Victoria Trauttmansdorff

österreichische Schauspielerin

Victoria Trauttmansdorff (eigentlich: Maria Viktoria Gräfin von und zu Trauttmansdorff-Weinsberg; * 8. September 1960 in Wien) ist eine österreichische Schauspielerin. Einen Namen machte sie sich vor allem als langjähriges Ensemblemitglied des Hamburger Thalia Theaters. Einem breiten Publikum wurde sie außerdem durch ihre erste große Filmrolle in Jan Bonnys Spielfilm Gegenüber (2007) bekannt.

Victoria Trauttmansdorff entstammt dem fürstlichen Adelsgeschlecht Trauttmansdorff. Sie wurde als Tochter des Antiquitätenhändlers Ferdinand Maximilian Trauttmansdorff und seiner Frau Marie Frédérique Isabelle (Tanja), geb. Star Busmann, in Wien geboren. Ihr Vater stammte aus Pottenbrunn bei St. Pölten in Niederösterreich; ihre Mutter, Tochter des niederländischen Botschafters Eduard Star Busmann, wurde in Utrecht geboren, wuchs in England auf und besuchte die Schauspielschule in Wien. Victoria Trauttmansdorff besuchte die französische Schule in ihrer Heimatstadt. Nach der Matura ging sie als Au-pair-Mädchen nach London, wo ihre Schauspielambitionen geweckt wurden, als sie in einem Theater als Kartenabreißerin arbeitete.[1] Daraufhin begann sie in Salzburg eine Schauspielausbildung, die sie zu Gunsten eines Theaterengagements am Düsseldorfer Schauspielhaus vorzeitig beendete. Nach einer Spielzeit wechselte sie an das Nationaltheater Mannheim und später an das Stuttgarter Schauspielhaus.[2]

1993 wurde Trauttmansdorff von Regisseur Jürgen Flimm an das Thalia Theater in Hamburg geholt, wo sie seitdem als festes Ensemblemitglied tätig ist und mehrfach mit Regisseuren wie Dimiter Gotscheff, Andreas Kriegenburg, Dea Loher oder Michael Thalheimer zusammenarbeitete. Sie debütierte dort mit der Rolle der Lady Milford in Friedrich Schillers Kabale und Liebe und jener des Gretchens in George Taboris Mein Kampf.[3] Daraufhin folgten zumeist kleine Rollen in Stücken von Tschechow, Ferenc Molnárs Der gläserne Pantoffel (1996) oder die Rolle der Chrysothemis in Elmar Goerdens Inszenierung von Elektra (1999) nach Hugo von Hofmannsthal.

Nach einer längeren Krankheit, während der sie weiter als Schauspielerin arbeitete,[4] überdachte Trauttmansdorff ihre Rollenauswahl („Kein Mädchen mehr, keine Romantik, nur noch ich selber“).[4] Sie schätzt vorwiegend zerrissene und gebeutelte Frauentypen[1] und taucht laut eigenen Angaben „gern in Abgründe“.[3] 2003 errang die damals 43-Jährige mit dem Part der Christine Linde in Stephan Kimmigs Nora-Inszenierung ihren bisher größten Erfolg, nachdem sie für eine jüngere Kollegin eingesprungen war.[5] Die deutsche Fachpresse lobte sie für ihre „schnodderig, total desillusioniert(e)“ Rolle in dem Ibsen-Stück und für „das Kunststück, Torvald als Widerpart Noras zu überflügeln.“[6] Die Jury der Fachzeitschrift Theater heute wählte Trauttmansdorff daraufhin hinter Anne Tismer und gemeinsam mit Fritzi Haberlandt auf Platz zwei in der Kategorie Schauspielerin des Jahres. Es folgten unter anderem die Doppelrolle der Morphinistin Knobbe und der Frau Direktor Hassenreuter in Armin PetrasHauptmann-Tragikomödie Die Ratten (2004), die morphiumsüchtige Ehefrau und Mutter in Michael Thalheimers Inszenierung von Eugene O’Neills Theaterstück Eines langen Tages Reise in die Nacht (2005), die Erna in Die Präsidentinnen (2006) und die Gertrud in Thalheimers Hamlet (2008). „Ich bin keine Heldendarstellerin. Ich habe nie die Naiven gespielt, immer die, die so einen Knacks haben. Verliererinnen, die nicht wissen, dass sie welche sind. Das muss irgendwie meine Ausstrahlung sein“, so die Österreicherin 2004 in einem Interview mit der Zeitung Die Welt.[5]

