In der Klassenkörpertheorie wird der Hilbertsche -Klassenkörperturm eines vorgegebenen algebraischen Zahlkörpers für eine feste Primzahl rekursiv erklärt durch den Rekursionsbeginn (Initialisierung) und durch die iterierte Bildung des Hilbertschen -Klassenkörpers des jeweiligen Vorgängers im Allgemeinen Rekursionsschritt für jede ganze Zahl . Insgesamt ergibt sich ein Turm von Körpererweiterungen

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wobei die Vereinigung oft selbst als -Klassenkörperturm bezeichnet wird. Für die Rekursion werden niemals die allgemeineren Begriffe der Strahlklassenkörper und Ringklassenkörper verwendet, sondern stets der absolute oder Hilbertsche -Klassenkörper als maximale (mit Relativführer ) unverzweigte -Erweiterung mit Primzahlpotenz-Grad und abelscher, also kommutativer, Galoisgruppe . Die Bezeichnung Klassenkörper rührt daher, dass nach dem Artinschen Reziprozitätsgesetz die Automorphismengruppe nicht nur irgendeine abelsche Gruppe ist, sondern ganz speziell isomorph zur (abelschen) -Idealklassengruppe , das heißt zur Sylow -Untergruppe der Idealklassengruppe , des Grundkörpers .

Bereits im Jahr 1925 haben P. Furtwängler und O. Schreier die Frage aufgeworfen, ob es Türme gibt, die nicht stationär werden, mit einer endlichen Länge und für alle , sondern bei denen in der Formel (1) stets die strikte Ungleichung anstelle von gilt. Es dauerte fast 40 Jahre, bis E. Golod und I. Shafarevich dieses Problem schließlich im Jahr 1964 mit Methoden der Galois-Kohomologie affirmativ lösen konnten. Sie zeigten, dass ein Grundkörper mit hinreichend großem -Klassenrang tatsächlich einen unendlichen -Klassenkörperturm besitzt.[1]

Der Turm kann auch kompakter, aber äquivalent, in der folgenden Weise definiert werden, wobei allerdings die Etagen-Struktur verborgen bleibt:

In der algebraischen Zahlentheorie, also der Theorie der komplexen Nullstellen , von univariaten Polynomen mit ganzen rationalen Zahlen als Koeffizienten, versteht man unter dem -Klassenkörperturm eines algebraischen Zahlkörpers die maximale unverzweigte pro--Erweiterung von für eine fest vorgegebene Primzahl . Durch das Zulassen unendlicher Körpererweiterungen wird hier bereits die von Golod und Shafarevich bewiesene Möglichkeit unbeschränkter Klassenkörpertürme berücksichtigt.

Die Gruppe der Automorphismen von , welche den Grundkörper invariant lassen, heißt die -Turmgruppe von . Im Fall eines unendlichen -Klassenkörperturms ist eine topologische Gruppe mit der Krull-Topologie.

Tabelle 1: Invarianten der 3-Klassenkörpertürme imaginär-quadratischer Zahlkörper
d Typus κ τ G32(K) G3(K) Ref.
-3896 H.4 (4443) [111,111,21,111] ⟨729,45⟩ ⟨6561,606⟩ [2]
-4027 D.10 (2241) [21,21,111,21] ⟨243,5⟩ ⟨243,5⟩ [3]
-9748 E.9 (2231) [32,21,21,21] ⟨2187,302⟩ ⟨6561,620⟩ [4]
oder ⟨2187,306⟩ ⟨6561,624⟩
-12131 D.5 (4224) [111,21,111,21] ⟨243,7⟩ ⟨243,7⟩ [3]
-15544 E.6 (1313) [32,21,111,21] ⟨2187,288⟩ ⟨6561,616⟩ [2]
-16627 E.14 (2313) [32,21,111,21] ⟨2187,289⟩ ⟨6561,617⟩ [2]
oder ⟨2187,290⟩ ⟨6561,618⟩
-34867 E.8 (1231) [32,21,21,21] ⟨2187,304⟩ ⟨6561,622⟩ [2]

Stufen und Länge des p-Klassenkörperturms

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Die absteigende Reihe der iterierten Kommutatorgruppen von  ,   mit   für  , gibt im Sinne der Galois-Korrespondenz Anlass für die Stufen (Etagen, Stockwerke) des Turms, welche gegeben sind durch  , beziehungsweise gleichwertig durch  , für  .

