Gargazon

Gemeinde in Südtirol, Italien

Gargazon ([ˈɡarɡatsoˑn]; italienisch: Gargazzone) ist eine italienische Gemeinde mit 1811 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2022) in Südtirol. Sie liegt 10 Kilometer südlich der Kurstadt Meran und 15 Kilometer nordwestlich von Bozen, auf der östlichen Talseite des Etschtals.

Gargazon
(ital.: Gargazzone)
Wappen
Wappen von Gargazon
Wappen von Gargazon
Karte
Staat: Italien
Region: Trentino-Südtirol
Provinz: Bozen – Südtirol
Bezirksgemeinschaft: Burggrafenamt
Einwohner:
(VZ 2011/31.12.2022)
1.666/1.811
Sprachgruppen: 78,68 % deutsch
20,33 % italienisch
0,99 % ladinisch
Koordinaten 46° 35′ N, 11° 12′ OKoordinaten: 46° 35′ N, 11° 12′ O
Meereshöhe: 252–440 m s.l.m. (Zentrum: 267 m s.l.m.)
Fläche: 4,9 km²
Dauersiedlungsraum: 4,2 km²
Nachbargemeinden: Burgstall, Lana, Mölten, Nals, Terlan, Tisens
Postleitzahl: 39010
Vorwahl: 0473
ISTAT-Nummer: 021035
Steuernummer:
Bürgermeister (2020): Armin Gorfer (SVP)

Geographie

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Blick auf Gargazon von Westen

Die Gemeinde Gargazon befindet sich im Burggrafenamt im Etschtal zwischen Meran und Bozen. Während das Gemeindegebiet Flächen beiderseits der Etsch umfasst, liegt das Dorf auf der orographisch linken, östlichen Talseite auf dem Schwemmkegel des Aschler bzw. Gargazoner Bachs. Das Ortszentrum befindet sich auf etwa 270 m Höhe; dahinter steigt das Gelände zu den Hängen des Tschögglbergs an, die aber nur in Talnähe bis etwa 400 m Höhe zur Gemeinde gehören.

Der Aschler Bach bildet direkt nördlich des Dorfzentrums die Gemeindegrenze zu Burgstall. Noch heute kann der Aschler Bach, der mehrere schöne Wasserfälle aufweist, bei Unwetter gefährlich werden. In den Jahren 1960 und 1966 haben seine Wassermassen die Obstanlagen in der Talebene überflutet und große Schäden angerichtet.

Geschichte

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Das früheste Schriftzeugnis ist von 1027 und lautet „Garganzano fluvio“. Das Wort geht auf den lateinischen Prädialnamen Gargantius/Carcontius zurück. Allerdings sind diese Personennamen nicht wirklich nachweisbar. Ein anderer Ansatz erklärt den Ortsnamen mit lat. gargarizare (‚gurgeln‘). In Verbindung mit der Tatsache, dass sich das früheste Schriftzeugnis auf einen Fluss (fluvius) bezieht, wäre die Hypothese eines Baches mit gurgelndem Geräusch durchaus vorstellbar. Der Name des Aschler Baches lautet noch heute im unteren Teil Gargazoner Bach. Aschl kommt von mittelhochdeutsch asche (‚Esche‘) und kann demnach erst seit dem Mittelalter der Name des Baches sein.[1]

Der Aschler Bach diente im Laufe der Zeit mehrmals als administrative Grenze von regionaler oder überregionaler Bedeutung:

Gargazon gehörte bis zum Ende des Ersten Weltkriegs innerhalb der Grafschaft Tirol zum Gerichtsbezirk Meran und war Teil des Bezirks Meran.

Sehenswürdigkeiten

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In Gargazon befinden sich zwei Kirchen; beide stehen unter Denkmalschutz.