Parallel zu ihrer Arbeit am Theater erschien die Schauspielerin, die Englisch, Französisch und Holländisch spricht,[7] ab Anfang der 1990er Jahre in Film und Fernsehen und nahm auch an Autorenlesungen teil. Trauttmansdorff absolvierte Gastauftritte in Serien wie Die Albertis (2004–2005) oder als Rechtsmedizinerin Dr. Dunkel in Einsatz in Hamburg (2004–2010) und war mit Nebenrollen in Spielfilmen wie Bella Martha (2001), Adam & Eva (2003) oder Gespenster (2005) zu sehen. 2005 übernahm sie in Christoph Hochhäuslers Spielfilm Falscher Bekenner (2005) einen größeren Part als sorgenvolle Mutter von Constantin von Jascheroff. 2007 folgte der Durchbruch als Filmschauspielerin mit der weiblichen Hauptrolle in Jan Bonnys Familiendrama Gegenüber (2007), das von einem Paar handelt, das sich nach 20-jähriger Ehe in Isolation, Trauer und Sprachlosigkeit verloren hat. Die Ehefrau versucht die Zerrüttung der Ehe daraufhin durch gewalttätige Ausbrüche gegen ihren Mann (gespielt von Matthias Brandt) zu kompensieren. Vom Spiegel als „anrührendes Drama über Zorn und Zärtlichkeit“ rezensiert, fanden vor allem die Leistungen der beiden Hauptdarsteller Anerkennung bei den deutschen Kritikern,[8] und Trauttmansdorff erhielt für ihre erste Kinohauptrolle als prügelnde Ehefrau eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis als Beste Hauptdarstellerin zugesprochen.

2009 folgte der Fernsehfilm Schlaflos, in dem Trauttmansdorff als MS-kranke Schwägerin von Hauptdarstellerin Senta Berger zu sehen war. 2010 bekleidete sie einen Part in John Osbornes Der Entertainer unter der Regie von Christiane Pohle am Thalia in der Gaußstraße. Im Fernsehen erschien Trauttmansdorff als betrunkene Chefarztgattin in der Krimikomödie Zwei für alle Fälle – Ein Song für den Mörder, ehe sie die Hauptrolle einer bedrohlichen Stalkerin in einer Folge der Fernsehserie Bloch neben Titelheld Dieter Pfaff übernahm. Regisseur Jan Schütte lobte sie für die große Intensität und ihre Unberechenbarkeit, die sie der Bloch-Rolle mitgab.[9] Wie kaum eine andere Schauspielerin könne sie „aus der Position der Schwäche eine echte Bedrohung erwachsen lassen“, urteilte die taz. „Im Fernsehen ist Victoria Trauttmansdorff eigentlich fast nie zu sehen; in dieses TV-Serial gefallen, scheint die Gegenwart der Bühnenarbeiterin jetzt umso erdrückender – und doch extrem funktional.“[10] Im selben Jahr folgten der Part einer Sektenchefin beziehungsweise das verbitterte Mitglied einer Wellness-Unternehmersfamilie in zwei Tatort-Folgen (Glaube, Liebe, Tod und Unsterblich schön, beide 2010). 2021 hatte sie eine feine, kleine Rolle als robuster Engel in der Tatort-Folge Borowski und der gute Mensch.[11]

Victoria Trauttmansdorff ist mit dem deutschen Regisseur und Schauspieler Wolf-Dietrich Sprenger verheiratet, den sie während der Proben zu Kasimir und Karoline am Stuttgarter Schauspielhaus kennenlernte.[4] Das Ehepaar hat zwei Töchter. Die Familie lebt im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst.[1]

Auszeichnung

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2018 übergab Christoph Bantzer den Albert-Bozenhard-Ring[12] an Trauttmansdorff.

