Der Landkreis Neisse war ein preußischer Landkreis in Oberschlesien, der in den Jahren 1742 bis 1945 bestand. Seine Kreisstadt war die Stadt Neisse, die seit 1911 einen eigenen Stadtkreis bildete. Das frühere Kreisgebiet liegt heute in der polnischen Woiwodschaft Oppeln.

Landkreis Neisse
Wappen
Preußische Provinz Schlesien (1816–1919, 1938–1941)
Oberschlesien (1919–1938, 1941–1945)
Regierungsbezirk Oppeln
Kreisstadt Neisse
Letzter Landrat Joachim Heine (1943–1945)
Fläche 712 km²
Einwohner 70.515 (1939)
Bevölkerungsdichte 99 Ew./km² (1939)
Städte 2
Gemeinden 95
Karte des Landkreises Neisse.
Ortsnamen im schlesischen Dialekt

Verwaltungsgeschichte

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Königreich Preußen/Deutscher Bund

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Nach der Eroberung des größten Teils von Schlesien führte König Friedrich II. durch Kabinettsorder am 25. November 1741 in Niederschlesien preußische Verwaltungsstrukturen ein.[1] Dazu gehörte die Einrichtung zweier Kriegs- und Domänenkammern in Breslau und Glogau sowie deren Gliederung in Kreise und die Einsetzung von Landräten zum 1. Januar 1742.[2]

Im Fürstentum Neisse, einem der schlesischen Teilfürstentümer, wurden aus den alten schlesischen Weichbildern Grottkau und Neisse die beiden Kreise Neisse und Grottkau gebildet.[3][4] Der Kreis Neisse unterstand zunächst der Kriegs- und Domänenkammer Breslau und wurde im Zuge der Stein-Hardenbergischen Reformen dem Regierungsbezirk Oppeln der Provinz Schlesien zugeordnet.[5]

Im Zuge einer Grenzbereinigung mit dem Regierungsbezirk Reichenbach wechselten im Jahr 1817 die Dörfer Nieder und Ober Plottnitz aus dem Kreis Neisse in den Kreis Frankenstein.[6]

Bei der Kreisreform vom 1. Januar 1818 im Regierungsbezirk Oppeln wurden die Kreisgrenzen wie folgt geändert:[7]

  • Die Dörfer Jentsch und Stephansdorf wechselten aus dem Kreis Grottkau in den Kreis Neisse.
  • Die Dörfer Eckwertsheide, Friedewalde, Geltendorf, Groß Briesen, Hennersdorf, Koppendorf, Mogwitz, Petersheide und Schönheide wechselten aus dem Kreis Neisse in den Kreis Grottkau.
  • Die Dörfer Bauschwitz, Bielitz, Hermannshof, Groß Mahlendorf, Kaltecke, Lamsdorf und Schaderwitz wechselten aus dem Kreis Neisse in den Kreis Falkenberg.

Norddeutscher Bund/Deutsches Reich

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Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Am 1. Juli 1911 schied die Stadt Neisse aus dem Kreis aus und bildete einen eigenen Stadtkreis. Der Kreis Neisse wurde seitdem als Landkreis bezeichnet.

Zum 8. November 1919 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst und aus dem Regierungsbezirk Oppeln die neue Provinz Oberschlesien gebildet. Am 1. Januar 1921 vergrößerte die Landgemeinde Ober Neuland aus dem Landkreis Neisse den Stadtkreis Neisse. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Neisse entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Am 1. April 1938 wurden die preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien zur neuen Provinz Schlesien zusammengeschlossen. Zum 18. Januar 1941 wurde die Provinz Schlesien erneut aufgelöst. Aus den bisherigen Regierungsbezirken Kattowitz und Oppeln wurde die neue Provinz Oberschlesien gebildet.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet von der Roten Armee besetzt. Im Sommer 1945 wurde das Kreisgebiet gemäß dem Potsdamer Abkommen zum Bestandteil der Volksrepublik Polen. Schon im Mai 1945 erschien polnische Miliz, und Ende Juni erfolgten erste Vertreibungen. Viele Deutsche kehrten aber zurück.[8] Im Kreisgebiet begann anschließend der Zuzug polnischer Zivilisten. In der Folgezeit wurde die deutsche Bevölkerung größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben; der noch verbliebenen wurde der Gebrauch der deutschen Sprache verboten.[9]

Einwohnerentwicklung

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Jahr Einwohner Quelle
1795 61.757 [10]
1819 50.178 [11]
1846 83.840 [12]
1871 93.315 [13]
1885 100.177 [14]
1900 99.310 [15]
1910 101.223 [15]
1925 69.257 [16]
1939 70.515 [16]

Landräte

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Kommunalverfassung

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Der Kreis Neisse gliederte sich in die Städte Neisse (bis 1911), Patschkau und Ziegenhals, in Landgemeinden und Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Gemeinden

