Orgelwerkstatt Wegscheider

Orgelbauer in Dresden-Rähnitz

Die Orgelwerkstatt Wegscheider in Dresden-Rähnitz ist ein seit dem Jahr 1989 existierendes Unternehmen des Orgelbauers Kristian Wegscheider. Bis heute wurden um die 50 Orgeln neu gebaut und mehr als 60 Restaurierungen durchgeführt.

Geschichte

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Restaurierte Orgel der St.-Nikolai-Kirche (Stralsund)

Die Orgelwerkstatt wurde 1989 in Dresden als privates Unternehmen gegründet. Der 1954 in Ahrenshoop geborene Kristian Wegscheider arbeitete zuvor – nach Abitur und dem Armeedienst in der NVA – in einer Barther Möbeltischlerei und absolvierte von 1975 bis 1978 eine Berufsausbildung zum Orgelbauer in Dresden bei der Firma Jehmlich. Von 1976 bis 1980 belegte er ein Fernstudium zur Restaurierung von Musikinstrumenten an Fachschulen in Berlin und Leipzig. In der Firma Jehmlich war er Orgelrestaurator und Leiter der Restaurierungsabteilung. 1987 beantragte Wegscheider bei den DDR-Behörden die Genehmigung zur Eröffnung einer eigenen Werkstatt, die er im Frühjahr 1989 in der Dresdner Alaunstraße mit zunächst zwei Mitarbeitern eröffnete. Einen Teil der Zeit dazwischen überbrückte er in der Restaurationswerkstatt im Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig. Offizieller Beginn der Arbeiten in seiner Werkstatt war der 1. Juni 1989.

Im Dezember 1990 erhielt Wegscheider, als Reaktion auf eine Auflage des Gewerbeamtes, den Meisterbrief. Sein erster Auftrag war ein Neubau für die Schlosskapelle des Allstedter Schlosses. Im Sommer 1994 zog die Werkstatt nach Dresden-Hellerau um. Im Jahr 2007 beschäftigte die Werkstatt zehn Mitarbeiter. Zu den bedeutendsten Restaurierungen der Firma Wegscheider gehören die Orgel der St.-Nikolai-Kirche (Stralsund), die Stellwagen-Orgel in der Stralsunder Marienkirche, die Amalienorgel in der Kirche Zur frohen Botschaft in Berlin-Karlshorst und die Silbermann-Orgel in der Katholischen Hofkirche in Dresden. Zu den großen Rekonstruktionen hinter historischen Prospekten zählen die Werke in der St.-Jakobi-Kirche in Stralsund und in der Trinitatiskirche in Danzig.

Wegscheider war ein entschiedener Befürworter eines Nachbaues der ehemaligen Gottfried-Silbermann-Orgel in der wiedererrichteten Frauenkirche Dresden.[1]

Innovationen

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Wegscheider begann, angeregt durch eine Orgel der amerikanischen Firma Charles B. Fisk, einige seiner Orgeln – auch kleinere Instrumente – in zwei Temperierungen auszuführen, sodass sie wahlweise in wohltemperierter Barock- oder mitteltöniger Renaissance-Stimmung gespielt werden können. Da ihm Eingriffe in die sensible und komplizierte Spieltraktur, mit denen Fisk den Wechsel zwischen zwei Stimmungen ermöglichte, als unbefriedigend erschienen, konstruierte er spezielle Schleifen und Windladen, die die Windzufuhr zu den für die jeweilige Stimmung benötigten Pfeifen freigeben. Somit kann über die Registertraktur zwischen den Stimmungen umgeschaltet werden, während die Spieltraktur wie bei einer „normalen“ Orgel (mit einer Stimmung) aufgebaut ist. Bereits sein Opus 1 stattete er mit einer variablen Stimmung aus.[2]

Werkliste

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Die Liste der Neubauten ist vollständig, die der Restaurierungen eine Auswahl. Die römische Zahl bezeichnet die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein nur angehängtes Pedal und die arabische Zahl in der vorletzten Spalte die Anzahl der klingenden Register.