Aufgrund des Isomorphiesatzes ist   die Galois-Gruppe des  -ten Hilbertschen  -Klassenkörpers   von  , isomorph zum  -ten abgeleiteten Quotienten von  , und wird als  -te  -Klassengruppe von   bezeichnet. Für   ergibt sich mit Hilfe des Reziprozitätsgesetzes von Artin [5] die Isomorphie der Abelisierung der p-Turmgruppe,  , zur (gewöhnlichen) ersten  -Klassengruppe von  , also zur Sylow-p-Untergruppe der (endlichen abelschen) Idealklassengruppe   von  , als Galois-Gruppe der maximalen abelschen unverzweigten  -Erweiterung   von  .

Die  -Turmgruppe   ist entweder eine unendliche pro- -Gruppe mit endlicher Abelisierung   oder eine endliche  -Gruppe. Im ersteren Fall ist auch der  -Klassenkörperturm von  ,  , von unendlicher Länge   und   ist der projektive Limes der Galois-Gruppen aller Stufen des Turmes. Im letzteren Fall ist   auflösbar und nilpotent und der Turm   endet bei der abgeleiteten Länge von  ,  , präziser ausgedrückt: wird dort stationär.

Relationenrang der p-Turmgruppe

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Für die Bestimmung der Länge eines  -Klassenkörperturms ist die Abschätzung des Relationenrangs von   von entscheidender Bedeutung.

  operiert trivial auf dem endlichen Körper   mit   Elementen und die kohomologischen Dimensionen  , bzw.  , heißen Generatorenrang, bzw. Relationenrang, von  .

Für einen Grundkörper   mit der Signatur  , also mit dem torsionsfreien Dirichlet-Einheitenrang  , hat Shafarevich[6] die folgende Abschätzung des Relationenrangs der  -Turmgruppe hergeleitet:  , wobei  , falls   die  -ten Einheitswurzeln enthält, und   anderenfalls.

Aufgrund der Isomorphie   ist der Generatorenrang   von   gleich dem  -Klassenrang   von  , also gleich der Anzahl der Basiselemente der  -Klassengruppe  .

Für den besonders ausführlich untersuchten einfachsten Spezialfall eines imaginär-quadratischen Grundkörpers   haben Koch und Venkov[7] aus dem kohomologischen Kriterium von Shafarevich das folgende grundlegende Resultat abgeleitet.

Satz von Koch und Venkov. Für eine ungerade Primzahl   ist die  -Turmgruppe   eines imaginär-quadratischen Zahlkörpers   eine sogenannte Schur  -Gruppe mit ausgewogener Präsentation   und mit einem Automorphismus  , welcher auf der Abelisierung   die Inversion   hervorruft. (Wegen der Isomorphie   heißt   ein generatoren-invertierender (GI-)Automorphismus.)

Zusatz von Schoof.[8] Für eine ungerade Primzahl   und für jede ganze Zahl   besitzt die  -te  -Klassengruppe   eines beliebigen (imaginären oder reellen) quadratischen Zahlkörpers   einen Automorphismus  , der sowohl auf   als auch auf   die Inversion   induziert. (  heißt daher ein relatoren-invertierender (RI-)Automorphismus.)

