mehr über die Funktion bekannt ist, desto kleiner lässt sich die notwendige Menge von Startwerten gestalten.
Viele nichtlineare Gleichungen haben mehrere Lösungen, so hat ein Polynom-ten Grades bis zu Nullstellen. Will man alle Nullstellen in einem bestimmten Bereich ermitteln, so muss zu jeder Nullstelle ein passender Startwert in gefunden werden, für den die Newtoniteration konvergiert. Dazu könnte man z. B. per Bisektion genügend kleine isolierende Intervalle zu jeder Nullstelle bestimmen.
Die Quadratwurzel einer Zahl ist die positive Nullstelle der Funktion . Diese Funktion hat die Ableitung , die Newtoniteration erfolgt also nach der Vorschrift
Der Vorteil dieser Vorschrift gegenüber dem Wurzelziehen nach Heron (siehe unten) ist, dass es divisionsfrei ist, sobald einmal der Kehrwert von bestimmt wurde. Als Startwert wurde in der Tabelle gewählt. Die Iterierten wurden an der ersten ungenauen Stelle abgeschnitten. Es ist zu erkennen, dass nach wenigen Schritten die Anzahl gültiger Stellen schnell wächst.
n
bei
bei
bei
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Betrachten wir die Differenz zum Grenzwert im -ten Schritt, so kann mittels der binomischen Formeln die Differenz im -ten Schritt zweimal abgespalten werden:
Nach der Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel gilt ,
so dass der zweite Faktor sinnvoll durch beschränkt werden kann. Ist die Differenz im -ten Schritt eine kleine Zahl, so ist die Differenz im -ten Schritt proportional zum Quadrat davon, also wesentlich kleiner. So entsteht durch Quadrieren eines Fehlers eine Fehlerabschätzung proportional zu . Deshalb spricht man davon, dass sich die Anzahl der gültigen Stellen in jedem Schritt der Newtoniteration ungefähr verdoppelt.
Das Newtonverfahren ist ein sogenanntes lokal konvergentes Verfahren. Konvergenz der in der Newtoniteration erzeugten Folge zu einer Nullstelle ist also nur garantiert, wenn der Startwert, d. h. das 0-te Glied der Folge, schon „ausreichend nahe“ an der Nullstelle liegt. Ist der Startwert zu weit entfernt, ist das Konvergenzverhalten nicht festgelegt, das heißt, es ist sowohl eine Divergenz der Folge möglich als auch eine Oszillation (bei der sich endlich viele Funktionswerte abwechseln) oder eine Konvergenz gegen eine andere Nullstelle der betrachteten Funktion.
Ist der Startwert so gewählt, dass das Newtonverfahren konvergiert, so ist die Konvergenz allerdings quadratisch, also mit der Konvergenzordnung 2 (falls die Ableitung an der Nullstelle nicht verschwindet). Die Menge der Startpunkte, für die das Newtonverfahren gegen eine bestimmte Nullstelle konvergiert, bildet den Einzugsbereich dieser Nullstelle. Färbt man für eine Polynomfunktion, mit reellen oder komplexen Koeffizienten, die Einzugsbereiche verschiedener Nullstellen in der komplexen Ebene unterschiedlich ein, so ergibt sich ein Newtonfraktal. In diesem ist zu erkennen, dass die Einzugsbereiche Bassins, d. h. Kreisscheiben um die Nullstellen enthalten, aus welchen heraus die Newtoniteration stabil gegen die Nullstelle im Zentrum konvergiert. Aber es ist auch zu erkennen, dass die Ränder der Einzugsbereiche „ausgefranst“ sind, sie haben sogar eine fraktale Struktur. Geringe Abweichungen im Startpunkt können also zu unterschiedlichen Nullstellen führen.
Falls es jedoch im Intervall genau eine Nullstelle gibt, in durchweg sowie gilt und der Startwert links von der Nullstelle gewählt wird, dann konvergiert die Folge im Newtonverfahren stets, und zwar streng monoton wachsend (siehe Abbildung unten bzw. die Tabelle oben ab ).
Oszillierendes Verhalten ergibt sich u. a. für das Polynom [2] mit . Der Punkt mit und wird durch den Newtonoperator auf den Punkt abgebildet, der Punkt wiederum, mit und , wird auf abgebildet, so dass die Newtoniteration mit einem dieser Punkte als Startwert eine periodische Folge ergibt, diese beiden Punkte wechseln sich zyklisch ab. Dieser Zyklus ist stabil, er bildet einen Attraktor der Newtoniteration. Das bedeutet, um beide Punkte gibt es Umgebungen, so dass Startpunkte aus diesen Umgebungen gegen den Zyklus konvergieren und somit je einen der Punkte 0 und 1 als Grenzwert der Teilfolge mit geradem Index und der mit ungeradem Index haben.
