δ-Valerolacton

chemische Verbindung
(Weitergeleitet von Pentano-1,5-lacton)

δ-Valerolacton (delta-Valerolacton, Oxan-2-on) ist das pyranoide Lacton der 5-Hydroxyvaleriansäure (5-Hydroxypentansäure), während die stellungsisomeren Tetrahydropyranone Oxan-3-on und Oxan-4-on cyclische Etherketone darstellen.

Strukturformel
Strukturformel von delta-Valerolacton
Allgemeines
Name δ-Valerolacton
Andere Namen
  • 5-Valerolacton
  • Tetrahydro-2H-pyran-2-on
  • 5-Hydroxyvaleriansäurelacton
  • 5-Pentanolid
  • Oxan-2-on
  • Pentano-1,5-lacton
  • DELTA-VALEROLACTONE (INCI)[1]
Summenformel C5H8O2
Kurzbeschreibung

farblose bis gelbliche[2] oder hellbraune[3] Flüssigkeit

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 542-28-9
EG-Nummer 208-807-1
ECHA-InfoCard 100.008.007
PubChem 10953
Wikidata Q903610
Eigenschaften
Molare Masse 100,11 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte
Schmelzpunkt

−13 °C[2]

Siedepunkt
Dampfdruck
Löslichkeit
Brechungsindex
  • 1,4553 (25 °C)[4]
  • 1,4560 bis 1,4580 (20 °C)[6]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 318
P: 280​‐​305+351+338[2]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

δ-Valerolacton findet vor allem Verwendung als Monomer für Polyester, das stellungsisomere furanoide γ-Valerolacton (4-Hydroxypentansäurelacton) als biogener Brennstoff und als „grünes“ Lösungsmittel.

Herstellung

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Bei der Hydrierung von 2-Pyron (2H-pyran-2-on) – zugänglich in 25%iger Ausbeute durch Umsetzung von 3-Butensäure mit Paraldehyd in einem Gemisch von konzentrierter Schwefelsäure und Eisessig[7] mit einem Ferrocen-basierten Palladium(II)-Komplex[8] wird delta-Valerolacton in 99%iger Ausbeute erhalten.

 
Hydrierung von 5,6-Dihydro-2H-pyran-2-on zu δ-Valerolacton

δ-Valerolacton entsteht in 96%iger Ausbeute bei der Cyclisierung von 5-Bromvaleriansäure – z. B. aus Dihydropyran durch Acidolyse zu δ-Hydroxyvaleraldehyd,[9] anschließende Oxidation zur δ-Hydroxyvaleriansäure und Umsetzung mit Bromwasserstoffsäure[10] – mit Tetraalkylammoniumfluoriden[11]

 
Cyclisierung von 5-Bromvaleriansäure zu delta-Valeolacton

Ein gängigerer Syntheseweg ist die Baeyer-Villiger-Oxidation von Cyclopentanon mit Peroxytrifluoressigsäure, die δ-Valerolacton in 96%iger Ausbeute liefert.[12]

 
Baeyer-Villiger-Oxidation von Cyclopentanon zu delta-Valerolacton

Die Oxidation kann auch in Gegenwart von Molybdän-Komplexen mit Wasserstoffperoxid durchgeführt werden.[13] Eine „grüne“ Route mit sehr guter Ausbeute von 98 % zeigt die Oxidation von Cyclopentanon mit Wasserstoffperoxid und einer Lipase auf.[14]

Für die großtechnische Produktion von δ-Valerolacton scheint das einfach zugängliche 1,5-Pentandiol das geeignetste Edukt zu sein, das z. B. auch durch destillative Auftrennung des komplexen, so genannten Ol/On-Stoffgemischs bei der Oxidation von Cyclohexan zu Cyclohexanol/Cyclohexanol isoliert werden kann.[15] Die Oxidation von 1,5-Pentandiol wird durch Kupferverbindungen, wie z. B. Kupferchromit katalysiert. Die Reaktionsführung bei Temperaturen über 200 °C ist entscheidend für Umsatz des Edukts und Reinheit des Produkts, wobei sich ein herkömmlicher Rührreaktor als wenig geeignet erweist, da beim Versuch der vollständigen Umsetzung von 1,5-Pentandiol 30–35 % polymere Nebenprodukte gebildet werden.[4][12]