Theaterstücke (Auswahl)

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Jahr Theaterstück Rolle Bühne
1993 Kabale und Liebe Lady Milford Thalia Theater
1996 Auf der großen Straße TiK
1996 Der gläserne Pantoffel Thalia Theater
1999 Elektra Chrysothemis Thalia Theater
2000 Nachtasyl Anna Thalia Theater
2000 Das Kind Krankenschwester Thalia Theater
2001 Thalia Vista Social Club Thalia Theater
2001 Der dritte Sektor Xana Thalia Theater
2001 Damen der Gesellschaft Edith Potter Thalia Theater
2001 Magazin des Glücks II Thalia Theater
2001 Medea Thalia Theater
2002 The Return of Thalia Vista Thalia Theater
2002 Nora Christine Linde Thalia Theater
2002 Meinnicht Mira Thalia Theater
2003 Bernarda Albas Haus Angustias Thalia Theater
2003 Unschuld Frau Zucker Thalia Theater
2003 Kassandra Kassandra Thalia Theater
2004 Die Ratten Frau Hassenreuter / Frau Knobbe Thalia Theater
2004 Die Optimisten Imken Hellinger Thalia Theater
2004 Die Zofen Gnädiges Fräulein Thalia Theater
2005 Der Bus (Das Zeug zu einer Heiligen) Jasmin Thalia Theater
2005 Eines langen Tages Reise in die Nacht Mary Tyrone Thalia Theater
2006 Sommergäste Olga Alexejewna Thalia Theater
2006 Auslöschung. Ein Zerfall Auktionsansgestellte Thalia Theater
2006 Die Präsidentinnen Erna Thalia Theater
2007 Torschusspanik Evelyn Thalia Theater
2007 Schule der Arbeitslosen Karla Thalia Theater
2007 Iphigenie Chormitglied Thalia Theater
2008 Alter Ford Escort Dunkelblau Karin Thalia Theater
2008 Die Präsidentinnen Erna Thalia Theater
2008/2009 Hamlet Gertrud Thalia Theater
Schauspielhaus Stuttgart
2009 Liebe und Geld Davids Ex Thalia Theater
2009 Eines langen Tages Reise in die Nacht Mary Tyrone Thalia Theater
2010 Der Entertainer Mutter Thalia Theater
2010 Liebe und Geld Debbie Deutsches Theater Berlin
2010 The Infernal Comedy Confessions of a serial killer Deutsches Schauspielhaus
2010 Axolotl Roadkill Mutter / Mifti Thalia Theater
2017 Mutter Courage und ihre Kinder Yvette Portier / Der Feldhauptmann / Eine Bäuerin Thalia Theater

Filmografie (Auswahl)

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Fernsehen

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Hörspiele

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Einzelnachweise

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  1. a b c Heike Gätjen: Abgründe? Dafür hat man ja die Bühne. In: Hamburger Abendblatt, 20. Oktober 2007, S. 24.
  2. Profil (Memento vom 27. Oktober 2007 im Internet Archive) thalia-theater.de; abgerufen am 14. Juli 2009.
  3. a b Paul Barz: Eine Frau, die gern in Abgründe taucht. In: Welt am Sonntag, 14. Oktober 2007, S. HH10.
  4. a b c Maike Schiller: Keine Romantik, nur ich selber! In: Hamburger Abendblatt. 11. Oktober 2003.
  5. a b Hella Kemper: Wie spielt man eine aristokratische Schlampe? In: Die Welt. 25. März 2004.
  6. Stefan Grund: Mausoleum der Macht: Ibsens „Nora“ im Thalia. In: Die Welt. 16. September 2002, S. 28.
  7. Profil. stertz.de; abgerufen am 13. Juli 2009.
  8. Christian Buß: Wenn Frauen Männer schlagen. Spiegel online, 12. Oktober 2007; abgerufen am 14. Juli 2009.
  9. Tilmann P. Gangloff: Wie Kaugummi unterm Schuh. In: Stuttgarter Zeitung. 17. März 2010, S. 27.
  10. Christian Buss: „Bloch“ im Ersten: Die anhängliche Frau. taz.de, 17. März 2010; abgerufen am 18. März 2010.
  11. Claudia Tieschky: On-Off-Beziehung mit Lars Eidinger. In: Medien. Süddeutsche Zeitung. 1. Oktober 2021;. „Victoria Trauttmansdorff hat eine feine, kleine Rolle als robuster Engel, der gerne Bücher sortiert, vermutlich machen Engel eben so was.“
  12. Maike Schiller: Appell an Theatermacher: „Nehmen Sie keine Rücksicht!“ In: Hamburger Abendblatt. 11. November 2018, abgerufen am 29. Juli 2021.
  13. WDR: Hörspiel "Die andere Frida" von Letícia Milano und Tina Müller. 19. November 2023, abgerufen am 31. Januar 2024.