Albert von Le Coq

deutscher Archäologe und Zentralasien-Forscher

August Albert von Le Coq (auch: Albrecht von Le Coq, * 8. September 1860 in Berlin; † 21. April 1930 ebenda) war ein deutscher Archäologe, Orientalist und Zentralasien-Forscher. Er leitete zwei der deutschen Turfanexpeditionen (1904–05 und 1913–14). Von 1923 bis 1925 war er Direktor der Indischen Abteilung des Museums für Völkerkunde in Berlin.

Albert von Le Coq

Albert von Le Coq entstammte einer hugenottischen Familie. Sein Vater, der Kaufmann André Auguste Le Coq (1827–1894), wurde 1875 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben. Seine Mutter Marianne Poppe, Tochter eines Berliner Kaufmanns, war eine Nachfahrin des Kupferstechers Daniel Chodowiecki. Nach Besuch des Gymnasiums in Darmstadt, das er ohne Abitur verließ, folgte eine Ausbildung zum Überseekaufmann mit Aufenthalten in London und den USA (1881–1887), wo er in Louisville (Kentucky) auch ein Medizinerdiplom erwarb. Nach seiner Heimkehr trat er als Teilhaber in die väterliche Sämerei-Großhandlung ein.[1] Nach dem Tod des Vaters erbte er dessen Vermögen in Form von Brauereien und Weinkellern.

Er heiratete 1888 in Darmstadt Elinor Weber (1862–1944), Tochter eines Augenarztes. Ihr gemeinsamer Sohn, der ebenfalls Albert hieß (1897–1917), starb im Ersten Weltkrieg.[1]

Le Coq verkaufte 1900 das Geschäft und begann – mit 40 Jahren – seine wissenschaftliche Ausbildung als Volontär unter Adolf Bastian am Königlichen Museum für Völkerkunde in Berlin. Zugleich studierte er Arabisch, Türkisch und Persisch. Er nahm 1901/02 an der fünften Grabungsexpedition Felix von Luschans nach Zincirli (zeitgenössisch Sendschirli) in Südost-Anatolien teil. Seit 1902 in der indischen Abteilung des Völkerkundemuseums begann er eine Edition manichäischer Texte.

 
Le Coq (hinten rechts) während der dritten Turfanexpedition (1906/07) vor einer der Höhlen von Kizil

Le Coq wurde Assistent des Direktors der indischen Abteilung des Museums, Albert Grünwedel, und plante mit diesem Expeditionen nach Zentralasien, insbesondere zu Orten an der Seidenstraße. Als Grünwedel vor Aufbruch der zweiten Turfanexpedition 1904 erkrankte, übernahm Le Coq als Ersatzmann die Leitung. Le Coq nahm an der dritten Expedition 1906 teil, geleitet von Grünwedel. Le Coq sollte 1913–1914 auch die vierte dieser Expeditionen leiten.

Bei seinen Forschungsreisen stieß man auf ein verzweigtes Netzwerk buddhistischer und manichäischer Höhlentempel in Xinjiang. Viele der Manuskripte in den Höhlen wurden während der Ausgrabungen zerstört. Einige Gemälde in den Höhlen ließen Le Coq spekulieren, es könnte sich um eine „arische“ (indo-europäische) Kultur handeln, die mit den Franken verwandt sei. Er beschrieb auch einige der Tarim-Mumien.

Mit Hilfe seines Assistenten Theodor Bartus meißelte und sägte Le Coq über 360 kg Fresken, Statuen und andere Kunstwerke ab und transportierte sie in 305 Kisten nach Berlin. Le Coq rechtfertigte diese „Ausleihungen“ mit den Wirren in Turkestan, das seit den späten 1870ern praktisch regierungsfreier Raum war, zur Zeit der Expeditionen.

Einen Ehrendoktor verlieh ihm die Universität in Kiel 1909. Im Jahr 1913 wurde ihm der Professorentitel verliehen.[1] 1914 zum Direktorialassistenten und zugleich stellvertretenden Direktor des Völkerkundemuseums bestellt. Als Nachfolger Albert Grünwedels war Le Coq von 1923 bis 1925 Direktor der Indischen Abteilung des Museums für Völkerkunde. Er brachte die meisten seiner Funde aus Bezeklik (柏孜克里), Túmùshūkè und Yarkhoto (雅爾湖故城) im Museum für indische Kunst bzw. Völkerkundemuseum an der Prinz-Albrecht-Straße unter, wo ein großer Teil durch amerikanische Bombardements im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde.[2] Ein Teil der Kunstwerke, die sich nicht in gemauerten Installationen befanden, war ausgelagert worden und konnten nach dem Krieg zurückgeführt werden. Sie befinden sich heute im Museum für Asiatische Kunst der staatlichen Museen zu Berlin. Wie auch Grünwedel verbiss er sich in späterer Zeit immer mehr in die Idee, dass die zentralasiatische Kultur von den Hellenen abstamme, was Aurel Stein zu scharfer Kritik anregte.

 
Grab Albert von Le Coqs, seiner Frau Elinor und ihres Sohnes Albert

Le Coqs Grab befindet sich auf dem Berliner Friedhof Dahlem.

Schriften

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Le Coqs Die buddhistische Spätantike in Mittelasien, Band 1 (PDF-Dokument)

Literatur

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  • Die kleine Enzyklopädie. Band 2, Encyclios-Verlag, Zürich, 1950, S. 29.
  • Peter Hopkirk: Foreign Devils on the Silk Road. The Search for the Lost Cities and Treasures of Chinese Central Asia. The University of Massachusetts Press, Amherst 1980, ISBN 0-87023-435-8.
  • Volker Moeller: Le Coq, Albert von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 36 f. (Digitalisat).
  • Heinrich G. Franz: Kunst und Kultur entlang der Seidenstraße. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1986, ISBN 3-201-01306-4.
  • Marianne Yaldız: Archäologie und Kunstgeschichte Chinesisch-Zentralasiens (Xinjiang). Brill, Leiden 1987, ISBN 90-04-07877-0.
  • Bruno J. Richtsfeld (Hrsg.): Der Briefwechsel Lucian Scherman–Albert von Le Coq und die Gründe für das Scheitern einer Serindien-Abteilung am Völkerkundemuseum München. Die Serindien-Sammlung des Staatlichen Museums für Völkerkunde München II; in: Münchner Beiträge zur Völkerkunde. Jahrbuch des Staatlichen Museums für Völkerkunde München. Band 14. 2010/11. S. 129–193.
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Commons: Albert von Le Coq – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Volker Moeller: Le Coq, Albert von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 36 f. (Digitalisat).
  2. Vgl. Staatliche Museen zu Berlin; Dokumentation der Verluste; bes. Band III: Museum für Indische Kunst, Berlin 2002