Sven Nys

belgischer Cyclocross-Fahrer

Sven Nys (* 17. Juni 1976 in Bonheiden) ist ein ehemaliger belgischer Radrennfahrer. Er gehört zu den populärsten Sportlern Belgiens, seine größten Erfolge erreichte er im Cyclocross. Im Laufe einer über 20 Jahre währenden Karriere gewann er Hunderte professioneller Rennen. Bei Konkurrenten und Publikum gilt er als einer der besten, wenn nicht der beste Cyclocrossfahrer aller Zeiten.[1][2][3] Seit seinem Karriereende 2016 ist er dem Sport weiter verbunden geblieben, unter anderem als Leiter der Mannschaft Baloise-Trek Lions[4] und als Kommentator.

Sven Nys
Sven Nys (2018)
Sven Nys (2018)
Zur Person
UCI-Id 10001132254
Geburtsdatum 17. Juni 1976 (48 Jahre)
Geburtsort Bonheiden
Nation Belgien Belgien
Disziplin Cyclocross, Mountainbike
Körpergröße 181 cm
Renngewicht 72 kg
Karriereende 2016
UCI Cross Team(s)
1998–2004
2004–2008
2008–2016
Rabobank ProTeam
Rabobank Development Team
Landbouwcredit / Crelan
Wichtigste Erfolge
Cyclocross
Regenbogentrikot Weltmeister (2005, 2013)
Weltcup-Gesamtwertung (2000, 2002, 2009)
50 Weltcup-Siege
Belgischer Meister (9 Mal)
Mountainbike Cross-Country
Belgischer Meister (5 Mal)
Letzte Aktualisierung: 15. Dezember 2024
Sven Nys 2015 beim Citadelcross in Namur

Sportlicher Werdegang

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Nys betrieb als Jugendlicher zunächst BMX-Rennsport. Erst 1991, im Alter von 15 Jahren, begann er mit Cyclocross.[5] 1995 wurde er belgischer Junioren-Meister, 1997 und 1998 entschied er die U23-Weltmeisterschaften für sich. In der Folge erhielt er einen Profivertrag beim niederländischen Team Rabobank.[6]

Gleich in seiner ersten Saison in der Elite gewann Nys in Tábor ein Weltcup-Rennen sowie sechs von elf Rennen und die Gesamtwertung der Superprestige-Serie, neben Weltcup und Trofee eine der wichtigsten Serien dieses Sports. Im Jahr darauf gewann er die Gesamtwertungen von Weltcup und Superprestige sowie den belgischen Meistertitel, so dass er als Favorit für die Cyclocross-Weltmeisterschaften 2000 galt. Diese fanden allerdings im niederländischen Sint-Michielsgestel statt, dem Wohnort seines Teamkameraden und Rivalen Richard Groenendaal. Auf Weisung seines Teammanagers Jan Raas fuhr Nys zugunsten Groenendaals und hielt seinen Landsmann Mario De Clercq in Schach, was in Belgien einen Sturm an Kritik auslöste.[7] Beim Finale des Weltcups 2003/2004 in Pijnacker kam es erneut zum Zerwürfnis zwischen Nys und anderen belgischen Fahrern zugunsten Groenendaals, jedoch mit anderen Vorzeichen; diesmal wurde Nys auf der Zielgeraden gleich von mehreren Landsleuten überspurtet und verlor so in letzter Minute die Gesamtwertung.[8] Nys bezeichnete diesen Moment später als großen Wendepunkt seiner Karriere, der ihn noch entschlossener gemacht habe, alles zu gewinnen.[9]

In der Tat zeigte sich Nys in der Folge noch stärker; in der Saison 2004/2005 erreichte einen „Grand Slam“ mit allen erreichbaren Titeln: Zum ersten Mal wurde er Weltmeister, dazu belgischer Meister, Sieger von Superprestige und Trofee sowie Erster der Weltrangliste; im Weltcup, wo es in jenem Jahr keine Gesamtwertung gab, gewann er sieben von elf Rennen.[10] Bis 2009 blieb er ununterbrochen die Nummer 1 der Weltrangliste, gewann hochüberlegen alle Endklassements von Weltcup, Superprestige und Trofee und war bis auf 2007 jeweils belgischer Meister. Sein Siegeshunger brachte ihm den Spitznamen Kannibaal ein, eine doppelte Anspielung auf Eddy Merckx sowie seinen Wohnort Baal. Einzig in den Weltmeisterschaften blieb ihm der Erfolg wiederholt versagt: 2006 und 2007 kam er jeweils zu Sturz,[11][12] 2008 blieb ihm hinter Lars Boom und Zdeněk Štybar der dritte Platz.

