Als Verfolgungen von Byeong-in werden die Christenverfolgungen zwischen 1866 und 1872 bezeichnet, speziell von Katholiken, die in Joseon-Korea unter der Herrschaft von Regent Daewongun stattfanden. Byeong-in bezeichnet in diesem Zusammenhang das Jahr 1866, in welchem die Verfolgungen begannen und auch ihren Höhepunkt hatten. Nach unterschiedlichen Schätzungen fielen den Hinrichtungen acht- bis zehntausend koreanische Katholiken zum Opfer; die katholische Kirche gedenkt ihrer als Märtyrer. Es handelte sich um die letzte und opferreichste von fünf Christenverfolgungswellen in Korea. Die Verfolgungen von Byeong-in lassen sich wiederum selbst in vier Wellen einteilen.

Verfolgungen von Byeong-in
Koreanisches Alphabet: 병인박해
Hanja: 丙寅迫害
Revidierte Romanisierung:
McCune-Reischauer:

Hintergründe

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Während der Herrschaft der Joseon-Dynastie vom 14. bis 19. Jahrhundert war die koreanische Außenpolitik durch Isolationismus geprägt. Dabei gab es jedoch mehrere Ausnahmen: Formell war Joseon tributpflichtig an die Qing-Dynastie gebunden und der Außenhandel mit Japan wurde auf der Insel Tsushima abgewickelt. Christlichen Missionaren gelang es auf dem Land- und Seeweg, in das Land einzusickern und Koreaner zum Christentum zu bekehren. Besonders die katholische Mission war erfolgreich, bis ins 18. Jahrhundert waren aber auch deren Missionare meist selbst Koreaner. Im 19. Jahrhundert reisten dann erste westliche katholische Geistliche illegal nach Korea ein; und die Missionstätigkeit nahm stark zu. Ab 1831 wurde „Joseon“ als eigene römisch-katholische Diözese vom Vatikan geführt und 1837 wurde der zuvor in China tätige Laurent-Joseph-Marius Imbert als deren Leiter nach Korea entsandt. Seine Einreise und Missionstätigkeiten waren illegal, und 1839 wurden er und zwei Mitstreiter der Pariser Mission bei der dritten Verfolgungswelle (Verfolgung von Gihae) durch die Staatsmacht ergriffen und hingerichtet. Wie bei vorherigen Verfolgungen wurden hinderte dies die koreanische Gemeinde nicht daran, rasch weiter wachsen.

Siméon-François Berneux, der 1856 ebenfalls von der Pariser Mission entsandte Bischof der koreanischen Gemeinde, schätzte für 1859 die Zahl seiner Gläubigen noch auf etwa 17.000.[1] Für 1864 wird eine Zahl von 23.000 Katholiken angenommen, darunter auch die zwölf französischen Jesuiten.[2]

Die katholische Mission fand in Korea erst wieder stärkere Beachtung, als Heungseon Daewongun 1864 die Regentschaft für seinen minderjährigen Sohn Gojong übernahm. Ihm lag an einer effektiveren und stärker zentralisierten Kontrolle über das Land, gerade angesichts der Schwäche der Qing-Dynastie, welches durch westliche Nationen ab den 1850ern zu ungleichen Verträgen gezwungen wurde. Der britische Handel mit China hatte zu den Opiumkriegen (1836–1952, 1856–1860) geführt; christliche Einflüsse hatten auch den Taiping-Aufstand (1851–1864) verursacht, den mit Abstand opferreichsten Bürgerkrieg der menschlichen Geschichte. Ab 1858 begann auch die französische Eroberung von Indochina, welches ähnlich wie Korea unter chinesischer Oberhoheit stand; Russland beanspruchte seinerseits weite Teile der nahegelegenen Mandschurei, das ursprüngliche Heimatgebiet der Qing. Die Souveränität eines derart geschwächten Qing-China über Joseon-Korea existierte damit nur noch formell. Dieser auch für Daewongun offenkundig unsicheren außenpolitischen Lage wollte er ein geeintes Land entgegensetzen, und dafür auch die traditionelle Isolation des Königreichs Korea wieder strikter durchsetzen.

