Literatur im Deutschen Kaiserreich

Die Literatur im Deutschen Kaiserreich war vielfältig. Zu den bedeutendsten Autoren gehörten Theodor Fontane, Gerhart Hauptmann, Detlev von Liliencron, Clara Viebig, Hermann Hesse, Heinrich Mann, Thomas Mann, Ricarda Huch und Else Lasker-Schüler.

Theodor Fontane, 1896

Allgemeines

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Literatur war im 19. und frühen 20. Jahrhundert das wichtigste Unterhaltungsmedium. Es erschienen jährlich mehrere tausend Bücher, dazu wurden in den meisten Zeitungen und Zeitschriften Fortsetzungsromane, Erzählungen, Gedichte und weitere literarische Texte gedruckt (etwa 20.000 pro Jahr).[1] Es gab mehrere hundert Buchverlage, vor allem in den großen Städten Berlin, Leipzig, München und Stuttgart. Daneben gab es kommerzielle Leihbibliotheken, bei denen gegen ein geringes Entgelt Bücher ausgeliehen werden konnten, sowie Volksbüchereien, die von vielen einkommensschwächeren Lesern genutzt wurden.

Die meisten belletristischen Veröffentlichungen waren Unterhaltungsliteratur, mit Alltagsgeschichten, Liebesgeschichten, Kriminalerzählungen und ähnlichem.

Stilrichtungen

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Die Literatur dieser Zeit wird von der Literaturwissenschaft in verschiedene Stilrichtungen eingeteilt, wobei die Grenzen teilweise fließend sind.

Bürgerlicher Realismus

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Die meisten Werke des späten 19. Jahrhunderts waren im Stil des bürgerlichen Realismus geschrieben. Zu den wichtigsten Autoren in Deutschland gehörten in dieser Zeit Theodor Fontane, Theodor Storm und Gustav Freytag.

Naturalismus

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Seit den späten 1880er Jahren entwickelte sich die Stilrichtung des Naturalismus, die gesellschaftliche Probleme in möglichst realitätsnaher Darstellung beschrieb. Als Beginn galt das Theaterstück Vor Sonnenaufgang von Gerhart Hauptmann von 1889, es folgten weitere Dramen, wie Die Weber. Weitere wichtige Autoren des Naturalismus waren Johannes Schlaf und Arno Holz mit ihrem Stück Die Familie Selicke. Auch der Roman Das Weiberdorf von Clara Viebig wird dieser Richtung zugeordnet.

Impressionismus

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Einige Dichter der Zeit um 1900 wurden dem Impressionismus zugerechnet.[2] Sie waren vor allem von französischen Dichtern wie Charles Baudelaire beeinflusst.

Als bedeutendster Autor gilt Detlev von Liliencron, der viele jüngere Schriftsteller seiner Zeit mit seinem Werk beeinflusste. Weitere bekanntere deutsche Autoren waren Eduard von Keyserling (mit Wellen) und Max Dauthendey.

Symbolismus

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Der literarische Symbolismus entwickelte eine Dichtung ohne stärkeren Realismusbezug, in der Bilder und der Klang der Sprache eine wichtige Rolle spielten.[3] Der wichtigste Vertreter in Deutschland war Stefan George, der den George-Kreis in München begründete und das Literaturverständnis vieler jüngerer Schriftsteller beeinflusste. Daneben gab es auch noch die Kosmiker.

In Österreich-Ungarn waren die wichtigsten Vertreter Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke, sowie die Gruppen Wiener Moderne und Jung-Wien.

Dekadenz

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Als Dekadenzliteratur werden literarische Werke bezeichnet, deren Hauptthema der Verfall der Gesellschaft ist. Diese waren in Deutschland meist realistisch gestaltet. Sie waren von den Werken der skeptischen Philosophen Friedrich Nietzsche und Arthur Schopenhauer beeinflusst, sowie von gesellschaftskritischen Schriftstellern wie Guy de Maupassant, Gustave Flaubert und Oscar Wilde. Als spektakulärster deutscher Dichter dieser Stilrichtung um die Jahrhundertwende gilt der Dramatiker Frank Wedekind in München, der mit seinen Stücken Erdgeist (Lulu) und Frühlings Erwachen für Aufsehen sorgte.

