Division 1 1932/33
Die Division 1 1932/33 war die erste Austragung der professionellen französischen Fußballliga, die damals offiziell unter dem Namen Championnat national firmierte. Erster Meister wurde Olympique Lille. Bis dahin war in Frankreich in den Medien meist der Gewinner des bereits seit 1917/18 ausgespielten Landespokalwettbewerbs als französischer Meister bezeichnet worden.
Division 1 1932/33 | |
Meister | Olimpique Lille |
Pokalsieger | Excelsior AC Roubaix |
Absteiger | Club Français Paris FC Hyères FC Mulhouse Red Star Olympique FC Metz Olympique Alès |
Mannschaften | 20 (in zwei Gruppen) |
Spiele | 180 + 1 Play-off-Spiel |
Tore | 718 (ø 3,97 pro Spiel) |
Torschützenkönig | Walter Kaiser (Stade Rennes UC) Robert Mercier (CF Paris), je 15 Tore |
Erster Spieltag war der 11. September 1932, als letzter Gruppenspieltag war der 27. April 1933 vorgesehen. Allerdings fand ein Spiel der Gruppe B (FC Sochaux gegen SC Fives) erst am 7. Mai statt.[1] Eine „Winterpause“ gab es zwischen dem 25. Dezember (11. Spieltag) und dem 15. Januar (12. Spieltag). Das Endspiel der beiden Gruppensieger wurde am 14. Mai 1933 ausgetragen.
Modus
BearbeitenTeilnahmeberechtigt waren die 20 Vereine, die sich ein Profistatut gegeben hatten und vom Groupement des Clubs Professionnels (Vorsitzender: Emmanuel Gambardella) des französischen Fußballverbands FFFA zugelassen worden waren. Abgelehnt werden musste niemand; bis wenige Wochen vor dem Ligastart gab es sogar nur 19 Kandidaten – erst dann (und nach dem offiziellen Meldetermin) entschied Lilles Präsidium sich dafür, dem Lokalrivalen aus Fives das Terrain nicht alleine zu überlassen.[2] Es handelte sich bei diesen Gründungsmitgliedern der Liga um …
- drei Klubs aus dem äußersten Norden (Excelsior AC Roubaix, Olympique Lille und der SC Fives),
- vier Klubs aus Paris (Racing Club, Club Français, Red Star Olympique sowie Cercle Athlétique),
- drei aus dem Nordosten (FC Metz, FC Mulhouse, FC Sochaux),
- einen aus dem Nordwesten (Stade Rennes UC),
- neun von der Mittelmeerküste (Alès Olympique, FC Sète, SC Nîmes, SO Montpellier, Olympique Marseille, FC Hyères, AS Cannes, Olympique Antibes und der OGC Nizza).
Diese wurden in zwei Gruppen eingeteilt, die nicht unter dem Primat räumlicher Nähe und kurzer Reisedistanzen zusammengestellt wurden; vielmehr sollten in beiden Spielstaffeln annähernd gleich viele, in etwa gleich starke Mannschaften vertreten sein. In einem Endspiel zwischen den beiden Gruppenersten sollte der Meister ermittelt werden, während die drei letzten jeder Gruppe in die zur Saison 1933/34 neu eingerichtete zweite Division absteigen mussten.
Eine Beschränkung der Zahl spielberechtigter Ausländer existierte in dieser Saison noch nicht, und viele Vereine machten von dieser Möglichkeit Gebrauch. So hatte Lille drei Briten und einen Tschechoslowaken in seinen Reihen, Rennes ebenfalls einen Tschechoslowaken sowie einen Deutschen, Cannes zwei Ungarn, bei Antibes sprach die linke Angriffsseite Österreichisch, Sète und Montpellier hatten schon seit den 1920ern insbesondere Schweizer und Jugoslawen angezogen, während Red Star Olympique traditionell gerne Uruguayer verpflichtete.[3] Insgesamt standen im Sommer 1932 113 Fußballimmigranten (entsprechend 29,2 % aller bezahlten Spieler) bei den Profiklubs unter Vertrag, darunter als größte Gruppen 42 Briten, je 20 Ungarn bzw. Tschechen und 16 Österreicher. Dabei waren die offiziellen Einkommenshöchstgrenzen nach heutigen Maßstäben nur mäßig attraktiv, entsprachen in Paris dem Doppelten und im Rest des Landes etwa dem Zweieinhalbfachen des Monatsverdienstes eines Facharbeiters.[4]
Gruppe A
BearbeitenDie Saison begann für den FC Sète vielversprechend, aber im weiteren Verlauf kam es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen ausschließlich zwischen Lille und Marseille. Darin sicherten sich die Nordfranzosen durch einen Zwischenspurt mit acht Siegen in Folge die bessere Position, und auch die beiden Niederlagen in den direkten Duellen verschoben die Gewichte nicht mehr nachhaltig, weil Lille selbst nach der 0:7-Demütigung in Marseille auf stabilem Kurs blieb und am Ende fünf Punkte Vorsprung aufwies.[3]
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Gruppe B