Tabelle 2: Invarianten der 3-Klassenkörpertürme reell-quadratischer Zahlkörper
d Typus κ τ G32(K) G3(K) Ref.
32009 a.3 (2000) [21,11,11,11] ⟨81,8⟩ ⟨81,8⟩ [3]
62501 a.1 (0000) [22,11,11,11] ⟨729,99⟩ ⟨729,99⟩ [9]
72329 a.2 (1000) [21,11,11,11] ⟨81,10⟩ ⟨81,10⟩ [3]
142097 a.3 (2000) [111,11,11,11] ⟨81,7⟩ ⟨81,7⟩ [3]
152949 a.1 (0000) [22,11,11,11] ⟨729,100⟩ ⟨729,100⟩ [9]
214712 G.19 (4321) [21,21,21,21] ⟨729,57⟩ ⟨2187,311⟩ [10]
252977 a.1 (0000) [22,11,11,11] ⟨729,101⟩ ⟨729,101⟩ [9]
342664 E.9 (2231) [32,21,21,21] ⟨2187,302⟩ ⟨6561,620⟩ [10]
oder ⟨2187,306⟩ ⟨6561,624⟩
494236 a.3↑ (2000) [32,11,11,11] ⟨729,97⟩ ⟨729,97⟩ [3]
oder ⟨729,98⟩ ⟨729,98⟩
534824 c.18 (0313) [22,21,111,21] ⟨729,49⟩ ⟨2187,291⟩ [11]
540365 c.21 (0231) [22,21,21,21] ⟨729,54⟩ ⟨2187,307⟩ [11]
oder ⟨2187,308⟩
790085 a.2↑ (1000) [32,11,11,11] ⟨729,96⟩ ⟨729,96⟩ [3]
957013 H.4 (4443) [111,111,21,111] ⟨729,45⟩ ⟨2187,273⟩ [10]
2905160 a.1↑ (0000) [33,11,11,11] ⟨6561,2227⟩ ⟨6561,2227⟩ [9]
3918837 E.14 (2313) [32,21,111,21] ⟨2187,289⟩ ⟨2187,289⟩ [10]
oder ⟨2187,290⟩ ⟨2187,290⟩
4760877 E.9 (2231) [32,21,21,21] ⟨2187,302⟩ ⟨2187,302⟩ [10]
oder ⟨2187,306⟩ ⟨2187,306⟩
5264069 E.6 (1313) [32,21,111,21] ⟨2187,288⟩ ⟨6561,616⟩ [10]
6098360 E.8 (1231) [32,21,21,21] ⟨2187,304⟩ ⟨6561,622⟩ [10]
7153097 E.6 (1313) [32,21,111,21] ⟨2187,288⟩ ⟨2187,288⟩ [10]
8632716 E.8 (1231) [32,21,21,21] ⟨2187,304⟩ ⟨2187,304⟩ [10]
9433849 E.14 (2313) [32,21,111,21] ⟨2187,289⟩ ⟨6561,617⟩ [10]
oder ⟨2187,290⟩ ⟨6561,618⟩
10200108 a.3↑↑ (2000) [43,11,11,11] ⟨6561,2223⟩ ⟨6561,2223⟩ [9]
oder ⟨6561,2224⟩ ⟨6561,2224⟩
10399596 a.1↑ (0000) [33,11,11,11] ⟨6561,2225⟩ ⟨6561,2225⟩ [9]
14458876 a.2↑↑ (1000) [43,11,11,11] ⟨6561,2222⟩ ⟨6561,2222⟩ [9]
27780297 a.1↑ (0000) [33,11,11,11] ⟨6561,2226⟩ ⟨6561,2226⟩ [9]

Artin-Muster der p-Turmgruppe

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Auf dem Wege zur Identifikation der  -Turmgruppe   eines vorgegebenen Zahlkörpers   verwendet man zunächst das Artin-Muster  , um die Metabelianisierung   von   zu finden.

Dieses Muster besteht aus der Gesamtheit der Kerne   und Ziele  , genauer: der logarithmischen abelschen Quotienten-Invarianten der Ziele, der Artin-Verlagerungen   der Gruppe   in ihre maximalen Untergruppen   vom Index  .

In vielen Fällen führt diese Strategie der Mustererkennung mittels Artin-Verlagerungen zur eindeutigen Identifizierung zumindest der zweiten Stufe des Turmes, also der metabelschen Galois-Gruppe   des zweiten Hilbert- -Klassenkörpers   von  , als Approximation der vollen  -Turmgruppe  . Auf jeden Fall liefert dieser Prozess nur endlich viele Kandidaten für  .

Historisch gesehen, geht die Idee zu dieser Vorgangsweise auf die Untersuchungen von Arnold Scholz und Olga Taussky-Todd[12] im Jahre 1934 zurück, aus welchen auch die Bezeichnungen für den Typus[13] in den Tabellen 1 und 2 herrühren. Diese Autoren bestimmten aus dem Kapitulationstypus (kurz: Typus)   imaginärquadratischer Zahlkörper   mit elementarer  -Klassengruppe   vom Rang   die symbolische Ordnung, das heißt das Annihilatorideal[14] aller bivariaten Polynome   mit der Eigenschaft  , des Hauptkommutators   der metabelschen Gruppe   vom Erzeugendenrang  , also mit zwei Generatoren   und  .

Die zweite Komponente   des Artin-Musters kam bei Scholz und Taussky noch in einer rudimentären Ausprägung in Form der  -Klassenzahlen der vier unverzweigten zyklisch-kubischen Erweiterungen von   ins Spiel, war aber zusammen mit   hinreichend für die eindeutige Identifikation der Gruppe  .