Divergenz bzw. beliebig weites Entfernen vom Startpunkt ergibt sich für mit und . Es gibt eine Stelle mit d. h. Man überzeugt sich, dass dann gilt. Dieses Verhalten ist nicht stabil, denn bei leichter Variation des Anfangswertes, wie sie zum Beispiel durch die numerische Berechnung entsteht, entfernt sich die Newtoniteration immer weiter von der idealen divergierenden Folge. Selbst bei schließlicher Konvergenz wird die gefundene Nullstelle sehr weit vom Startwert entfernt sein.
Sei eine zweimal stetig differenzierbare reelle Funktion und eine einfache Nullstelle von , in welcher die Ableitung somit keine Nullstelle hat. Das bedeutet, dass der Graph der Funktion transversal, d. h. nicht-berührend, die -Achse schneidet. Sei ein Punkt nahe bei . Dann kann die Taylorformel zweiten Grades (mit Lagrange-Restglied)
liegt zwischen und ,
nach der Differenz umgestellt werden,
.
Es wird nun so umgestellt, dass der Newtonoperator auf der rechten Seite erscheint,
.
Seien ein Intervall um ohne Nullstelle der Ableitung und sowie Schranken der Ableitungen von . Dann folgt für alle die
Abschätzung
.
Mit sei der konstante Faktor bezeichnet. In jedem Schritt der Newtoniteration wird die Größe kleiner sein als das Quadrat derselben Größe im vorhergehenden Schritt, . Nach vollständiger Induktion ergibt sich
.
Kann also für den Startpunkt der Iteration die Abschätzung garantiert werden, z. B. indem die Intervalllänge von kleiner als ist, so konvergiert die Folge der Newtoniteration gegen die Nullstelle , denn die Folge und damit ist nach der angegebenen Abschätzung eine Nullfolge. Die Verkürzung des Intervalls kann durch einige Iterationen eines langsameren Verfahrens zur Nullstelleneinschränkung erreicht werden, z. B. des Bisektionsverfahrens oder der Regula falsi.
Die aus dieser Abschätzungen folgende Konvergenzgeschwindigkeit wird als quadratisch bezeichnet, die (logarithmische) Genauigkeit bzw. Anzahl gültiger Stellen verdoppelt sich in jedem Schritt. Die Abschätzung des Abstands zur Nullstelle wird oft linear in angegeben, so gilt z. B.
, falls die Länge des Intervalls kleiner als ist. Dies ergibt eine Abschätzung der gültigen Stellen im Binärsystem.
, falls die Länge des Intervalls kleiner als ist, d. h. nahe genug an der Nullstelle ergibt sich eine Verdopplung der gültigen Dezimalstellen in jedem Schritt.
Lokale quadratische Konvergenz bei mehrfacher Nullstelle durch Modifikation
Für den Fall, dass bei eine mehrfache Nullstelle endlichen Grades besitzt, lässt sich ebenfalls die Konvergenzgeschwindigkeit abschätzen und durch eine geringfügige Modifikation wieder quadratische Konvergenz erzwingen.
Hat bei eine -fache Nullstelle, lässt sich schreiben als mit .
Dann ist nach der Produktregel und damit der Ausdruck
.
Setzt man dies nun in die Iteration ein, so erhält man
und daraus nach beidseitiger Subtraktion von den Iterationsfehler
.
Wenn nun der Ausdruck sehr klein geworden ist, wird der Summand im Nenner viel kleiner als , so dass sich die hintere Klammer in immer mehr dem Wert nähert. Für die einfache Nullstelle mit hat man einen kleinen Wert , der fast 0 wird, so dass wird. Für wird ungefähr 0,5, so dass sich der Abstand zur Nullstelle von Schritt zu Schritt nur etwa halbiert und man nach etwa 10 Schritten die Genauigkeit nur in weiteren drei Dezimalstellen erhöht hat. Bei wird etwa 0,67, so dass erst nach etwa 16 Schritten die Genauigkeit um weitere drei Dezimalstellen steigt usw.
Man kann daher am Konvergenzverhalten die Vielfachheit der Nullstelle abschätzen, falls man sie nicht aus anderen Gründen weiß, und – wie nun noch beschrieben – das Verfahren optimieren.
