Großer Preis von Italien 1923

Monopostorennen
(Weitergeleitet von Großer Preis von Europa 1923)

Der III. Große Preis von Italien fand am 9. September 1923 am Autodromo di Milano in Monza statt. Das Rennen hatte auch den AIACR-Ehrentitel I. Großer Preis von Europa und wurde nach der seit 1922 geltenden Internationalen Grand-Prix-Formel ausgetragen, die bei einer Mindestdistanz der Grand-Prix-Läufe von 800 km für die Wagen ein Hubraumlimit von 2 Litern und ein Mindestgewicht von 650 kg festlegte. Außerdem mussten sich an Bord jedes Rennwagens zwei Personen – neben dem Fahrer auch ein Mechaniker – befinden.

Ferdinando Minoia bei Start-und-Ziel; bei seiner Fahrt zum vierten Gesamtrang
Ferdinando Minoia mit seinem Benz RH an der Box

Sieger wurde Carlo Salamano auf Fiat.

Nachdem der Französische Automobilclub nun nicht mehr alleiniger Ausrichter von Grand-Prix-Rennen war, hatte der internationale Automobilverband AIACR entschieden, turnusgemäß eines der Rennen unter dem Ehrentitel eines Großen Preises von Europa zum alljährlichen Saisonhöhepunkt zu erklären. Zum ersten Grand Prix d’Europe wurde 1923 der Große Preis von Italien bestimmt.

Nach dem Totalausfall beim vorangegangenen Grand Prix de l’ACF, wo über die erstmals eingesetzten Kompressoren zu viel Staub und Steine in die Motoren geraten waren, rüstete Fiat die Wagen für das Heimrennen auf weniger empfindliche Roots-Kompressoren um. Mit Alfa Romeo setzte jetzt außerdem auch ein weiterer Hersteller auf den Kompressor, allerdings zog das Werk seine Wagen nach dem tödlichen Unfall von Ugo Sivocci im inoffiziellen Vortraining noch vor dem Rennen wieder zurück, so dass der Alfa Romeo P1 nie zu einem Grand-Prix-Einsatz kam. Um den eher glücklich zustande gekommenen Erfolg im französischen Rennen nicht durch die vorhersehbare Niederlage gegen Fiat gleich wieder zu entwerten, hatte außerdem Sunbeam gleich von vorneherein auf die Teilnahme verzichtet, wie auch Bugatti der Konfrontation mit den überlegenen Italienern aus dem Weg ging. Dagegen stellten sich Voisin und Rolland-Pilain dem beinahe aussichtslos erscheinenden Kampf, obwohl ihre Wagen zuvor schon beim Grand Prix in Tours nicht schnell genug gewesen waren, und auch der „Tropfenwagen“ von Benz war trotz seines revolutionären Konzepts – der erste Grand-Prix-Rennwagen überhaupt mit Mittelmotor, tropfenförmiger Stromlinienkarosserie mit Seitenkühlern, innenliegenden Bremsen und Schwingachse hinten – aufgrund seiner zu geringen Motorleistung chancenlos. So blieben als einzig halbwegs ernst zu nehmende Konkurrenten die drei US-amerikanischen Miller-Rennwagen, die allerdings aufgrund des unterschiedlichen Reglements kurzfristig erst noch notdürftig zum Zweisitzer umgerüstet werden mussten.

Insgesamt versammelten sich schließlich 14 Rennwagen zum Start, wobei die Startaufstellung – wie zu dieser Zeit üblich – vorher ausgelost worden war. Fiat hatte zuvor noch einen herben Rückschlag hinnehmen müssen, als Pietro Bordino beim Training zwei Wochen vor dem Rennen mit seinem Wagen von der Strecke abkam und sich überschlug. Dabei kam sein Beifahrer Enrico Giaccone ums Leben, der ursprünglich neben Bordino und Carlo Salamano als Fahrer des dritten Autos vorgesehen war.[1] So kam Grand-Prix-Veteran Felice Nazzaro noch einmal zu einem Einsatz, während Bordino das Rennen mit einem gebrochenen Handgelenk in Angriff nehmen musste.

Trotz seines Handicaps übernahm Bordino gleich zu Beginn die Führung vor seinen beiden Markengefährten, bevor er zur Halbzeit – mittlerweile mit deutlichem Vorsprung – schließlich doch aus Erschöpfung aufgeben musste. In dem ansonsten höhepunktsarmen Rennen, in dem bis auf die beiden Miller von Louis Zborowski und Jimmy Murphy alle übrigen Teilnehmer schon weit abgeschlagen waren, lag nun Nazzaro lange Zeit in Front, bis auch er kurz vor Ende des Rennens für einen außerplanmäßigen Stopp an die Box musste. Hierdurch wurde der Weg zum Sieg für Carlo Salamano frei, der mit einer halben Minute Vorsprung auf seinen Stallgefährten durchs Ziel ging. Es war gleichzeitig der erste Erfolg eines Wagens mit aufgeladenem Motor bei einem bedeutenden Rennen. Murphy wurde nach einem soliden Rennen mit über fünf Minuten Rückstand auf Salamano noch Dritter. Im Anschluss überfluteten die Zuschauer die Strecke, so dass die verbliebenen Teilnehmer das Rennen nicht mehr wie eigentlich vorgeschrieben über die Gesamtdistanz zu Ende fahren konnten. Rolland-Pilain legte gegen den nachfolgenden Wertungsausschluss von Guyot erfolgreich Protest ein, so dass schließlich bis zum siebten Platz die entsprechenden Preisgelder ausgezahlt wurden.