Alte Pfarrkirche zum Hl. Johannes der Täufer

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Alte Pfarrkirche zum Hl. Johannes der Täufer

Schon 1337 wird eine Kirche in Gargazon erwähnt. Es ist die alte Kirche, die jetzt als Totenkapelle dient. Sie ist öfters umgebaut und restauriert worden, zuletzt im Jahre 1981. Nun ist die im gotischen Baustil errichtete Kirche das Schmuckstück des Dorfes. Sie hat einen 13,5 m hohen Spitzturm, einen vielwinkligen Choralabschluss und ein Tonnengewölbe. Der Altar ist aus Stuckmarmor; das Altarbild zeigt die Taufe Christi. Die auf dem Kirchengelände befindliche Tanne wird jedes Jahr in der Weihnachtszeit beleuchtet. Das Kriegerdenkmal befindet sind an der Westseite des Gebäudes. Ebenso wird hier das alljährliche Johannesfest (24. Juni) gefeiert.

Pfarrkirche

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Pfarrkirche Herz Jesu

Im Jahre 1899 begann man in Gargazon mit dem Bau einer neuen Kirche, die dem Herz Jesu geweiht werden sollte, denn die alte war so klein, dass sie nicht einmal für die Hälfte der damaligen Bevölkerung genügte. Am 13. Mai 1900 wurde der Grundstein gelegt und 1902 war die Kirche bis auf den Oberbau des Turmes vollendet. Das Mosaikbild über dem Hauptportal, Jesus Christus mit geöffneten Händen, wurde im Dezember 1903 eingesetzt. Geweiht wurde die Kirche erst am 13. Mai 1928 durch Bischof Celestino Endrici aus Trient (13. Mai). Der Turm wurde 1930 vollendet und die Glocken wurden 1931 geweiht. Der Bau ist im romanischen Stil ausgeführt. Der Porphyrstein, aus dem die ganze Kirche und auch der Turm gemauert ist, stammt aus einem nahen Steinbruch. Wegen dieses schönen Steins war ein Außenverputz nicht nötig. Die Portale und Gesimse wurden aus Sandstein und teils in gelbgrauen Trientner Marmor ausgeführt. In letzter Zeit wurden neue Fenster und farbige Scheiben eingesetzt, die Tür des Hauptportales verkupfert, ein neuer Altar aus Sandstein aufgestellt, Lautsprecheranlagen installiert und eine Heizung eingebaut.

Kröllturm

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Kröllturm in Gargazon

Der Kröllturm wurde von Berthold Chrello (erstmals erwähnt 1237) aus dem Geschlecht der Trautson auf Schloss Sprechenstein errichtet, deren Wappensymbol, das nach unten offene Hufeisen, sich am Schlussstein des romanischen Hocheingangs befindet. Der Hofmann des Tiroler Grafen Meinhard II. dürfte sich hier eine kleine Burg errichtet haben, um einen zweiten Wohnsitz in der Nähe der landesfürstlichen Burg Tirol zu haben; er besaß auch die meisten Höfe in Gargazon. Es steht jedoch heute nur noch der Bergfried und da bislang keine Grabungen stattgefunden haben, ist ungeklärt ob an der dem Tal zugewandten Westseite auch ein kleiner Palas und ein Torbau standen. Die Möglichkeit, dass es sich um einen bloßen Kreidturm als Wacht- und Signalturm handelte, wird aus historischen Gründen für unwahrscheinlich gehalten.[2] Berthold Kröll muss sich in den Kämpfen Meinhards II. mit Fürstbischof Heinrich II. von Trient auf die Seite des Letzteren gestellt haben, denn 1275 eroberte der Graf, neben vielen anderen Adelsburgen, auch den Sprechenstein bei Sterzing und den Kröllturm. 1279 stand Berthold dann im Dienst der Kärntner Grafen von Ortenburg.[3]

Ein Weißbauer hat im September 1905 im Inneren des Turmes gegraben und dabei sieben römische Münzen gefunden. Eine Herkunft des Turms aus der Römerzeit wird aber bezweifelt. Im Jahre 1984 wurde eine eingestürzte Wand wieder errichtet.