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Der Landkreis Neisse umfasste zuletzt zwei Städte und 95 Landgemeinden:[17][16]

Eingemeindungen bis 1939
  • Friedrichseck, am 1. April 1935 zu Ottmachau
  • Gräferei, am 1. April 1911 zu Neisse
  • Guttwitz, am 1. April 1938 zu Bechau
  • Klein Warthe, am 1. April 1939 zu Mannsdorf
  • Lentsch, am 1. April 1938 zu Bischofswalde
  • Mährengasse, am 1. April 1911 zu Neisse
  • Mittel Neuland, am 1. April 1911 zu Neisse
  • Neuland / Neisse, Pfarrtheilig, am 1. April 1911 zu Neisse
  • Nieder Jeutritz, am 1. April 1938 zu Rothhaus
  • Ober Jeutritz, am 1. April 1938 zu Rothhaus
  • Ober Neuland, am 1. Januar 1921 zu Neisse
  • Rottwitz, am 30. September 1928 zu Bechau
  • Schmolitz, am 1. April 1936 zu Bechau
  • Stübendorf, am 1. April 1935 zu Schammelwitz
  • Weitzenberg, am 1. April 1938 zu Groß Neundorf
  • Wiesental, am 1. April 1939 zu Peterwitz

Ortsnamen

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Die Gemeinde Alt Wette hieß bis 1925 Polnisch Wette. 1936 wurden im Kreis Neisse mehrere Gemeinden umbenannt:[16][17]

  • Deutsch Kamitz → Hermannstein O.S.
  • Dürr Kamitz → Dürnstein
  • Gostitz → Gostal
  • Jäglitz → Kleindorf
  • Kamitz → Grenztal
  • Korkwitz → Moeckendorf
  • Krackwitz → Wiesental
  • Lassoth → Grünfließ O.S.
  • Schlaupitz → Schlaubental
  • Struwitz → Struwendorf
  • Wischke → Lindendorf O.S.

Literatur

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  • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft VI: Regierungsbezirk Oppeln, S. 44–51, Landkreis Neisse.
  • Felix Triest: Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Wilh. Gottl. Korn, Breslau 1865, S. 960–1036.
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 183–185, Ziffer 15.
  • Friedrich Gottlob Leonhardi: Erdbeschreibung der preussischen Monarchie, Band 3, Teil 1, Halle 1792, S. 122 ff.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 398–407.
  • Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichniß sämmtlicher Rittergüter und selbständigen Guts- und Forstbezirke, sowie solcher größeren Güter, welche innerhalb des Gemeindeverbandes mit einem Reinertrag von etwa 1500 Mark und mehr zur Grundsteuer veranlagt sind. Fünfte Ausgabe, Wilhelm Gottlob Korn, Breslau 1894, S. 394–403 (Online).
  • Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
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Commons: Landkreis Neisse – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Roland Gehrke: Landtag und Öffentlichkeit: Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20413-6, S. 45 (Teildigitalisat).
  2. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Akten vom 31. Mai 1740 bis Ende 1745. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 6,2. Paul Parey, Berlin 1901, Königliche Ordre zur Bestellung von Landräthen in Niederschlesien, S. 259 (Digitalisat).
  3. W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate. Carl Heymann, Berlin 1839, Kreiseinteilung des preußischen Herzogtums Schlesien im 18. Jahrhundert, S. 290 (Digitalisat).
  4. a b c d e f g Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
  5. Verordnung zur Eintheilung des preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung. 1815 (Digitalisat).
  6. Roman Kamionka: Die Reorganisation der Kreiseinteilung Schlesiens in der Stein-Hardenbergschen Reformperiode, Breslau 1934
  7. Amtsblatt Königlichen Oppelnschen Regierung 1817, Nr. XLI. Bekanntmachung der neuen Kreis-Eintheilung des Oppelnschen Regierungs-Bezirks vom 1. Oktober 1817. Oppeln, S. 523 ff. (Digitalisat).
  8. Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neisse (= Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa I. Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa). Band I/2. Deutscher Taschenbuchverlag, 1984, S. 781–782.
  9. Franz-Josef Sehr: Professor aus Polen seit Jahrzehnten jährlich in Beselich. In: Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 2020. Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg, Limburg 2019, ISBN 3-927006-57-2, S. 223–228.
  10. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 38 (Digitalisat).
  11. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 92 (Digitalisat).
  12. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  13. Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871
  14. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien: auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 und anderer amtlicher Quellen
  15. a b Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900: Königreich Preußen – Provinz Schlesien
  16. a b c d Michael Rademacher: Neisse. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  17. a b Landkreis Neisse Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website www.territorial.de (Rolf Jehke), Stand 26. Juli 2013.