Deviatoren oder deviatorische Tensoren (lateinischAbweichler) sind in der KontinuumsmechanikTensoren zweiter Stufe, deren Spur verschwindet. Tensoren zweiter Stufe werden hier als lineare Abbildungen von geometrischen Vektoren auf geometrische Vektoren benutzt, die im Allgemeinen dabei gedreht und gestreckt werden, siehe Abbildung rechts.
Von besonderer Bedeutung sind die Verzerrungstensoren, die die Dehnung, Stauchung und Scherung von materiellen Linien und Flächen in einem Körper bei einer Deformation beschreiben. Die Verzerrungstensoren besitzen eine „Spur“ genannte Kennziffer (Hauptinvariante), die ein Maß für die Volumendehnung am Ort ihres Auftretens ist und zwar in der Art, dass sie verschwindet, wenn keine Volumendehnung vorliegt. Der spurfreie Anteil des Verzerrungstensors, sein Deviator, beschreibt (in der linearisierten Theorie) also den volumenerhaltenden, gestaltändernden Anteil der Deformation eines Körpers. Ebenso beschreibt in der Strömungsmechanik der deviatorische Anteil des Geschwindigkeitsgradienten den quellenfreien Anteil der Strömung.
Ein anderes Anwendungsgebiet von Deviatoren liegt in der Plastizitätstheorie. Bei vielen Metallen beobachtet man, dass sie unter allseitigem, hydrostatischem Druck nicht plastisch fließen oder, anders ausgedrückt, das plastische Fließen nur von den vom hydrostatischen Anteil befreiten Spannungen getrieben wird. Der deviatorische Anteil eines Tensors ist gerade der Teil, der übrig bleibt, wenn sein hydrostatischer Anteil abgezogen wird.
Mit Deviatoren kann also das Materialverhalten unter volumenerhaltenden, gestaltändernden Bedingungen modelliert werden.
Der Kugelanteil σm1 modelliert den sogenannten hydrostatischen Spannungszustand, dem Materialien ohne Schaden zu nehmen in hohem Maß widerstehen können. Nach der Gestaltänderungshypothese wird die Schädigung eines isotropen Materials vom Spannungsdeviator getrieben, dessen Betrag proportional zur von-Mises-Vergleichsspannung ist.[2]
Deviatoren und Kugelanteile sind orthogonal zueinander:
Betrachtet werden symmetrische Tensoren zweiter Stufe. Diese haben drei reelleEigenwerte und stellen im Eigenwertraum (der Raum, in dem die Eigenwerte auf den drei Koordinatenachsen aufgetragen werden) einen Punkt dar.
Mit der Gleichung
wird mit einem Flächenparameter eine Fläche in diesem drei-dimensionalen Eigenwertraum definiert, siehe Abbildung rechts. Diese Fläche hat die Form eines (unendlich langen) Zylinders, der Parallel zur hydrostatischen Achse
ausgerichtet ist. Wegen
liegen alle Deviatoren in der deviatorischen Ebene
,
deren Normale die hydrostatische Achse ist. Die Normalen an die Fläche liegen in Ebenen, die zur deviatorischen Ebene parallel sind, weswegen die Normalen ebenfalls deviatorisch sind. Das berechnet sich auch aus der Ableitung[3]
,
weil die Normalen genau dieser Ableitung entsprechen.
Bei der Streckung eines Körpers der Länge auf die Länge ist die Dehnung als das Längenverhältnis
.
definiert. Bei der Verformung eines Quaders der Länge , Breite und Höhe in x-, y- und z-Richtung (und daher Volumen ) ergeben sich analog Dehnungen und in x-, y- und z-Richtung, siehe Abbildung rechts. Das Volumen des Quaders nach der Deformation berechnet sich dann aus
Das Landau-Symbol steht für Terme, die mindestens quadratisch in den Dehnungen sind und die bei kleinen Dehnungen vernachlässigt werden können. Die Summe der Dehnungen in x-, y- und z-Richtung ist die Spur des linearisierten Verzerrungstensors
und deshalb ergibt sich aus die Volumendehnung:
.
Bei großen Verformungen findet sich der Zusammenhang
Wenn die Spuren der Verzerrungstensoren oder bei kleinen bzw. großen Verformungen verschwinden, sie deviatorisch sind, liegt also keine Volumendehnung am Ort ihres Auftretens vor. Umgekehrt beschreiben die Deviatoren dieser Verzerrungstensoren den volumenerhaltenden, gestaltändernden Teil der Deformation und können somit für die Modellierung des Materialverhaltens unter diesen Bedingungen eingesetzt werden.
schreiben. Darin ist dV ein von Teilchen eingenommenes (infinitesimal) kleines Volumen, dessen Zeitableitung also Expansionsrate und 𝜵 der Nabla-Operator, dessen (formales) Skalarprodukt „·“ mit dem Geschwindigkeitsfeld dessen Divergenz ergibt. Wenn der Geschwindigkeitsgradient deviatorisch also spurfrei ist, dann ist das Geschwindigkeitsfeld quellenfrei.
Gleiches gilt für den Verzerrungsgeschwindigkeitstensord, der der symmetrische Anteil des Geschwindigkeitsgradienten ist. Der Verzerrungsgeschwindigkeitstensor wird in Materialmodellen von Fluiden, also Flüssigkeiten und Gasen, eingesetzt. Mit seinem deviatorischen Anteil wird der quellenfreie Anteil der Strömung modelliert, beispielsweise im newtonschen Fluid:[5]
Darin bezeichnet σ den Cauchy’schen Spannungstensor, p den thermodynamischen, statischen Druck, ζ die Volumenviskosität und μ die Scherviskosität. Der zweite und dritte Term modellieren die Viskosität des Fluids, d. h. die Spannungen, die von der Viskosität des Fluids verursacht sind und die nur im Ungleichgewicht auftreten, also solange das Fluid in Bewegung ist. Der zweite Term steht für allseitige divergenzproportionale Normalspannungen aufgrund von Kompression oder Expansion und der dritte für Spannungen im divergenzfreien Anteil des Strömungsfeldes. Aus diesem Materialmodell leiten sich die Navier-Stokes-Gleichungen ab.
deviatorisch ist. Darin ist l der Geschwindigkeitsgradient. Wenn deviatorisch ist, ist die Deformation volumenerhaltend, denn dann verschwindet wegen
die Zeitableitung der Determinante „det“ des Deformationsgradienten, siehe den Abschnitt „Ableitungen der Hauptinvarianten“ bei Hauptinvariante. Die Determinante des Deformationsgradienten ist gleich der Volumendehnung, die in diesem Fall zeitlich konstant ist.
Dies bewirkt in der J2-Plastizität[4], in der die Rate der plastischen Dehnungen deviatorisch ist und die plastischen Dehnungen vom Euler-Almansi-Typ sind, dass die plastischen Dehnungen volumenerhaltend sind, was mit plastischer Inkompressibilität bezeichnet wird.
Denn nur die Diagonalglieder des Tensors gehen mit quadrierten Koeffizienten x, y oder z in f ein, weswegen der Laplace-Operator 𝚫 die Summe der Diagonalglieder liefert, die bei einem Deviator per definitionem null ist. Dieser Sachverhalt lässt sich problemlos auf höher dimensionale Räume verallgemeinern.