In der experimentellen, computerunterstützten Mathematik dient das Artin-Muster als Suchbegriff für Datenbankabfragen entweder in der SmallGroups Bibliothek[15] oder in Erweiterungen dieser Bibliothek, die mithilfe des  -Gruppen-Erzeugungs-Algorithmus von M. F. Newman[16] und E. A. O' Brien[17] konstruiert werden. Die Verwendung der expliziten Struktur von   in Form der abelschen Typinvarianten der  -Klassengruppen (anstelle der  -Klassenzahlen) der vier unverzweigten zyklisch-kubischen Erweiterungen von   kann dabei zu einer erheblichen Einschränkung der Kandidaten für die Gruppe   führen.

Konkrete Beispiele von p-Klassenkörpertürmen

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Systematisch erforscht wurden bisher die  -Klassenkörpertürme von quadratischen Zahlkörpern für ungerade Primzahlen  .

Ein quadratischer Zahlkörper   entsteht durch Adjunktion einer der beiden Nullstellen   und   des Polynoms   mit einer Fundamentaldiskriminante  ,  , an den Körper   der rationalen Zahlen. Einige grundlegende Regeln für die Länge   des  -Klassenkörperturms eines quadratischen Zahlkörpers   lassen sich in Termen des  -Klassenrangs   von   ausdrücken:

  1. Der triviale Fall   tritt bei einem beliebigen Zahlkörper   genau dann auf, wenn auch  , also die Klassenzahl von   nicht durch   teilbar ist.
  2. Einstufige Türme mit   sind bei quadratischen Grundkörpern   charakteristisch für zyklische  -Klassengruppen mit  . Diese Äquivalenz geht bei anderen Arten von Grundkörpern leider verloren. So ist für Zahlkörper   dritten und vierten Grades die Bedingung   zwar noch hinreichend aber im Allgemeinen nicht mehr notwendig für  .
  3. Koch und Venkov[7] haben gezeigt, dass imaginär-quadratische Zahlkörper   mit mindestens dreibasiger  -Klassengruppe, also mit  , einen unendlichen  -Klassenkörperturm mit   besitzen.
  4. Den abwechslungsreichsten Fall bilden die quadratischen Zahlkörper   mit  -Klassenrang  , für die theoretisch alle Längen   möglich sind, von denen aber bisher (Stand 28. April 2020) nur Situationen mit   und   rigoros nachgewiesen werden konnten.

Die zweite Etage   des  -Klassenkörperturms aller quadratischen Zahlkörper   mit Fundamentaldiskriminanten   im Bereich   und elementarer  -Klassengruppe   vom Rang zwei wurde im Jahre 2010 in einem aufwendigen, mehrere Monate an CPU-Zeit in Anspruch nehmenden Projekt[18] bestimmt, dessen zugrundeliegende neuartige Algorithmen unter dem Schlagwort Kapitulationstypus mittels Klassengruppenstruktur [3] publiziert wurden, weil für die Bewältigung der 4596 zu analysierenden Zahlkörper der von Scholz und Taussky,[12] sowie auch von Heider und Schmithals,[19] benutzte Algorithmus zu wenig effizient gewesen wäre.

Die dritte Etage   eines  -Klassenkörperturms, nämlich jedes imaginär-quadratischen Zahlkörpers  ,  , mit elementarer  -Klassengruppe   vom Rang zwei und Artin-Muster   mit Kapitulation   vom Typus E.9 und logarithmischen abelschen Quotienten-Invarianten  , wurde im Lauf der Geschichte erstmals 2012 von Boston, Bush und Mayer[4] unzweifelhaft mit präziser Länge   identifiziert, nachdem Scholz und Taussky,[12] sowie Heider und Schmithals,[19] die fehlerhafte Zweistufigkeit   behauptet hatten. Entscheidend für den Beweis war die Tatsache, dass die Metabelianisierung  , bzw.  , von   keine Schur  -Gruppe ist, die  -Turmgruppe  , bzw.  , mit   hingegen sehr wohl.

Weitere exakt dreistufige  -Klassenkörpertürme der Typen E.6, E.14 und E.8 für imaginär-quadratische Körper[2] sowie c.18 und c.21 für reell-quadratische Körper[11] wurden im Jahr 2015 entdeckt.

Im selben Jahr wurden auch reell-quadratische Körper der Typen E.6, E.14, E.8 und E.9 auf die Länge ihres  -Klassenkörperturms untersucht[10], wobei sich die Kuriosität herausstellte, dass die von Scholz und Taussky für den imaginären Fall fälschlich behauptete Länge   im reellen Fall tatsächlich erlaubt ist und von der Dreistufigkeit   durch streng deterministische Kriterien unterschieden werden kann.