Hofintrigen

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Eine antikatholische Haltung hatte Daewongun zum Beginn seiner Regentschaft noch nicht (seine eigene Gemahlin Min soll sogar selbst Katholikin gewesen sein[3]). Entsprechende Maßnahmen begannen daher erst 1866, im dritten Jahr nach seiner Machtübernahme als Regent.

Bereits 1864 erschienen russische Schiffe vor der koreanischen Ostküste und verlangten Aufenthalts- und Handelsrechte in Korea. Daewongun lehnte dies strikt ab, stand dem Ansinnen aber letztlich hilflos gegenüber, da der Westen Korea waffentechnisch überlegen war. Die Russen zogen wieder ab, kehrten aber nach Belieben wieder in koreanische Häfen zurück. Koreanische Katholiken bei Hofe erkannten diese Chance und versuchten Daewongun eine Allianz mit den ihnen freundlich gesonnenen Franzosen von der Pariser Mission zu vermitteln: Korea, Frankreich und idealerweise auch England sollten in einem Bündnis gemeinsam Russland in seine Schranken verweisen.

Eine politische Betätigung lag Bischof Berneux allerdings fern; er wollte die christliche Gemeinde Koreas aufbauen. Verschiedene Bestandteile der verbreiteten katholischen Lehren stießen in informierten Kreisen am Königshof aber eher auf Kritik, weil der Begriff des „Himmels“ mit dem Tianxia verbunden wurde: der vom Himmel legitimierte Königshof sollte nach den staatstragenden Lehren des Konfuzianismus mit der Erde harmonieren, und keineswegs im scharfen Gegensatz zu einer „Hölle“ bzw. der irdischen Welt stehen. Damit konnte dem Katholizismus vorgeworfen werden, die koreanische Staatsdoktrin zu untergraben.[3] Auch die Königinwitwe Sinjeong sprach sich schließlich gegen den katholischen Einfluss aus, und vom Kaiserhof in Qing-China waren ebenfalls Unterdrückungsversuche des Katholizismus berichtet worden. Da somit die Christen am Hof eine politische Belastung waren und die bloß vage angedeutete mächtige französische Hilfe gegen andere ausländische Kräfte in weiter Ferne stand, entschied sich Daewongun dazu, die antikatholische Partei massiv zu unterstützen.

Erste Verfolgungswelle 1866

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Bischof Berneux wurde im Februar 1866 in seiner heimlichen Residenz in Seoul verhaftet und am 8. März in der Hauptstadt hingerichtet. Das katholische Netzwerk in Korea wurde nun von der Spitze nach unten aufgedeckt und es begann eine großangelegte Verfolgung katholischer Geistlicher und deren Anhänger. Als Nachfolger von Berneux war Antoine Daveluy nur wenige Tage im Amt, er wurde am 11. März in Chungcheong-do aufgegriffen und am 30. März in Boryeong gemeinsam mit den zwei Priestern Pierre Aumaître und Martin-Luc Huin hingerichtet. Zu den weiteren Opfern zählten Just de Bretenières, Louis Beaulieu und Pierre-Henri Dorie.

Neben den insgesamt neun französischen Jesuiten wurden auch deren koreanische Anhänger nicht geschont: katholische Bücher wurden beschlagnahmt und verbrannt; Schreine, Kreuze und Jungfrauenfiguren entweiht und zerstört; Konvertiten sollten ihrem Glauben abschwören. Zudem begannen die Strafverfolger auch mit der Hinrichtung von konvertierten koreanischen Katholiken, die in ihren Gemeinden Führungspositionen innehatten. Nur drei der zwölf französischen Missionare entgingen der ersten Verfolgungswelle. Dem Priester Félix-Claire Ridel ermöglichten seine Gläubigen in einem Boot die Flucht nach China, wo die Flüchtlinge im Juli 1866 in Yantai ankamen und dort Bericht erstatteten.