Neubauten

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Jahr Opus Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1990 1 Allstedt Schlosskapelle
 
I 8 zwei Temperaturen → Orgel
1992 7 Dresden Orgelwerkstatt Wegscheider (Ausleihinstrument) I 1 liegendes Positiv mit einem Register (Gedackt 8′)
1994 12 Burg Bodenstein Kapelle
 
I 5 Orgel von 1730 wieder in Ursprungszustand versetzt
1994 13 Halle (Saale) Kirchenmusikhochschule I 2 Orgel mit liegenden Pfeifen, seit 2019 im Dom zu Halle[3]
1994 15 Frauenstein (Erzgebirge) Museum
 
I 8 Kopie des Bremer Silbermann-Positivs
1995 17 Frankfurt (Oder) Kirche Güldendorf I 8 Kopie des Bremer Silbermann-Positivs mit Gehäuse aus Eichenholz
1995 18 Steinwedel bei Lehrte St.-Petri-Kirche
 
II/P 20 Neubau in altem Gehäuse (17. Jh.) unter Verwendung einiger Register von Johann Andreas Zuberbier (1769)
1995 21 Dresden-Wilschdorf Christophoruskirche
 
II/P 14 zwei Temperaturen → Orgel
1996 23 Köln Musikhochschule, Abteilung Wuppertal I 1 liegendes Positiv mit einem Register (Gedackt 8′)
1996 24 Blankenburg (Harz) Kloster Michaelstein I 1 liegendes Positiv mit einem Register (Gedackt 8′)
1996 27 Essen Folkwangschule I 1 liegendes Positiv mit einem Register (Gedackt 8′)
1996 28 Güstrow Güstrower Dom, Winterkirche
 
I/P 15 mit Pauken, Glockenspiel, Cymbelstern, 2 Kuckucksrufen, Trommel, Nachtigall → Orgel
1997 31 Dresden Loschwitzer Kirche
 
II/P 20 zweites Manual mit Wechselschleifen; Prospekt in Anlehnung an die nicht erhaltene Orgel von Johann Christoph Leibner (1753) → Orgel
1997 33 Dresden Kreuzkirche I 1 liegendes Positiv mit einem Register (Gedackt 8′)
1999 40 Ochsendorf (bei Königslutter) St. Stephani I/P 9
1999 42 Friedersdorf (Mulde) Evangelische Dorfkirche I/P 15
2000 43 Büsingen am Hochrhein St. Michael II/P 15 zwei Zungenregister → Orgel und Orgel
2000 44 Dreveskirchen Dorfkirche I/P 15 Rekonstruktion der Schmidt-Orgel

Orgel

2000 47 Dresden Musikhochschule I 1 liegendes Positiv mit einem Register (Gedackt 8′)
2000 48 Schwerin/Freiberg Skobowsky (privat) I 1 liegendes Positiv mit einem Register
2000 49 Berlin Michaelitz (privat) I 1 liegendes Positiv mit einem Register (Gedackt 8′), Dauerleihgabe
2001 50 Fintel St. Antonius
 
II/P 16 romantische Orgel
2002 57 Bremen Bremer Dom, Chororgel
 
I/P 8
2003 60 Köln Diakonie Michaelshoven, Erzengel-Michael-Kirche
 
II/P 28 Orgel im Stil Silbermann/Hildebrandt
Orgel, Ende 2024 umgesetzt in die Klosterkirche Lehnin
2004 62 Reinfeld (Holstein) Matthias-Claudius-Kirche
 
II/P 21 unter Verwendung des alten Rückpositivgehäuses im Stil des 17. Jahrhunderts → Orgel
2005 66 Spenge St. Martinskirche
 
II/P 17 neun Wechselschleifen, freistehender Spieltisch mit Blick zum Altar
2005 69 Sereetz Schifflein Christi
 
I/P 9
2006 68 Stuttgart Musikhochschule II/P 21
2007 72 Freiburg im Breisgau St.Ottilien I 6 „Böhmisches Positiv“, in Zusammenarbeit mit Dalibor Michek, Studenky (Tschechien); Verleihinstrument, das zum Verkauf angeboten wurde; seit 2017 in Freiburg-St. Ottilien → Orgel
2006–2008 73 Lübeck-Travemünde Versöhnungskirche, Pommernzentrum
 