Bei einer -fachen Nullstelle modifiziert man das newtonsche Näherungsverfahren mit einem Faktor :
(Newtonverfahren bei -facher Nullstelle)
Damit wird dann zu
Ist nun wieder sehr klein, so wird im Nenner der Summand viel kleiner als , und man erhält
,
wobei der rechte Faktor wegen gegen einen festen Wert konvergiert. Wie man sieht, liegt nun auch hier quadratische Konvergenz vor.
Ein Beispiel zeigt das Konvergenzverhalten sehr schön. Die Funktion hat die einfache Nullstelle . Die linke Spalte der Tabelle zeigt die rasche Konvergenz für den Startwert 1, nach 4 Schritten lässt sich die Genauigkeit nicht mehr steigern, beim Fehler verdoppelt sich die Anzahl der Nullen hinterm Komma (mindestens). Quadriert man nun die Funktion (mittlere Spalte), wird die Nullstelle eine doppelte, und nun zeigt sich das oben erläuterte Verhalten, dass sich ohne Modifikation der Fehler in jedem Schritt nur etwa halbiert. Modifiziert man dann diesen Fall mit dem Faktor , so stellt sich dasselbe Verhalten wie bei der einfachen Nullstelle ein (rechte Spalte).
Die komplexe Gleichung (1) kann in Real- und Imaginärteil zerlegt werden:
.
Mit Hilfe (2) folgt hieraus
Die geometrische Bedeutung dieser Gleichung sieht man wie folgt. Man bestimmt das Minimum vom Betrag . Das Minimum wird für angenommen. Dies kann mit dem Gradientenverfahren, d. h. mit der Methode des steilsten Abstiegs bestimmt werden.
Man führt die Bezeichnung ein. Die Formel für diese Methode lautet mit dem Vektor :
Der lokale Konvergenzbeweis kann auch auf die gleiche Weise im mehrdimensionalen Fall geführt werden, allerdings ist er dann technisch etwas schwieriger, da mit zwei- und dreistufigen Tensoren für die erste bzw. zweite Ableitung gearbeitet wird. Im Wesentlichen ist die Konstante K durch zu ersetzen, mit geeigneten induzierten Operatornormen.
Der lokale Konvergenzbeweis setzt voraus, dass ein eine Nullstelle enthaltendes Intervall bekannt ist. Aus seinem Beweis ergibt sich aber keine Möglichkeit, dies schnell zu testen. Ein Konvergenzbeweis, der auch hierfür ein Kriterium liefert, wurde zuerst von Leonid Kantorowitsch geführt und ist als Satz von Kantorowitsch bekannt.
Um einen geeigneten Startpunkt zu finden, verwendet man gelegentlich andere („gröbere“) Verfahren. Beispielsweise kann man mit dem Gradientenverfahren eine ungefähre Lösung ermitteln und diese dann mit dem Newtonverfahren verfeinern.
Bei unbekanntem Startpunkt kann man mittels einer Homotopie die Funktion , von der man eine Nullstelle sucht, zu einer einfacheren Funktion deformieren, von der (mindestens) eine Nullstelle bekannt ist. Man durchläuft dann die Deformation rückwärts in Form einer endlichen Folge sich nur „wenig“ unterscheidender Funktionen. Von der ersten Funktion kennt man eine Nullstelle. Als Startwert der Newtoniteration zur gerade aktuellen Funktion der Folge verwendet man die Näherung einer Nullstelle der in der Folge vorhergehenden Funktion. Zum genauen Vorgehen siehe Homotopieverfahren.
Als Beispiel mag die „Flutungshomotopie“ dienen: mit einem willkürlichen bilden wir die Ausgangsfunktion mit bekannter Nullstelle . Wir haben den „Wasserspiegel“ vom „Nullpegel“ auf die Höhe geflutet. Nun senken wir schrittweise den Wasserstand, , , . In jedem Schritt wird eine Näherung einer Nullstelle bestimmt, wobei gesetzt wird. Es ist und somit eine der gesuchten Näherungslösungen.
Mögliche Abbruchkriterien bezüglich einer Restgröße (zum Beispiel Rechner-Arithmetik) sind:
Wobei die Qualität der „Nullstelle“ bestimmt.
In beiden Fällen kann es vorkommen, dass das Abbruchkriterium zu einem „schlechten“ Zeitpunkt erfüllt ist.