Zweite Verfolgungswelle 1866

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Der Besuch des amerikanischen Schiffes General Sherman im August 1866 führte zu einer weiteren Zuspitzung der Staatskrise, als die Besatzung den koreanischen Gouverneur als Geisel nahm, weil dieser ihnen den illegalen Warenumschlag im Hafen untersagte; die Sherman feuerte im September 1866 auf koreanische Truppen. Alle Besatzungsmitglieder wurden im Laufe der Gefechte oder nach ihrer Gefangennahme getötet.

Der Bericht Ridels hatte unterdessen die Französische Strafexpedition nach Korea ausgelöst, welche von September bis November 1866 auf der Seoul vorgelagerten Insel Ganghwado landete und dort unter anderem ein koreanisches Kloster plünderte.

Diese Kette von Ereignissen radikalisierten wiederum Daewongun in seiner antiwestlichen Isolationspolitik: für ihn galten Katholiken nun als Landesverräter. Stellvertretend für die christlichen Invasoren wurden etwa acht- bis zehntausend katholische Koreaner als „ausländische Rekruten“ aufgespürt und exekutiert. Den Verfolgungen fielen Bauern ebenso zum Opfer wie Beamte, Übersetzer und Händler; auch für Frauen und Familienmitglieder wurden keine Unterscheidungen gemacht. Nur von den wenigsten Opfern wurden Namen überliefert. Verbliebene Katholiken mussten untertauchen oder in die Wildnis fliehen.

Die Hinrichtungsmethoden folgten keinen einheitlichen Mustern; die meisten Opfer wurden offenbar enthauptet (teilweise mit militärischem Zeremoniell), viele aber auch einfach gehängt. In einem Tal bei Seosan wurden etwa eintausend Katholiken in Massengräbern verscharrt, einige sollen hier auch lebendig begraben worden sein. Nahe Seoul wurden etwas zweitausend Hinrichtungen auf dem für diesen Zweck umbenannten Küstenfelsen Jeoldu-san (koreanisch 절두산 bzw. 切頭山, Enthauptungs-Felsen) vorgenommen und die abgetrennten Köpfe in den Han-Fluss geworfen.[4]

Dritte Verfolgungswelle 1868

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Daewongun wurde auch nach den Ereignissen von 1866 durch immer neue Nachrichten von Aggressionen „des Westens“ in seiner Haltung gegen den Katholizismus und westliche Invasoren bestärkt.

Besonderes Aufsehen erregte im Mai 1868 ein versuchter Grabraub durch den deutschen Geschäftsmann und Koreareisenden Ernst Oppert. Dieser plante, die Gebeine von Daewonguns leiblichem Vater in seinen Besitz zu bringen, und mit diesem Pfand eine politische Öffnung Koreas zu erpressen. Oppert, der sich für Korea begeisterte aber in seinen Geschäftsbemühungen bislang erfolglos geblieben war, hatte in Schanghai den 1866 aus Korea entkommenen Priester Stanislas Feron getroffen, welcher ihm zu diesem (angeblich von seinen koreanischen Gemeindemitgliedern ausgearbeiteten) Plan geraten hatte. Mit einer ca. 130-köpfigen Crew hauptsächlich aus Chinesen und Filippinos setzte Oppert nach Korea über, wo sein Trupp aber sofort auffiel. Ganze Menschenscharen sollen Zeuge von Opperts Grabungsarbeiten an der ansonsten ungesicherten Grabstätte gewesen sein; laut Berichten Opperts als hilfreiche und freundliche Zuschauer; nach anderen Berichten wurde die Eindringlinge allerdings mit Dreck und Steinen beworfen. Das Eintreffen eines koreanischen Beamten mit einem Trupp Soldaten setzte dem Abenteuer ein Ende; Opperts Grabung hatte die massive Steinplatte des Grabs erreicht, sie aber nicht abheben können. Fast allen der gut bewaffneten Raubgräbern gelang die Flucht zurück zu ihrem Schiff, mit dem sie nach Incheon segelten und von dort aus Daewongun ein haltloses Ultimatum übermittelten. Dieser zeigte sich weder beeindruckt noch abergläubisch; die Köpfe von zwei getöteten Expeditionsteilnehmern wurden öffentlich zur Schau gestellt und heizten den Widerwillen gegen ausländische Invasoren weiter an. Oppert musste aufgeben, nach China zurückkehren, und sich schließlich auch in Deutschland einem juristischen Nachspiel stellen.[5]

