Weiße Zaunrübe

Art der Gattung Zaunrübe (Bryonia)
(Weitergeleitet von Schwarzfrüchtige Zaunrübe)

Die Weiße Zaunrübe (Bryonia alba L.), auch Schwarzbeerige Zaunrübe, Schwarzfrüchtige Zaunrübe, Gichtrübe oder Teufelsrübe genannt, ist eine giftige Kletterpflanze aus der Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae).[1][2][3]

Weiße Zaunrübe

Weiße Zaunrübe (Bryonia alba), Früchte

Systematik
Rosiden
Eurosiden I
Ordnung: Kürbisartige (Cucurbitales)
Familie: Kürbisgewächse (Cucurbitaceae)
Gattung: Zaunrüben (Bryonia)
Art: Weiße Zaunrübe
Wissenschaftlicher Name
Bryonia alba
L.

Beschreibung

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Weiße Zaunrübe (Bryonia alba), Illustration
 
Blüten, Blätter und junge Früchte

Vegetative Merkmale

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Die Weiße Zaunrübe ist eine schnell wachsende, krautige, 3 bis 5 Meter lange Rankenkletterpflanze mit rübenartiger, verdickter Wurzel. Die Wurzeln, die oft die Größe einer Zuckerrübe erreichen, sind bis zu 2,5 Kilogramm schwer, etwas wulstig geringelt und nach unten verästelt. Der rauhaarige Stängel weist wechselständige, handförmige, spitzig entfernt gezähnte, bis fünflappige, spitze und herz-, pfeilförmige, raue Laubblätter und korkenzieherartige, gewundene Ranken auf.

Generative Merkmale

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Bei der Weißen Zaunrübe finden sich, im Gegensatz zur Rotfrüchtigen Zaunrübe (Bryonia dioica), Blüten beiderlei Geschlechts an einer Pflanze, sie ist also einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). In den Blattachseln entspringen traubige Blütenstände mit nur wenige Millimeter kleinen, gelbgrünen Blüten, die vom Juni bis Juli blühen. Von August bis September erscheinen die kugeligen schwarzen Beerenfrüchte, die die Größe einer Erbse erreichen können.[4][5][6]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 20.[7]

Verbreitung und Vorkommen

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Die Weiße Zaunrübe stammt aus Südeuropa[4] und ist in Europa einschließlich Skandinavien, über den Iran bis nach Zentralasien verbreitet. Diese mehrjährige Pflanzenart bevorzugt feuchte, nährstoffreiche, kalkhaltige Böden in warmen Lagen und wächst in Hecken, Zäunen, Mauern, an Feld- sowie an Waldrändern und auf Ruderalflächen. Sie ist eine Charakterart der Lauchkraut-Säume (Alliarion).[7] Generell benötigen die Ranken einen Stützgegenstand mit rauer Oberflächenbeschaffenheit, um sicheren Halt zum Emporwachsen zu finden. Die Weiße Zaunrübe wird wegen ihrer arzneilich wirkenden Inhaltsstoffe auch kultiviert.[6][8]

Wichtige Inhaltsstoffe und Wirkung

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Alle Pflanzenteile sind sehr giftig, besonders die Wurzeln und Beeren. Als Hauptwirkstoffe wurden über 20 verschiedene, giftige Bitterstoffe (Cucurbitacine, welches hochoxidierte Triterpene sind) sowie andere Triterpene wie z. B. Bryonon- und Brynolsäure beschrieben. Die perorale Einnahme von ungefähr 40 Beeren kann für Erwachsene tödlich enden. Als letale Dosis für Kinder gelten ungefähr 15 Beeren. Vergiftungserscheinungen können nach sechs bis acht Beeren auftreten. Bei entsprechender Giftaufnahme können schwere gastroenteritische Störungen mit Delirium und Krämpfen auftreten. Der Tod kann durch Atemlähmung innerhalb weniger Stunden eintreten. Auch bei der Einnahme von Zubereitungen aus der frischen widerlich riechenden, ekelhaft bitter schmeckenden Zaunrübenwurzel sind ähnliche Vergiftungserscheinungen zu beobachten. Eine Berührung mit der Zaunrübe, insbesondere mit dem milchigen Saft der Wurzel, kann entzündliche, allergische Hauterscheinungen (Rötung, Hautblasen, pustulärer Hautausschlag)[8] hervorrufen.[5][9][10]

Verwendung

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In der Heilkunde

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Die Arzneidroge wird aus der Zaunrübenwurzel (Bryonia-alba-Wurzel Synonyme: Gichtrübe, Faselrübe, Faulrübe, Heckenrübe, Hundsrübe, Sauwurzel, Tollrübe, Hundskürbiswurzel) gewonnen. Die Arzneidroge besitzt drastisch abführende, hypoglykämische, tumorhemmende und zellschädigende Wirkungen. Die Droge oder die daraus hergestellten Zubereitungen werden wegen der starken toxischen Wirkungen therapeutisch nicht genutzt und können auch nicht empfohlen werden. Spezielle Extrakte aus der Weißen Zaunrübe werden wegen ihrer immunstimulierenden Wirkung in einigen Fertigarzneimitteln verwendet. Die toxikologischen Nebenwirkungen bestehen bei diesen Präparaten nicht.[1][9][11]