Im Jahr 2017 schließlich gelang noch die Ermittlung der Feinstruktur der reell-quadratischen Zahlkörper  ,  , mit elementarer  -Klassengruppe   vom Rang zwei und Artin-Muster   mit vierfacher Totalkapitulation   vom Typus a.1 (und beliebigen abelschen Quotienten-Invarianten  ) unter Verwendung der sogenannten tiefen Verlagerungen.[9]

Tabelle 1, bzw. 2, zeigt die essenziellen Invarianten des  -Klassenkörperturmes   von allen imaginären, bzw. reellen, quadratischen Zahlkörpern   mit der Minimaldiskriminante   für das jeweilige Artin-Muster  , falls die Ordnungen der beiden Galoisgruppen   und   den Maximalwert   der SmallGroups Datenbank[15] nicht überschreiten. Zahlreiche konkrete Beispiele mit  -Turmgruppen   höherer logarithmischer Ordnung   sind bekannt, [11][10] sollen aber hier nicht explizit angeführt werden, weil die Bezeichnungsweise für diese Gruppen mit Relativ-Identitäten leider viel Platz in Anspruch nimmt und auf den ersten Blick unübersichtlich aussieht. Die Symbole  , bzw.  , hinter dem Typus heben erste, bzw. zweite, Anregungszustände gegenüber dem Grundzustand hervor, das bedeutet Varianten von   bei festem Typus  . Bei Gleichheit von   und   ist  , bei Verschiedenheit ist   und  .

Ein auffallender Unterschied in der Ordnung   der  -Turmgruppe   und gelegentlich sogar in der Länge   des  -Klassenkörperturms wurde zwischen imaginär-quadratischen Zahlkörpern mit negativen Diskriminanten   und reell-quadratischen Zahlkörpern mit positiven Diskriminanten   bei übereinstimmendem Artin-Muster   festgestellt. So besitzen die Körper   mit Diskriminanten   und   übereinstimmend den Typus H.4 mit  ,  , isomorphe zweite 3-Klassengruppen   und dieselbe Länge  , aber die Schur  -Gruppe   im imaginären Fall hat größere Ordnung als die  -Turmgruppe   mit Relationenrang   im reellen Fall. Noch gravierender ist das unterschiedliche Verhalten bei den Körpern   mit Diskriminanten   und  . Während der Typus E.6 mit  ,   und die zweiten  -Klassengruppen   übereinstimmen, besteht der anspruchsvolle imaginäre Körper nach dem Satz von Koch und Venkov natürlich auf der Schur  -Gruppe   mit   aber der genügsame reelle Körper ist schon mit der nicht-balancierten Gruppe   mit   zufrieden.

Ungelöste Probleme bei unendlichem p-Klassenkörperturm

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Der  -Klassenkörperturm   eines Zahlkörpers   kann nur dann als bekannt betrachtet werden, wenn eine pro- -Präsentation seiner Galois-Gruppe, also der  -Turmgruppe  , mit expliziten Generatoren und Relationen vorliegt. Bei einem unendlichen Turm mit der Länge   könnte aus dieser pro- -Präsentation ein analytischer Ausdruck   für das Wachstum der Ordnungen   der abzählbar unendlich vielen Stufen des Turmes in Abhängigkeit von   angegeben werden.

Leider ist man derzeit von der Lösung dieses hochinteressanten Problems noch weit entfernt. Beispielsweise besitzt der imaginär-quadratische Zahlkörper   mit Fundamentaldiskriminante   eine elementare  -Klassengruppe vom Rang  , also mit logarithmischen abelschen Typinvarianten  , und somit nach der obenstehenden grundlegenden Regel 3 einen unendlichen  -Klassenkörperturm mit  . Aber die Werte der Funktion   sind für   völlig unbekannt und für  , also für die Ordnung der zweiten  -Klassengruppe  , konnte unter enormem Aufwand an CPU-Zeit nur die untere Abschätzung   berechnet werden.[10] Im Jahr 2023 konnte Bill Allombert unter Verwendung des Algorithmus von Aurel Page[20] die untere Schranke sogar zu   verbessern.[21]