In einem Rohrreaktor verläuft die Reaktion dagegen wesentlich gezielter zum Produkt, das unter Katalyse mit einem Kupfer(II)-oxid und Zinkoxid-Mischkatalysator reines δ-Valerolacton in 86%iger Ausbeute liefert.[16]

 
Oxidation von 1,5-Pentandiol zu delta-Valerolacton

Ein industrieller Prozess führt die katalytische Dehydrogenierung in einem Rohrreaktor an zwei Katalysatorschichten mit unterschiedlichen Gehalten an Kupferoxid mit dem Trägergas Wasserstoff und einem Temperaturgradienten von 300 °C bis 260 °C bei praktisch vollständigem 1,5-Pentandiol-Umsatz, einer δ-Valerolactonselektivität von 96 % und einer δ-Valerolactonreinheit von >99 % durch.[17]

Eigenschaften

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Reines δ-Valerolacton ist eine wasserklare, farblose Flüssigkeit mit esterartigem Geruch,[5] die in wässriger Lösung schwach sauer reagiert. Sie erstarrt bei −13 °C, siedet bei 230 °C und besitzt eine dynamische Viskosität von 3,41 mPa·s bei 20 °C.[5] Der Flammpunkt liegt bei 110,5 °C, die Zündtemperatur bei 414 °C. Bei Temperaturen über 370 °C beginnt sich δ-Valerolacton zu zersetzen.

Anwendungen

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δ-Valerolacton wird als vielseitiges Zwischenprodukt für Beschichtungen vom Polyester-, Polyurethan-, Acryl- und Vinyltyp verwendet.[18]

Aus δ-Valerolacton lässt sich durch Reaktion mit Phosgen in Gegenwart von 3-Picolin in Ausbeuten bis 87 % und Reinheiten von >98 % 5-Chlorpentanoylchlorid herstellen[19].

 
Synthese von 5-Chlorvaleriansäure aus delta-Valerolacton

das als Ausgangssubstanz für eine Reihe von Zwischenstufen von Arzneistoffen, wie z. B. Virustatika[20], Phosphodiesterase-3-Hemmer, wie Cilostazol[21] oder Antikoagulanzien, wie Apixaban[22] breitere Verwendung findet.

Ähnlich wie das weitaus häufiger eingesetzte ε-Caprolacton kann δ-Valerolacton entsprechender Reinheit durch kationische ringöffnende Polymerisation z. B. mit Trifluormethansulfonsäuremethylester zu Poly-δ-Valerolacton[23] und mit anderen Lactonen bzw. δ-Hydroxycarbonsäuren auch durch anionische[24] sowie auch durch enzymatische Polymerisation[25] mittels Lipasen zu copolymeren Polyestern umgesetzt werden, die wegen ihrer Bioabbaubarkeit, Bioverträglichkeit und ihres Permeationsverhaltens als mögliche Implantatmaterialien interessant sind.

 
Ringöffnende Polymerisation von delta-Valerolacton

Wegen der Tendenz zur Depolymerisation vom Kettenende her (engl. back-biting)[23] und der geringeren Reaktivität des sechsgliedrigen Lactonrings im δ-Valerolacton gegenüber dem siebengliedrigen ε-Caprolacton werden bei der enzymatischen ringöffnenden Polymerisation Polymere mit vergleichsweise niedrigeren Molmassen erzeugt, die aber bei der Verwendung thermophiler Esterasen immerhin zahlenmittlere Molmassen von Mn >2,000 g/mol aufwiesen und das erhaltene Poly-δ-Valerolacton für die Verwendung als hydrophobe Weichsegmente in thermoplastischen Elastomeren oder als Wirkstoffträger für die kontrollierte Arzneistofffreigabe erscheinen lassen.[26]