Das Wappen von Gargazon zeigt auf rotbraunem Berg, ein Hinweis auf das rötlich schimmernde Gestein der Gegend, den Bozner Quarzporphyr, in Silber den Bergfried Kröllturm. Er wurde wahrscheinlich von Berthold Chrello von Trautson im Jahre 1240 erbaut. Die drei stilisierten Laubbäume weisen auf den lebenswichtigen Obstanbau in der Gemeinde hin.

Wirtschaft und Tourismus

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In der Landwirtschaft werden verschiedene Apfelsorten angebaut, die großteils von der örtlichen Obstgenossenschaft vermarktet werden.

Als Ferienort ist Gargazon im Frühjahr zur Zeit der Blüte, im Sommer zum Wandern und Radfahren und im Herbst zur Erntezeit sehr beliebt. Durch die zentrale Lage ist Gargazon Ausgangspunkt für unzählige Ausflüge zu Fuß oder mit dem Fahrrad, sowie für Tagestouren mit Auto oder Motorrad (Dolomitenrundfahrt, Gardasee, Venedig). Der Ferienort liegt etwas abseits des Touristenrummels. Die Kurstadt Meran und die Landeshauptstadt Bozen sind jedoch innerhalb weniger Minuten mit Auto, Bus oder Zug zu erreichen.

In Gargazon gibt es einen deutsch- und einen italienischsprachigen Kindergarten. Das einzige schulische Angebot in der Gemeinde ist die deutschsprachige Grundschule.

Die Bibliothek verfügt über einen großen Bestand an Büchern, Zeitschriften und anderen Medien. Der Bestand wird weiterhin aufgebaut und gepflegt.

Bürgermeister seit 1952:[4]

  • Fridolin Thuile: 1952–1960
  • Karl Adami: 1960–1968
  • Johann Zischg: 1968–1974
  • Rudolf Bertoldi: 1974–2010
  • Armin Gorfer: seit 2010

Die Hauptstraße, die durch das Dorfzentrum führt, wurde durch den Bau der Schnellstraße Meran–Bozen („MeBo“) wesentlich entlastet. Der Bahnhof Gargazon an der Bahnstrecke Bozen–Meran ist vom Ortskern schnell erreichbar. Die entlang der Etsch verlaufende Radroute 2 „Vinschgau–Bozen“ verknüpft die Gemeinde mit dem regionalen Radwegnetz.

Wichtige Persönlichkeiten

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Zu den wichtigsten Persönlichkeiten zählen:

  • Pater Josef Chronst (geb. 19. März 1924 in Gargazon, gest. 17. Dezember 1997 in Algund) war während seiner priesterlichen Tätigkeit Pfarrer der Pfarrgemeinde Algund, Dekan von Tramin sowie Kooperator und Religionslehrer in Schenna, Margreid und Nals, der Erbauer der neuen Pfarrkirche von Algund sowie Ehrenbürger des Dorfes Algund und Träger des Verdienstkreuzes des Landes Tirol.

Panorama

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360 Grad Panorama im Zentrum von Gargazon

Literatur

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  • Christoph Gufler: Gargazon – Das Dorf an der Etsch. Gargazon 2018.
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Commons: Gargazon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Christian Schneller: Beiträge zur Ortsnamenkunde Tirols. Hrsg.: Zweigverein der LEO-Gesellschaft für Tirol und Vorarlberg. Zweites Heft. Verlag der Vereinsbuchhandlung, Innsbruck 1894, S. 22–23 (Textstelle als Digitalisat).
  2. Christoph Gufler ist der Ansicht, dass der Kröllturm Teil einer kleinen Burganlage mit Palas und Torbau war: Der Kröllturm in Gargazon, in: ARX. (Zeitschrift für) Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol, herausgegeben vom Südtiroler Burgeninstitut, Bozen, 2017, Heft 2, S. 24–28
  3. Gufler ebd.
  4. Die Bürgermeister der Gemeinden Südtirols seit 1952. (PDF; 15 MB) In: Festschrift 50 Jahre Südtiroler Gemeindenverband 1954–2004. Südtiroler Gemeindenverband, S. 139–159, abgerufen am 16. November 2015.