Heinrich Mann (1871–1950) wird mit seinen gesellschaftskritischen Romanen Professor Unrat (1906) und Der Untertan (1918) dazu gerechnet, ebenso sein jüngerer Bruder Thomas Mann (1875–1955) mit seinem Frühwerk, besonders dem Roman Buddenbrooks (1901), der viel gelesen wurde, und der Novelle Der Tod in Venedig (1911).

Neuromantik

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Die literarische Richtung der Neuromantik entstand Anfang der 1890er Jahre als Alternative zum Naturalismus und einem übertrieben gegenständlichen Realismus. Sie wandte sich vor allem dem Transzendenzen, dem Phantastischen, dem Unbewussten, der Natur und den Gefühlen zu, ähnlich wie die Romantiker des frühen 19. Jahrhunderts.[4] Dabei wurden Einflüsse des Symbolismus, des Impressionismus, der Dekadenzliteratur und der Fin-de-siècle-Literatur verwendet.

Zu den ersten wichtigen Werken in Deutschland gehörten die Dramen Hanneles Himmelfahrt (1893) und Die versunkene Glocke (1895) von Gerhart Hauptmann. Weitere weitere wichtige frühe Vertreter waren Stefan George (Das Jahr der Seele, 1897) und Hermann Hesse (Romantische Erzählung, Peter Camenzind, 1904), sowie die Lyrikerin Else Lasker-Schüler und weitere Autoren.[5]

In Österreich-Ungarn waren die wichtigsten Vertreter Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal und Georg Trakl.[6]

Expressionismus

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Der Expressionismus gilt als die letzte große Literaturströmung in Deutschland. Merkmale waren experimentelle Formen in der Sprache und im Inhalt sowie eine radikale Abkehr von den bürgerlichen Konventionen.[7] Viele junge Autoren publizierten in kurzlebigen expressionistischen Literaturzeitschriften.

Zu den bekanntesten deutschen expressionistischen Schriftstellern gehörten Else Lasker-Schüler, Gottfried Benn, Jakob van Hoddis, Alfred Döblin und Carl Einstein.

Wichtige Werke (Auswahl)

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Thomas Mann, Der kleine Herr Friedemann, 1898

Zwischen 1871 und 1918 erschienen über 100.000 belletristische Titel von deutschen Autoren im Deutschen Kaiserreich. Zu den meistgelesenen gehörten Theodor Fontane, Theodor Storm, Gustav Freytag, Wilhelm Jensen, Karl May, Friedrich Spielhagen, Detlev von Liliencron, Ludwig Ganghofer, Hermann Sudermann, Gerhart Hauptmann, Clara Viebig, Rudolf Herzog, Jakob Christoph Heer, Börries Freiherr von Münchhausen und Gustav Frenssen. Angegeben sind viele der meistverkauften Bücher dieser Zeit, aber pro Autor nur maximal zwei.[8] Weitere Werke sind in den Artikeln zu den einzelnen Schriftstellern zu finden.

Romane und Erzählungen

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1871–1899
1900–1918

Angegeben sind einige auflagenstarke Gedichtbände, sowie Werke , die für die Literaturgeschichte wichtig waren

Der bedeutendste Dramatiker dieser Zeit war Gerhart Hauptmann, dessen Stücke eine breite Resonanz fanden.

