Liste der Stolpersteine im Landkreis Sigmaringen
Die Liste der Stolpersteine im Landkreis Sigmaringen enthält die Stolpersteine, die im Rahmen des gleichnamigen Kunstprojekts von Gunter Demnig im Landkreis Sigmaringen verlegt wurden. Auf der Oberseite der Betonquader mit zehn Zentimeter Kantenlänge ist eine Messingtafel verankert, die Auskunft über Namen, Geburtsjahr und Schicksal der Personen gibt, derer gedacht werden soll. Die Steine sind in der Regel in den Bürgersteig vor den ehemaligen Wohnhäusern der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft eingelassen. Mit ihnen soll Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden, die hier lebten und wirkten.
Die erste Verlegung in diesem Landkreis erfolgte am 8. April 2005 in Pfullendorf.
Verlegte Stolpersteine
BearbeitenPfullendorf
BearbeitenIn Pfullendorf wurde am 8. April 2005 ein Stolperstein verlegt.
Stolperstein | Inschrift | Verlegeort | Name, Leben |
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HIER GEHENKT JAN KOBUS JG. 1913 KRIEGSGEFANGENER TOT 5.4.1941 |
Mühlensteigle/Zum Eichberg |
Jan Kobus war polnischer Staatsbürger und völkerrechtswidrig als Kriegsgefangener in Deutschland zur Zwangsarbeit eingeteilt. Er wurde 1913 geboren. Er arbeitete auf einem Bauernhof in Ruschweiler und lernte dort eine 20-jährige Deutsche kennen. Es ergab sich eine Liebesbeziehung, das Paar bekam ein Kind. Jan Kobus wurde wegen sogenannter „Rassenschande“ vor Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und am 5. April 1941 im damaligen Gewann Sieben Linden außerhalb der Stadt gehängt. Aus der Umgebung wurden alle polnischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter zusammengetrieben und mussten unter militärischer Bewachung der Hinrichtung beiwohnen. Dies war als Abschreckungsmaßnahme gedacht.
Treibende Kraft hinter dieser Tat war der Apotheker und überzeugte Nazi Gustav Ruck, Vater des späteren Bürgermeisters und Ehrenbürgers Hans Ruck. Er war Mittelsmann des Sicherheitsdienstes und wollte sich hervortun. Die Hinrichtung verlief nicht ohne Widerstand der Bevölkerung. Eigentlich hätte Kobus an einer anderen Stelle gehängt werden sollen, doch der Wirt des Gasthauses, vor dem die Tat stattfinden sollte, drohte, den Baum vorher zu fällen. Gustav Ruck wurde nach dem Ende des Kriegs als „minderbelastet“ eingestuft.[1] Nach dem Untergang des NS-Regimes errichteten frühere polnische Zwangsarbeiter an der Mordstätte einen Gedenkstein, der von einem polnischen Steinmetz gestaltet worden war. Dieser Gedenkstein trägt Inschriften in Deutsch, Polnisch und Französisch. In den frühen 1960er Jahren wurde der Stein in den Alten Friedhof von Pfullendorf versetzt, wo er aufgrund „ewigen Bleiberechts“ bis heute steht.[2] |
Sigmaringen
BearbeitenIn Sigmaringen wurden am 16. Mai 2012 sechs Stolpersteine an einer Anschrift verlegt.
Stetten am kalten Markt
BearbeitenAuf dem Areal der Alb-Kaserne in Stetten am kalten Markt wurde am 2. November 2019 ein Stolperstein verlegt.
Stolperstein | Übersetzung | Verlegeort | Name, Leben |
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HIER ERMORDET SALOMON 'SIMON' LEIBOWITSCH JG. 1885 MITGLIED / KPD 'SCHUTZHAFT' 1933 GEFÄNGNIS MOSBACH SEPT. 1933 HEUBERG GEFOLTERT TOT 9.9.1933 |
Gebäude 21 des Lagers Heuberg | Salomon Leibowitsch, genannt Simon, wurde am 22. April 1885 in Ananioff in der Ukraine geboren. Er trat 1925 in die KPD ein, wurde am 10. März 1933 verhaftet und in das Mosbacher Gefängnis gebracht. Am 8. September verbrachte man ihn in das Lager Heuberg und folterte ihn auf Anordnung des Kommandanten. Er wurde am 9. September 1933 nach Folterungen am Vortag durch zwei SA-Männer im Gebäude 21 des Lagers Heuberg ermordet. In der Einladung zur Verlegung stand: Salomon Leibowitsch sei der einzige Häftling, für den eine direkte Ermordung auf dem Heuberg nachgewiesen werden konnte.[3] |
Verlegedaten
BearbeitenDie Stolpersteine des Landkreises wurden vom Künstler persönlich an folgenden Tagen verlegt:
- 8. April 2005: Pfullendorf
- 16. Mai 2012: Sigmaringen
- 2. November 2019: Stetten am kalten Markt
Literatur
Bearbeiten- Edwin Ernst Weber: Geraubte Heimat. Zum bitteren Schicksal der jüdischen Familie Frank aus Sigmaringen in der NS-Zeit. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte. Band 46, 2010, S. 1–32.
Weblinks
Bearbeiten- Chronik der Stolpersteinverlegungen auf der Website des Projekts von Gunter Demnig
- „Stolpersteine“ für die Familie Frank auf der Website des Denkstättenkuratoriums NS-Dokumentation Oberschwaben
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Südkurier: Erinnerung an eine Schreckenstat, abgerufen am 19. Februar 2021
- ↑ Gedenkstätten für Jan Kobus in Pfullendorf. In: Denkort am Sigmaringer Erinnerungsweg. Abgerufen am 19. Februar 2021.
- ↑ Gudrun Stoll: Auf dem Stettener Militärgelände: Stolperstein erinnert an Schicksal eines KZ-Häftlings. In: ZAK (Zollern Alb Kurier). 29. Oktober 2019, abgerufen am 9. November 2019.