Das Konklave von 1455 (4.–8. April) wählte Alonso de Borja zum Nachfolger von Papst Nikolaus V. Das Konklave war das erste, das im Apostolischen Palast stattfand, in dem fast alle – bis auf fünf – folgenden Konklave abgehalten wurden. Das Konklave war zudem das erste, bei dem bei der Wahl das Akzess-Verfahren angewandt wurde, das von der Vorgehensweise im Römischen Senat abgeleitet wurde: ein Kardinal kann sein Votum nach einem erfolglosen Wahlgang einem Kandidaten geben, der bereits Stimmen erhalten hatte.

Die frühe Niederlage des griechischen Kardinals Bessarion – einem potenziellen Kompromisskandidaten zwischen den Fraktionen der Colonna und der Orsini – ist eine bemerkenswerte Demonstration der anhaltenden Abneigung gegen bestimmte Charakteristika der Ostkirche, wie zum Beispiel bärtige Priester, Jahrhunderte nach dem Morgenländischen Schisma. Obwohl das westliche kanonische Recht Bärte bei Priestern seit mindestens dem 11. Jahrhundert untersagt hatte, wurde das Thema noch im 16. Jahrhundert diskutiert.

Die Wahl

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Das Kardinalskollegium teilte sich im Wesentlichen in zwei Fraktionen auf: die Unterstützer von Prospero Colonna und die von Latino Orsini. Unter den für wählbar gehaltenen Kardinälen waren Barbo, Trevisan, Capranica, Orsini und Bessarion. Capranica erhielt in den ersten drei Wahlgängen die meisten Stimmen, die weiteren Stimmen waren verstreut; Orsini und die französischen Kardinäle sammelten sich gegen Capranica, der Colonna nahestand.

Am 6. April, Ostersonntag, begannen die Fraktionen, neutrale Kandidaten in Betracht zu ziehen. Hier erhielt Kardinal Bessarion acht Stimmen, bis seine Kandidatur durch eine Rede von Alain de Coëtivy vernichtet wurde, indem er Bessarions frühere Zugehörigkeit zur Orthodoxen Kirche ebenso ansprach wie sein Festhalten an griechischen Merkmalen, wie eben seinen Vollbart. Seine Ansprache ist von Augenzeugen wie folgt überliefert:

„Sollen wir zum Papst, zum Oberhaupt der lateinischen Kirche, einen Griechen, einen bloßen Eindringling wählen? Bessarion trägt noch immer seinen Bart, und fürwahr soll er unser Herr sein! Wie arm muss dann unsere lateinische Kirche sein, wenn wir keinen würdigen Menschen darin finden, sondern auf einen Griechen zurückgreifen müssen, und auch auf einen, der bis gestern den römischen Glauben angegriffen hat! Und weil er jetzt zurückgekehrt ist, soll er unser Meister und der Anführer der christlichen Armee sein? Siehe, so ist die Armut der lateinischen Kirche, dass sie keinen apostolischen Souverän finden kann, ohne auf einen Griechen zurückzugreifen! Oh, Väter! Tut, was ihr für richtig haltet; aber für mich selbst und diejenigen, die mit mir denken, wir werden niemals einem griechischen Oberhaupt der Kirche zustimmen!“

Bessarion unternahm keinen Versuch, sich zu verteidigen, und behauptete, er sei nicht daran interessiert, gewählt zu werden; sein Ruf nach Reformen und Strenge wäre auch bei vielen Renaissance-Kardinälen unpopulär gewesen. Dennoch blieb der berühmte humanistische Gelehrte auch im folgenden Konklave von 1464 ein starker Kandidat.

Es ist bekannt, dass die ersten Abstimmungen am folgenden Ostermontag unorganisiert abliefen; zum Beispiel erhielt der Minorit Antonio de Montefalcone, kein Kardinal, eine Stimme. Der Kern für die erforderliche Zweidrittelmehrheit für Borja bestand wahrscheinlich aus den französischen, spanischen und venezianischen Kardinälen: Trevisan, Coëtivy, Barbo, Orsini, Estaing, Carvajal, La Cerda, Rolin und Torquemada, wobei Borja sehr wahrscheinlich nicht für sich selbst gestimmt hat; andererseits erhielt er fast sicher nicht die Stimmen von Colonna, Capranica und Bessarion.