BearbeitenVon Saisonbeginn an gelang es keiner Mannschaft, sich einen entscheidenden Vorsprung zu verschaffen. Im weiteren Verlauf entwickelte sich ein Dreikampf zwischen den Nachbarn aus Antibes und Cannes, die im „besonders hitzigen“ direkten Aufeinandertreffen jeweils ihr Heimspiel gewannen, sowie dem „heimlichen Favoriten“ FC Sochaux. Vor dem letzten Spieltag besaßen theoretisch noch alle drei Konkurrenten die Chance auf den Gruppensieg, wobei die beiden Letztgenannten gegeneinander zu spielen hatten, während Erstere eine als leichter eingeschätzte Aufgabe erfüllen mussten. Offenbar wollte allerdings Antibes’ Trainer auf Nummer sicher gehen: Er soll vor der Partie gegen den SC Fives versucht haben, mit Funktionären der Liller Vorstädter ein „Arrangement zu finden, dass deren Spieler den Antibois den Sieg überlassen“. Tatsächlich verlor Cannes dann in Sochaux, während Antibes sich mit 5:0 durchsetzte. Die FFFA reagierte prompt, erließ gegen mehrere Präsidiumsmitglieder und den Trainer des Vereins Funktionsverbote und schloss die Mannschaft vom Endspiel aus; dies bestritt stattdessen die AS Cannes.[6]
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Endspiel der Gruppensieger
BearbeitenOlympique Lille – AS Cannes 4:3 (2:0) | ||
Austragungsort | Colombes, Stade Olympique Yves-du-Manoir, 14. Mai 1933, Zuschauer: 12.000 | |
Olympique Lille[7] | Robert Défossé – Jules Vandooren, Jean Théry – Georges Meuris, Jock MacGowan, Georges Beaucourt – Urbain Decottignies, Zoltán Varga, Bert Lutterloch, William Barrett, Georges Winckelmans Trainer: Robert De Veen | |
AS Cannes | Francis Roux – Maurice Tourniaire, János Nagy – Joseph Béraudo, János Kvasz Koves, Louis Cler – André Calecca, Pierre Fecchino, Charles Bardot, Stan Hillier, Jean Cornelli Trainer: William Aitken | |
Tore | 1:0 Barrett (25.) 2:0 Varga (30.) 3:1 Winckelmans (75.) 4:3 Winckelmans (86.)[8] |
2:1 Fecchino (59.) 3:2 Calecca (78.) 3:3 Tourniaire (82.) |
Die Spieler des Meisters
BearbeitenWährend der Saison ebenfalls zum Einsatz kamen:[9] Amard, Delannoy, De Loose, Lubrez, Maier, Vandevelde, Wattrelos
Lilles 41 Treffer in den Gruppenspielen erzielten:[10] Barrett (9), Winckelmans (7), Delannoy, Varga, Lutterlock (je 5), Decottignies (4), Amard (3), MacGowan (2), De Loose (1)
Erfolgreichste Torschützen
BearbeitenIm Endspiel erzielte Treffer zählten hierfür offiziell nicht;[11] sonst hätte auch Fecchino es auf 15 Treffer gebracht.
Pl. | Spieler | Verein | Tore |
---|---|---|---|
1. | Walter Kaiser | Stade Rennes UC | 15 |
Robert Mercier | CF Paris | ||
3. | Joseph Alcazar | Olympique Marseille | 14 |
Pierre Fecchino | AS Cannes | ||
5. | Renato Finamore | Red Star Olympique | 13 |
Karl Klima 2 | Olympique Antibes | ||
7. | Pierre Bertrand | Red Star Olympique | 12 |
Robert Saint-Pé | SC Fives | ||
István Zavadsky | SO Montpellier | ||
10. | André Cheuva | SC Fives | 11 |
Julien Dominique | Stade Rennes UC | ||
Ernest Libérati | SC Fives |
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Almanach du football éd. 1932/33. Paris 1933.
- Hubert Beaudet: Le Championnat et ses champions. 70 ans de Football en France. Alan Sutton, Saint-Cyr-sur-Loire 2002, ISBN 2-84253-762-9.
- Sophie Guillet/François Laforge: Le guide français et international du football éd. 2009. Vecchi, Paris 2008, ISBN 978-2-7328-9295-5.
- Paul Hurseau/Jacques Verhaeghe: Olympique Lillois – Sporting Club Fivois – Lille O.S.C. Alan Sutton, Joué-lès-Tours 1997, ISBN 2-84253-080-2.
- Jean-Philippe Rethacker: La grande histoire des clubs de foot champions de France. Sélection du Reader’s Digest, Paris/Bruxelles/Montréal/Zurich 2001, ISBN 2-7098-1238-X.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Almanach, S. 77
- ↑ Hurseau/Verhaeghe, S. 19
- ↑ a b Beaudet, S. 12f.
- ↑ Alfred Wahl/Pierre Lanfranchi: Les footballeurs professionnels des années trente à nos jours. Hachette, Paris 1995, ISBN 978-2-01-235098-4, S. 62ff. und 79 (Tabelle)
- ↑ a b Saison 1932/33. In: pari-et-gagne.com. Abgerufen am 23. Januar 2018 (französisch).
- ↑ Beaudet, S. 13.
- ↑ Meistermannschaft 1932/33. In: pari-et-gagne.com. Abgerufen am 23. Januar 2018.
- ↑ Über die Frage, ob dieser entscheidende Treffer in der regulären Spielzeit oder erst in der Verlängerung fiel, gibt es in der Literatur zwei Meinungen: Rethacker, S. 13, Guillet/Laforge, S. 132, und Pierre Delaunay/Jacques de Ryswick/Jean Cornu: 100 ans de football en France. Atlas, Paris 1983², ISBN 2-7312-0108-8, S. 126, erwähnen eine Verlängerung (prolongation); dies tut auch Beaudet im Tabellenteil seines Buches (S. 190), der diesen Treffer aber im Spielbericht auf S. 14 als „in den letzten Minuten“ erzielt beschreibt. Und Hurseau/Verhaeghe, S. 22, verorten den Siegtreffer exakt in der 86. Spielminute.
- ↑ a b Guillet/Laforge, S. 132
- ↑ Almanach, S. 70
- ↑ Almanach, S. 80