Das Newtonverfahren kann verwendet werden, um einen Extremwert einer Funktion zu finden. Dafür sucht man mit dem Verfahren nach einem Kritischen Punkt, d. h. nach einer Nullstelle in der ersten Ableitung der Funktion. Der Iterationsschritt sieht demnach wie folgt aus:
Die Idee der Quadrat- und Kubikwurzel lässt sich verallgemeinern zur N-ten Wurzel, indem man die Nullstelle der Funktion bestimmt. Analog ist die Ableitung und damit
Auf ähnliche Weise lässt sich auch der -Wert des Schnittpunktes zweier Funktionen und bestimmen:
Da man die beiden Funktionen zur Lösung des Problems gleichsetzt, lässt sich immer durch Umformung folgende Form, auf die das newtonsche Näherungsverfahren angewendet werden kann, bestimmen:
Das Newtonverfahren kann auch benutzt werden, um Nullstellen von mehrdimensionalen Funktionen zu bestimmen. Ein konkreter Anwendungsfall ist die Kombination mit der Gaußschen Fehlerquadratmethode im Gauß-Newton-Verfahren. Für den allgemeinen Fall ist der Ausgangspunkt eine Taylorentwicklung der Funktion :
Zum Lösen des Systems existieren verschiedene Lösungsverfahren (siehe Liste numerischer Verfahren). Ist die Jacobimatrix in der Nullstelle invertierbar und in einer Umgebung der Nullstelle lipschitzstetig, so konvergiert das Verfahren lokal quadratisch.
Das größte Problem bei der Anwendung des Newtonverfahrens liegt darin, dass man die erste Ableitung der Funktion benötigt. Deren Berechnung ist meist aufwendig, und in vielen Anwendungen ist eine Funktion auch nicht analytisch gegeben, sondern beispielsweise nur durch ein Computerprogramm (siehe auch Automatisches Differenzieren). Im Eindimensionalen ist dann die Regula falsi vorzuziehen, bei der die Sekante und nicht die Tangente benutzt wird. Im Mehrdimensionalen muss man Alternativen suchen. Hier ist das Problem auch dramatischer, da die Ableitung eine Matrix mit Einträgen ist, der Aufwand der Berechnung steigt also quadratisch mit der Dimension.
Statt die Ableitung in jedem Newton-Schritt auszurechnen, ist es auch möglich, sie nur in jedem n-ten Schritt zu berechnen. Dies senkt die Kosten für einen Iterationsschritt drastisch, der Preis ist ein Verlust an Konvergenzgeschwindigkeit. Die Konvergenz ist dann nicht mehr quadratisch, es kann aber weiterhin superlineare Konvergenz erreicht werden.
Eine ähnliche Idee besteht darin, in jedem Schritt eine Approximation der Ableitung zu berechnen, beispielsweise über finite Differenzen. Eine quantitative Konvergenzaussage ist in diesem Fall schwierig, als Faustregel lässt sich jedoch sagen, dass, je schlechter die Approximation der Ableitung ist, desto schlechter die Konvergenz wird. Ein Beispiel für ein solches Verfahren ist das Sekantenverfahren.
Für die numerische Lösung nichtlinearer partieller Differentialgleichungen bietet sich prinzipiell das Newtonverfahren als Grundlöser an. Die entsprechende Jacobimatrix ist immer dünnbesetzt, und daher bieten sich Krylow-Unterraum-Verfahren zur Lösung der linearen Gleichungssysteme an. Man spricht dann von Newton-Krylow-Verfahren. Im Krylowverfahren selbst tritt die Jacobimatrix nur in Matrix-Vektorprodukten auf, welche als Richtungsableitungen interpretiert werden können. Approximiert man diese durch finite Differenzen, so erhält man matrixfreie Verfahren.
P. Deuflhard, A. Hohmann: Numerische Mathematik I. Eine algorithmisch orientierte Einführung. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage. De Gruyter, Berlin, New York 2002, ISBN 3-11-017182-1.
P. Deuflhard: Newton Methods for Nonlinear Problems. Affine Invariance and Adaptive Algorithms. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-21099-7 (Reihe: Springer Series in Computational Mathematics, Vol. 35).
J. M. Ortega, W. C. Rheinboldt: Iterative Solution of Nonlinear Equations in Several Variables. Society for Industrial & Applied Mathematics, 2000, ISBN 0-89871-461-3 (Reihe Classics in Applied Mathematics).
M. Hermann: Numerische Mathematik, Band 1: Algebraische Probleme. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter Verlag, Berlin und Boston 2020, ISBN 978-3-11-065665-7.