Das Réti-Manöver ist ein nach Richard Réti benanntes Schachmotiv. Ein König nähert sich durch Ziehen entlang einer Diagonalen zwei Zielen gleichzeitig und erzwingt dadurch das Erreichen von einem der beiden. Das Manöver beruht auf der Eigenheit der Schachbrettgeometrie, dass der Weg eines Königs über eine Schräge genauso lange dauert wie über eine Gerade.

Benannt wurde das Manöver nach Rétis berühmtester Studie. Sie ist unter Schachspielern sehr bekannt, weil sie als praxisrelevant und ästhetisch anspruchsvoll gilt. Die Idee der Studie widerspricht der Alltagsweisheit: „Man kann nicht gleichzeitig zwei Hasen jagen, sonst werden beide weglaufen“.

Bearbeitungen des Themas durch Réti

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Die Forderung von Rétis Studie aus dem Jahr 1921 sieht auf den ersten Blick unerfüllbar aus, da der weiße König den schwarzen Bauern scheinbar nicht mehr einholen kann, der schwarze König den weißen Bauern aber schon. Der weiße König muss also zwei Ziele gleichzeitig verfolgen:

  • den eigenen Bauern unterstützen
  • den gegnerischen Bauern abfangen

Falls sich der schwarze König mit Kb6 dem weißen Bauern nähert, dann gewinnt der weiße König einen Zug Zeit, sich dem Quadrat des gegnerischen Bauern zu nähern. Zieht dagegen Schwarz nur seinen Bauern nach vorne, dann hat der weiße König genug Zeit, seinen eigenen Bauern zu unterstützen und beide Bauern wandeln sich im gleichen Zugpaar in eine Dame um.[1] Der Schachmeister und Autor Savielly Tartakower lobte Rétis Studie als „Quadratur des Kreises“.

Richard Réti
Deutschösterreichische Tages-Zeitung
11. September 1921
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4                 4
3                 3
2                 2
1                 1
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Weiß am Zug erreicht Remis





Lösung:

1. Kh8–g7! h5–h4
2. Kg7–f6 Ka6–b6

Oder 2. … h4–h3 3. Kf6–e7, und der König hilft seinem Bauern, gleichzeitig mit dem schwarzen einzuziehen.

3. Kf6–e5!!

Das ist die Pointe. Weiß erreicht nun entweder rechtzeitig seinen Bauern, oder er fängt den schwarzen Bauern ab nach 3. … Kb6xc6 4. Ke5–f4

3. … h4–h3
4. Ke5–d6

Die Bauern werden gleichzeitig einziehen - Remis.

Richard Réti
1928
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7                 7
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3                 3
2                 2
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Weiß am Zug hält Remis






Diese Alternativfassung von Réti selbst ist wegen des materiellen Übergewichts von Schwarz fast noch verblüffender als die Erstversion. Weiß zieht 1. Kh5–g6 und hält in allen Varianten Remis: 1. … Ka6–b6 (1. … h5 2. Kxg7 h4 3. Kxf6; 1. … f5 2. Kxg7 f4 3. Kf6 f3 4. Ke6) 2. Kg6xg7 h6–h5 (2. … f5 3. Kf6 f4 4. Ke5 f3 5. Kd6) 3. Kg7xf6 Kb6xc6 4. Kf6–e5 nebst Remis.

Inspirationsquelle

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Inspiriert wurde Réti durch eine Partie von Carl Schlechter gegen Georg Marco, die in Wien 1893 gespielt und seinerzeit in der Zeitschrift Deutsches Wochenschach publiziert wurde.[2]

Schlechter - Marco
1893
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8                 8
7                 7
6                 6
5                 5
4                 4
3                 3
2                 2
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Weiß am Zug






Wegen des eingedrungenen schwarzen Königs scheint die Partie für Weiß verloren, sein Gegenspiel kommt aber gerade noch rechtzeitig: 52. Kf5–e6 Kc3xb3 53. Ke6–d7 Kb3xc4 54. Kd7xc7 Kc4xd5 55. Kc7xb6! Kd5–c4 56. Kb6xb7 d6–d5 57. a3–a4 Kc4–b4 58. Kb7–b6 Remis

Studien anderer Komponisten

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Bernhard Horwitz
1879
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3                 3
2                 2
1                 1
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Weiß am Zug gewinnt


Obwohl das Manöver schon in dieser viel älteren Studie vorkam, wurde es nach Réti benannt, weil seine Studie viel bekannter wurde. Hier scheint Weiß am Zug Remis durch Dauerschach erzwingen zu müssen, denn wie sollen die Bauern aufgehalten werden? Es hilft jedoch das Réti-Manöver: Der weiße König hilft seinem Turm am Damenflügel, um anschließend den Bauern g3 zu erobern! Lösung:

1. Kf8–e7! a3–a2
2. Ke7–d6! e5–e4
3. Kd6–c5! (wo will der König eigentlich hin?) e4–e3
4. Kc5–b4! e3–e2 Oder 4. … a1D 5. Txa1 Kxa1 6. Kc3, und der König erobert siegreich beide Bauern. Doch jetzt nehmen König und Turm Schwarz in die Zange:
5. Ta7–e7!! a2–a1D
6. Te7xe2+ Kb2–b1
7. Te2–e1+ Kb1–b2
8. Te1xa1, und Weiß erobert den Bauern auf g3.
Aleksandr und Kiryl Sarytschew
Schachmatny Listok 1928, Lob
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6                 6
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4                 4
3                 3
2                 2
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Weiß am Zug hält Remis





Diese Bearbeitung scheint noch schwerer lösbar als die Studie von Réti zu sein, da Schwarz noch über einen Läufer verfügt. Der paradoxe Lösungsweg besteht darin, zuerst zwei Tempi zu opfern, um den gegnerischen Freibauern nach vorne zu drängen, wo er dann mit Hilfe eines Réti-Manövers abgefangen werden kann.

Lösung:

1. Kd7–c8!! b7–b5
2. Kc8–d7!! b5–b4
3. Kd7–d6! Lh7–f5 jetzt das Réti-Manöver:
4. Kd6–e5!! Kf3–g4
5. Ke5–d4 und Remis
Ilham Alijew
Schach 2002, Lob
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3                 3
2                 2
1                 1
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Weiß am Zug hält Remis



Lösung:

1. Ke3–f4 Sa4–b6
2. Kf4–g5 Sb6–d7
3. Kg5–h6 Sd7–f8
4. Kh6–g7 h7–h5
5. Kg7xf8 Ka6–b5 und das Réti-Manöver
6. Kf8-f(e)7 Kb5–c4
7. Kf7–e6! h5–h4
8. d4–d5 h4–h3
9. d5–d6 h3–h2
10. d6–d7 h2–h1D
11. d7–d8D erzwingt auch hier das Remis

Ein weiteres Beispiel für ein Réti-Manöver ist bei der Abdrängung zu finden.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Dworezki (2003), S. 25.
  2. John Beasley: The Chess Endgame Studies of Richard Réti : Pawn studies, 2. März 2012