Kirchzell
Kirchzell ist ein Markt im unterfränkischen Landkreis Miltenberg. Der Ort im Odenwald liegt am Dreiländereck Bayern, Hessen und Baden-Württemberg.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 49° 37′ N, 9° 11′ O | |
Bundesland: | Bayern | |
Regierungsbezirk: | Unterfranken | |
Landkreis: | Miltenberg | |
Höhe: | 192 m ü. NHN | |
Fläche: | 63,82 km2 | |
Einwohner: | 2238 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 35 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 63931 | |
Vorwahl: | 09373 | |
Kfz-Kennzeichen: | MIL, OBB | |
Gemeindeschlüssel: | 09 6 76 131 | |
Marktgliederung: | 9 Gemeindeteile | |
Adresse der Marktverwaltung: |
Hauptstraße 19 63931 Kirchzell | |
Website: | www.kirchzell.de | |
Erster Bürgermeister: | Stefan Schwab (CSU) | |
Lage des Marktes Kirchzell im Landkreis Miltenberg | ||
Geografie
BearbeitenGeografische Lage
BearbeitenKirchzell ist die flächenmäßig größte Gemeinde im Landkreis Miltenberg und bewirtschaftet 1300 ha Waldbestand. Die Gemeinde liegt im Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald im Buntsandsteingebiet. Der größte Teil des Gemeindegebiets wird von Waldbach, Gabelbach und Mud zum Main hin entwässert; im äußersten Westen hat Kirchzell – als eine von drei bayerischen Gemeinden (neben Schnelldorf und Wettringen in Mittelfranken) – über den Euterbach Anteil am Einzugsgebiet des Neckars. Der topographisch höchste Punkt der Gemeinde befindet sich mit 548 m ü. NHN (Lage) am Gipfel des Berges Der Kolli am Dreiländereck, der niedrigste liegt an der Mud auf 170 m ü. NHN (Lage) .
Städte in der näheren Umgebung sind:
Gemeindegliederung
BearbeitenEs gibt neun Gemeindeteile (in Klammern jeweils der Siedlungstyp) auf vier Gemarkungen:[2][3]
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Nachbargemeinden
BearbeitenNachbargemeinden sind:
Name
BearbeitenEtymologie
BearbeitenDer Name Kirchzell besteht aus den mittelhochdeutschen Wörtern kirche und cëlle, im Sinne von Wirtschaftshof. Das kirch im Namen bezieht sich auf das dortige Gotteshaus, was die Schreibweise von 1534 Kirch zu Zell bestätigt.[4]
Frühere Schreibweisen
BearbeitenFrühere Schreibweisen des Ortes aus diversen historischen Karten und Urkunden:[4]
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Geschichte
BearbeitenBis zur Gemeindegründung
BearbeitenKirchzell ist eine Gemeinde mit 1200-jähriger Geschichte. Kirchzell verdankt seine Gründung der Benediktinerabtei in Amorbach. Im Jahre 1168 geriet das Kloster Amorbach und damit auch Kirchzell unter die Herrschaft der Herren von Dürn. Dieses Fürstengeschlecht errichtete am Preunschener Berg die Burg Wildenberg (auch Wildenburg), die ein Glanzstück des Burgenbaues der Stauferzeit war.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Kirchzell am 19. Mai 1271 anlässlich des Verkaufs der Burg Wildenberg mit den zugehörigen Dörfern Kirchzell, Buch, Preunschen, Donebach, Mörschenhardt, Schloßau und Mudau durch Ulrich von Dürn[5] und seine Gemahlin Adelheid an das Erzstift Mainz.[6][7]
Im Jahr 1700 wurde Kirchzell als Mittelpunktgemeinde des „Kirchzeller Grundes“ das Marktrecht verliehen. Das mainzische Amt wurde im Reichsdeputationshauptschluss (1803) den Fürsten von Leiningen zugesprochen, 1806 durch Baden mediatisiert und 1810 an Hessen-Darmstadt abgetreten. Im Rezess Hessen/Bayern (Frankfurt 1816) fiel es schließlich an Bayern. Im Zuge der Verwaltungsreformen in Bayern entstand mit dem Gemeindeedikt von 1818 die heutige Gemeinde.
