Geordneter Körper

Algebraische Struktur
(Weitergeleitet von Positivbereich)

In der Algebra, einer Teildisziplin der Mathematik, ist ein geordneter Körper (auch angeordneter Körper genannt) ein Körper zusammen mit einer totalen Ordnung“, die mit Addition und Multiplikation (das sind die »Körperoperationen«, die die »algebraische Struktur« darstellen) verträglich ist. Das bekannteste Beispiel ist der Körper der reellen Zahlen. Körper der Charakteristik können nicht strukturverträglich angeordnet werden. Ein wichtiges Beispiel für einen Körper der Charakteristik 0, der auch nicht strukturverträglich angeordnet werden kann, ist der Körper der komplexen Zahlen.

Definition

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Die Eigenschaft  

Ein Körper  , auf dem eine (hier reflexiv geschriebene) Totalordnung   definiert ist, heißt geordneter Körper (oder auch angeordneter Körper), wenn die Ordnung mit den Körperoperationen verträglich ist, d. h., wenn für alle   die folgenden (An)ordnungsaxiome gelten:

  • Aus   folgt  .
  • Aus   und   folgt  .

Statt der zweiten Bedingung kann äquivalent auch gefordert werden:

  • Aus   und   folgt  .

Elemente, die nicht größer oder gleich  , also kleiner   sind, heißen negativ, Elemente größer oder gleich   heißen nichtnegativ.

Den Positivbereich   definiert man als Menge aller nichtnegativen Elemente, d. h.  .[1]

Man kann zeigen, dass für     äquivalent ist zu  , die Anordnung ist also eindeutig durch ihren Positivbereich bestimmt.

Ein Positivbereich erfüllt die Eigenschaften

  •  ,   (Abgeschlossenheit bzgl. Addition und Multiplikation),
  •   und
  •  .
Bemerkung
Aus der reflexiv geschriebenen und (überall) reflexiven Totalordnung   lässt sich die (überall) irreflexive Totalordnung   definieren:
 
wie sich auch umgekehrt aus der irreflexiven Totalordnung   die ursprüngliche reflexive durch
 
rekonstruieren lässt. Diese Gleichwertigkeit, die sich auch in der Trichotomie ausdrückt, ist eine Folge der Totalordnungseigenschaft.
Insofern ist die Wahl der Schreibweise eine Frage der reinen Zweckmäßigkeit. Entsprechend finden sich in der Literatur auch Definitionen von Positivbereich mit nur positiven, d. h. von 0 verschiedenen nichtnegativen, Elementen.

Eigenschaften

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Die Eigenschaft  

Aus den Axiomen folgen unter anderem diese Eigenschaften (für alle  ):

  • Das Negative eines positiven Elements ist negativ und das Negative eines negativen Elements ist positiv: Für jedes   mit   gilt entweder   oder  .
  • Man darf Ungleichungen addieren: Aus   und   folgt  .
  • Man darf Ungleichungen mit positiven Elementen multiplizieren: Aus   und   folgt  . (Alternativ kann dies auch, wie oben darstellt, als Axiom gefordert werden.)
  • Quadratzahlen sind nichtnegativ:  . Ebenso ist jede endliche Summe von Quadraten nichtnegativ. Insbesondere ist  .
  • Durch Induktion kann man folgern, dass jede endliche Summe von Einsen positiv ist:  .

Strukturaussagen

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Jeder geordnete Körper hat die Charakteristik  . Dies folgt unmittelbar aus der letztgenannten Eigenschaft  .

Jeder Teilkörper eines geordneten Körpers ist geordnet. Wie für jeden Körper der Charakteristik 0 ist der kleinste enthaltene Körper isomorph zu den rationalen Zahlen, und die Ordnung auf diesem Teilkörper ist dieselbe wie die natürliche Anordnung auf  .

Wenn jedes Element eines angeordneten Körpers zwischen zwei rationalen Zahlen liegt, dann heißt der Körper archimedisch geordnet (wenn es also zu jedem Element eine größere und eine kleinere rationale Zahl gibt). Zum Beispiel sind die reellen Zahlen archimedisch, jedoch sind die hyperreellen Zahlen nicht-archimedisch. Die Eigenschaft eines geordneten Körpers, archimedisch geordnet zu sein, bezeichnet man auch als archimedisches Axiom.

Geordnete Körper und reelle Zahlen

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Jeder archimedisch geordnete Körper ist (als geordneter Körper) zu einem eindeutig bestimmten Teilkörper von   isomorph. In diesem Sinn bilden die reellen Zahlen   den „größten“ archimedisch geordneten Körper.

Die Ordnung auf einem geordneten Körper   induziert eine Topologie, die Ordnungstopologie auf  , die durch die offenen Intervalle   und   als Subbasis erzeugt wird, und Addition und Multiplikation sind bezüglich dieser Topologie stetig.