Die kontrollierte lebende Polymerisation von δ-Valerolacton führt mit dem Katalysator Trifluormethansulfonimid zu Poly-δ-Valerolacton mit dem Katalysatoranteil entsprechenden Molmassen z. B. mit Mn = 9,600 g/mol und in Gegenwart funktioneller Initiatoren, wie z. B. N-(2-Hydroxyethyl)maleinimid zu endständig funktionalisierten telechelen Poly-δ-Valerolactonen mit kontrollierten Molmassen und geringer Polydispersität.[27]

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu DELTA-VALEROLACTONE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 23. Oktober 2021.
  2. a b c d e f Eintrag zu delta-Valerolacton in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 5. Februar 2017. (JavaScript erforderlich)
  3. a b c d Datenblatt δ-Valerolacton bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 10. Juni 2015 (PDF).
  4. a b c L.E. Schniepp, H.H. Geller: Dehydrogenation of 1,5-pentanediol. In: J. Amer. Chem. Soc. Band 69, Nr. 6, 1947, S. 1545–1545, doi:10.1021/ja01198a517.
  5. a b c d e f BASF, Safety Data Sheet, Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2020. (Suche in Webarchiven.) @1@2Vorlage:Toter Link/worldaccount.basf.com delta-Valerolactone
  6. a b Eintrag zu δ-Valerolacton bei TCI Europe, abgerufen am 5. Februar 2017.
  7. M. Nakahawa, J. Saegusa, M. Tonozuka, M. Obi, M. Kiuchi, T. Hino, Y. Ban: 5,6-Dihydro-2H-pyran-2-one and 2H-Pyran-2-one. In: Org. Synth., Coll. Vol. Band 6, 1977, S. 462–454, doi:10.15227/orgsyn.056.0049.
  8. H.M. Ali, A.A. Naiini, C.H. Brubaker Jr.: Selective reduction of conjugated double bonds with molecular hydrogen and palladium(II) complexed to ferrocenylamine sulfide catalysts. In: Tetrahedron Lett. Band 32, Nr. 40, 1991, S. 5489–5492, doi:10.1016/0040-4039(91)80065-E.
  9. L.E. Schniepp, H.H. Geller: Preparation of Dihydropyran, δ-Hydroxyvaleraldehyde and 1,5-Pentanediol from Tetrahydrofurfuryl Alcohol. In: J. Am. Chem. Soc. Band 68, Nr. 8, 1946, S. 1646–1648, doi:10.1021/ja01212a085.
  10. R. Gaudry, L. Berlinguet: Étude de la synthèse de la proline par cyclisation d’un acide valérianique dihalogéné. In: Can. J. Research. 27b, Nr. 4, 1949, S. 282–292, doi:10.1139/cjr49b-030.
  11. T. Oii, H. Sugimoto, K. Doda, K. Maruoka: Esterification of carboxylic acids catalyzed by in situ generated tetraalkylammonium fluorides. In: Tetrahedron Lett. Band 42, Nr. 52, 2001, S. 9245–9248, doi:10.1016/S0040-4039(01)02035-4.
  12. a b N. Isenberg, J.B. Leibsohn, V.E. Merola: 5-Bromopentanoic acid and 2,5-dibromopentanoic acid. In: Canadian Journal of Chemistry. 40, 1962, S. 831, doi:10.1139/v62-126.
  13. S.E. Jacobson, R. Tang, F. Mares: Oxidation of cyclic ketones by hydrogen peroxide catalysed by Group 6 metal peroxo complexes. In: J. Chem. Soc., Chem. Commun. 1978, S. 888–889, doi:10.1039/C39780000888.
  14. A.J. Kotlewska, F. van Rantwijk, R.A. Sheldon, I.W.C.E. Arends: Epoxidation and Baeyer–Villiger oxidation using hydrogen peroxide and a lipase dissolved in ionic liquids. In: Green Chem. Band 13, Nr. 8, 2011, S. 2154–2160, doi:10.1039/C1GC15255F.