Mit Štybar, den Nys später als seinen größten Rivalen bezeichnete,[5] und dem jüngeren Niels Albert war Nys wieder ernsthafte Konkurrenz erwachsen; von der Presse wurden sie die „Großen Drei“ genannt,[13][14] zusammen mit Kevin Pauwels auch die „Großen Vier“.[15][16] Štybar und Albert waren es jedenfalls, die von 2009 bis 2012 die nächsten vier Weltmeistertitel holten. Nys war von seinen wiederholten Misserfolgen bei den Weltmeisterschaften so frustriert, dass er nach der WM 2012 gar sagte, er werde dort nie wieder fahren.[17] Er ließ sich jedoch umstimmen, trat 2013 in Louisville nochmals an und holte tatsächlich seinen zweiten Weltmeistertitel.

Die letzten beiden Jahre von Nys’ Karriere standen bereits im Zeichen einer neuen Generation: 2014 musste er im Veldrit Gieten erstmals Mathieu van der Poel den Sieg lassen,[18] kurz darauf im Koppenbergcross auch Wout van Aert,[19] den beiden Fahrern, die in den Jahren darauf das Renngeschehen beherrschen sollten. Im Duinencross 2015 konnte Nys die beiden noch ein letztes Mal auf die Plätze zwei und drei verweisen; dies war sein 50. Weltcup-Sieg, 17 Jahre nach seinem ersten.[20] Er beendete seine Karriere nach Internationale Sluitingsprijs 2016 mit einer Gala im Sportpaleis Antwerpen.[21]

Im Laufe seiner Karriere gewann Nys zweimal die Weltmeisterschaften (2005 und 2013); er ist mit 50 Einzelsiegen Rekordhalter im Weltcup. Seine drei Siege in der Gesamtwertung des Weltcups (2001, 2002 und 2009) geben seine Leistung nur ungenügend wieder, da während seiner erfolgreichsten Zeit (2004/2005 bis 2007/2008) keine Gesamtwertung ausgefahren wurde; maßgeblich war in dieser Zeit nur die Weltrangliste, die Nys freilich anführte. Mit 13 Gesamtsiegen im Superprestige und 9 bei der Trofee ist er dort jeweils mit Abstand Rekordsieger; im Laufe der Zeit kam er auf über 160 Siege in den drei Wertungen.[22] Außerdem ist er Rekordsieger zahlreicher Rennen in Belgien und den Niederlanden.

Im Gegensatz zu anderen erfolgreichen Cyclocrossfahrern seiner Zeit blieb Nys stets ein Spezialist dieser Disziplin und engagierte sich nie nennenswert im Straßenradsport. Er gewann dort zwei kleinere Rennen und startete 2001 und 2002 bei Paris–Roubaix, wo er auf die Plätze 41 bzw. 36 kam. Ernsthafter betrieb er im Sommer Cross-Country-Mountainbikerennen, wo er fünfmal belgischer Meister wurde und sein Land 2008 wie 2012 bei den Olympischen Spielen vertrat. 2008 erreichte er den 9. Platz, 2012 gab er das Rennen auf. Über seine eigentliche Karriere hinaus engagierte er sich ab 2009 in der Athletenkommission des Radsport-Weltverbands UCI.[5]

Verschiedenes

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Sven Nys ist der Vater von Thibau Nys, der ebenfalls Radrennfahrer ist. Von seiner Frau Isabelle ist er seit 2014 geschieden.[23] Neben seiner Tätigkeit als Leiter des Cyclocrossteams Baloise-Trek Lions leitet Nys an seinem Heimatort Baal ein Trainingszentrum für verschiedene Radsport-Disziplinen.[24] Dort findet jedes Jahr zu Neujahr das ursprünglich von seinem Fanclub gegründete Cyclocrossrennen GP Sven Nys statt.