Ein geordneter Körper heißt ordnungsvollständig, wenn jede beschränkte, nichtleere Teilmenge des Körpers ein Infimum und Supremum hat.

Der Körper der reellen Zahlen lässt sich (bis auf Isomorphie) durch folgende Eigenschaft charakterisieren:

  ist ein ordnungsvollständiger geordneter Körper.

Da im Körper der reellen Zahlen genau die nichtnegativen Zahlen Quadrate sind (es gilt also dort   genau dann, wenn eine reelle Zahl   mit   existiert), ist die Menge der positiven reellen Zahlen und damit die Anordnung aller reellen Zahlen algebraisch (nämlich mittels der Ringoperationen  ) festgelegt. Die rationalen Zahlen, die einen Teilkörper und den Primkörper der reellen Zahlen bilden, lassen keinen Automorphismus außer der Identität zu. Man sagt: Die rationalen Zahlen sind ein starrer Körper. Auch   ist starr.[2] Zwischen zwei Modellen der reellen Zahlen gibt es also stets genau einen Ringisomorphismus und dieser ist stets ein ordnungserhaltender Körperautomorphismus. Der Artikel „Reelle Zahl“ beschreibt unterschiedliche Möglichkeiten, solche Modelle zu konstruieren.

→ Allgemeiner sind Körper, die aus dem hier genannten Grund nur eine Körperordnung zulassen, euklidische Körper.

Formal reelle Körper

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Ein Körper heißt formal reell (oder nur reell[3]), wenn   sich nicht als endliche Summe von Quadraten schreiben lässt. Man kann zeigen, dass dies genau dann der Fall ist, wenn die 0 nur in trivialer Weise als endliche Summe von Quadraten dargestellt werden kann.

Jeder angeordnete Körper ist also ein formal reeller Körper. Umgekehrt lässt sich auf jedem formal reellen Körper eine Ordnung einführen, die diesen zu einem angeordneten Körper macht. Formal reelle Körper lassen sich zu reell abgeschlossenen Körpern erweitern.

Beispiele und Gegenbeispiele

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  • Die ganzen Zahlen und die natürlichen Zahlen erfüllen zwar die Anordnungsaxiome, aber nicht die Körperaxiome. Die ganzen Zahlen bilden lediglich einen geordneten Integritätsring.
  • Die rationalen Zahlen   bilden den kleinsten angeordneten Körper in dem Sinne, dass sie Teilkörper jedes geordneten Körpers sind und selbst keine echten Teilkörper enthalten.
  • Die reellen Zahlen   und jeder Teilkörper von   sind angeordnete Körper.
  • Jeder reell abgeschlossene Körper und allgemeiner jeder euklidische Körper lässt wie die reellen Zahlen nur eine durch seine algebraische Struktur eindeutig bestimmte Anordnung zu.
  • Die hyperreellen Zahlen sind reell abgeschlossen und damit ein angeordneter Körper, der nur eine Anordnung zulässt.
  • Die surrealen Zahlen bilden zwar eine echte Klasse und keine Menge, erfüllen aber ansonsten alle Axiome eines angeordneten Körpers. Jeder angeordnete Körper kann in die surrealen Zahlen eingebettet werden.
  • Endliche Körper können nicht angeordnet werden.
  • Die komplexen Zahlen können nicht angeordnet werden, da die Eigenschaft   durch die imaginäre Einheit   wegen   verletzt wird.
  • Die  -adischen Zahlen können nicht angeordnet werden, da sie für   eine Quadratwurzel von   und für   eine Quadratwurzel von   enthalten.

Siehe auch

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In der synthetischen Geometrie werden im Kontext der Bestimmung möglicher Seiteneinteilungen der affinen Ebene über einem formal reellen Körper auch alle denkbaren Anordnungen solcher Körper durch bestimmte nichttriviale quadratische Charaktere des Körpers klassifiziert. → Siehe Seiteneinteilung.

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Einzelnachweise

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  1. Manfred Knebusch, Klaus Schneiderer, Einführung in die reelle Algebra, Vieweg, 1989, ISBN 3-528-07263-6
  2. Nicht jedoch bspw. der Körper  , der zwischen   und   (also ebenfalls dicht) liegt und eine nicht-triviale Konjugationsabbildung kennt. Es gibt hier (im Unterschied zu  ) kein  , so dass   wäre; infolgedessen lässt sich die Positivheit von   nicht mit ringtheoretischen Mitteln belegen. Starr sind auch die euklidischen Körper, so z. B. der reell abgeschlossene Körper   der algebraischen reellen Zahlen.
  3. Alexander Prestel, Charles N. Delzell, Positive Polynomials. From Hilbert's 17th Problem to Real Algebra, Springer, 2001