II/P 14
2008 74 Rainbach im Mühlkreis (Österreich) Pfarrkirche   I/P 9
2007–2008 75 Sacrow (Potsdam) Heilandskirche
 
II/P 17 mit seitlichem Spieltisch → Orgel
2008 77 Dresden Kreuzkirche I 9 (10) Altarpositiv, fahrbare Truhenorgel mit 9 Registern und separatem Subbass → Orgel
2009 78 Hafnarfjörður (Island) Hafnarfjarðarkirkja II/P 11 mit Wechselschleifen
2008–2009 79 Linz (Österreich) Minoritenkirche
 
II/P 27 Neubau hinter alter Gehäusefassade
2008–2009 82 Leipzig Paulinum
 
I 7 Positiv mit Transponiervorrichtung
2010 86 Bohušov (Tschechien) St.-Martins-Kirche II/P 16 hinter vorhandenes Orgelgehäuse, freistehender Spieltisch
2011 87 Roggenstein St. Erhard
 
II/P 20
2012 84 Jönköping Kristine Kyrka, Chororgel II/P 24 Oberwerk transponierbar
2012 91 Ahrenshoop Schifferkirche Ahrenshoop
 
I/P 12 freistehender Spieltisch, drei Wechselschleifen → Orgel
2013 83 Ritten-Unterinn Katholische Kirche II/P 30 mit Schwellwerk
2013–2014 93 Łódź Filharmonia Łódzka, Barockorgel III/P 37
2014 97 Berlin Berliner Dom, Chororgel I 4 passt in den Fahrstuhl des Doms
2015–2016 100 Ingolstadt Münster Zur Schönen Unserer Lieben Frau, Chororgel III/P 45 SchwalbennestorgelOrgel
2016 104 Stuttgart Internationale Bachakademie Stuttgart I 4 Rekonstruktion der 2012 wiederentdeckten Truhenorgel von Gottfried Silbermann aus Seerhausen
2017 102 Wolkertshofen Wehrkirche Wolkertshofen   II/P 9 seitenspielig, mit einer Wechselschleife und einem Vorabzug → Orgel
2012–2013/2018 94 Danzig Trinitatiskirche
 
III/P 45 Rekonstruktion der Orgel von Tobias Lehmann (1703) hinter dem erhaltenen Prospekt von Merten Friese (1618) zusammen mit Szymon Januszkiewicz in mehreren Bauabschnitten
2019–2020 109 Stralsund St.-Jakobi-Kirche
 
III/P 51 Neubau hinter dem historischen Prospekt von Christian Gottlieb Richter (1732–1741) im Barockstil von Richter und Ernst Julius Marx (1783) → Orgel
2020 112 Schönefeld Dorfkirche
 
II/P 16 mit 5 Wechselschleifen, transponierbares Positiv → Orgel
2021 113 Berlin-Pankow Dorfkirche Pankow II/P 27 im Stil von Carl August Buchholz
2022 115 Pinnow (bei Schwerin) Dorfkirche Pinnow II/P 13 mit 5 Wechselschleifen

Restaurierungen (Auswahl)

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Jahr Opus Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1991 5 Pokrent Dorfkirche Pokrent
 
I 7 Restaurierung der Christian-Heinrich-Wolfsteller-Orgel (1854) → Orgel
1992 9 Heringen/Helme St. Michael   II 24 Restaurierung der Johann-Friedrich-Schulze-Orgel (1843)
1995 19 Freiberg in Sachsen Jakobikirche   II/P 20 Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1717) → Orgel
1997 29 Tiefenau Schlosskapelle
 
I 9 Restaurierung (technische Anlage) und Rekonstruktion (Pfeifenwerk) der Orgel von Gottfried Silbermann (1728?) → Orgel
1997 30 Biederitz Dorfkirche Biederitz   II/P 12 Umsetzung und Restaurierung einer Ladegast-Orgel (1866) vom Güstrower Dom
1997 32 Reinhardtsgrimma Dorfkirche   II/P 20 Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1731)
1999–2002 39 Schwerin Schwerin, Paulskirche   II/P 31 Restaurierung der Orgel von Friedrich Friese III (1869) → Orgel
2001–2002 56 Dresden Katholische Hofkirche   III/P 47 zusammen mit Jehmlich Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1750–1753) → Orgel
2003–2006 64 Stralsund St.-Nikolai-Kirche
 