Kinderliteratur

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Institutionen

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Es gab über 200 Verlage belletristischer Literatur im Deutschen Kaiserreich, vor allem in Berlin und Leipzig.[11] Zu den wichtigsten gehörten die von S. Fischer, Wilhelm Friedrich, L. Staackmann, Gebrüder Paetel, Eugen Diederichs, sowie Insel, F. Fontane & Co. und Cotta.[12]

Die Anzahl der Buchexemplare pro Auflage war bei den meisten Verlag verhältnismäßig niedrig, sie lag meist zwischen 500 und 1200 Exemplaren.[13]

Literaturzeitschriften

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Es gab zahlreiche Zeitschriften, die literarische Texte und vor allem Rezensionen und weitere Berichte zur Literatur veröffentlichten.[14] Zu den wichtigsten gehörten Die neue Rundschau (S. Fischer Verlag), das Literarische Centralblatt für Deutschland (Deutsche Bücherei Leipzig), Das literarische Echo (mit umfangreichen Berichten), Das Magazin für Literatur und der konservative Kunstwart, sowie Westermanns Monatshefte, Velhagen & Klasings Monatshefte und Kürschners Deutscher Literatur-Kalender, der viele Angaben zu Autoren, Verlagen, Zeitschriften enthielt. Daneben erschienen in allen größeren Tageszeitungen und in vielen Unterhaltungszeitschriften Fortsetzungsromane, Erzählungen, Essays, sowie Berichte aus dem literarischen und Theater-Leben und Rezensionen neuer Bücher.

Ab etwa 1900 boten viele kleinere Literaturzeitschriften jungen Autoren Möglichkeiten zur Publikation von Texten und zum Austausch, besonders in expressionistischer Ausrichtung.

Literaturpreise

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Es gab in dieser Zeit mindestens sieben Literaturpreise mit deutschen Preisträgern.

Schiller-Preis

Der Schiller-Preis wurde seit 1859 für das jeweils beste deutsche dramatische Werk verliehen. Vorgesehen war eine Preisvergabe alle drei Jahre, sie scheiterte aber achtmal am Veto des jeweiligen Kaisers. Die Auszeichnung erhielten ab 1872

Bauernfeld-Preis

Der österreichische Bauernfeld-Preis wurde für dramatische Werke von 1894 bis 1922 vergeben, darunter auch an deutsche Autoren.

Literaturnobelpreis

Der Literaturnobelpreis wurde seit 1901 verliehen. 1902 erhielt ihn der deutsche Historiker Theodor Mommsen, 1908 der Philosoph Rudolf Eucken, 1910 der Schriftsteller Paul Heyse und 1912 der Dramatiker Gerhart Hauptmann. 1918 sollte ihn Gustav Frenssen erhalten, der Preis wurde aber in diesem Jahr nicht verliehen.

Volks-Schillerpreis

Der Volks-Schillerpreis wurde von 1905 bis 1913 von der Goethe-Gesellschaft dreimal vergeben, als Alternative zum häufig nicht vergebenen offiziellen Schiller-Preis

Theodor-Fontane-Preis

Der progressive Schutzverband deutscher Schriftsteller vergab seit 1913 einen Theodor-Fontane-Preis für jeweils einen Roman oder Novellen eines deutschsprachigen Autors. Die Auswahl wurde meist nur von Franz Blei oder wenigen weiteren Juroren getroffen. Ausgezeichnet wurden vor allem junge Autoren, aus dem Deutschen Reich waren dies:

Kleist-Preis

Seit 1912 wurde der Kleist-Preis von einer Stiftung an jeweils zwei Autoren verliehen. Die Entscheidung traf nur ein Juror. Deutsche Preisträger waren:

Ebner-Eschenbach-Preis

Seit 1911 vergab eine Stiftung einen Literaturpreis für Schriftstellerinnen, mit der finanziellen Unterstützung von Marie von Ebner-Eschenbach. Deutsche Preisträgerinnen waren:

Schriftstellervereine

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Es gab verschiedene Vereine von Schriftstellern im Deutschen Kaiserreich. Die wichtigsten waren der Deutsche Schriftsteller-Verband (1878–1908), der Allgemeine Schriftstellerverein (1900–1934) und der Schutzverband deutscher Schriftsteller (1909–1933), sowie der Deutsche Schriftstellerinnenbund.