In der Homöopathie

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Das Homöopathikum Bryonia alba (Kürzel: Bry oder bry) wurde von Samuel Hahnemann geprüft und im zweiten Band seiner Reinen Arzneimittellehre veröffentlicht.[12] Das Mittel wird aus dem gewonnenen Saft von den, in Alkohol angesetzten, frischen, vor der Blütezeit ausgegrabenen Weißen Zaunrübenwurzel hergestellt. Aus Sicht der Homöopathie ist Bryonia alba ein mit über 5500 Symptomen[13] gut geprüftes Polychrest, welches häufig bei akuten Krankheiten (z. B. Zerrungen) wie auch vielen chronischen Beschwerden (z. B. rheumatischer oder gastroentologischer Art) verabreicht wird. Zwei placebokontrollierte medizinische Studien fanden keine Belege für die Wirksamkeit von u. a. homöopathische Zubereitung von Bryonia alba enthaltenden Kombinationspräparaten (deren nur nach Indikationen erfolgende Verwendung der klassischen Homöopathie nach Hahnemann zuwiderläuft) bei diversen Beschwerdebildern.[14][15]

Die ursprünglich von Hahnemann geprüfte Pflanze Bryonia alba wird heutzutage in der Homöopathie oft durch Bryonia dioica ausgetauscht. Der Buchautor und Homöopath Frans Vermeulen ist der Meinung, dass sich aufgrund teilweise unterschiedlicher Gemütssymptome Bryonia alba homöopathisch nicht durch Bryonia dioica ersetzen lässt.[8]

Kulturgeschichte

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Als Droge war die Zaunrübe bereits den alten Griechen und Römern bekannt und wurde bei Gicht, Epilepsie, Lähmung, Schwindel, Hysterie, Wunden und Husten verabreicht. Auch Dioscurides und Hippokrates verwendeten die Arzneidroge. Dioscurides empfahl die Zaunrübenwurzel für Brandwunden. Bei Hippokrates wurde die Wurzel bei Wundstarrkrampf verabreicht. Der englische Kräuterexperte Nicholas Culpeper empfahl die Droge bei Husten, Schleimbildung sowie Kurzatmigkeit. In der Volksheilkunde wurde die Arzneidroge als Abführmittel, Brechmittel, Diuretikum, bei Rheuma, bei Erkrankungen des Verdauungstraktes und der Atemwege, bei Infektionen, bei Stoffwechselstörungen und bei Lebererkrankungen verabreicht. Die Weiße Zaunrübe wurde in Russland als Volksabtreibemittel verwendet. Aufgrund der erheblichen giftigen Nebenwirkungen ist vor Experimenten mit der Weißen Zaunrübe dringendst abzuraten.[11][16][17]

Aus Zaunrübenwurzeln wurde früher „Mandragora“ bzw. Alraune hergestellt.[18]

Sprachliches

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Der Name Bryonia ist vom Griechischen bryo ‚sprießen‘ zurückzuführen, in Anspielung auf das schnelle Wachstum der lateinisch oft nur Brionia oder Bryonia[19] genannten Weißen Zaunrübe. Der Name Zaunrübe ist der Standortwahl (kletternd an Zäunen) zuzuschreiben.[8][11]

Trivialnamen

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Für die Weiße Zaunrübe (lateinisch brionia[20]) bestehen bzw. bestanden, zum Teil auch nur regional, auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Alfpape (mittelniederdeutsch, holländisch), Alppfaf (mittelniederdeutsch, holländisch), Alraunwortel (falsche) (Rendsburger Apotheke), Heilige Byrn (mittelhochdeutsch), Wilder Curviz (mittelhochdeutsch), Weißer Entwin, Weißer Enzian, Faselwurz, Faulrüben (Rendsburger Apotheke), Füerwöttel (Mecklenburg), Gichtröv (Rendsburger Apotheke), Gichtrüben, Gichtwurz, Haningwurze (Österreich bei Linz), Heckenrübe (Augsburg), Heiligenbyren (mittelhochdeutsch), Helgebeeren (mittelhochdeutsch), Hilgebeeren (mittelhochdeutsch), Hilgebern (mittelhochdeutsch), Hillig Röw (Mecklenburg), Hramca (althochdeutsch), Hundeskürbs (mittelhochdeutsch), Hundeskürbsen (mittelhochdeutsch), Hundskürbs, Hundsreben, Hundsrüben, Wäld Kerbes (Siebenbürgen), Wilder Kürbis (mittelhochdeutsch), Quartelsbeyen (mittelniederdeutsch, holländisch), Ragwurzel, Raselwurz, Rasrübe (Eifel), Rasswurzel (Thüringen), Raswurz, Rogwurz, Roselwortzel, Rosswurzel, Vuule Röwen (Rendsburger Apotheke), Saumwurz, Sauwurz, Schafentel, Schaftrek, Scheißrüben, Scheißwurz, Schießwurz, Schiltwort, Schißrüben, Schitwort, Schmärwurz, Schytwort (mittelniederdeutsch), Scitwurz (mittelniederdeutsch), Smärwurtz (mittelhochdeutsch), Smeerwurtz (mittelhochdeutsch), Spanische Röwe (Oldenburg), Stichwurz, Stickwurz, Stukwurz (mittelhochdeutsch), Teufelskirsche, Teufelskirssen, Tollrübe, Trostrübe, Tunranken (Lübeck), Tunried (Mecklenburg), Tunröw (Mecklenburg), Wilder Tzeduar (mittelhochdeutsch), Vaselwurz, Weißer Widerthon, Wilde Wienranke (Borkum, Norderney), Witte Wighart (niederdeutsch), Wiverede (mittelniederdeutsch), Schwarze Zaunräbe, Zaunreben, Wilder Zitwen, Wilder Zitwer (mittelhochdeutsch) und Wilder Zitwon (mittelhochdeutsch).[21]