Neben zahlreichen Auszeichnungen innerhalb der Radsportwelt wurde Nys 2006 zur belgischen Sportpersönlichkeit des Jahres gewählt.[25] 2008 erhielt er die Auszeichnung zum belgischen Sportler des Jahres.[26]

Cyclocross

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Sven Nys im Trikot des belgischen Meisters, das er neunmal gewann
1994/1995
  Belgischer Meister (Junioren)
1996/1997
  Weltmeister (U23)
1997/1998
  Weltmeister (U23)
1998/1999
Weltcup – Tábor
Superprestige – Gesamtwertung / Ruddervoorde, Sint-Michielsgestel, Gieten, Silvelle, Diegem, Wetzikon
GvA Trofee – Essen, Oostmalle
1999/2000
  Weltmeisterschaften
  Belgischer Meister
Weltcup – Gesamtwertung / Safenwil, Leudelange
Superprestige – Gesamtwertung / Ruddervoorde, Gieten, Silvelle, Hoogstraten, Surhuisterveen, Wetzikon
GvA Trofee – Rijkevorsel, Lille
2000/2001
Weltcup – Zolder, Zeddam
Superprestige – Diegem
GvA Trofee – Kalmthout, Lille
2001/2002
  Weltmeisterschaften
Weltcup – Gesamtwertung / Monopoli, Igorre, Wetzikon
Superprestige – Gesamtwertung / Gavere, Gieten
2002/2003
  Belgischer Meister
Weltcup – Liévin, Hoogerheide
Superprestige – Gesamtwertung / Ruddervoorde, Sint-Michielsgestel, Gieten, Hoogstraten, Harnes
GvA Trofee – Gesamtwertung / Essen, Loenhout, Baal
2003/2004
Weltcup – Turin, St. Wendel, Wetzikon
Superprestige – Sint-Michielsgestel, Vorselaar
GvA Trofee – Baal
2004/2005
  Weltmeister
  Belgischer Meister
Weltcup – Pijnacker, Wetzikon, Mailand, Hofstade, Nommay, Hoogerheide, Lanarvily
Superprestige – Gesamtwertung / Ruddervoorde, Gavere, Gieten, Vorselaar
GvA Trofee – Gesamtwertung / Oudenaarde, Loenhout, Baal, Lille, Oostmalle
2005/2006
  Belgischer Meister
Weltcup – Kalmthout, Tábor, Pijnacker, Wetzikon, Mailand, Hofstade, Hooglede-Gits, Liévin
Superprestige – Gesamtwertung / Hamme-Zogge, Gavere, Hoogstraten, Vorselaar
GvA Trofee – Gesamtwertung / Oudenaarde, Niel, Loenhout, Lille
2006/2007
Weltcup – Aigle, Kalmthout, Pijnacker, Koksijde, Igorre, Nommay, Hoogerheide
Superprestige – Gesamtwertung / Ruddervoorde, Sint-Michielsgestel, Gavere, Gieten, Hamme-Zogge, Diegem, Hoogstraten, Vorselaar
GvA Trofee – Gesamtwertung / Oudenaarde, Essen, Baal, Lille
2007/2008
  Weltmeisterschaften
  Belgischer Meister
Weltcup – Tábor, Koksijde, Igorre, Hofstade
Superprestige – Gesamtwertung / Ruddervoorde, Hamme-Zogge, Gavere, Veghel-Eerde, Diegem
GvA Trofee – Gesamtwertung / Oudenaarde, Hasselt, Essen, Baal
2008/2009
  Weltmeisterschaften
  Belgischer Meister
Weltcup – Gesamtwertung / Kalmthout, Igorre, Mailand
Superprestige – Gesamtwertung / Ruddervoorde, Gavere, Hamme-Zogge, Hoogstraten, Vorselaar
GvA Trofee – Gesamtwertung / Oudenaarde, Essen, Baal, Oostmalle
2009/2010
  Weltmeisterschaften
  Belgischer Meister
Weltcup – Kalmthout
Superprestige – Ruddervoorde, Gieten, Zonhoven
GvA Trofee – Gesamtwertung / Oudenaarde, Loenhout, Baal, Lille
2010/2011
  Weltmeisterschaften
Superprestige – Gesamtwertung / Hamme-Zogge, Gavere, Hoogstraten
GvA Trofee – Gesamtwertung / Oudenaarde, Essen, Baal
2011/2012
  Belgischer Meister
Weltcup – Pilsen, Koksijde, Namur
Superprestige – Gesamtwertung / Gieten
GvA Trofee – Baal
2012/2013
  Weltmeister
Weltcup – Koksijde, Roubaix, Zolder
Superprestige – Gesamtwertung / Ruddervoorde, Zonhoven, Hamme-Zogge, Gavere, Hoogstraten
Bpost Bank Trofee – Oudenaarde, Hasselt
2013/2014
  Weltmeisterschaften
  Belgischer Meister
Superprestige – Gesamtwertung / Zonhoven, Gavere, Diegem, Hoogstraten
Bpost Bank Trofee – Gesamtwertung / Ronse, Hasselt, Loenhout, Baal, Lille
2014/2015
Bpost Bank Trofee – Ronse
2015/2016
Weltcup – Koksijde

