Nicolas Stockhammer

österreichischer Politikwissenschaftler

Nicolas Stockhammer (* 14. April 1975 in Wien) ist ein österreichischer Politikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Extremismus- und Terrorismusforschung.

Ausbildung

Nicolas Stockhammer studierte bis 2002 Politikwissenschaft, Philosophie und Geschichte an der Universität Wien. Von 2002 bis 2005 absolvierte er mit der Beurteilung summa cum laude ein Doktoratsstudium mit einer Dissertation über die Rationalität politischer Macht an der Universität Wien und der Humboldt-Universität Berlin. Er absolvierte zudem einschlägige Forschungsaufenthalte an der Stanford University, in Tel Aviv und Berlin.[1]

Berufliche Tätigkeit

Von 2004 bis 2006 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Theorie der Politik (bei Herfried Münkler) an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2013 bis 2014 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Büro für Sicherheitspolitik im Bundesministerium für Landesverteidigung.[2]

Ab 2014 war Stockhammer im Rahmen eines Kooperationsprojekts zwischen der Landesverteidigungsakademie und der Universität Wien wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe Polemologie und Rechtsethik.[1]

Seit Juli 2021 ist Nicolas Stockhammer wissenschaftlicher Leiter des Forschungsschwerpunkts „Counter-Terrorism, Countering Violent Extremism and Intelligence“ an der Donau-Universität Krems[3] und leitet seit 2023 einen Lehrgang zur Terrorismusbekämpfung, an dem auch Mitarbeiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst teilnehmen.[4] Als Reaktion auf Recherchen des Standard zu seinen Verbindungen zu Russland, zog er sich im Mai 2024 vorübergehend von seinem Posten als Lehrgangsleiter zurück.[5]

Ebenso ist Stockhammer Senior Researcher am Europäischen Institut für Terrorismusbekämpfung und Konfliktprävention (EICTP) unter der Leitung von Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ) mit Sitz in Wien.[6]

Dort verantwortet er die Publikationsreihe „Vienna Papers on Transnational Terrorism“ im Rahmen derer Forscher zum Themenbereich Terrorismus und Extremismus publizieren.[7]

Im Jahr 2021 führte Stockhammer eine Studie im Auftrag der Stadt Wien durch, in der er die Wiener Extremismusprävention analysierte.[8] 2022 wirkte er an einer von Peter Neumann geleiteten Studie über Extremismus und Migration in Österreich mit.[9]

Gemeinsam mit Colin P. Clarke veröffentlichte Nicolas Stockhammer im August 2024 eine international rezipierte Analyse des IS-Ablegers ISPK anhand durchgeführter und vereitelter Anschläge in „Lawfare“.[10]

Seit August 2024 ist er zudem Mitglied des Editorial Boards und Reviewer des anerkannten Fachjournals „Studies in Conflict and Terrorism“.[11]

Kritik

Im Dezember 2023 gab Stockhammer dem in der EU verbotenen Fernsehsender RT Deutsch ein Interview über die Terrorgefahr auf Weihnachtsmärkten. Von Profil auf sein Interview angesprochen, schrieb Stockhammer, dass er von einem Verbot dieses Senders nichts gewusst habe.[12] Dieser Vorfall hätte fast zu einem Ende der Kooperation zwischen ihm und den Sicherheitsbehörden geführt.[13]

Das Europäische Institut für Terrorismusbekämpfung und Konfliktprävention (EICTP), an dem Stockhammer als Senior Researcher tätig ist, erstellt unter anderem Steckbriefe mit Falschinformationen über Journalisten und Nationalratsabgeordnete.[6] Stockhammer gibt an, diese nicht zu kennen und nicht zu wissen, wie das EICTP finanziert wird.[12] Laut Angaben der Internetseite des EICTP ist Stockhammer für die Publikationsreihe „Vienna Papers on Transnational Terrorism“ verantwortlich.[14]

Recherchen von Der Standard zufolge war Stockhammer von 2006 bis 2011 bei Centrex in Wien beschäftigt. Centrex ist nahtlos mit Gazprom verbunden, das mittlerweile ebenso sanktioniert wird. Danach war er von 2011 bis 2024 Vorstandsmitglied der Slavpot-Privatstiftung in Wien. Ein weiteres Mitglied dieser Stiftung ist Wladimir Shumilin, er gilt als bestverdienender Beamter des Verteidigungsministeriums Russlands. Stockhammer ließ sich 2022, zwei Monate nach Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine, als Mitglied der Slavpot-Privatstiftung wiederwählen. Nach Konfrontation durch den Standard beendete Stockhammer laut eigenen Angaben diese Tätigkeit. Mit Stand Mai 2024 schien er jedoch nach wie vor im Firmenbuch als Mitglied dieser Stiftung auf.[15] Das Innenministerium nahm nach diesen Recherchen Kontakt mit der Donau-Universität Krems auf. Auf eigenen Wunsch hin hatte Stockhammer seine Lehrtätigkeit bereits zuvor vorübergehend ruhend gestellt. Die Leitung des Lehrgangs übernahm interimistisch Walter Seböck, Professor für Security Studies.[15]