Literatur

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  • Heinrich Marzell: Die Zaunrübe (Bryonia) im Wandel der Zeiten. In: Der Naturforscher. 6, 1929, S. 324–329.
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Commons: Weiße Zaunrübe (Bryonia alba) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Karl Hiller, Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2 Bände, Genehmigte Sonderausgabe für den area verlag, 2006, ISBN 3-89996-682-1.
  2. M.M.P.N.D. - Sorting Bryonia names (Zugriff am 7. September 2007).
  3. Henriette's plant photos: Bryonia alba L., Cucurbitaceae (Zugriff am 7. September 2007).
  4. a b Hermann Lichtenstern, Jan Volak, Jiri Stodola, Frantisek Severa: Das große Kräuterbuch der Gesundheit, Gondrom Verlag, 1994, ISBN 3-8112-1133-1.
  5. a b L. Roth, M. Daunderer, K. Kormann: Giftpflanzen - Pflanzengifte. Nikol Verlagsgesellschaft, 1994, ISBN 3-933203-31-7.
  6. a b Carlo Odermatt, Sven Hartmann, Beat Ernst: Homöopathie Arzneimittelbilder. K2-Verlag, 2004, ISBN 3-03722-950-0.
  7. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 678.
  8. a b c d Frans Vermeulen: Prisma - Ähnlichkeiten und Parallelen zwischen Substanz und Arzneimittel. Emryss, 2006, ISBN 90-76189-17-X.
  9. a b Willibald Pschyrembel: Pschyrembel Naturheilkunde und alternative Heilverfahren. 3. Auflage. de Gruyter, Berlin, New York 2006, ISBN 3-11-018524-5.
  10. www.giftpflanzen.com (Zugriff am 7. September 2007).
  11. a b c www.awl.ch - Bryonia alba (Zugriff am 13. September 2007).
  12. Christopher Hammond: Praktische Homöopathie. Das neue Handbuch. Mosaik, 1996, ISBN 3-576-10599-9.
  13. Frank Bahr: Praxiscompendium der homöopathischen Arzneimittelbilder, (c) Ärztetag für Medizin ohne Nebenwirkungen, 1997
  14. C. Cornu, P. Joseph, S. Gaillard, C. Bauer, C. Vedrinne, A. Bissery, G. Melot, N. Bossard, P. Belon, J. J. Lehot: No effect of a homoeopathic combination of Arnica montana and Bryonia alba on bleeding, inflammation, and ischaemia after aortic valve surgery. In: British journal of clinical pharmacology. Band 69, Nummer 2, 2010, S. 136–142, doi:10.1111/j.1365-2125.2009.03574.x, PMID 20233176, PMC 2824474 (freier Volltext). ("blood losses in homeopathy and placebo groups were not statistically significant")
  15. A. Paris, N. Gonnet, C. Chaussard, P. Belon, F. Rocourt, D. Saragaglia, J. L. Cracowski: Effect of homeopathy on analgesic intake following knee ligament reconstruction: a phase III monocentre randomized placebo controlled study. In: British journal of clinical pharmacology. Band 65, Nummer 2, 2008, S. 180–187, doi:10.1111/j.1365-2125.2007.03008.x, PMID 18251757, PMC 2291233 (freier Volltext). ("CONCLUSIONS: The complex of homeopathy tested in this study was not superior to placebo in reducing 24 h morphine consumption after knee ligament reconstruction.")
  16. Andrew Lockie, Nicola Geddes: Homöopathie, BLV Verlagsgesellschaft, 1996, ISBN 3-405-14719-0
  17. Andrew Lockie: Das große Lexikon der Homöopathie. Dorling Kindersley Verlag, 2000, ISBN 3-8310-0005-0.
  18. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 146.
  19. Vgl. etwa Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 137.
  20. Vgl. etwa Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 34 (Brionia „stickwurcz oder rasel wurcz“).
  21. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 69 f., online.