Verwaltungsgeschichte
BearbeitenIm Jahr 1862 wurde das Bezirksamt Miltenberg gebildet, auf dessen Verwaltungsgebiet Kirchzell lag. Wie überall im Deutschen Reich wurde 1939 die Bezeichnung Landkreis eingeführt. Kirchzell war nun eine der 31 Gemeinden im Altkreis Miltenberg. Dieser schloss sich am 1. Juli 1972 mit dem Landkreis Obernburg am Main zum neuen Landkreis Miltenberg zusammen.
Eingemeindungen
BearbeitenIm Zuge der Gebietsreform in Bayern wurden am 1. Januar 1975 die Gemeinden Ottorfszell, Preunschen (Gemeindename bis 1870 Preunschen-Buch)[8] und Watterbach in den Markt Kirchzell eingegliedert.[9] Zu ihnen gehörten die Gemeindeteile Breitenbuch und Buch sowie die Weiler Dörnbach, Breitenbach, Schrahmühle und Hofmühle.
Einwohnerentwicklung
BearbeitenIm Zeitraum 1988 bis 2018 sank die Einwohnerzahl von 2362 auf 2221 um 141 Einwohner bzw. um 6 %. Anfang der 1990er Jahre zählte der Markt ca. 2500 Einwohner.[10]
Politik
BearbeitenMarktgemeinderat
BearbeitenDer Marktgemeinderat besteht aus 14 Mitgliedern, die sich nach der Kommunalwahl am 15. März 2020 für die Wahlperiode 2020–2026 wie folgt aufteilen:
Bürgermeister
BearbeitenBürgermeister ist Stefan Schwab (CSU).[12] Dieser wurde bei der Kommunalwahl 2020 ohne Mitbewerber mit 86,4 % der gültigen Stimmen zum wiederholten Mal im Amt bestätigt.
Wappen
BearbeitenBlasonierung: „In Rot eine kleine silberne Kirche mit Dachreiter und Säulenportal an der Stirnseite, beides mit aufgesetztem schwarzem Kreuz, begleitet vorne von einem linksgewendeten, goldenen Bischofsstabkopf, hinten von einem sechsspeichigen, silbernen Rad.“[13] | |
Wappenbegründung: Die Kirche fungiert als redendes Wappensymbol, Bischofsstab und Mainzer Rad weisen auf die Zugehörigkeit zu Kurmainz und zum Kloster Amorbach hin.
Wappengeschichte: Kirchzell ist seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Markt. Die Kirche steht redend für den Ortsnamen, der in dieser Form seit 1460 belegt ist. Ursprünglich hieß der Ort Celle. Der Abtstab erinnert an die grundherrschaftlichen Rechte, die das Benediktinerkloster Amorbach vom 12. Jahrhundert bis zur Säkularisation 1803 im Gemeindegebiet innehatte. Das sechsspeichige Rad, das so genannte Mainzer Rad, sowie die Farben Silber und Rot weisen auf den Kurstaat Mainz als Inhaber von Gerichts- und Patronatsrechten in Kirchzell hin. Das Erzstift Mainz ist seit 1271 im Ort belegt und hatte wenig später die hohe Vogtei im Amt Wildenberg inne, zu dem Kirchzell gehörte.[13] Dieses Wappen wird seit 1964 geführt.[13] |
Bildung und Kultur
BearbeitenMuseen
Bearbeiten- Waldmuseum im Watterbacher Haus im Ortsteil Preunschen. Das Watterbacher Haus ist ein sogenanntes Wohnstallhaus und gilt als eines der ältesten Bauernhäuser im Odenwald. Das „Firstständerhaus“ wurde um 1475 erbaut. Ursprünglich stand es in Watterbach. 1966 wurde es zunächst nach Breitenbach und dann 1981 nach Preunschen versetzt. Im Waldmuseum werden die forstgeschichtliche Entwicklung des Odenwaldes, die Waldnutzung früherer Zeiten, die Korbmacherei und das Zapfenpflücken dargestellt.
Bauwerke
Bearbeiten- Reste des Limes, einst Schutzwall der Römer gegen die Germanen
- hochmittelalterliche Burgruine Wildenberg (auch Wildenburg) aus der Stauferzeit, auf der Wolfram von Eschenbach Teile seines Parzival geschrieben haben soll
- ältester Bildstock im Odenwald in Breitenbach aus dem Jahre 1483, weitere historische Bildstöcke auch in den anderen Ortsteilen
- Watterbacher Haus – ältestes Fachwerkhaus im Odenwald
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Bildstock in Watterbach
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Kirche in Breitenbuch
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Watterbacher Haus in Preunschen
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Burg Wildenberg, Palaswand mit Kamin
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Kirche Ottorfszell
Wanderwege
BearbeitenDurch die Gemeindeteile Breitenbach, Ottorfszell und Preunschen führt der Nibelungensteig, ein 130 Kilometer langer, mit dem Gütesiegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ zertifizierter Fernwanderweg.