Wahlberechtigte

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Am Konklave nahmen 15 Kardinäle teil:

Kardinal Herkunft Rang Titel(kirche) Ernannt am durch Anmerkungen
Giorgio Fieschi Ligurien Kardinalbischof Bischof von Palestrina 18. Dezember 1439 Eugen IV. Kardinaldekan; Bischof von Albenga
Isidor von Kiew Grieche Kardinalbischof Bischof von Sabina 18. Dezember 1439 Eugen IV. Erzbischof von Ruthenien
Bessarion Grieche Kardinalbischof Bischof von Frascati 18. Dezember 1439 Eugen IV. Lateinischer Patriarch von Jerusalem; Administrator von Mazara del Vallo; Legat in Bologna
Alonso de Borja Katalonien Kardinalpriester Santi Quattro Coronati 2. Mai 1444 Eugen IV. Bischof von Valencia; Papst Calixtus III.
Juan de Torquemada, O.P. Spanish Kardinalpriester Santa Maria in Trastevere 18. Dezember 1439 Eugen IV.
Ludovico Trevisan Venedig Kardinalpriester San Lorenzo in Damaso, Patriarch von Aquileia 1. Juli 1440 Eugen IV. Camerlengo
Pietro Barbo Venedig Kardinalpriester San Marco 1. Juli 1440 Eugen IV. später Papst Paul II.; Kardinalnepot; Bischof von Vicenza
Juan Carvajal Spanien Kardinalpriester Sant’Angelo in Pescheria, Bischof von Plasencia 16. Dezember 1446 Eugen IV.
Antonio de la Cerda y Lloscos, O.SS.T. Katalonien Kardinalpriester San Crisogono, Bischof von Lérida 16. Februar 1448 Nikolaus V.
Latino Orsini Rom Kardinalpriester Santi Giovanni e Paolo 20. Dezember 1448 Nikolaus V. Administrator von Bari
Alain de Coëtivy Frankreich Kardinalpriester Santa Prassede, Bischof von Avignon 20. Dezember 1448 Nikolaus V. Administrator von Nîmes
Filippo Calandrini Ligurien Kardinalpriester Santa Susanna, Bischof von Bologna 20. Dezember 1448 Nikolaus V. Kardinalnepot; Camerlengo
Guillaume d’Estaing, O.S.B. Frankreich Kardinalpriester Santa Sabina 19. Dezember 1449 Nikolaus V. Bischof von Fréjus
Domenico Capranica Capranica Prenestina Kardinalpriester Santa Croce in Gerusalemme, Administrator von Fermo 23. Juli 1423 (in pectore, ins Kollegium aufgenommen am 30. April 1434) Martin V. (von Eugen IV. bestätigt) Kardinalprotopriester; Großpönitentiar
Prospero Colonna Rom Kardinaldiakon San Giorgio in Velabro 24. Mai 1426 Martin V. Kardinalprotodiakon

Nicht am Konklave nahmen 6 Kardinäle teil:

Kardinal Herkunft Rang Titel(kirche) Ernannt am durch Anmerkungen
Pierre de Foix, O.F.M. Frankreich Kardinalbischof Bischof von Albano September 1414 Gegenpapst Johannes XXIII. Legat in Avignon; Administrator von Arles und Dax
Guillaume d’Estouteville, O.S.B.Clun. Frankreich Kardinalbischof Bischof von Porto-Santa Rufina, Erzbischof von Rouen 18. Dezember 1439 Eugen IV. Legat in Frankreich; Administrator von Saint-Jean-de-Maurienne
Peter von Schaumberg Deutschland Kardinalpriester San Vitale, Bischof von Augsburg 18. Dezember 1439 Eugen IV.
Dénes Szécsi Ungarn Kardinalpriester San Ciriaco alle Terme Diocleziane, Erzbischof von Esztergom 18. Dezember 1439 Eugen IV. Kanzler von Ungarn
Jean Rolin Frankreich Kardinalpriester Santo Stefano al Monte Celio, Bischof von Autun 20. Dezember 1448 Nikolaus V.
Nikolaus von Kues Deutschland Kardinalpriester San Pietro in Vincoli 20. Dezember 1448 Nikolaus V. Bischof von Brixen

Literatur

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  • Artaud de Montor: The lives and times of the popes. 1911, S. 147–149
  • John Leslie Garner: Caesar Borgia. 1912, S. 31
  • John M. McManamon: Funeral oratory and the cultural ideals of the Italian humanism. 1972, S. 72
  • D. S. Chambers: Papal conclaves and Prophetic Mystery in the Sistine Chapel. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes, Band 41, 1978, S. 322–326
  • Kenneth Meyer Setton: The Papacy and the Levant. 1978, S. 162
  • James Harkins: Plato in the Italian Renaissance. 1990, S. 214
  • Francis A. Burkle-Young: The election of Pope Calixtus III (1455). 1998
  • Philip Joshua Jacks, William Caferro: The Spinelli of Florence. 2001, S. 66
  • Robert I. Rotberg: Politics and political change. 2001, S. 62
  • John Peter Pham: Heirs of the Fisherman. 2004, S. 85
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