  15. Patent DE10100552: Verfahren und Vorrichtung zur destillativen Aufarbeitung von 1,6-Hexandiol, 1,5-Pentandiol und Caprolacton. Angemeldet am 9. Januar 2001, veröffentlicht am 11. Juli 2002, Anmelder: BASF AG, Erfinder: M. Gall, G. Kaibel, T. Krug, H. Rust, F. Stein.
  16. S. Oka: Synthesis of δ-Valerolacton. In: Bull. Inst. Chem. Res., Kyoto University. Band 39, Nr. 4–5, 1961, S. 322–324 ([1]).
  17. Patent EP2373637: Verfahren zur Herstellung von delta-Valerolacton in der Gasphase. Angemeldet am 2. Dezember 2009, veröffentlicht am 22. Mai 2013, Anmelder: BASF SE, Erfinder: R. Pinkos, C. Bauduin, A. Paul, G. Fritz, H. Wagner.
  18. BASF-Broschüre, Solvent-borne and high-solids coatings
  19. Patent WO2001064614: Verfahren zur Herstellung von Chlorcarbonsäurechloriden. Angemeldet am 28. Februar 2001, veröffentlicht am 7. September 2001, Anmelder: BASF AG, Erfinder: A. Stamm, H.-J. Kneuper, J. Henkelmann, T. Weber, R. Busch.
  20. Patent EP0509469: Synthetic compounds suitable for the therapy of infections caused by rhinoviruses. Angemeldet am 15. April 1992, veröffentlicht am 21. Oktober 1992, Anmelder: Repla Chemical Ltd., Erfinder: M. Artico, F. Corelli, S. Massa, A. Mai.
  21. Pharmaceutical Substances: Syntheses, Patents and Applications of the most relevant APIs. Herausgegeben von Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernhard Kutscher, Dietmar Reichert, Thieme Verlag, 5th Edition, Sept. 2008, ISBN 978-3-13-558405-8
  22. J. Wang, P. Wang, L. Liu, H. Zhang, Z. Shang, Synthesis of apixaban intermediate, J. Hebei Univ. Sci. Technol., 35, 334, (2014).
  23. a b H.R. Kricheldorf, R. Dunsing, A. Serra: Polylactones. 10. Cationic polymerization of δ-Valerolacton by means of alkylating agents. In: Macromolecules. Band 20, Nr. 9, 1987, S. 2050–2057, doi:10.1021/ma00175a002.
  24. P. Kurcok, J. Penczek, J. Franek, Z. Jedlinski: Anionic polymerization of lactones. 10. Anionic block copolymerization of δ-Valerolacton and L-Lactide initiated with potassium methoxide. In: Macromolecules. Band 25, Nr. 9, 1992, S. 2282–2289, doi:10.1021/ma00035a001.
  25. S. Kobayashi: Lipase-catalyzed polyester synthesis – A green polymer chemistry. In: Proc. Jpn. Acad. Ser. B Phys. Biol. Sci. Band 86, Nr. 4, 2010, S. 338–365, doi:10.2183/pjab.86.338, PMC 3417799 (freier Volltext).
  26. H. Cao, H. Han, G. Li, J. Yang, L. Zhang, Y. Yang, X. Fang, Q. Li: Biocatalytic Synthesis of Poly(δ-Valerolactone) Using a Thermophilic Esterase from Archaeoglobus fulgidus as Catalyst. In: Int. J. Mol. Sci. Band 13, Nr. 10, 2012, S. 12232–12241, doi:10.3390/ijms131012232.
  27. R. Kakuchi, Y. Tsuji, K. Chiba, K. Fuchise, R. Sakai, T. Satoh, T. Kakuchi: Controlled/Living Ring-Opening Polymerization of δ-Valerolactone Using Triflylimide as an Efficient Cationic Organocatalyst. In: Macromolecules. Band 43, Nr. 17, 2010, S. 7090–7094, doi:10.1021/ma100798u.