Musik
BearbeitenKirchzell besitzt seit 1891 einen Gesangverein:
- Männerchor (seit 1891)
- Frauenchor (seit 1999)
- VoCapella (seit 2002)
- Piccolino (seit 2005)
- Chor 4 You
Männer- und Frauenchor sowie VoCapella stehen unter der Leitung von Hermann Trunk. Piccolino und Chor 4 You werden von Birgit Wagner geleitet.
Sport
BearbeitenDer 1908 gegründete Handballverein TV Kirchzell spielte in der Saison 2016/17 in der 3. Liga. Der Fußballclub Kickers Kirchzell wurde im Jahr 1922 gegründet.
Verkehr
BearbeitenDer Ort hat folgende Verkehrsanbindungen:
- ca. 45 km zum Autobahnanschluss A 81
- ca. 50 km zum Autobahnanschluss A 3
- ca. 51 km zum ICE in Aschaffenburg
- ca. 6 km zur Regionalbahn in Amorbach
- ca. 89 km zum Flughafen Frankfurt Main
Kurioses
Bearbeiten- Kirchzell
Auch in Kirchzell hat man in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Bohne angebaut. Im Dialekt nannte man die sie umgebende längliche Hülse „Schludde“, also die ganze Frucht „Schluddebohne“. Die kuriose Wortschöpfung war natürlich für die Nachbarorte Grund für den Spitznamen - Ortsnecknamen.[14]
- Ottorfszell
Raben und Krähen sind die Vögel mit der größten Intelligenz, das haben Wissenschaftler in einer Untersuchung festgestellt. Dies bescheinigen auch die Nachbargemeinden, indem sie die Bewohner des Gabelbachtales mit dem Ortsnecknamen „Talkrabbe“ bedachten.[14]
- Watterbach
Den Spottnamen, Ortsnecknamen „Gräbbeleshüpfer“ haben die Watterbacher von ihren Nachbarn erhalten, weil sie durch landwirtschaftlich genutzte Flächen Bewässerungsgräben zogen, um auf dem hochliegenden Gebiet einigermaßene Erträge zu erzielen.[14]
Literatur
Bearbeiten- Thomas Ratzka: 300 Jahre Marktrecht Kirchzell. Markt Kirchzell 2000.
- Ernst Rockstroh: Gewitter über Kirchzell. Titania Verlag Stuttgart.
- Anton Rottmayer (Hrsg.): Statistisch-topographisches Handbuch für den Unter-Mainkreis des Königreichs Bayern. Sartorius’sche Buchdruckerei, Würzburg 1830, OCLC 248968455, S. 409 (Digitalisat).
- Pleikard Joseph Stumpf: Kirchzell. In: Bayern. Ein geographisch-statistisch-historisches Handbuch des Königreiches. Zweiter Theil. München 1853, OCLC 643829991, S. 798 (Digitalisat).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Genesis-Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-003r Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtag (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- ↑ Gemeinde Kirchzell in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 1. April 2021.
- ↑ Gemeinde Kirchzell, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 6. Dezember 2021.
- ↑ a b Wolf-Armin von Reitzenstein: Lexikon fränkischer Ortsnamen. Herkunft und Bedeutung. Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-59131-0, S. 118 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Zu Ulrich III von Dürn siehe Dürn, Adelsfamilie in Historisches Lexikon Bayerns
- ↑ Fränkische Nachrichten, 20. Mai 2019, Mudau, Urkunde übergeben Heimat- und Verkehrsverein war im Staatsarchiv in Würzburg, Verkauf der Burg Wildenberg besiegelt. online.
- ↑ Staatsarchiv Würzburg, MU (Mainzer Urkunde) 3381, 19. Mai 1271.
- ↑ Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 523.
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 750 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
- ↑ Quelle: BayLfStat
- ↑ Gemeinderatswahl 2020 Markt Kirchzell, Gesamtergebnis, abgerufen am 14. Juni 2020
- ↑ Gemeinderat. Gemeinde Kirchzell, abgerufen am 1. September 2020.
- ↑ a b c Eintrag zum Wappen von Kirchzell in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
- ↑ a b c Werner Trost Stampes, Worzelköpp und Staffelbrunzer Lkr. Miltenberg 2003