Teilnehmer des von Stockhammer geleiteten Lehrgangs an der Donau-Universität Krems ist zudem der ehemalige FPÖ-Pressesprecher Alexander Surowiec.[13] Dieser soll Egisto Ott drei SINA-Laptops besorgt haben, die über Jan Marsalek nach Russland gebracht worden sein sollen.[16] Von Sicherheitsbehörden wurde Stockhammer dafür kritisiert, nichts gegen Surowiecs Präsenz im Lehrgang unternommen zu haben.[13] Stockhammer distanziert sich von den Vorwürfen und meinte mit Surowiec nie wirklich etwas zu tun gehabt zu haben.[17]

Sportliches Engagement

Nicolas Stockhammer war mehrfach Mitglied der österreichischen Inline-Hockeynationalmannschaft und konnte in diesem Rahmen bei der FIRS Weltmeisterschaft 1997 in Zell am See Bronze, sowie 1998 in Winnipeg (Kanada) die Silbermedaille erringen.[18] Seit 2020 ist er Vizepräsident des Österreichischen Eishockeyverbands (ÖEHV).[19]

Schriften (Auswahl)

  • mit Stefan Goertz: Terrorismusbekämpfung und Extremismusprävention. Eine Einführung. Springer VS Wiesbaden, 2023, ISBN 978-3-658-41953-0.
  • Trügerische Ruhe. Der Anschlag von Wien und die terroristische Bedrohung in Europa. Amalthea Verlag, Wien 2023, ISBN 978-3-99050-252-5.
  • Routledge Handbook on Transnational Terrorism. Routledge, London 2023, ISBN 978-1-032-35319-7.

Einzelnachweise

  1. a b Akademischer Werdegang. In: nicolasstockhammer.at. Abgerufen am 5. Juli 2024.
  2. Zur Person. In: rechtsphilosophie.univie.ac.at. Abgerufen am 13. Mai 2024.
  3. Donau Uni Krems erforscht Terrorismus. In: noe.orf.at. 15. November 2021, abgerufen am 13. Mai 2024.
  4. Thomas Puchinger: Anti-Terror: Start für neuen Lehrgang in Krems. In: noe.orf.at. 7. Oktober 2023, abgerufen am 13. Mai 2024.
  5. Terrorexperte Stockhammer stellt Uni-Lehrgangsleitung wegen Russland-Kontakten vorerst ruhend. In: derstandard.at. Abgerufen am 19. Oktober 2024.
  6. a b Abu Dhabi Secrets: Der Scheich und seine Hawara. In: profil.at. 18. September 2023, abgerufen am 13. Mai 2024.
  7. Routledge Handbook of Transnational Terrorism presented in London. Abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  8. Vieles gut, aber noch viel zu tun für die Wiener Terrorismusprävention. In: derstandard.at. Abgerufen am 11. Juli 2024.
  9. Extremismus-Studie zu vier Zuwanderercommunitys in Österreich. In: bmi.gv.at. Abgerufen am 11. Juli 2024.
  10. Nicolas Stockhammer, Colin P. Clarke: Learning from Islamic State-Khorasan Province’s Recent Plots. 11. August 2024, abgerufen am 14. November 2024 (englisch).
  11. Editorial board. In: tandfonline.com. Abgerufen am 14. November 2024 (englisch).
  12. a b Stefan Melichar: Terrorforscher bei Kreml-Sender. In: profil.at. 6. Dezember 2023, abgerufen am 13. Mai 2024.
  13. a b c Die russischen Spuren des österreichischen Terrorexperten Nummer eins. In: derstandard.at. Abgerufen am 13. Mai 2024.
  14. EICTP Vienna Research Papers on Transnational Terrorism and Counter Terrorism: Trends and Scenarios of Transnational Terrorism. In: eictp.eu. Abgerufen am 12. Juli 2024.
  15. a b Terrorexperte Stockhammer stellt Uni-Lehrgangsleitung wegen Russland-Kontakten vorerst ruhend. In: derstandard.at. Abgerufen am 30. Mai 2024.
  16. Spionagefall Ott: Geheimlaptops sollen von FPÖ-nahem Publizisten stammen. In: derstandard.at. Abgerufen am 19. Oktober 2024.
  17. Trubel um Terrorismus-Lehrgang an Uni Krems. In: diepresse.com. 14. Mai 2024, abgerufen am 11. Juli 2024.
  18. Markus Rinner: ÖEHV: Das ist die neue Führung im österreichischen Eishockey:. In: hockey-news.info. 30. Juni 2020, abgerufen am 6. Juli 2024.
  19. ÖEHV. In: eishockey.at. Abgerufen am 6. Juli 2024.