III/P 56 zusammen mit Klais Restaurierung und Rekonstruktion der Orgel von Carl August Buchholz (1841) → Orgel der St.-Nikolai-Kirche (Stralsund)
2004–2006 46 Pomßen Wehrkirche Pomßen
 
I/P 13 Wehrkirche Pomßen#Orgel
1999–2008 67 Stralsund St.-Marien-Kirche
 
III/P 51 Restaurierung der Orgel von Friedrich Stellwagen (1659) → Orgeln der St.-Marien-Kirche (Stralsund)
2006–2007 71 Freiberg in Sachsen Stadtkirche St. Petri   II/P 32 zusammen mit Jehmlich Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1733–1735) → Orgel
2009–2010 80 Berlin-Karlshorst Zur frohen Botschaft
 
II/P 22 Restaurierung der Orgel von Migendt und Marx (1755) → Orgel der Pfarrkirche Zur frohen Botschaft
2010–2011 88 Zurow Dorfkirche Zurow
 
I/P 9+1 Transmission Restaurierung der Orgel von Christoph Erdmann Vogel (1737 erbaut als Rückpositiv für die Nikolaikirche (Wismar)) und Friedrich Wilhelm Winzer (1861) → Orgel
2010–2013 90 Pr. Holland Pfarrkirche St. Bartholomäus
 
Andreas-Hildebrandt-Orgel Pasłęk
II/P 36 Restaurierung/Rekonstruktion der Orgel von Andreas Hildebrandt (1717–1719), Wiederherstellung des Zustandes von 1719[4]Orgel der Bartholomäuskirche Pasłęk
2014 95 Aalen Johanneskirche
 
I/P 14 Restaurierung/Rekonstruktion der Orgel von Josef Nikolaus Allgeyer (1802/1829) → Orgel
2015–2017 105 Hamburg-Neuenfelde St. Pankratius   II/P 34 Restaurierung der Orgel von Arp Schnitger (1688) → Orgel von St. Pankratius (Neuenfelde)
2017–2019 107 Halle (Saale) Hallescher Dom   II/P 33 Restaurierung der Orgel von Friedrich Wilhelm Wäldner (1847–1851)
2019–2021 110 Havelberg Stadtkirche St. Laurentius
 
Scholtze-Orgel der Stadtkirche Havelberg nach Restaurierung
II/P 32 Restaurierung der Orgel von Gottlieb Scholtze (1754)
2022–2023 116 Petkum St.-Antonius-Kirche   II/p 14 Restaurierung und Rekonstruktion der Orgel von Valentin Ulrich Grotian (1694–1699); fünf Register erhalten
2022–2023 117 Gröst St. Kilian II/P 25 Restaurierung der Orgel von Johann Gottlob Trampeli (1806–1807)
2023–2024 124 Waren (Müritz) Georgenkirche   II/P 26 Restaurierung der Orgel von Friedrich Hermann Lütkemüller (1856)[5]
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Commons: Orgelwerkstatt Wegscheider – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Mit Tränen in den Augen | Ausgabe: 4/03 | nmz - neue musikzeitung. Abgerufen am 28. April 2019.
  2. Orgelwerkstatt Wegscheider Dresden - Artikel. Abgerufen am 28. April 2019.
  3. Halle (Saale) / Altstadt – “Dom” (Wegscheider-Orgel) – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 23. Februar 2022 (deutsch).
  4. Organy Hildebrandta w Pasłęku - strona startowa. Abgerufen am 16. August 2019.
  5. Orgelwerkstatt Kristian Wegscheider: Waren (Müritz) | Opus 124, abgerufen am 1. November 2024.

Koordinaten: 51° 7′ 10,3″ N, 13° 44′ 19,7″ O