Vierte Verfolgungswelle 1871

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Die aktive Katholikenverfolgung dauerte noch bis 1872 an, zu einer letzten Welle kam es zuvor 1871 aufgrund der Amerikanischen Expedition nach Korea. Diese Expedition sollte friedlichen Kontakt aufnehmen und den „Vorfall“ mit der General Sherman fünf Jahre zuvor aufklären. Angesichts der feindseligen Haltung der Koreaner und Beschuss durch die Küstenforts entschied sich Admiral John Rodgers, stattdessen eine Strafexpedition durchzuführen. Auch er landete auf der Insel Ganghwado und setzte sich dort einen Monat fest, während er auf Verhandlungsführer der Koreaner wartete. Als stattdessen besser ausgerüstete Streitkräfte auf dem koreanischen Festland zusammengezogen wurden, brach Rodgers seine Besatzung von Ganghwado ab und zog politisch erfolglos ab. Dieser erneute Invasionsversuch sorgte auf dem koreanischen Festland für ein erneutes Aufleben der Repressionen gegenüber Katholiken, Christen und Ausländern.

Nachwirkungen

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Die katholische Kirche sammelte die Namen der bekannten koreanischen Märtyrer. Mit der Sammlung von Namen und Lebenswegen der Opfer für deren Selig- und Heiligsprechungen wurde bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts begonnen, auch stellvertretend für die namentlich unbekannten Opfer der Verfolgungen. Die Seligsprechungen erfolgten in mehreren Verfahren 1925, 1968 und 2014; die bislang einzige Heiligsprechung erfolgte am 6. Mai 1984 durch Papst Johannes Paul II. bei einem Staatsbesuch in Seoul.[6] Damit gedenkt die Kirche offiziell 103 Heiligen[7] und 124 Seligen Verfolgungsopfern aus Korea; dazu gehören allerdings auch die Opfer der vorherigen Katholikenverfolgungen von 1791, 1801, 1839 und 1846.

Einzelnachweise

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  1. Charles Dallet: Histoire de l'Église de Corée. Paris 1874, bei Librairie Victor Palmé. Seite 452.
  2. Daniel C. Kane: Bellonet and Roze: Overzealous Servants of Empire and the 1866 French Attack on Korea. In: Korean Studies, Ausgabe 23, 1999. Seiten 1–23.
  3. a b Kang Jun-man: A Walk Through Modern Korean History 1, in: People and History of Thought, Seiten 93 f.
  4. KBS World: Jeoldu-san Martyrs’ Shrine, a memorial to Korean Catholic martyrs, veröffentlicht am 21. Dezember 2010; aufgerufen am 22. November 2024.
  5. Robert Neff: German merchant’s bodysnatching expedition in 1868 (Memento vom 23. Juni 2015 im Internet Archive), Korea Times am 21. Juli 2010.
  6. Henry Kamm: Pope canonizes 103 martyrs in Seoul. Veröffentlicht in der New York Times am 7. Mai 1984; aufgerufen am 22. November 2024.
  7. Stories of the Lives of the 103 Korean Martyr Saints (Memento vom 25. September 2015 im Internet Archive) - Liste und Leidensweg der 103 heiligen Märtyrer aus Korea (englisch)