Einzelnachweise

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  1. Golod, E. S., Shafarevich, I. R.: On class field towers (Russian). In: Izv. Akad. Nauk SSSR, Ser. Mat. 28. Jahrgang, Nr. 2. English transl. in Amer. Math. Soc. Transl. Ser. 2, 48 (1965), 91-102, 1964, S. 261–272.
  2. a b c d e D. C. Mayer: Index-p abelianization data of p-class tower groups. In: Adv. Pure Math. 5. Jahrgang, 2015, S. 286–313, doi:10.4236/apm.2015.55029, arxiv:1502.03388.
  3. a b c d e f g h D. C. Mayer: Principalization algorithm via class group structure. In: J. Théor. Nombres Bordeaux. 26. Jahrgang, 2014, S. 415–464, doi:10.5802/jtnb.874, arxiv:1403.3839.
  4. a b M. R. Bush, D. C. Mayer: 3-class field towers of exact length 3. In: J. Number Theory. 147. Jahrgang, 2015, S. 766–777, doi:10.1016/j.jnt.2014.08.010, arxiv:1312.0251.
  5. E. Artin: Beweis des allgemeinen Reziprozitätsgesetzes. In: Abh. Math. Sem. Univ. Hamburg. 5. Jahrgang, 1927, S. 353–363.
  6. I. R. Shafarevich: Extensions with given points of ramification. In: Inst. Hautes Études Sci. Publ. Math. 18. Jahrgang, 1963, S. 71–95. Translated in Amer. Math. Soc. Transl. (2), 59: 128–149, (1966).
  7. a b H. Koch, B. B. Venkov: Über den p-Klassenkörperturm eines imaginär-quadratischen Zahlkörpers. In: Astérisque. 24–25. Jahrgang, 1975, S. 57–67.
  8. René Schoof: Infinite class field towers of quadratic fields. In: J. Reine Angew. Math. 372. Jahrgang, 1986, S. 209–220.
  9. a b c d e f g h i D. C. Mayer: Deep transfers of p-class tower groups. In: J. Appl. Math. Phys. 6. Jahrgang, 2018, S. 36–50, doi:10.4236/jamp.2018.61005, arxiv:1707.00232.
  10. a b c d e f g h i j k l m D. C. Mayer: Criteria for three-stage towers of p-class fields. In: Adv. Pure Math. 7. Jahrgang, 2017, S. 135–179, doi:10.4236/apm.2017.72008, arxiv:1601.00179.
  11. a b c d D. C. Mayer: New number fields with known p-class tower. In: Tatra Mt. Math. Pub. 64. Jahrgang, 2015, S. 21–57, doi:10.1515/tmmp-2015-0040, arxiv:1510.00565.
  12. a b c A. Scholz, O. Taussky: Die Hauptideale der kubischen Klassenkörper imaginär quadratischer Zahlkörper: ihre rechnerische Bestimmung und ihr Einfluss auf den Klassenkörperturm. In: J. Reine Angew. Math. 171. Jahrgang, 1934, S. 19–41.
  13. D. C. Mayer: Transfers of metabelian p-groups. In: Monatsh. Math. 166. Jahrgang, 2012, S. 467–495, doi:10.1007/s00605-010-0277-x, arxiv:1403.3896.
  14. D. C. Mayer: Annihilator ideals of two-generated metabelian p-groups. In: J. Algebra Appl. 17. Jahrgang, 2018, doi:10.1142/S0219498818500767, arxiv:1603.09288.
  15. a b H. U. Besche, B. Eick, E. A. O’Brien: The SmallGroups Library – a library of groups of small order. An accepted and refereed GAP 4 package, available also in MAGMA, 2005.
  16. M. F. Newman, Determination of groups of prime-power order, in: Group Theory, Canberra 1975, Springer, Lecture Notes in Mathematics 573, 1977, S. 73–84
  17. E. A. O’Brien: The p-group generation algorithm. In: J. Symbolic Comput. 9. Jahrgang, 1990, S. 677–698, doi:10.1016/s0747-7171(08)80082-x.
  18. D. C. Mayer: The second p-class group of a number field. In: Int. J. Number Theory. 8. Jahrgang, 2012, S. 471–505, doi:10.1142/s179304211250025x, arxiv:1403.3899.
  19. a b F.-P. Heider, B. Schmithals: Zur Kapitulation der Idealklassen in unverzweigten primzyklischen Erweiterungen. In: J. Reine Angew. Math. 363. Jahrgang, 1982, S. 1–25.
  20. A. Page: abelianbnf. Pari/gp script, Institute de Mathématiques de Bordeaux (IMB), Lithe and fast algorithmic number theory (LFANT), 2020.
  21. B. Allombert: Abelian number fields, 2023.