Mountainbike

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Sven Nys im olympischen Mountainbikerennen 2012
2005
  Belgischer Meister – Cross-Country
2007
  Belgischer Meister – Cross-Country
2009
  Europameisterschaften – Cross-Country
2013
  Belgischer Meister – Cross-Country
2014
  Belgischer Meister – Cross-Country
2015
  Belgischer Meister – Cross-Country
1998
Grand Prix Criquielion
2007
Internationale Wielertrofee Jong Maar Moedig

Literatur

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  • Frederik Bakelandt: Warum Belgien Sven Nys liebt, in: Procycling (Deutsche Ausgabe) Februar 2014, S. 49ff
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Commons: Sven Nys – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Nys the greatest ever, says Stybar. CyclingNews, 4. Februar 2013; (englisch).
  2. Why was Sven Nys at singlespeed CX worlds? Outside Magazine, 5. Dezember 2016; (englisch).
  3. U heeft gekozen: de GOAT van het veldrijden is volgens u Sven Nys, gevolgd door Mathieu van der Poel. Het Nieuwsblad, 7. Februar 2023; (niederländisch).
  4. Nys übernimmt nach Karriereende Telenet-Fidea. rad-net.de, 21. Dezember 2015, abgerufen am 12. Mai 2016.
  5. a b c Sven Nys: The final finish line. Outside Magazine, 15. September 2016; (englisch).
  6. Sven Nys ontdekt de waarheid achter Richard Groenendaal. Het Nieuwsblad, 9. Januar 2012; (niederländisch).
  7. Hoe de wereldtitel van Richard Groenendaal een dieptepunt werd. Algemeen Dagblad, 30. Januar 2019; (niederländisch).
  8. Oorlog tussen Belgische veldrijders. Het Nieuwsblad, 17. Februar 2004; (niederländisch).
  9. De 5 mooiste momenten uit de carrière van levende legende Sven Nys: van Pijnacker tot Louisville. Wielerverhaal, 17. November 2024; (niederländisch).
  10. Grand Slam is een feit voor Sven Nys. Het Nieuwsblad, 21. Februar 2005; (niederländisch).
  11. Erwin Vervecken wereldkampioen, Nys tegen de grond. De Standaard, 29. Januar 2006; (niederländisch).
  12. Erwin Vervecken pakt wereldtitel. Het Nieuwsblad, 28. Januar 2007; (niederländisch).
  13. Stybar pakt weer WB-zege nadat Nys gedubbelde ramde. De Morgen, 6. Dezember 2009; (niederländisch).
  14. Pauwels onttroont pechvogel Nys als 'Koning Koppenberg' (Memento vom 3. November 2011 im Internet Archive)
  15. Albert wint laatste veldrit van het seizoen. Sporza, 22. Februar 2012; (niederländisch).
  16. Stybar boekt in Hamme-Zogge eerste grote overwinning. Wielerflits, 13. November 2011; (niederländisch).
  17. "Mon second titre a changé beaucoup". DH, 30. Januar 2014; (französisch).
  18. Superprestige Gieten : Matthieu van der Poel intercepte Lars van der Haar. Velomotion, 6. Oktober 2014; (französisch).
  19. Wout Van Aert klopt Nys in Koppenbergcross na dubieuze slotfase. Het Nieuwsblad, 1. November 2014; (niederländisch).
  20. All Fifty of Sven Nys' World Cup Wins. Podium Café, 24. November 2015; (englisch).
  21. Les fans de Nys crient un énorme "Merci Sven!" au Sportpaleis. RTBF, 5. März 2016; (französisch).
  22. Nieuwe mijlpaal: Mathieu van der Poel boekt honderdste zege in een klassementscross. Wielerflits, 29. Januar 2024; (niederländisch).
  23. Sven Nys et Isabelle Nijs se séparent. DH, 6. August 2014; (französisch).
  24. Sven Nys Cycling Center. Abgerufen am 15. Dezember 2024 (niederländisch).
  25. Sportpersoonlijkheid van het jaar. Sportgala, abgerufen am 15. Dezember 2024 (niederländisch).
  26. Sven Nys Belgisch sportman van het jaar. Wielerflits, 15. Dezember 2008; (niederländisch).