Daneben gab es einige weitere Vereinigungen, von denen besonders der Tunnel über der Spree (1823–1897) mit Theodor Fontane und der Friedrichshagener Dichterkreis (1887–1898) eine größere Bedeutung erlangten.[15] Nach 1900 bildeten sich einige kleinere literarische Gruppen, die meist symbolistisch ausgerichtet waren, wie der George-Kreis und die Kosmiker, oder expressionistisch waren.

Leihbibliotheken

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Es gab zahlreiche Leihbibliotheken und Volksbüchereien, sowie Lesezirkel, die eine große Anzahl von Büchern besaßen und viel genutzt wurden.[16] Dadurch blieben die Auflagezahlen der verkauften Bücher bis 1918 relativ niedrig (selten über 50.000 Exemplare).

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Alberto Martino, Die deutsche Leihbibliothek. Geschichte einer Institution, 1990, S. 559, mit Herkunftsangabe dieser Zahl
  2. Hermann Wiegmann: Die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, S. 38., weist darauf hin, dass es sich um eine Tendenz oder eine eigene Stilrichtung handelte
  3. Mario Zanucchi: Transfer und Modifikation. Die französischen Symbolisten in der deutschsprachigen Lyrik der Moderne (1890–1923). De Gruyter, Berlin/Boston 2016
  4. Neuromantik Wortwuchs, mit einigen Informationen (E.T.A. Hoffmann war ein Romantiker des frühen 19. Jahrhunderts)
  5. Peter Sprengel, Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900–1918, 2004, S. 100–103, mit einigen Informationen
  6. Bruno Markwardt: Das Zwanzigste Jahrhundert (= Geschichte der deutschen Poetik. 5). Berlin 1967, S. 256.
  7. Walter Herbert Sokel: Der literarische Expressionismus. Der Expressionismus in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Langen, München 1970
  8. WorldCat, DNB und Börsenblatt digital, mit Auflagezahlen der Werke; vielgelesene Werke und Autoren auch in Alberto Martino, Die deutsche Leihbibliothek. Geschichte einer Institution, 1990, S. 335–538
  9. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom 14. Mai 1918, S. 2479; siehe auch Börsenblatt vom 31. Mai 1917, S. 3675, Verlagsanzeige; diese hohen Auflagen sind wahrscheinlich bedingt durch starke Verkäufe für die Front
  10. Zwei Menschen DNB, mit vielen Auflagen; 1994 98. Auflage, über 1,3 Mio. Exemplare
  11. Adreßbuch für den deutschen Buchhandel, Hilfsbuch für den Berliner Buchhandel, mit Angaben zu allen Verlagen mit Adressen, Inhabern, Gründungsjahr usw.
  12. Peter Sprengel, Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1870–1900, 1998, S. 130–136; auch ders.: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900–1918, 2004, S. 126–130; mit kurzen Angaben zu einigen Verlagen und Literaturzeitschriften
  13. Hermann Hesse berichtete von 600 Exemplaren seines ersten Gedichtbandes Romantische Lieder (1899); die Auflage von Egon Fleischel & Co. lagen bei etwa 1.200 Exemplaren, was an den Angaben nach Tausend durch den Nachfolgeverlag Deutsche Verlags-Anstalt ab 1922 ersichtlich ist
  14. Sperlings Zeitschriften-Adressbuch, mit jährlichen Angaben zu allen Literaturzeitschriften
  15. Handbuch literarisch-kultureller Vereine, Gruppen und Bünde 1825–1933, Metzler, Stuttgart 1998, mit über 100 Vereinen
  16. Alberto Martino, Die deutsche Leihbibliothek. Geschichte einer Institution, 1990, mit vielen Informationen, auch über die Bedeutung für den Buchmarkt