Ergebnisse

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Meldeliste

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Team Nr. Fahrer Info Chassis Motor Reifen
Deutsches Reich  Benz & Cie. 01 Italien 1861  Ferdinando Minoia Benz RH 2-l-Tropfenform-Rennwagen Benz Bz 6516 2.0L I6 C
07 Deutsches Reich  Franz Hörner
13 Deutsches Reich  Willy Walb
Italien 1861  Fiat SpA 02 Italien 1861  Pietro Bordino Fiat 805/405 Fiat Type 405 2.0L I8 Kompressor P
08 Italien 1861  Enrico Giaccone DNS a
08 Italien 1861  Felice Nazzaro
14 Italien 1861  Carlo Salamano
Dritte Französische Republik  Aéroplanes G. Voisin 03 Italien 1861  Eugenio Silvani Voisin C6 Laboratoire Voisin 2.0L I6
09 Dritte Französische Republik  Henri Rougier
15 Dritte Französische Republik  André Lefèbvre
Dritte Französische Republik  SA des Établissements Rolland-Pilain 04 Dritte Französische Republik  Albert Guyot b Rolland-Pilain A22 Rolland-Pilain 2.0L I8
10 Dritte Französische Republik  Gaston Delalande
Vereinigte Staaten 48  Harry A. Miller Manufacturing Company 05 Vereinigte Staaten 48  Jimmy Murphy Miller 122 Special Offenhauser 2.0L I8 F
11 Vereinigtes Konigreich  Louis Zborowski
16 Argentinien  Martín de Álzaga
Italien 1861  SA Ital. Ing. Nicola Romeo 06 Italien 1861  Antonio Ascari DNS c Alfa Romeo P1 Alfa Romeo 2.0L I6 Kompressor P
12 Italien 1861  Giuseppe Campari  c
17 Italien 1861  Ugo Sivocci  d
a 
Tödlicher Unfall als Beifahrer von Bordino im Training.
b 
Während des Rennens von Delalande am Steuer abgelöst.
b 
Team nach dem tödlichen Unfall Sivoccis geschlossen zurückgezogen.
d 
Tödlicher Unfall im Training.

Startaufstellung

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Die Startpositionen wurden in der Reihenfolge der Startnummern besetzt.

Italien 1861  Minoia Italien 1861  Bordino Italien 1861  Silvani
Dritte Französische Republik  Guyot Vereinigte Staaten 48  Murphy
Deutsches Reich  Hörner Italien 1861  Nazzaro Dritte Französische Republik  Rougier
Dritte Französische Republik  Delalande Vereinigtes Konigreich  Zborowski
Deutsches Reich  Walb Italien 1861  Salamano Dritte Französische Republik  Lefèbvre
Argentinien  de Álzaga

Rennergebnis

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Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund
01 Italien 1861  Carlo Salamano Italien 1861  Fiat 80 2 5:27:38,0 h 14
02 Italien 1861  Felice Nazzaro Italien 1861  Fiat 80 3 + 23,6 s 8
03 Vereinigte Staaten 48  Jimmy Murphy Vereinigte Staaten 48  Miller 80 2 + 5:12,6 min 5
04 a Italien 1861  Ferdinando Minoia Deutsches Reich  Benz 76 2 + 4 Runden 1
05 a Deutsches Reich  Franz Hörner Deutsches Reich  Benz 71 2 + 9 Runden 7
06 a Argentinien  Martín de Álzaga Vereinigte Staaten 48  Miller 70 2 + 10 Runden 16
07 a Frankreich  Albert Guyot
Frankreich  Gaston Delalande
Frankreich  Rolland-Pilain 58 2 + 22 Runden 4
Italien 1861  Pietro Bordino Italien 1861  Fiat 45 1 DNF 2 3:44,0 min Erschöpft aufgrund von Verletzung
Vereinigtes Konigreich  Louis Zborowski Vereinigte Staaten 48  Miller 17 DNF 11 Getriebe
Italien 1861  Eugenio Silvani Frankreich  Voisin 11 DNF 3 Ölpumpe
Frankreich  André Lefèbvre Frankreich  Voisin 9 1 DNF 15 Motorschaden
Frankreich  Henri Rougier Frankreich  Voisin 8 1 DNF 9 Motorschaden
Frankreich  Gaston Delalande Frankreich  Rolland-Pilain 4 1 DNF 10 Lagerschaden
Deutsches Reich  Willy Walb Deutsches Reich  Benz 4 1 DNF 13 Kolben
a 
Wegen des Rennabbruchs wurden auch die Fahrer gewertet, die aufgrund dessen die Gesamtdistanz nicht mehr zurücklegen konnten.

Literatur

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  • Adriano Cimarosti: Autorennen – Die Grossen Preise der Welt – Wagen, Strecken und Piloten von 1894 bis heute, Hallwag Verlag, Bern, 1986, ISBN 3-444-10326-3
  • Paul Sheldon: A Record of Grand Prix and Voiturette Racing, Vol. 1 - 13, St. Leonards Press, Bradford, 1987–2002
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Commons: Großer Preis von Italien 1923 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • 1923 Grands Prix. www.teamdan.com, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Februar 2019; abgerufen am 18. Juni 2020 (englisch).

Einzelnachweise

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  1. Enrico Giaccone. www.motorsportmemorial.org, abgerufen am 18. Juni 2017 (englisch).